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KATEGORIE Trailhardtails | FEDERWEG 120 bis 140 Millimeter | PREISKLASSE bis 1999 Euro
Nur Hardtails dürfen mit. Sofort fängt das verwöhnte Redakteursgehirn an zu rebellieren. Sich beim Packen für einen Camping-Roadtrip voller Trail-Highlights so zu beschneiden – unmöglich! Entlang des Weges ist ein buntes Strecken-Potpourri eingeplant: hartgeklopfte Flow-Murmelbahnen, technische Singletrails durchs Hinterland und ausdauernde Touren über die Gipfel des Bayerischen Waldes. Im Kopf entsteht ein potentes Carbon-Fully als die ideale Alleskönnerbegleitung. Leicht, sportlich, abfahrtsstark, spaßig, aber eben auch teuer.
Zum Glück hat die Industrie seit einigen Jahren die Nische der Trailhardtails gewaltig ausgebaut. Diese Bikes versprechen echtes Mountainbike-Glück zu einem Bruchteil des Preises ihrer vollgefederten Brüder. Besonders Einsteiger können oder wollen nicht sofort die Summe von sechs Monatsmieten in ihr neues Hobby investieren. Trotzdem sollen günstige Hardtails den Funken der Begeisterung in ein Feuer der Leidenschaft verwandeln können. Die Entscheidung steht: Für Rahmen mit Dämpfer ist im knappen Laderaum des Campervans diesmal kein Platz.
Günstige Hardtail-MTB überraschten uns bereits in vergangenen Tests – sowohl im Positiven wie auch im Negativen. So scheinen beim Kaufpreis von unter 2000 Euro selbst Pfennigartikel, wie ein Kettenstrebenschutz, nicht in die Kalkulation jedes Herstellers zu passen. Auch verschwunden-gehoffte Standards, wie eine dünne Schnellspannachse am Hinterbau, tauchen in dieser Preisklasse wieder auf. Sauber verlegte Leitungen, ein stimmiges Cockpit und haltbare Technik sind bei manchem Schnäppchen zu viel verlangt. Preistreiber, wie kräftige Bremsen und eine Teleskopsattelstütze, finden sich in unserem Vergleich erst ab 1799 Euro beim Direktversender Rose und für 1999 Euro bei Dartmoor aus dem Fachhandel. Wo startet Mountainbiken? An welchem Punkt geht Trail-Fahrspaß los?
Lange müssen wir nicht auf die Antwort warten, denn der erste Stopp am Bikepark Geißkopf hat uns auf die Flow-Country-Strecke gespült. Eine Anliegerkurve, eine Welle, und schon steht uns das Grinsen im Gesicht. Direkt und präzise setzen die harten Hinterbauten jede Pumpbewegung in Fahrfluss um. Kurz noch mal treten, um über den kleinen Kicker zu schanzen? Easy, wenn keine Energie in einer Federung versackt. Dank Liftunterstützung vermissen wir hier, auf diesem kleinen Band verdichteter Erde, nicht einmal am Nukeproof eine Sattelklemme mit Schnellspanner. Dafür fordern die gruppenlosen Shimano-Bremsen, welche online bereits für 30 Euro das Stück verfügbar sind und mit denen auch NS Bikes ihr Eccentric bestücken, alle Kraft unserer Zeigefinger.
So weit, so gut, beziehungsweise schlecht. Doch wie sieht es abseits der perfekt geshapten Bike-Arena aus? Nächster Punkt des Roadtrip-Programms für unsere 4 Trailhardtails ist eine gute, ehrliche Mountainbike-Tour voll natürlicher Singletrails und rumpeliger Wanderwege. Wir merken schnell: Vorwärtsdrang hat Suchtpotenzial. In seichtem Terrain macht auch das NS Bikes mit seinen schnell rollenden Reifen Spaß. Apropos: Der Luftdruck entscheidet gerade am Hardtail maßgeblich über Dämpfung und Grip. Ein Tubeless-Setup ist deshalb quasi ein Muss.
Auch zum Einsteigerpreis dürfen Bikerinnen und Biker gelungene Geometrien erwarten. Trailhardtails haben jedoch ein gewaltiges Problem. Fahrtechnisch einfache Touren gelingen mit den Race-Hardtails derselben Preiskategorie schneller, spritziger, spaßiger. Das Blatt wendet sich erst, wenn die Runde in unbefestigtes Gelände abbiegt und die Schwerkraft den Job der Beschleunigung übernimmt. Dann sind zusätzliche Pfunde, wie bei Dartmoor und Nukeproof, schnell vergessen, und Federwegsreserven sowie ein flacher Lenkwinkel können richtig punkten. Mit der Kombi aus akzeptablem Gewicht und Vario-Stütze sticht das Rose auf der abwechslungsreichen Tour die minderwertige Ausstattung seiner Testkonkurrenten gnadenlos aus. Auch, weil bei diesen aufgrund schmal übersetzter Schaltungen früh die Beine ermüden. In den ausgedehnten Wurzelfeldern des Bayerischen Waldes übertrumpft die um Klassen bessere Federgabel im Versender-Bike alle anderen.
Zurück am Campervan wird der Grill angefeuert und über eine Flasche Bier schweift der Blick zu den vier Trailhardtails. Alles echte Mountainbikes für wenig Geld und mit hohem Fahrspaßpotenzial. Hier und da bremsen Details, doch fest steht: Mit zum nächsten Roadtrip kommt nur ein gut ausgestattetes Hardtail!
Wer ein bezahlbares Bike mit breitem Einsatzspektrum sucht, sollte sich auf dem Markt der Trailhardtails umschauen. So richtig geht das Konzept aber nur mit einer leichten und funktionalen Ausstattung auf. Kein einfacher Spagat für unter 2000 Euro. Während Dartmoor und Nukeproof sich vor allem in der Abfahrt gut schlagen, ist das NS Bikes eher ein Kandidat für Touren in leichtem Gelände. Die beste Kompromisslösung kommt von Rose. Mit dem Bonero 2 hat man in den meisten Situationen das richtige Mountainbike zur Hand.
Jedes der Test-Bikes hat einen anderen Charakter. Ein breites Einsatzgebiet steigert den Alltagswert – vor allem für Bike-Novizen mit schmalem Geldbeutel. Doch auch die Spezialisten bringen Spaß.
Nach unserem preisunabhängigen Bewertungssystem können die günstigen Hardtails keine Bestnoten einfahren. Im Vergleich zu Nino Schurters “Formel-1”-Bike bleibt der Einsteiger-“Golf” einfach weit zurück. Mit deutlichen Punkteunterschieden finden sich im Test aber auch gute Bikes zum fairen Preis.
Alle Alu-Rahmen erreichen hohe Steifigkeitswerte – gut beim Pushen durch Anlieger. Auch schwere Fahrer sind mit diesen Hardtails gut beraten.
Mit dicken Schlappen und schweren Laufrädern kommt das Nukeproof merklich schwerer aus dem Quark als die Konkurrenz. Am besten beschleunigt das NS Bikes.
Generell drücken die Einsteiger-Bikes ordentlich auf die Waage. Alleine an der Gabel liegt der Gewichtsunterschied zwischen Rose und Nukeproof bei 565 Gramm.