Fox Live Valve Neo vs. Rockshox Flight AttendantWer baut das bessere Elektro-Fahrwerk?

Jan Timmermann

 · 28.04.2025

Im Test lassen liefern sich Fox Live Valve Neo und Rockshox Flight Attendant ein Duell Kopf an Kopf.
Foto: Max Fuchs
Elektronische Federgabeln und Dämpfer sind unter Fahrwerks-Entwicklern der letzte Schrei. Mit Fox und Rockshox haben sich die beiden größten Player der elektrisch gesteuerten Mountainbike-Federung angenommen. Im Test-Duell liefern sich Fox Live Valve Neo und Rockshox Flight Attendant einen Schlagabtausch.

Die Elektrifizierung der Welt macht auch vor Mountainbike-Fahrwerken nicht Halt. Sensor-Steuerung und Stromsignale versprechen eine - im wahrsten Sinne des Wortes - blitzschnelle Anpassung des Fahrwerks ans Terrain. Geht es nach den Branchenriesen Fox und Rockshox sind E-Fahrwerke die Zukunft. Werden Federgabel und Dämpfer unter Strom gesetzt, können diese Setup-Veränderungen schnell, situativ und in einer Frequenz vornehmen, die Mechanik, Hydraulik oder menschliche Handgriffe niemals erreichen können. Die entsprechenden Systeme sind Wunderwerke der Technik und schweineteuer. In einem Kopf-An-Kopf-Duell wollten wir herausfinden, welches elektronische Fahrwerk für Mountainbiker besser funktioniert: Fox Live Valve Neo oder Rockshox Flight Attendant? Wir starten mit einer Vorstellung der Kontrahenten.

Rockshox gegen Fox: Mit zwei baugleichen Mondraker Foxy Bikes wollten wir herausfinden, welcher Hersteller aktuell das beste E-Fahrwerk baut.Foto: Max FuchsRockshox gegen Fox: Mit zwei baugleichen Mondraker Foxy Bikes wollten wir herausfinden, welcher Hersteller aktuell das beste E-Fahrwerk baut.

Fox Live Valve Neo im Detail

Bereits 2018 präsentierte Fox das erste Live Valve System und war damit Vorreiter für elektronisch gesteuerte Fahrwerkskomponenten im Serienverkauf. Gute sechs Jahre später folgte das Live Valve Neo System, welches sich von den Kabeln der Ursprungs-Version absagte und stattdessen auf ein eigens entwickeltes Funk-Protokoll setzt. Zusätzlich verzichtet die neueste Ausbaustufe auf eine Regelung der Dämpfung an der Gabel. Es wird ausschließlich der Dämpfer angesteuert, der grundsätzlich immer geschlossen ist und nur bei Schlägen öffnet. An den Bremssätteln vorne und hinten werden Sensor-Einheiten verbaut, welche drahtlos mit der Steuerungseinheit im Dämpfer kommunizieren. Das Fox-eigene Neo-Protokoll überträgt Daten dabei 200 Mal schneller als Bluetooth.

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Basierend auf den Daten, welche die Sensoren zu Beschleunigung und Geländeneigung erfassen, entscheidet Live Valve Neo die Druckstufe des Dämpfers über ein Magnetventil zu öffnen oder zu schließen. Vom Prinzip her ist das System also nicht als elektronischer Lockout zu verstehen und auch eine Zwischenstufe bietet es nicht. Allerdings soll die enorme Geschwindigkeit dafür sorgen, dass die Übergänge quasi nahtlos vonstatten gehen. Natürlich lassen sich alle Parameter in der Fox Bike App individualisieren. Der User hat die Wahl zwischen voreingestellten oder persönlich konfigurierten Tunes. So können beispielsweise Effizienz oder Traktion präferiert und das Fahrwerk bei Bedarf an jeden einzelnen Trail speziell angepasst werden. Im Expertenmodus lässt sich über Einstellungen zu Kraftschwellen, Zeit- und Neigungswerte zum Beispiel beeinflussen, wie lange die Druckstufe bei welchem Einschlag und abhängig von Steigung oder Gefälle geöffnet sein soll.

