Peter Nilges
· 22.07.2022
All-Mountain Bikes meistern mittlerweile Trails mit Bravour, auf denen man früher noch ein Enduro brauchte. In der Abfahrt wächst die 150-Millimeter-Riege über sich hinaus. Doch wie ist es um die Touren-Qualitäten in der 3000-Euro-Klasse bestellt?
Vor uns zuckelt ein Kettenbagger gemächlich den Hang hinauf, um die letzten Spuren der Wintersaison zu beseitigen. Der Parkplatz ist gähnend leer. Die Sessel der Liftanlage schaukeln sanft im Wind. Nein, wir sind nicht etwa zu früh zu unserem All-Mountain-Bike-Test aufgebrochen oder haben die falsche Location gewählt. Wir sind ganz bewusst in den Bikepark Katzenkopf in Leutasch gefahren, obwohl die Saison hier noch nicht begonnen hat. Denn, auch wenn sich in unserem All-Mountain-Testfeld mit Fullys um 150 Millimeter Federweg vermeintlich starke Abfahrer befinden, wollen wir die Bergaufqualitäten selbstverständlich nicht ausklammern. Es ist also heute Treten angesagt.
Im BIKE-Transporter drängen sich sieben All-Mountain Bikes. Sechs Stück liegen im Preisbereich zwischen 2999 Euro und 3750 Euro, wobei das YT Jeffsy die untere und das Specialized Stumpjumper Comp Alloy die obere Preisgrenze markieren. Das Rocky Mountain Instinct C 70 kostet mit 7200 Euro gut das Doppelte und soll zeigen, ob man mit dem wesentlich teureren Referenz-Bike auch entsprechend mehr Spaß haben kann.
Die Wetterprognosen sehen leider nicht so rosig aus. Für heute Nachmittag sind Gewitter gemeldet. Für alle Fälle liegen die Regenklamotten griffbereit – ganz oben in der Tasche. Wir müssen uns also ranhalten. Bereits beim Ausladen lässt sich erahnen, was uns heute noch so bevorsteht. “Ganz schöne Brummer”, stellt Testredakteur Max mit prüfendem Blick fest. In der 3000-Euro-Klasse sind unter den abfahrtslastigen All-Mountain Bikes keine Gewichtsrekorde mehr zu erwarten. Der schnelle Blick in die Tabelle aus unserem Testlabor bestätigt das Gefühl unserer “Handwaage”: Im Durchschnitt wiegen die Test-Bikes 15,6 Kilo mit Pedalen. Das sind gut 1,3 Kilo mehr als in unserer 2000 Euro teureren Testgruppe aus BIKE 3/22. Während Radon und Specialized mit knapp über 15 Kilo noch im erträglichen Bereich liegen, drückt das Focus Jam mit fast 17 Kilo auf die Waage.
Schon in der ersten steilen Rampe wird klar: Ausgewiesene Kletterkünstler sucht man in dieser Testgruppe vergeblich. Die vorhandenen Pfunde lassen sich einfach nicht wegdiskutieren. Aber: Dank der steilen Sitzwinkel von rund 76 Grad lastet zumindest genügend Gewicht auf dem Vorderrad, um entspannt klettern zu können. Lediglich beim Radon Slide mit minimal flacherem Sitzwinkel entsteht das Gefühl, etwas von hinten zu treten. Hier ist es hilfreich, den Sattel leicht nach vorne zu schieben. Im weiteren Verlauf hoch zum Katzenkopf wird die Steigung angenehmer.
Nach 250 kräftezehrenden Höhenmetern ist die Katzenkopfhütte erreicht. Endlich können die All Mountains in ihrer Paradedisziplin glänzen.
Und unser teures Referenz-Bike? Das Rocky Mountain Instinct ist nur ein halbes Kilo leichter als das Radon. Bergauf hält sich das Rocky daher dezent zurück und sticht nicht wirklich aus der Testgruppe heraus. Bergab wendet sich das Blatt jedoch: Vor allem in den schnelleren Passagen der Teststrecke liegt das Instinct souveräner auf der Strecke, bietet eine sehr gute Dämpfungskontrolle und fährt sich auch noch leiser, ohne störende Klappergeräusche. Ein Unterschied ist also vorhanden. Doch von doppeltem Fahrspaß zu sprechen, wäre wohl übertrieben.
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