Bikepacking im Schwarzwald3 Tage auf Trails in Baiersbronn

Max Schumann

 · 07.07.2023

Der legale Trail ist das Ziel: Drei Tage durch die Wälder zwischen Baiersbronn und Sasbachwalden - mehr braucht man eigentlich nicht.
Fotos: Max Schumann
Mitten im Land der Zwei-Meter-Regel wächst im Schwarzwald zwischen Baiersbronn und Sasbachwalden noch immer ein erlaubtes Trail-Netz für Biker. Das ist inzwischen so ergiebig, dass man gar nicht mehr rausmöchte, aus dem Wald. Deshalb sind wir für drei Tage und zwei Nächte einfach mal komplett abgetaucht. Mit allen Höhen und Tiefen, die eine Bikepacking-Tour mit Zelt eben so mit sich bringt.

So ein Sommermorgen im Wald beginnt früh. Verdammt früh. Noch bevor sich die ersten Sonnenstrahlen per Lichtgeschwindigkeit durch die Baumwipfel bohren, zwitschert es schon eine Weile durch die dünne Zeltwand. Ich schaffe es nicht, die Stimmen genau zu zählen, aber ich bin sicher: Alle Vögel sind schon da. Gut, wir wollten ja ein Wochenende lang mit ihnen in einer Wildnis-Wohngemeinschaft leben – dann muss man da jetzt durch. Ich klappe meine Augen wieder zu und zähle weiter.

Das Zählen von Vogelstimmen kann, muss aber nicht zum Wiedereinschlafen führen.Foto: Max SchumannDas Zählen von Vogelstimmen kann, muss aber nicht zum Wiedereinschlafen führen.

Irgendwo im Wald haben wir unser Zelt gestern aufgestellt. Nach einem ziemlich langen Tagesritt im Sattel. Gestartet in Tonbach bei Baiersbronn haben wir uns drei fahrspaßorientierte und maximal naturverbundene Etappen im Wald vorgenommen. Mit Zelt, Tarp und Kochutensilien im Gepäck werden wir legal durch den Nordschwarzwald surfen – möglich macht diese Tour das selbst entwickelte Biker-Paradies von Baiersbronn, wo es neben den etablierten Wanderrouten inzwischen auch erlaubte und sogar ausgeschilderte Trails für Mountainbiker gibt. Und soge­nannte Trekking-Camp-Plätze, wo zelten, kochen und Feuer machen mitten im Wald explizit erlaubt ist.

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Das Zählen der Vogelstimmen führt leider nicht mehr zum gewünschten Einschlaferfolg. Also kremple ich mich aus meinem Schlafsack. Auf dem Weg zum Bach bewundere ich Hermann, der noch regungslos in seiner Hängematte baumelt. Zwei, drei Hände voll Wasser ins Gesicht, und mich durchströmt eine prickelnde Waldfrische. Als schließlich die Mokka-Kanne brodelt und damit den erfolgreich absolvierten Brühvorgang verkündet, beginnen sich auch meine drei Reisebegleiter zu regen. Das gemeinsame Frühstück um die Feuerstelle herum kann also beginnen.

Der Trail ist das Ziel, nicht das Streckemachen

Der Trail ist das Ziel – nach diesem Motto hat Hermann unsere Route zusammengesteckt. Schon beim ersten Blick auf die Karte wird klar: Es geht nicht darum, Strecke zu machen oder möglichst direkt von A nach B zu kommen. Mich verwirrt das optisch dicht verwobene, sich auch mal kreuzende Liniengeflecht zwischen Baiersbronn, Hornisgrinde und Sasbachwalden jedenfalls. Aber ich vertraue Hermann. Schließlich ist er nicht nur promovierter Sportwissenschaftler und Experte in Outdoor-Themen, er hat sich für die Planung der Tour auch noch einen Joker hinzugezogen: Jörg Möhrle, Hotelier und Koch, aber vor allem leidenschaftlicher Biker aus Tonbach. Er hat dieses Bike-Projekt mitten im wohl single­trail-feindlichsten Bundesland der Republik mit angeschoben.

Strecke machen kann man zwischendrin aber auch. Mit Aussicht.Foto: Max SchumannStrecke machen kann man zwischendrin aber auch. Mit Aussicht.

