Marc Strucken
· 28.02.2023
Mondraker kommt mit einem neuen Bike an den Markt. Kein MTB, sondern ein Gravel E-Bike. Ein Meilenstein in der Historie des spanischen Herstellers. Aber kann das Gravelbike Mondraker Dusty mit seinem Mahle Hinterradnabenmotor, der neuen Geo und seinen Specs überzeugen? Wir haben es schon über die Trails in den Bergen hinter Alicante gejagt - und hatten viel Spaß.
Mondraker - die spanische Fahrradmarke aus Alicante steht seit ihrem Start für Mountainbikes. Zunächst machte sie sich einen Namen mit brachialen Downhill-Bikes, später reihten sich auch schlanke Cross-Country-Bikes ins Portfolio ein und zuletzt motorisierte Geschwisterchen mit mehr oder weniger Federweg. Jetzt allerdings wagt Mondraker einen besonderen Aufschlag: ein Gravelbike mit E-Antrieb. Das Mondraker Dusty wird vorgestellt als schnelles, aggressives E-Gravelbike, das vor allem Mountainbiker überzeugen soll. Dafür hat das Dusty einige Argumente - wir haben es bereits einige Up- und Downhills getestet in den Hügeln im Hinterland von Alicante.
Der Mondraker Graveler kommt jetzt zunächst bei ausgewählten Händlern in die Läden. Es gibt dann drei Modellvarianten: Dusty XR als Top-Version, RR als die Mitte und das Dusty R mit den günstigsten Komponenten. Gefahren haben wir bislang das Top-Modell, das sich vor allem durch eine Gravelbike-Federgabel, elektronische Schaltung und elektrische Vario-Sattelstütze auszeichnet. Alle drei Mondraker Dusty-Modelle haben aber den gleichen Motor, von dem vor allem hier die Rede sein wird.
Das Mondraker Dusty ist sicher nicht das erste Gravelbike mit E-Bike-Motor auf dem Markt - hier gibt es schon Bikes vom Rose, Specialized, Cannondale, Giant, Merida... Das Mondraker Gravel ist auch nicht das erste Bike mit einem Hinterrad-Nabenmotor, viel erinnern sich an die Beginne der E-Bikes, in deren Hinterrädern pizzagroße und sackschwere Nabenmotoren rotierten. Aber: Mondraker nimmt für sich in Anspruch eine in exklusiver Kooperation entstandene Version des Mahle X20 E-Bike-Motors zu verbauen und damit wohl einen der leichtesten Motoren am Markt. Und die Spanier wollen das E-Gravelbike von ihren Mountainbikes kommend entwickelt haben. Die Geometrie und der Einsatzbereich basieren auf Mondrakers “Forward Geometry” und sind entsprechend: langer Reach (noch länger als am MTB), kurzer Vorbau und ein flacher Lenkwinkel sollen das Dusty in die Lage versetzen, auch ruppige Singletrails mit Ruhe und Sicherheit zu meistern. “Confidence inspiring” - vertrauenerweckend, würde man wohl auf Deutsch sagen - so nennen es die Entwickler.
Vor allem die Rockshox Rudy-Federgabel mit 40 Millimetern Federweg filtert auf dem Weg rauf manches kleine Hindernis aus dem Weg, bergab verzeiht das Topmodell Dusty XR damit auch einige Ungenauigkeiten und findet gut durch Schotter und Felsen. Wenn es zu steil wird, hilft die verbaute elektrische Rockshox Reverb XPLR AXS Vario-Sattelstütze Luft unter den Hintern zu bekommen. Ihre stufenlose Versenkbarkeit ist schon ein Feature, dass auch auf einem Gravelbike sehr zur Sicherheit beiträgt. Denn auch auf flachen, schnellen Trail-Passagen sind ein paar Zentimeter mehr Platz über dem Sattel hilfreich.
Der Rahmen, konstruiert aus der “Stealth Air Carbon” genannten, hochwertigen Kohlefaser, die auch zum Beispiel für die Mondraker XC-Hardtails Podium verwendet wird, zeigt zunächst einmal nicht, dass das Dusty ein E-Bike ist. Die Silhouette mit dem bekannten, ultra-schlanken Oberrohr wurde auch hier umgesetzt. Das Rahmen-Kit wiegt allein 1298 Gramm.
