Kaufberatung Kinder-MTBVon 16 bis 29 Zoll – die passende Größe fürs Kinder-Bike

Robert Kühnen

 · 07.04.2023

Geometrien nach dem 29er-Prinzip ermöglichen Kids schon früh den Umstieg auf größere Laufräder. Das erhöht die Fahrsicherheit und verbessert das Überrollverhalten im Gelände.
Foto: Simon Ricklin/Scott

Welche Größe soll das Kinder-MTB haben? Lieber zu groß oder zu klein? Was fördert den Spaß am Biken, was wächst mit und schont so das Budget? Viele Fragen, auf die wir hier Antworten geben. Eine Kaufberatung zur richtigen Größenwahl bei Kinderfahrrädern fürs Gelände.

Die Laufradgröße

Die Laufradgröße ist die erste und deshalb wichtigste Größe, auf die Eltern beim Kauf des Kinderfahrrads schauen. Das Spektrum beim Laufrad und Kinder-MTB reicht von 12 bis 29 Zoll. Das Laufrad ab 1 Jahr hat sogar noch kleinere Räder, ist aber nicht wirklich fürs Gelände gebaut. Bei sportlicher Nutzung sollte man immer möglichst große Laufräder anstreben. Das 29er-Prinzip hat Kinder-MTBs extrem viel besser gemacht. Es bringt den Fahrer so weit wie möglich zwischen die Laufräder und macht so das Fahrverhalten sicherer. Ganz besonders, wenn es abwärts geht oder über Hindernisse.

Auf Alltagsrädern, die meist ein bis zwei Klassen kleinere Laufräder haben als Sportgeräte, fahren Kinder wesentlich unsicherer als auf klein geschrumpften Bikes nach dem 29er-Prinzip. Das Limit ist die Sattelposition. Das Hinterrad muss noch unter dem Sitz durchpassen. Daraus ergibt sich eine Mindest-Sattelhöhe, die sich auch als Schrittlänge ausdrücken lässt. Die Tabelle rechts unten gibt eine Orientierung, ab wann welche Laufradgröße frühestens möglich ist. Der Einfachheit halber wird oft auch eine Körpergröße zur Orientierung angegeben. Im Zweifel bringt Probesitzen Gewissheit.

Die ganze Welt des Kinderrades mit 
zwei extremen Polen: Los geht’s ab rund 3 Jahren mit 16 Zoll wie beim im Foto unten abgebildeten Cube Cubie 160. 
Das klein geschrumpfte 29er von Federleicht (oben) ermöglicht 
den Umstieg auf die größten Räder dann ab zehn Jahren und 1,45 m Körpergröße.Foto: Hersteller
Die ganze Welt des Kinderrades mit zwei extremen Polen: Los geht’s ab rund 3 Jahren mit 16 Zoll wie beim im Foto unten abgebildeten Cube Cubie 160. Das klein geschrumpfte 29er von Federleicht (oben) ermöglicht den Umstieg auf die größten Räder dann ab zehn Jahren und 1,45 m Körpergröße.

Dekliniert man alle Laufradgrößen durch, ist die Verweilzeit pro Rad ziemlich kurz. Das wird teuer, sofern man kein fein gestuftes Familienteam oder sonstige Abnehmer hat. Setzt man die Kinder aber so früh wie möglich auf große Laufräder, lässt sich auch mal ein Schritt überspringen. Dann kann die Bike-Karriere von 3-11 Jahren zum Beispiel über die Stufen 16, 20, 26 und 29 Zoll laufen – zwei Größen werden so ausgespart. Welche Größe wegfallen kann, hängt davon ab, wann und wo man startet. Früh bestiegene 26-Zöller, etwa ab sechs Jahren, haben nach unserer Erfahrung eine relativ lange Halbwertszeit von bis zu vier Jahren und einen großen Nutzwert. In dieser Zeit machen die Kids schnelle Fortschritte, wachsen aber nicht so stark. 27,5 Zoll kann leicht zugunsten von 29 Zoll übersprungen werden. Ab 1,45 Meter Körpergröße sind die kleinsten 29er fahrbar.

Im Detail unterscheiden sich aber die Rahmen-Geometrien in Länge und Höhe bei gleicher Laufradgröße. Nicht alle Hersteller gehen ans Limit und schrumpfen die Rahmen aufs Minimum, daraus ergeben sich die unterschiedlichen Mindestkörpergrößen für die Räder mit gleichen Laufradgrößen. Manche Hersteller bieten pro Laufradgröße auch zwei Rahmenhöhen oder mehr.

Foto: BIKE-Testabteilung

Die Rahmengröße

Wichtiger als die Rahmengröße, die nicht eindeutig definiert ist, ist die Mindestsitzhöhe, die ein Rad erfordert. Das ist der Abstand Tretlagermitte zu Satteloberkante. Mit der Schrittlänge – Buch in den Schritt pressen und Abstand zum Boden messen (s. Foto unten) – gibt es eine gute Orientierung zur Sitzhöhe: Schrittlänge mal 0,885 ist eine Annäherung der Sitzhöhe.

Falls nicht angegeben, hilft die Sitzrohrlänge. Sitzrohrlänge plus acht Zentimeter für Sattelstützenkopf und Sattelhöhe sind näherungsweise die Mindestsitzhöhe – sofern nicht der hintere Reifen im Weg ist oder das Oberrohr. Die Schrittfreiheit beim Stehen über dem Rahmen kann man sich auch anschauen, ist in der Praxis aber nicht so wichtig.