Kilometerlange, legale Biketrails, deren Highlights nun auf unserer Route liegen. Jörg liebt das Biken, genau wie die Natur seiner Heimat, von der er sich immer wieder inspirieren lässt. Als wir auf einer Lichtung pausieren, um auch mal die Aussicht zu genießen, drückt er uns unvermittelt etwas Grünzeug in die Hand: “Probiert mal! Die jungen Triebe der Fichtenzweige schmecken frisch und fast süß. Eingelegt in Sirup bilden sie übrigens die Basis für unseren Hausdrink.”

Dass wir die Natur hautnah erleben würden, war mir klar. Aber dass wir in die Bäume auch noch reinbeißen, überrascht mich doch. Ebenso wie der tatsächlich feine Geschmack der Triebe. Da freue ich mich jetzt schon auf den Drink, aber nun erst mal auf einen von Jörgs wurzligen Lieblings-Trails. Sein immer schwungvollerer Fahrstil deutet darauf hin, dass es bis zum Abzweig nicht mehr weit ist. Und richtig: noch mal ein fettes Grinsen über die Schulter, dann schlägt er einen beherzten Haken in die nächste Waldspur.

Nach nur wenigen Metern sanften Waldbodens geben erste Wurzeln den Takt vor. So langsam gewöhne ich mich auch an das etwas träge Fahrverhalten meines beladenen Sportgeräts. Zu Beginn der Tour hat noch das ein oder andere geklappert, doch inzwischen haben die Wurzelpassagen die Taschen festgerüttelt. Auch mein schwerer Rucksack hat anfangs an den Schultern gezerrt. Inzwischen finde ich es ganz angenehm, wie er meinen Schwerpunkt in den Sattel drückt. Es fliegt sich jedenfalls ganz kompakt dahin.

Auch mit etwas Übergepäck sind Start und Landung machbar, stellen wir fest.Foto: Max Schumann.Auch mit etwas Übergepäck sind Start und Landung machbar, stellen wir fest.

Über Steilstufen und auch durch enge Spitzkehren. Allerdings ist der Kalorienverbrauch immens. Das Riesenstück Schwarzwälder Kirschtorte, das wir uns bei einer Einkehr zum Mittagessen gegönnt haben, scheint nach wenigen Minuten verpufft. Fast schon im Unterzuckerbereich fallen wir nachmittags in einen Dorfladen ein, um uns fürs Abendessen im Wald zu versorgen. Dabei stopft sich Uli neben Nudeln und Keksen auch noch eine Flasche Wein in den Rucksack. Ihre top Ultralight-Camping-Ausrüstung muss sie dafür noch mehr zusammenquetschen. Die Ironie erkennt sie selbst: “Ist ja ein leichter Tropfen”, grinst sie.

Abendlicht leuchtet bereits über der Schwarzwaldhochstraße, der Blick schweift über die Rheinebene bis nach Frankreich hinüber. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Seibelseckle, dahinter versteckt sich unser nächster Camp-Platz irgendwo im Wald. Holzplattformen erleichtern hier den Zeltaufbau, so sind wir ruckzuck bereit für den Becher Wein am Lagerfeuer. Doch da schlägt die Erkenntnis ein: Wasser? Hat jemand Wasser zum Kochen eingepackt? Oh Mann. Es ist Uli, die dafür sorgt, dass wir in unserer letzten Waldnacht nicht verhungern müssen. Tapfer macht sie sich noch mal zur nächsten Trinkwasserquelle auf. Laut Karte allerdings erst wieder oben, am Seibelseckle.

3 Etappen Trails: Bikepacking zwischen Baiersbronn und Sasbachwalden

Tag 1: Von Tonbach nach Gutellbach

  • Länge: 43,6 Kilometer
  • Bergauf: 1280 Höhenmeter
  • Bergab: 1243 Tiefenmeter
  • Schwierigkeit Trail: mittel bis schwer
Wenn sich Höhenmeter lohnen: Auf jeden Anstieg folgt ein unterhaltsamer Trail-Spaß.Wenn sich Höhenmeter lohnen: Auf jeden Anstieg folgt ein unterhaltsamer Trail-Spaß.

