“Papa, ziehen!”, schreien die Kids von hinten, sobald sich der Weg auch nur minimal aus der Horizontalen erhebt. Klar, es gibt Spannenderes, als einen Berg hochzustrampeln. Doch wer runter will, muss erstmal hoch. Mit einem Abschleppseil kann man den tretfaulen Nachwuchs unterstützen und dabei seine Nerven schonen – vor allem, wenn das Zugsystem so clever konstruiert ist wie das PullMe aus dem Allgäu.
Drei Jahre lang hat Thomas Merkel an seinem Abschleppseil getüftelt. Den Anstoß für eine Eigenkonstruktion gab die Unzufriedenheit mit den am Markt erhältlichen Systemen. Bei dem einen störte den Konstrukteur die umständliche Befestigung per Kabelbinder. Bei einem anderen die Montageposition am Sattelgestell. Gerade bei langhubigen Teleskopstützen entstehen hier hohe Hebelkräfte, die auf Dauer nicht gut für die sensiblen Bauteile sind. Das weiß der Maschinenbauingenieur aus seiner langjährigen Erfahrung im Bereich Fahrzeugtechnik und Produktion. Also musste ein eigenes System her.
Der Grundgedanke hinter PullMe: Es sollte sich leicht montieren lassen, nahe an der Sattelklemme zu montieren sein, um unnötige Hebelkräfte zu reduzieren und für ein Systemgewicht von maximal 150 Kilo tauglich sein. Damit wäre das PullMe auch für Erwachsene interessant – als Notnagel, wenn unterwegs etwas kaputt oder die Kraft (bei E-Bikern der Saft) ausgeht.
Montiert wird das PullMe über einen einfachen Klemmmechanismus an der soliden Kunststoff-Manschette. So lässt sich das System mit wenigen Handgriffen an Stützen mit einem Durchmesser von 30,9 oder 31,6 Millimetern anbringen. Eine Hülse, mit der sich das PullMe auch an schlanken 27,2er-Stützen befestigen lässt, befindet sich aktuell noch in Arbeit, wird aber in absehbarer Zeit erhältlich sein.
Ein Schaumstoff-Insert an der Innenseite der Klemme sorgt für einen sicheren Halt an den beiden gängigen Stützen-Durchmessern – kein Klappern, kein zu leichtes Verdrehen. Zum Abnehmen muss man lediglich den kleinen Hebel öffnen, schon kann man das System im Rucksack verstauen. Das ist tatsächlich deutlich entspannter als bei den meisten anderen Zugsystemen für Kinderfahrräder am Markt.
Das 173 Gramm schwere Abschleppseil funktioniert nach dem Hundeleinen-Prinzip – die Kids schnappen sich die gummierte Schlaufe, legen sie um den Vorbau und schon kann es losgehen. Oben angekommen lässt man die Schnur einfach zurückschnalzen und sie rollt sich automatisch wieder ein. Das ist praktisch und funktioniert zuverlässig. Das 2,5 Meter lange Seil sorgt für genügend Abstand zum Zugfahrrad. Weil es keinerlei Flex, also Elastizität, bietet, muss man sich an leichtes Ruckeln während der Fahrt gewöhnen, vor allem, wenn Angehängte etwas unrund treten.
Für die Abfahrt sollte man die Schlaufe des PullMe um das Kunststoffgehäuse legen, da es sonst am Reifen schleifen kann. Eine kleine Halterung für die Schlaufe gibt es leider nicht. Ein weiteres Problem ist, dass das System bei Fullys beim Einfedern des Hinterbaus mit dem Reifen kollidieren kann. Uns ist das während des Tests mehrmals passiert. Hier besteht die Gefahr, dass das Gehäuse abschert oder zumindest beschädigt wird.
Unsere Empfehlung: für die Abfahrt das PullMe einfach abnehmen und im Rucksack verstauen. Wer keine geeignete Tasche dabei hat, kann das System aber auch einfach nach vorne in Fahrtrichtung drehen und schon steht es nicht mehr im Weg. Wichtig vor dem Kauf: Bei Teleskopstützen sind mindestens 32 Millimeter Auszug nötig, um das System am festen Standrohr montieren zu können. Bei fixen Stützen gibt es keine solche Einschränkung.
Besonders die clevere und einfache Montage unterscheiden das PullMe von anderen Abschleppsystemen am Markt. Zudem schont es die eh schon sensible Technik der Teleskopstützen. Die Bedienung ist auch für Kinder spielend einfach. Top: Weil das maximale Systemgewicht bei 150 Kilogramm liegt, können sich selbst E-Biker mit dem PullMe gegenseitig abschleppen – super im Fall eines Defekts oder bei leerem Akku.