Die Datenbasis für das Fox Live Valve Neo System liefern zwei Sensoren. Diese werden jeweils an den Bremssätteln montiert.Foto: Max FuchsDie Datenbasis für das Fox Live Valve Neo System liefern zwei Sensoren. Diese werden jeweils an den Bremssätteln montiert.

Das Fox Live Valve Neo System gibt es aktuell nur für Trail-, Enduro- sowie Downhill-Bikes und nur am Dämpfer. Bei den eigenen Federgabeln sehen die Amerikaner in diesem Einsatzgebiet aktuell noch keine ausreichend großen Vorteile durch eine elektronische Steuerung. Mit den zwei Modellen Float X und DHX gibt es jeweils eine Luft- und eine Stahlfeder-Option. Erhältlich sind die Federbeine für den Nachrüstmarkt nur in der Factory-Ausführung. Bei der Dämpfer-Basis handelt es sich um die bekannten Modelle. So lassen sich direkt an der Hardware Zugstufe und Low-Speed-Druckstufe für den offenen Modus in gewohnter Manier einstellen. Ein zusätzlicher Hebel regelt, wie hart das Fahrwerk bei automatisch geschlossener Druckstufe wird.

Wie Rockshox setzt auch Fox auf einzelne, entnehmbare Akkus. Ein Ersatz für die Trikottasche kostet satte 99 Euro.Foto: Max FuchsWie Rockshox setzt auch Fox auf einzelne, entnehmbare Akkus. Ein Ersatz für die Trikottasche kostet satte 99 Euro.

Facts zu Fox Live Valve Neo

  • System: elektronisch
  • Kommunikationsbasis: Funk (Fox Neo Protokoll)
  • Anzahl Energieträger: 1 Akku (Dämpfer), 2 Knopfzellen (Sensoren)
  • Laufzeit pro Ladung (Herstellerangabe): 20-35 Fahrstunden (Dämpfer) / 1 Jahr (Sensoren)
  • Setup-Optionen Hardware: Luftdruck, Zugstufe, Low-Speed-Druckstufe, Intensität der Druckstufen-Steuerung
  • Setup-Optionen Software: vorkonfigurierte Tunes / individuelle Tunes (Steuerungs-Verhalten in Abhängigkeit von Zeit, Kraft und Neigung)
  • benötigte Bauteile: Dämpfer, Sensoren, Akku, Ladegerät
  • Mindest-UVP für betriebsbereites Fahrwerk: 1893 Euro (ggf. + 1559 Euro UVP für passende Fox Float 36 Factory Gabel)

Dämpfer im Test: Fox Float X Factory Live Valve Neo

  • Federweg Dämpfer: 150 mm
  • Preis Dämpfer: 1299 Euro
  • Preise Zubehör: 594 Euro (Kit aus Sensoren, Akku & Ladegerät) / 99 Euro (Ersatz-Akku) / 79 Euro (Ersatz-Ladegerät)
  • Gewicht Dämpfer betriebsbereit: 669 Gramm (inkl. Sensoren)
Fox Federgabeln kommen aktuell noch ohne elektronische Steuerung. im Test griffen wir auf eine konventionelle Float 36 Factory zurück.Foto: Max FuchsFox Federgabeln kommen aktuell noch ohne elektronische Steuerung. im Test griffen wir auf eine konventionelle Float 36 Factory zurück.