Tourenbeschreibung Etappe 1:

Tag 1 ist bereits eine ausgewachsene Trail-Runde, die einige der besten Trails rund um Baiersbronn verbindet. Los geht’s mit einer wurzeligen Aufwärmrunde kurz hinter Tonbach und weiter über die Sattelei nach Baiersbronn. Es folgt eine Schlaufe mit steilen Anstiegen und Abfahrten, dann geht es zu zwei idyllischen Karseen im Nationalpark. Am Sankenbachsee lohnt es sich, die Räder kurz liegen zu lassen und drei Minuten zum gleichnamigen Wasserfall zu stapfen. Nach einer späten Rast an der Kniebishütte folgt die schnelle Schotterabfahrt vorbei am Ellbachsee, die zum Trekking-Camp knapp oberhalb von Mitteltal führt.

Highlights Auf fast jeden kurzen, aber teils durchaus knackigen Anstieg folgt eine spaßige Trail-Abfahrt. Auch die erste Nacht im Wald ist ein bleibendes Erlebnis.

Tag 2: Durch Mittel- und Obertal

  • Länge: 51,2 Kilometer
  • Bergauf: 1552 Höhenmeter
  • Bergab: 1311 Tiefenmeter
  • Schwierigkeit Trail: mittel bis schwer
Viel Panorama, frischer Fisch vom Restaurant-Balkonbecken, zwei coole Trails und ein Top-Campingplatz.Viel Panorama, frischer Fisch vom Restaurant-Balkonbecken, zwei coole Trails und ein Top-Campingplatz.

Tourenbeschreibung Etappe 2:

Es geht über die besten Trails bei Mitteltal und Obertal. Außerdem führt die Tour in den Nationalpark Schwarzwald. Hier ist Biken nur auf den Fahrwegen gestattet, ausführliche Infos zu dem Schutzgebiet gibt es an der Ranger-Station. Nach einem feinen Fisch im Forellenhof Buhlbach steigt die Tour am Nachmittag an. Es geht Richtung Hochschwarzwaldstraße, wo weite Aussichten über die Rheinebene den Blick bis nach Frankreich öffnen. Übernachtung in der Nähe des Seibelseckle.

Highlights Der Walterhütten-Trail und der Hirschlach-Trail bei Obertal gehören zu den besten Natur-Trails der Region. In der Ranger-Station des Nationalparks gibt es Infos über das große Schutzgebiet, durch das diese Route immer wieder kreuzt.

Tag 3: Auf die Hornisgrinde

  • Länge: 44,3 Kilometer
  • Bergauf: 1163 Höhenmeter
  • Bergab: 1501 Tiefenmeter
  • Schwierigkeit Trail: mittel bis schwer
Kurze Rest-Auffahrt zur Hornisgrinde, dann 700 tm Trail nach Hörchenberg. Am Ende aussichtsreich über die Schwarzwald-Hochstraße zurück nach Tonbach/Baiersbronn.Kurze Rest-Auffahrt zur Hornisgrinde, dann 700 tm Trail nach Hörchenberg. Am Ende aussichtsreich über die Schwarzwald-Hochstraße zurück nach Tonbach/Baiersbronn.

Tourenbeschreibung Etappe 3:

Am dritten Tag ändert die Tour ihren Charakter. Gleich zu Beginn geht’s wieder die Hornisgrinde hinauf, dann Richtung Flowtrail Sasbachwalden. In adäquatem Flow finden dabei auch ambitionierte Mountainbiker fahrtechnisch so manch schöne Überraschung und Herausforderung. Der erste Teil der Abfahrt von der Hornisgrinde führt über einen felsigen Wanderweg. Dann folgt das angelegte Flow-Vergnügen, bevor die Route wieder zum Mummelsee hinaufklettert und in eine ebenfalls lange, aber fahrtechnisch entspannte Waldwegfahrt durch den Nationalpark abbiegt. Eine Art Cooldown bis nach Tonbach zurück.

Highlights Die Abfahrten über Pfad Zwo und Alpirsbacher Schwarzwald-Trail sind super vielseitig. Der Anstieg zum Mummelsee kann am Wochenende per Bus abgekürzt werden (siehe Bike-Shuttlebus im Infoteil).