Unser Autor Robert Kühnen misst die exakte Schrittlänge bei unserem jungen Fahrer.Foto: Wolfgang Watzke
Unser Autor Robert Kühnen misst die exakte Schrittlänge bei unserem jungen Fahrer.

Das Gewicht

Kinder sind leicht. Kinderfahrräder oftmals nicht. Leider. Das kann dazu führen, dass Kinder ihre Bikes kaum alleine eine Treppenstufe hochhieven oder ein umgefallenes Rad aufheben können. Wenn ein 20-Kilo-Kind ein Zehn-Kilo-Rad fährt, wäre das Äquivalent für einen 80 Kilo schweren Erwachsenen ein Bike, das immerhin 40 Kilo wiegt. Kinder, die mit rund 30 Kilo schon richtig gute Biker sind, sind immer noch mindestens um den Faktor 2,5 leichter als Erwachsene.

Kurzum: Auch die leichtesten Kinderräder sind in der Relation ziemlich schwer. Das liegt daran, dass kaum hochwertige Komponenten extra für Kindergewichte ausgelegt werden. Auch Leichtbauteile sind für 80-Kilo-Fahrer sicher und für die Kids entsprechend überdimensioniert. Dafür sind sie unverhältnismäßig teuer und daher eher selten an Kinder-Bikes zu finden. Etwas Spielraum aber gibt es: Laufräder zum Beispiel können für Kinder mit wenigen und sehr dünnen Speichen gebaut werden. Die Reifen dürfen anfangs sehr zart sein. Tubeless spart weitere rotierende Masse. Sättel, Stützen und Lenker dürfen sehr leicht sein.

Reizthema Federgabel: Bis 20 Zoll Laufradgröße sind Federgabeln Unsinn – auch wenn sie für viele Kinder das wichtigste Teil am MTB sein mögen. Bei 24 und 26 Zoll sind sie je nach Strecke diskutabel, sollten dann aber von hoher Qualität sein, auf das geringe Körpergewicht der Kinder abgestimmt werden können und eine gute Dämpfung haben. Gerade eine schlechte, weil zu schnelle Zugstufendämpfung lässt das Vorderrad im Gelände unkontrollierbar springen. Der Verzicht auf die Federgabel spart mindestens ein Kilo – ein vergleichbarer Effekt wie 3 Kilo am Erwachsenenrad.

Wenn’s leicht gehen soll, soll’s leicht sein: Beim Kinder-MTB unbedingt auf geringes Gewicht achten!Foto: John Gibson/Getty
Wenn’s leicht gehen soll, soll’s leicht sein: Beim Kinder-MTB unbedingt auf geringes Gewicht achten!

Die Kurbellänge

Kinder haben kurze Beine. Und zu kurzen Beinen passen kurze Kurbeln. Logisch, oder? Leider hat sich das nicht bis zu Shimano & Co rumgesprochen, weshalb Kurbeln unter 165 mm – Kürzeres gibt es nicht in Großserie – ein Nischenprodukt sind, um das sich weniger bekannte Hersteller, Importeure und Spezialisten kümmern. Faustformel: Kurbellänge = 10 Prozent der Körpergröße. Das macht deutlich, dass Kurbeln von 165 Millimetern Länge erst ab

Idealerweise sollten die Kurbeln mitwachsen. Eine Stufung in 10-mm-Schritten ist völlig ausreichend. In der Praxis besteht das Problem darin, die Kurbeln wirklich zu beschaffen. Die Teile sind schwierig zu finden oder nicht lieferbar.

VPACE Kurbel, 30T narrow-wide Kettenblatt inkl. BSA Innenlager (97 Gramm ) - kompatibel mit BSA 68 und 73 mmFoto: Hersteller
VPACE Kurbel, 30T narrow-wide Kettenblatt inkl. BSA Innenlager (97 Gramm ) - kompatibel mit BSA 68 und 73 mm

Ein gutes, preiswertes Angebot führt Vpace (Bild oben). Edle Leichtbaukurbeln in kurzen Längen baut Federleicht (Bild unten). Weitere Anbieter sind T&A, Hope sowie einige Rahmenbauer mit eigener Kurbellinie. Gemeinsames Merkmal der ganz edlen Custom-Kurbeln ist aber das leider hohe Preisniveau, das den Einsatz am Kinder-Bike unrealistisch macht, von idealistischen Ausnahmen abgesehen.

Federleicht Crankset 140 mm SLFoto: Hersteller
Federleicht Crankset 140 mm SL

Kinder-MTB – Fazit der Redaktion:

Kauft Euren Kids ordentliche Kinder-MTBs! So leicht wie möglich, mit großen Laufrädern und kurzen Kurbeln. Dann stehen die Chancen gut, dass Kinder und Eltern gemeinsam Spaß haben! – Robert Kühnen, BIKE-Tester und dreifacher Vater
Robert Kühnen, BIKE-Tester und dreifacher Vater, rät Eltern, beim Kauf von Kinder-MTBs nicht nur auf die Farbe zu achten.Foto: Daniel Kraus
Robert Kühnen, BIKE-Tester und dreifacher Vater, rät Eltern, beim Kauf von Kinder-MTBs nicht nur auf die Farbe zu achten.