Rockshox Flight Attendant im Detail

2021 gab es das elektronische System von Rockshox erstmalig für den Trail-Einsatz zu kaufen. Anfang 2024 schoben die Fahrwerks-Experten dann eine Version für Crosscountry-Bikes nach. Wenig später erfolgte das Update der Komponenten für den Trail-, Enduro- und Downhill-Einsatz. Rockshox war der erste Hersteller, welcher Fahrwerke über Funk kommunizieren ließ und nutzt dafür das von den entsprechenden Sram-Schaltwerken bekannte AXS-Protokoll. Eine Steuerungseinheit in der Gabel reagiert auf die Informationen von Schaltwerken und Pedalier-Sensoren in der Kurbel. Die vernetzten Komponenten entscheiden über das Fahrwerks-Setup anhand der eingespeisten Tret-Energie, der Neigung und der Beschleunigung. Drei verschiedene Dämpfungs-Modi stehen zur Wahl: Open, Pedal und Firm. Kleine Elektromotoren übernehmen die Verstellung - dank “Split-State-Funktion” auch für Gabel und Dämpfer getrennt voneinander.

AXS-Controller am Lenker können mit verschiedenen Funktionen belegt werden und zum Beispiel die Entscheidungen des Algorithmus überschreiben. Via “Bias-Adjust” lässt sich beeinflussen, ob sich die Automatik öfters für ein strafferes oder ein komfortableres Setup entscheiden soll. In der Sram AXS App bietet sich der Überblick über alle Einstellungen. Eine Besonderheit von Rockshox Flight-Attendant: Auf Wunsch lernt das System mit. Fahrleistungen können in bestimmte Level eingeteilt werden, die das Fahrwerks-Setup beeinflussen. Melden die Daten durch auffällig höhere Watt-Werte einen fitten Fahrer werden eher straffere Einstellungen vorgenommen, als wenn Input und Kräfte geringer sind.

LEDs an der Gabelkrone zeigen an, in welchem Modus sich das Rockshox Flight Attendant System gerade befindet.Foto: Max FuchsLEDs an der Gabelkrone zeigen an, in welchem Modus sich das Rockshox Flight Attendant System gerade befindet.

Um Rockshox Flight Attendant nutzen zu können, braucht es zusätzlich zu Gabel und Dämpfer einen AXS-Pedaliersensor oder ein entsprechendes Powermeter. Im Test griffen wir auf einen günstigeren Pealiersensor zurück, das genauere und teurere Powermeter soll dem System laut Rockshox ermöglichen nochmals schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen. Ein Sram AXS-Schaltwerk ist zwar nicht obligatorisch, verbessert aber ebenfalls die Daten für den Algorithmus. Um bestimmte Funktionen nutzen zu können braucht es zusätzlich einen AXS-Controller oder Pod. Elektrisch gesteuerte Gabel-Modelle gibt es in den Serien Pike, Lyrik und ZEB. Für die Crosscountry-Fraktion gibt es das XC-System für die SID-Baureihe. Bei den Dämpfern ist Flight Attendant für Super Deluxe, Vivid und Vivid Coil erhältlich. Die beiden letzteren sind allerdings Bike-Herstellern vorbehalten. “Analoge” Federgabeln mit Charger 3.1-Technologie lassen sich mit spezifischen Control-Modulen auch auf Flight Attendant umbauen.

Kleine elektrische Stellmotoren nehmen an den Rockshox Flight Attendant Gabeln und Dämpfer vollautomatisch Setup-Veränderungen vor.Foto: Max FuchsKleine elektrische Stellmotoren nehmen an den Rockshox Flight Attendant Gabeln und Dämpfer vollautomatisch Setup-Veränderungen vor.

Facts Rockshox Flight Attendant

  • System: elektronisch
  • Kommunikationsbasis: Funk (Sram AXS Protokoll)
  • Anzahl Energieträger: 3 Akkus (Gabel, Dämpfer & Schaltwerk), 1 AAA Batterie (Pedaliersensor), mind. 1 Knopfzelle (Schalthebel/Controller)
  • Laufzeit pro Ladung (Herstellerangabe): 20-30 h (Gabel) / 30-40 h (Dämpfer) / 200 h (Pedaliersensor) / 200 h (Schalthebel/Controller)
  • Setup-Optionen Hardware: Luftdruck, Zugstufe
  • Setup-Optionen Software: Low-Speed-Druckstufe, “Bias Adjust” (Steuerungs-Verhalten), “Adaptive Ride Dynamics” (lernfähige Anpassung), Leistungszonen
  • benötigte Bauteile: Gabel und Dämpfer (jeweils mit Akku), Ladegerät, Pedaliersensor/Powermeter, Sram AXS Schaltwerk
  • Mindest-UVP für ein betriebsbereites Fahrwerk: 2580 Euro (Flight-Attendant-Upgrade-Kit)