Der im Unterrohr fest verbaute Akku stört das grazile Aussehen nicht. Vor allem aber die kurze Kettenstrebe mit 425 Millimetern und der 70 Grad steile Lenkwinkel tragen zur Laufruhe des E-Gravelbikes bei. Bis hierher kann man durchaus Vergleiche zu einem (langen, flachen) MTB-Hardtail ziehen, inklusive Kettenstrebenschutz und 12-mm-Steckachsen. Dann aber spendiert Mondraker seinem Neuling für 2023 Bohrungen zum Anbringen von zwei Flaschen, Schutzblechen und eines Gepäckträgers. Der Rahmen ist zumindest kompatibel für eine 2-fach-Schaltung - verbaut sind aber bei allen Modellen 1x12-Antriebe. Auch wird es eine Zusammenarbeit mit Apidura bei speziell für das Dusty designten Rahmentaschen geben. So möchte der High-End E-Graveler Dusty XR auch auf Bikepacking-Reisen gehen.
Im MTB-Bereich eher selten verbaut und auch im Rennradsegment kein Massenprodukt ist der Mahle Hinterradnabenmotor. Mondraker hatte bereits an seinem Kinder-MTB F-Play einen Mahle Ebikemotion X35 verbaut. Das Mondraker Dusty kommt in allen drei Varianten mit dem neuen X20 E-Bike Motor, der auf dem Zettel 350 Wh im Akku zur Verfügung hat, bei einem Gewicht von 3,6 Kilo. Der Nabenmotor liefert 23 Newtonmeter Drehmoment in drei progressiven Unterstützungsstufen - was nach Herstellerangaben 55 Nm an einem Mittelmotor entspricht. Laut Mahle sollen so 200 bis 250 Watt zusätzliche Power beim Treten generiert werden. Über einen optionalen Range-Extender (1,1 kg, 499 Euro laut Hersteller) kommen noch einmal 171 Wattstunden ins System, was etwa 50 Prozent gegenüber dem verbauten Hauptakku sind.
Auf den teils sehr steinigen und steilen Auffahrten in den Küstenbergen Südostspaniens macht eine Unterstützung durchaus Spaß. Mondraker gibt an, dass bis zu 180 Kilometer und/oder 2400 Höhenmeter Reichhöhe mit dem Rahmenakku möglich sind. Der Eindruck eines mittelfitten, mittelschweren Testfahrers war aber, dass mit den voreingestellten Parametern der Motorcharakteristik und bei Nutzung der vornehmlich zweiten und zeitweilig auch dritten U-Stufe der Akku nach gut 50 km und 1600 hm zur Neige ging. Laut einer Beispielrechnung von Mahle soll der X20 E-Bike-Motor bei 100 Watt Fahrerinput 200 Watt zuschießen, bei 400 Watt Input gibt es 250 Watt on top. Das nennen die Entwickler “progressive Unterstützung”. Durch die Lage des Motors am Hinterrad fühlt es sich im Gelände jedoch deutlich weniger mächtig an. Aber das ist einerseits bei 55 Nm Drehmoment erwartbar, zum anderen auch gewollt von Mondraker: Es soll ein unaufdringlicher Eindruck der Unterstützung entstehen, gemacht für das sportliche Gravelbiken - auch ist die Federgabel blockierbar, was auf der Straße für Roadbike-Feeling sorgt.
Diesen Eindruck können wir bestätigen. Die erste Unterstützungsstufe ist ein lauer Rückenwind, der beim gleichmäßigen Pedalieren hilft, wenn es ein wenig auf und ab geht. Die zweite U-Stufe hat deutlich mehr Druck. Beim Einsatz über längere Zeit, fühlt es sich aber an, als wären es die eigenen Beine, die diese Power liefern. Der Motor ist kaum hörbar - er klingt vielleicht am ehesten wie das Geräusch von Hochkammer-Carbonfelgen in Fahrt - und fällt erst auf, wenn man ihn ausstellt oder drosselt. Auch “zieht” der Mahle-Motor nicht an der Kette, wie es Mittelmotoren mit großer Power tun. Und klappern tut auch nichts. So lassen sich steile Anstiege mit einer guten Portion sportlichem Ehrgeiz erklimmen, mit dem Gefühl, dass der Schub des Motors “aus dem Bike” heraus geschieht. Die dritte U-Stufe leuchtet Pink auf dem im Rahmen eingelassenen LED-Display und drückt spürbar mehr noch als die zweite. Nach den ersten Testfahrten würden wir die Parameter in der Einstellung hier etwas ändern: An steilen Stellen schaltet man in einen leichteren Gang, was der Motor als weniger Druck auf die Pedale wertet und auch seine Unterstützung zurückfährt. Über die sehr umfangreiche “MySmartBike” App von Mahle sollte es aber kein Problem sein, Kadenz und Drehmoment anders gegeneinander wirken zu lassen.
