Der SQlab 6OX Ergowave ist nicht neu, das Modell gibt es bereits seit zwei Jahren. Und doch ist der Neue völlig anders. Sein Namenszusatz "Made in Germany" macht es deutlich: Dieser Sattel wird in Deutschland hergestellt. Dafür hat sich SQlab mit dem mittelfränkischen Kunststoffspezialisten Oechsler zusammengetan und ein Fertigungsverfahren für dämpfende Zwischensohlen von Sportschuhen verfeinert, um so auch Fahrradsättel produzieren zu können.
Weil nämlich die Anforderungen an einen Sattel denen von Jogging-Schuhen offenbar sehr ähneln, ist auch der Grundstoff derselbe wie das an Puffreis erinnernde Sohlenmaterial zahlreicher Laufschuhe: Das beim deutschen Chemieriesen BASF bezogene Material mit dem Handelsnamen Infinergy ist kein klassischer Polyurethan-Schaum (PU) mehr, der meist Basis für Fahrradsättel ist.
Stattdessen werden zuerst unzählige, eben puffreiskorngroße, abgeschlossene PU-Luftkissen hergestellt. Dieses sogenannte expandierte thermoplastische Polyurethan (E-TPU) kann dann quasi zu einer beliebigen Form zusammengebacken werden. Das Material selbst ist leicht und gilt als extrem elastisch – mit einer nahezu gummiartigen Rückstellkraft. Dabei soll es so robust sein, dass SQlab auf einen Überzug verzichtet und nur an den neuralgischen Stellen mit dünnen Schutzelementen versieht – voll automatisiert und ohne Klebstoff, wie man seitens SQlab stolz betont.
Auch wenn die Massenfertigung der SQlab-Sättel weiterhin in Asien bleibt: Der 199,99 Euro teure SQlab 6OX Ergowave "Made in Germany" ist ein aufs Nötigste reduziertes Vorzeigeobjekt, das aber Schule machen soll. Tobias Hild, Gründer und Geschäftsführer von SQlab, träumte nämlich schon länger von einer regionalen Produktion. Er sah den hohen Anteil der Handarbeit bei der Sattelherstellung aber immer als Problem. Die kann er jetzt mit der automatisierten High-Tech-Fertigung in Deutschland umgehen.
"Wir mussten nur die besten Experten aus der Materialforschung und der Fertigung zusammenbringen, was uns mit der Fa. Oechsler und BASF gelungen ist, und schon ist es möglich die Produktion wieder nach Deutschland zurück zu holen. Das ist erst der Anfang, es ist aber noch sehr viel mehr möglich. Wir freuen uns auf kurze Wege, kurze Lieferzeiten und ein deutlich höheres Innovationstempo", blickt SQlab-Chef Hild zuversichtlich in die Zukunft.
Mit seiner ungewöhnlichen Optik zieht der neue 6OX neugierige Blicke geradezu an. Man könnte meinen, der Hersteller hätte Polystyrol, wie man es von MTB-Helmen kennt, in einer Sattelform aufpoppen lassen und anschließend die Sitzfläche mit Kinesio-Tape beklebt. Doch natürlich steckt dahinter wesentlich mehr. Der schwarze Schaum ist nicht hart, sondern gibt auf Fingerdruck leicht nach, um direkt im Anschluss wieder in seine Ausgangsform zurückzukehren.
Typisch SQlab muss man sich an die doppelte Stufe und die sehr breite Sattelnase erst einmal gewöhnen. Hat man sich dann aber eingesessen, fährt sich der 6OX enorm komfortabel. Der neuartige Schaum scheint Stöße großzügig zu absorbieren, ohne dass der Hintern auf längeren Strecken unangenehm im Polster einsinkt. Zusätzlich erhöht die active-Satteltechnologie, durch die der Sattel über Elastomerdämpfer seitlich flext, den Sitzkomfort. Das aufgeklebte Padding fühlt sich griffig an und gibt dem Fahrer sicheren Halt im Anstieg. Ob der BASF-Infinergy-Schaum und die aufgebrachten Tapes auch auf lange Sicht den Belastungen im Gelände standhalten, wird unser Dauertest zeigen.