Gabel und Dämpfer im Test: Rockshox Lyrik & Super Deluxe Ultimate Flight Attendant

  • Federweg Gabel: 160 mm
  • Federweg Dämpfer: 150 mm
  • Preis Gabel (inkl. Akku & Ladegerät): 1749 Euro
  • Preis Dämpfer (inkl. Akku & Ladegerät): 1049 Euro
  • Preise Zubehör: 63 Euro (Ersatz-Akku) / 46,75 Euro (Ersatz-Ladegerät)
  • Gewicht Gabel betriebsbereit: 2100 g
  • Gewicht Dämpfer betriebsbereit: 560 g
Jedes Bauteil des Rockshox Flight Attendant Ecosystems benötigt einen eigenen Akku. Es handelt sich um dieselben Energiespeicher, wie in den bekannten Sram AXS Schaltwerken.Foto: Max FuchsJedes Bauteil des Rockshox Flight Attendant Ecosystems benötigt einen eigenen Akku. Es handelt sich um dieselben Energiespeicher, wie in den bekannten Sram AXS Schaltwerken.

Test-Setup

Um die elektronischen Fahrwerkssysteme von Fox und Rockshox miteinander vergleichen zu können, haben wir sie in zwei bau- und ausstattungsgleichen Mondraker Foxy All Mountains getestet. Am Bike mit Flight Attendant kamen alle benötigten AXS-Bauteile zum Einsatz. Am Live Valve Neo Modell montierten wir zwecks Vergleichbarkeit zusätzlich zu Dämpfer und Sensoren eine Fox Float 36 Factory Grip X Federgabel ohne elektronische Steuerung. Für unsere Testfahrten nutzten wir Trails in Finale-Ligure und im Odenwald. Die Eindrücke von insgesamt vier erfahrenen Testfahrern flossen in unsere Beurteilung.

Beiden Systeme erfordern bei Ersteinrichtung die Installation der passenden App. Beide führen klar und unkompliziert durch den Einrichtungsprozess. Auch die Kopplung und Kalibrierung der Sensoren dürfte Durchschnitts-User nicht vor Herausforderungen stellen. Insgesamt sind die konkurrierenden E-Fahrwerke recht fix einsatzbereit. Während des Tests mussten wir bei Fox via Bluetooth ein Update auf den Dämpfer spielen und aufgrund eines Verbindungsfehlers die App neu installieren. Wer bei Rockshox nicht ins Kleingedruckte schaut, erhält nervige Mails ins Postfach. Zudem reagierte die AXS-App nicht auf die Zurück-Taste unseres Android-Smartphones. Im Test entlud sich die AAA-Batterie im Pedaliersensor auffällig schnell. Wir vermuten einen Fehler bei der Deaktivierung der Shake-To-Wake-Funktion. Kleinigkeiten der schönen neuen Fahrwerks-Welt also auf beiden Seiten. Bei aller Nutzerfreundlichkeit bringen E-Fahrwerke eben doch zusätzliche Komplexität.

Fahrwerks-Setup am Handy: Zur Ersteinrichtung der elektronischen Dämpfer und Gabel braucht es das Smartphone.Foto: Georg GrieshaberFahrwerks-Setup am Handy: Zur Ersteinrichtung der elektronischen Dämpfer und Gabel braucht es das Smartphone.

Schlagabtausch: Wer baut das schnellere E-Fahrwerk?

