Marcus Klausmann zu Upside-Down-Gabeln”Die Magazine haben das auf die Spitze getrieben”

Laurin Lehner

 · 17.05.2025

Suspension-Experte Marcus Klausmann.
Foto: Laurin Lehner
Marcus Klausmann ist 15-facher MTB-Downhill-Meister und Suspension-Experte. Wir sprachen mit dem Tech-Fan über Upside-Down-Gabeln, Zeitgeist und warum steif nicht immer besser ist.

Mit Federn, Dämpfern und Highspeed kennt er sich aus: Marcus Klausmann ist eine deutsche Mountainbike-Legende und 15-facher Deutscher Meister im Downhill. Mit Worldcup-Erfolgen und jahrzehntelanger Erfahrung zählt er zu den prägendsten Figuren des Sports.

Heute gibt der Technik-Fan sein Wissen als Coach an die nächste Generation weiter und betreibt ein Fahrwerks-Service Klausmann Suspension. Wir sprachen mit dem Tech-Fan über Upside-Down-Gabeln, Zeitgeist und warum steif nicht immer besser ist.


BIKE: Marcus, Upside-Down-Gabeln feiern ihr Comeback! Kleinere Labels wie Intend, Dvo oder Manitou verkaufen schon lange solche Gabeln. Doch jetzt wurde ein Singlecrown-Prototyp vom Suspension-Riesen Fox gesichtet, der demnächst als Serie präsentiert werden soll. Grund zur Freude?

Marcus Klausmann: Warum nicht? Upside-Down-Gabeln kennt man aus dem Motorsport, etwa der MotoGP (höchste Rennklasse innerhalb der Straßenmotorrad-Weltmeisterschaft, Anm. d. Red.). Der Vorteil: Das Öl steht immer an der Dichtung – das verbessert das Ansprechverhalten. Der Nachteil: etwas weniger Steifigkeit. Aber ist das wirklich ein Nachteil? Gerade in den letzten Jahren scheint es, als würden viele wieder die Vorteile von mehr Flex schätzen. Das Rad findet leichter seine Linie, und die Arme des Fahrers werden geschont.

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Die alte Frage: Ist steifer wirklich immer besser?

Genau. Das wurde lange auf die Spitze getrieben – auch von Fachmagazinen wie eurem. Weiche Produkte wurden abgestraft. Die Hersteller haben reagiert: Fox hat plötzlich die steifere Fox 38 in Enduros verbaut, während die Fox 36 zur All-Mountain-Gabel degradiert wurde. RockShox hat Ähnliches mit der ZEB und der Lyrik gemacht.

Im Downhill-Racing sieht man inzwischen deutlich den Trend zu mehr Flex. Rahmen, Lenker und Laufräder werden zunehmend wieder aus Aluminium statt aus steifem Carbon gefertigt. Auch das Diktat des geringen Gewichts hat an Bedeutung verloren. Plötzlich ist es akzeptiert, wenn ein Enduro-Bike über 16 Kilo wiegt. Denn auch die Kunden merken: Leicht ist selten stabil.



Wie erklärst du dir diesen Wandel?

Zeitgeist ist schwer zu analysieren. Vielleicht ist es einfach die Erfahrung der Käufer – zum Beispiel nach einer Woche Urlaub in Finale Ligure. Danach weiß man: Ein leichtes Bike ist meist weniger robust. Und wer schon mal ein Video von einem gebrochenen Carbon-Lenker gesehen hat, greift beim nächsten Kauf vielleicht lieber zu Alu. Damals war Carbon ein Muss auch aus Marketing-Gründen, jetzt ist das nicht mehr so.

Zurück zum Upside-Down-Trend: Warum jetzt?

Ich denke, der Markt ist jetzt bereit dafür. Die Idee ist ja nicht neu. Wahrscheinlich haben die Hersteller alte Konzepte aus der Schublade geholt, die sich damals keiner zu veröffentlichen traute.

Du als Vollblut-Racer plädierst für weichere Materialien – überrascht mich. Mögen Racer es nicht eigentlich eher straff und steif?

Nein. Commencal verbaut zum Beispiel Stahl-Schwingen – und nicht wegen hoher Steifigkeit, sondern um Vibrationen zu reduzieren. In den letzten drei, vier Jahren kamen kaum neue Carbon-Downhill-Bikes auf den Markt – genau aus diesem Grund. Flex bringt Komfort und schont die Kräfte, auch für Racer.

Bikes werden auch deshalb schwerer – auch das siehst du gelassen?
Im Bereich All-Mountain, Enduro, Freeride und Downhill hat man den Trend zu schwereren Bikes akzeptiert – allerdings vor allem wegen der erhöhten Haltbarkeit.

Gibt es bei Gabeln noch viel Entwicklungspotenzial?
Die Gabel wird nicht neu erfunden, falls du das meinst. Die Technik ist auf einem extrem hohen Niveau. Die Top-Kartuschen von Fox, Rockshox oder Öhlins liegen alle sehr nah beieinander – auch wenn es Unterschiede gibt.

Wie hast du damals die Einführung der wuchtigen Fox 38 als neue Enduro-Gabel erlebt?
Ich habe das nicht verstanden. Das war ein Trend – keine Ahnung, wer den gestartet hat. Die 36er wurde zur All-Mountain-Gabel abgestempelt, ähnlich wie die Lyrik bei Rockshox. Dabei passt sie nach wie vor gut ins Enduro-Segment. Vielleicht spielte auch die wuchtigere Optik der 38er eine Rolle.

Welche Rolle spielt das Körpergewicht bei der Gabelwahl? Macht es ab 90 Kilo Sinn, zu einer Fox 38 oder Rockshox ZEB zu greifen – statt zur 36, Lyrik oder der neuen Upside-Down-Gabel?
Ab 90 Kilo kann eine steifere Gabel sinnvoll sein – muss aber nicht. Meiner Erfahrung nach hat der Fahrstil mehr Einfluss als das Gewicht. Viele meiner Kunden experimentieren gerne – und gerade schwerere Fahrer greifen oft bewusst zu den etwas flexibleren Modellen.

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Mehr zur Person Marcus Klausmann

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere im Jahr 2016, das er aufgrund von Herzrhythmusstörungen bekannt gab, engagierte sich Marcus Klausmann weiterhin im Mountainbike-Sport. Er war unter anderem als Coach und Mentor für Nachwuchstalente tätig, beispielsweise im Rahmen des “Propain Gravity Kids”-Projekts.

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