Von Baiersbronn nach Sasbachwalden sind es mit dem Auto gerade mal 35 Kilometer. Aber wer braucht ein Auto, wenn man auch die Trails im Nationalpark Schwarzwald nehmen kann?Von Baiersbronn nach Sasbachwalden sind es mit dem Auto gerade mal 35 Kilometer. Aber wer braucht ein Auto, wenn man auch die Trails im Nationalpark Schwarzwald nehmen kann?


Infos zum Revier

Geführte Touren, gute Einkehradressen, Shuttle-Hilfen und Trekking Camps: Hier lesen Sie, was man zur Bikepacking-Tour im Schwarzwald wissen muss.

Frühstück gibt’s im Wald am Bett, aber: Mittagessen vielleicht im Forellenhof?Foto: Max SchumannFrühstück gibt’s im Wald am Bett, aber: Mittagessen vielleicht im Forellenhof?

Das MTB-Revier Baiersbronn

Das Mountainbike-Streckennetz in Baiersbronn umfasst insgesamt 400 Kilometer, aufgeteilt in elf Mountainbike-Touren mit bis zu 33 Prozent Singletrails.

Die ausgewiesenen Tages-Touren sind zwischen 13 und 81 Kilometer lang und eignen sich für alle Könnensstufen. 63 Prozent dieser beschilderten Wege werden von Wanderern und Mountainbikern gemeinsam genutzt.

Unsere dreitägige Tour haben wir so zusammengestellt, dass möglichst viele Trail-Highlights der Region enthalten sind. Einige Abschnitte verlaufen über naturbelassene Waldpfade, für die eine beherzte Fahrtechnik von Vorteil ist.

Trail-Spaß vom Feinsten bietet auch diese Mehrtages-Tour von Baiersbronn nach Sasbachwalden: >> 3 Tage MTB-Genuss-Trails durch den Nordschwarzwald <<

Übernachten

Im nördlichen Schwarzwald gibt es natürlich auch jede Menge gute Übernachtungsmöglichkeiten mit Bett und Frühstück, aber wir haben uns für die einfachste Kategorie entschieden: die Trekking-Camps.

Gegen eine kleine Gebühr erhält man den genauen Standort des Übernachtungsplatzes mitten im Wald sowie den Code für Toiletten und Feuerholz. Für alles Weitere wie Verpflegung, Kochgeschirr und Wasser (!) ist man selbst zuständig.

Vollen Komfort mit Wellness und einzigartiger Baumhaussauna gibt es dagegen im Bike-Hotel Tanne in Tonbach. Weitere Übernachtungsmöglichkeiten gibt’s über die Webseite von Baiersbronn.

Bikeshop

Sollte es unterwegs zu Pannen oder Ersatzteilmangel kommen, helfen die Mitarbeiter von PhysioCycles in Baiersbronn. Hier bietet der Chef neben Leihrädern und gutem Werkstatt-Service auch Physiotherapie an.
Alternativ: Sport Frey in Baiersbronn-Klosterreichenbach oder der größte Fahrradladen der Region: Gaiser Bikeshop in Mitteltal.

Geführte Touren, Fahrtechnik-Camps & Kurse

Uli Burkhardt von Uli Outdoor Sport bietet MTB-Touren-Guiding und Fahrtechnik-Kurse in Baiersbronn an. Seine Leidenschaft für den Bikesport ist groß und spürbar. Als Trail-Pate sorgt er sich persönlich um den Walterhütten-Trail und den Hirschlach-Trail bei Obertal.

Bike-Shuttlebus

In der Region Sasbachwalden fährt am Wochenende und an Feiertagen ein öffentlicher Shuttlebus zur Schwarzwaldhochstraße hinauf, der im Anhänger auch 16 Bikes transportiert. Der Transport ist gratis, sollte aber zwei Tage vorher angemeldet werden. Tel. 0781/20391265 oder per Mail: dbregiobusbw@deutschebahn.com

Gut essen

Als Gemeinde mit der höchsten Sterneküchendichte pro Einwohnerzahl ist Baiersbronn weit bekannt. Viele Hotels und Restaurants aus der Region betreiben zusätzlich zum Hauptbetrieb noch Wanderhütten. Hier reicht das Angebot von Brotzeitplatten bis zu üppigen Mahlzeiten mit Spezialitäten aus der Region. Die Schwarzwälder Kirschtorte fehlt natürlich auf keiner Karte.



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