Die Fox Live Valve Neo Sensoren erfassen Geländedaten 400 mal pro Sekunde. Dank des superschnellen Funk-Protokolls braucht die Übertragung an die Controller-Einheit im Dämpfer nur eine Millisekunde. Das ist etwa fünf mal schneller als das Rockshox-Protokoll braucht, um die Daten aus Pedaliersensor und Schaltwerk an den Controller in der Gabelkrone zu übertragen. Zum Vergleich: ein menschliches Blinzeln dauert rund 400 Millisekunden. De facto kommunizieren beide Systeme so schnell, dass Biker dies nicht als Verzögerung wahrnehmen können. Sowohl für Fox als auch für Rockshox gilt: Nutzer brauchen sich keine Sorgen machen, dass ihr E-Fahrwerk nicht schnell genug auf die Signale reagiert. Was als Signal gedeutet wird, unterscheidet sich jedoch - dazu später mehr. Bei der Landung nach einem Sprung stehen in beiden Fällen jedenfalls nahtlos alle Reserven zur Verfügung.

Sowohl Fox Live Valve Neo als auch Rockshox Flight Attendant sind schnell. Bei Landung steht der Federweg nahtlos bereit.Foto: Max FuchsSowohl Fox Live Valve Neo als auch Rockshox Flight Attendant sind schnell. Bei Landung steht der Federweg nahtlos bereit.

Während bei Rockshox die Bias-Wahl und der Watt-Input über den Modus aber nicht über die Schnelligkeit des Wechsels zwischen diesen entscheidet, können sich bei Fox alle Hobby-Informatiker richtig austoben. Theoretisch erlaubt Live Valve Neo 70 mal pro Sekunde die Verstellung der Druckstufe. In der Realität aber springt diese nicht ständig zwischen offen und zu, sondern verbleibt für eine definierbare Zeit im offenen Modus. Das Zeitfenster lässt sich separiert festsetzen oder durch einen vorkonfigurierten Tune beeinflussen. So liegt die Öffnungsdauer im weicheren Plush-Tune bei 750 Millisekunden, beim härteren Firm-Tune bei nur 300 Millisekunden. Je nach Einstellung öffnet und schließt der Dämpfer also ein bis drei mal pro Sekunde. Große Unterschiede gibt es beim Funktionsprinzip: Der Fox-Dämpfer ist grundsätzlich geschlossen und öffnet bei Bedarf, das Rockshox-Fahrwerk wiederum ist grundsätzlich offen und schließt bei Bedarf.

Die Sensoren von Fox lesen das Gelände 400 mal pro Sekunde. Setup-Verstellungen nimmt der Dämpfer deutlich seltener vor.Foto: Max FuchsDie Sensoren von Fox lesen das Gelände 400 mal pro Sekunde. Setup-Verstellungen nimmt der Dämpfer deutlich seltener vor.

Fox Live Valve Neo und Rockshox Flight Attendant auf dem Trail

Der Fox Live Valve Neo Dämpfer liegt außerhalb des Fahrer-Sichtfeldes und verrichtet seine Dienste dank Magnetventil absolut geräuschlos. Da ist die zusätzliche Technologie schnell vergessen. Anders bei Rockshox. Nicht nur, dass die kleinen Stellmotoren immer wieder leise surren, der Blick verfängt sich anfangs oft auf den LEDs an der Gabelkrone. Diese geben Auskunft welche Input-Zone die Wattmessung meldet und in welcher der drei Positionen “Open”, “Pedal” und “Locked” sich das Fahrwerk befindet. Fox lässt den Piloten während der Fahrt über die Dämpfereinstellung im Dunkeln. Beides hat Vor- und Nachteile. Die Transparenz des Rockshox-Systems schafft Vertrauen, mit dem Fox-Pendant lebt es sich intuitiver. Alle unsere Tester fanden die Hardware-Basis bei Fox leicht besser als bei Rockshox und bestätigten damit frühere Testergebnisse der starken Float 36 und Float X Komponenten. Im offenen Modus steht Fox nochmal etwas stabiler im Federweg und bietet minimal mehr Sensibilität. Ohne elektronische Steuerung knautscht die Fox-Gabel allerdings im Wiegetritt - ein spürbarer aber im Enduro-Einsatz vernachlässigbarer Nachteil.