Das Mondraker Dusty ist dabei zudem mit der kompletten Peripherie des Mahle X20 ausgestattet. Neben dem Display im Oberrohr, das farblich die U-Stufen anzeigt, und an dem diese geschaltet werden können und der Motor an- und ausgestellt, verfügt das Dusty über zwei kleine Schalter für die U-Stufen, die mit einem Gummiband am Lenker befestigt werden. Die Schaltzentrale bildet der Computer, der serienmäßig auf einem Garmin-Mount steckt und ebenfalls die Unterstützungsstufen anzeigt und per Tasten ändert. Außerdem zeigt es diverse System- und Reisedaten an Akku-Stand, verbleibende Reichweite, gefahrene Strecke, Uhrzeit, Wattleistung und andere. Der Mahle X20 ist zudem koppelbar mit Garmin Navis und Smartwatches wie der Fenix 7 - was reibungslos funktionierte.
Das Dusty XR von Mondraker fährt sich auf Trails und auf ruppigen Wegen wie ein quirliges Hardtail mit sehr strammer Federgabel. Was in diesem Fall ein positiv ist, weil es auf der einen Seite tatsächlich einen ausgewogenen Schwerpunkt hat (recht mittig über dem Tretlager) und nicht etwa vom Nabenmotor oder dem Akku in eine Richtung beschwert wird. Man kann es recht handlich in einen Bunny Hop ziehen, um Hindernisse behänd zu überspringen. Die 40 mm der Rudy Federgabel fühlen sich sehr progressiv an: Leichte Unebenheiten schluckt sich feinfühlig weg - einen Durchschlag konnten wir auch bei härterer Gangart dennoch nicht verzeichnen. Zusammen mit der Geometrie des Mondraker E-Gravelbikes und der Variosattelstütze kommt so selten Unsicherheit auf, auch bei steilen Singletrails oder steinigen Passagen. Aber: Liebe Mountainbiker, wir reden über ein Gravelbike und kein All Mountain. Eine solide Fahrtechnik setzen wir voraus.
Dies kommt aber auch an ihre Grenzen, wenn die 45 mm breiten Maxxis Rambler nicht mehr greifen, zum Beispiel auf tiefem Schotter oder loser Erde. Wenn sie einmal rutschen, egal ob seitlich oder in Fahrtrichtung, dann muss man sich was einfallen lassen. Vor allem aber stellt der Rennradlenker für eingefleischte MTB-Fahrerinnen und Fahrer eine Umstellung dar. Wenn Mondraker sich jene als Zielgruppe vorstellt, muss immer erwähnt werden, dass das Umgreifen vom Ober- in den Untergriff nicht erst dann erfolgen sollte, wenn es schon zur Sache geht auf dem Trail. Sonst wird es heikel. Auch die Position der Arme ist anders als beim MTB-Flatbar und stellt eine muskulären Belastung am Anfang dar - was auch ein Sicherheitsaspekt sein kann. Dafür kann man mit dem Mondraker Dusty umso souveräner Bergstraßen herunter “ballern” oder die klassischen Gravelroads heizen, weil es gefühlt noch einiges an Reserven bereithält. Dass die elektronische Sram X01-Schaltung und die Rockshox Reverb-Sattelstütze absolut reibungslos funktionieren, sei hier auch noch erwähnt.
Alle drei Ausstattungsvarianten des Mondraker Dusty basieren auf dem gleichen Rahmen aus Stealth Air Carbon Fasern, bestückt mit dem Mahle X20 E-Bike-Motor mit fest verbautem 350-Wh-Akku. Das günstigste Dusty R ist ausgestattet mit einem Sram Rival 1 x 11 Antrieb, MDK-XG1 Laufrädern, schmaleren Maxxis Rambler EXO 40 mm Reifen, und OnOff Komponenten. Das mittlerer Modell Dusty RR kommt mit Sram Rival ETAP 1 x 12 Schaltung, Mavic Allroad Disc Laufrädern, und den Maxxis Rambler EXO Reifen sowie Komponenten von OnOff. Das Topmodell, das wir bereits fahren konnten, Mondraker Dusty XR, fährt mit einer Sram Force ETAP AXS 1 x 12 Schaltung, Mavic Allroad Pro Carbon SL Carbon Laufrädern, 45 mm breiten Maxxis Rambler EXO Reifen, einer 40 mm RockShox Rudy Ultimate Federgabel, und einer Rockshox Reverb XPLR AXS Dropper Post mit 75 Millimetern Hub.
Alle Modelle sind ab sofort zunächst bei ausgewählten Händlern zu bekommen. Im Jahresverlauf wird das Mondraker Dusty in mehr Läden stehen.