Im Auslieferungs-Setup empfanden wir sowohl bei Fox als auch bei Rockshox die Effizienz als überbetont. Flight Attendant sperrte das Fahrwerk auf sportlicher Tour auffällig oft und verblieb lange im Lock-Modus. Im Test der XC-Version störte uns das weniger, am All Mountain aber fanden wir uns auf flachen Trails, auf denen aktives Treten gefragt war, oft im Lock-Modus wieder. Die zusätzliche Datenbasis aus dem Pedaliersensor stellt dann das Fahrwerk auf Vortrieb. In der Folge erreichen kleine Schläge den Fahrer fast ungefiltert. Trainierte Racer können das im Wettkampf verschmerzen, für alle anderen empfiehlt sich das Verhalten der Automatik in Richtung mehr Komfort zu tunen. Hier hilft Bias-Adjust auf -1 oder gar -2 zu verstellen oder die Korrektur der Watt-Schwellen nach oben. Allerdings geht so wiederum der Effizienz-Vorteil der Elektronik schrittweise verloren. Der durchschnittliche Mountainbiker ist mit einem konventionellen Rockshox-Fahrwerk besser beraten.

Sowohl bei Fox Live Valve Neo als auch bei Rockshox Flight Attendant ist die Fahrwerkseffizienz stärker betont, als bei konventionellen Bauteilen.Foto: Max FuchsSowohl bei Fox Live Valve Neo als auch bei Rockshox Flight Attendant ist die Fahrwerkseffizienz stärker betont, als bei konventionellen Bauteilen.

Ganz ähnlich die Situation am Bike mit Fox Live Valve Neo. Hier hat vor allem der siebenstufige Firm-Hebel am Dämpfer einen großen Einfluss auf die wahrgenommene Performance. In der mittleren Einstellung geht mit geschlossener Druckstufe auch der Komfort auf Schotter noch in Ordnung ohne Einbußen bei der Traktion befürchten zu müssen. Dreht man auf volle Effizienz, reicht das geschlossene Fahrwerk viele Unebenheiten weiter. Zurück in der Mittelstufe fällt immer noch eine Ungereimtheit auf, die wir bereits beim Test des Stahlfeder-Modells beobachten konnten: Bei vielen kleinen Schlägen, wie auf sehr grobem Schotter, oder bei einzelnen mittleren Schlägen, wie etwa bei einem Schlagloch im Asphalt, traf der Dämpfer wiederholt mit geschlossener Druckstufe auf die Hindernisse und überraschte erst kurz danach mit einer Öffnung. Da das Phänomen in erster Linie bei niedrigen Geschwindigkeiten bergauf auftritt, haben wir die programmierten Kraftschwellen im Verdacht. Werden diese nicht erreicht, öffnet der Dämpfer auch nicht. Ohne die zusätzliche Kraft eines E-Bikes müssen die Werte zugunsten des Komforts in Uphill und Ebene deshalb in der App vorsichtig nach unten korrigiert werden. Derweil reagiert das System auf größere Schläge gut und schnell.

Die E-Fahrwerke können nicht nach vorne schauen. Man könnte auch sagen: Sie können nicht agieren, nur reagieren. Das Fox-System ist zweifelsohne schnell aber in leicht rumpeligen Uphill-Situationen erscheint das Fahrgefühl auf dem Bio-All-Mountain hin und wieder unnatürlich. Eine mittlere Druckstufen-Einstellung zwischen offen und zu könnte helfen und wäre dank Magnetventil theoretisch sogar stufenlos möglich. Leider bräuchte die kontinuierliche, nahtlose Verstellung so viel Energie, dass der Akku bald leergesaugt wäre. Die Übergänge zwischen den Modi gelingen Rockshox harmonisch. Auch wegen der Pedal-Mittelstufe und dem Split-Mode fühlt sich Flight Attendant bei schnellen Geländewechseln, wie etwa beim Übergang von Schotter zu Trail, etwas natürlicher an. Allerdings nur solange der Fahrer aufhört zu treten. Ansonsten bleibt das Fahrwerk für unseren Geschmack zu lange geschlossen.

Flach und rumpelig: Mit dem Komfort der E-Fahrwerke waren wir nicht in jeder Situation zufrieden.Foto: Max FuchsFlach und rumpelig: Mit dem Komfort der E-Fahrwerke waren wir nicht in jeder Situation zufrieden.

In steilen Downhills spielt das Treten ohnehin keine Rolle. Hier ist Rockshox Flight Attendant durchgehend geöffnet. Auch Fox Live Valve bleibt im ruppigen Talschuss zuverlässig offen. So liefern beide Systeme die gewohnt gute Abfahrperformance der analogen Topmodelle ab. Einen kleinen Vorteil für Fox konnten wir auf flowigen Trails ausmachen. Während Flight Attendant hier ohne Treten offen bleibt, ist Live Valve Neo etwas aktiver und macht auch zwischendurch beim Pushen über einen Pump schon mal zu, um Geschwindigkeit mitzunehmen. Was beide Kontrahenten beeindruckend gut beherrschen ist das Herausbeschleunigen aus Kurven. Hier ist der Effizienz-Vorteil der Elektronik am stärksten zu spüren. Die Fahrwerke sperren im richtigen Moment und ohne Kraftverlust kann der Fahrer den Speed am Kurvenausgang durch Pushen oder Pedalieren ausbauen. Eine gemeinsame Schwachstelle gibt es auch: Wird das Bike auf ebenem Untergrund in den Manual gezogen, legen die Neigungssensoren nahe, es ginge bergauf. Immer wieder leiteten wir den Move auf unseren Testbikes mit geschlossenem Fahrwerk ein - mit dem All-Mountain-Fully ein kontraintuitives Gefühl. Erst, wenn das Vorderrad wieder abgesetzt wurde, machte das Fahrwerk auf.

Zweifelsohne bieten die teuren Fahrwerkskomponenten von Fox und Rockshox eine gute Downhill-Performance. Hier sind beide elektronischen Systeme geöffnet.Foto: Max FuchsZweifelsohne bieten die teuren Fahrwerkskomponenten von Fox und Rockshox eine gute Downhill-Performance. Hier sind beide elektronischen Systeme geöffnet.

BIKE-Fazit von Jan Timmermann, BIKE Redakteur

Die elektronischen Fahrwerke von Fox und Rockshox sind maximal faszinierend und der Zweikampf ist ein extrem knappes Kopf-An-Kopf-Rennen. In beiden Fällen fällt das Handling via Funk leicht. Beide Systeme legen im Grund-Setup einen Schwerpunkt auf Effizienz. Für die Mehrzahl der abfahrtsorientierten Biker sind Live Valve Neo und Flight Attendant deshalb aktuell keine Empfehlung wert. Komfortablere Einstellungen lassen sich finden, bleiben aber ein Kompromiss und dafür im Hobby-Umfeld schlicht zu teuer. Technisch versierte Racer können von den wahnsinnig vielen Setup-Variablen profitieren und Geschwindigkeitsverluste minimieren. Wer auf eine blockierte Gabel verzichten kann, erhält bei Fox eine minimal bessere Komponentenbasis. Ganz ohne Pedalier-Daten bringt Live Valve Neo die seltenen Vorteile eines geschlossenen Dämpfers auch in die Abfahrt ein und bietet All-Mountain-Bikern deshalb aktuell das etwas bessere Paket.

BIKE-Redakteur Jan TimmermannFoto: Georg GrieshaberBIKE-Redakteur Jan Timmermann

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