Adrian Kaether
· 04.05.2021
Upside-Down-Gabeln stehen wegen geringer Verdrehsteifigkeit immer wieder in der Kritik. Ob mehr Materialeinsatz die Lösung ist? Wir haben die Intend Edge und Bandit zum Vergleichstest gebeten.
Seit Jahren stemmt sich Intend mit dem Erfolgsmodell Edge gegen die bekannte Ordnung. Die Freiburger Schmiede, hinter der in erster Linie der Ex-Trickstuff-Entwickler Cornelius Kapfinger steckt, setzt auf Upside-Down-Bauweise und ein Innenleben ohne High-Speed-Versteller. Maximale Sensibilität durch Upside-Down und eine möglichst simple Konstruktion mit möglichst wenigen, reibungsintensiven Dichtungen sind das Ziel. Doch die Gabeln mit der außergewöhnlichen Optik haben noch einen weiteren, angenehmen Nebeneffekt. „Wenn jemand ein einzigartiges Show-Bike bauen will, kommt er an meinen Produkten kaum vorbei. Das bringt mir viel kostenlose Coverage, für die ich sehr dankbar bin,“ verrät uns Cornelius Kapfinger im Interview.
Mit der Ebonite brachte Intend Ende vergangenen Jahres nun selbst den Gegenentwurf zur Edge auf den Markt. Die konventionelle Bauweise der MTB-Federgabel soll gezielt Upside-Down-Skeptiker ansprechen, denn der Vorwurf, dass Upside-Down-Gabeln wenig verdrehsteif sind, konnte auch von der Edge nie ausgeräumt werden. Die Ebonite mit klassischer Bauweise ist entsprechend steifer und soll damit mehr Lenkpräzision garantieren. Das Innenleben der Edge wurde fast vollständig übernommen. So bot sich uns eine Chance zum lupenreinen Konzeptvergleich. Welche Gabel überzeugt unsere Tester im direkten Duell? Die Upside-Down-Gabel Edge oder die Ebonite in Right-Side-Up-Bauweise?
Wer mehr Seitensteifigkeit gegenüber der Edge sucht, wird jedoch nicht nur bei der Ebonite mit klassischem Layout fündig. Mit der Intend Bandit bietet Cornelius Kapfinger nun eine Gabel im Upside-Down-Prinzip an, die zwar etwas schwerer als das Konkurrenzmodell Edge sein soll, aber auch etwas steifer. Möglich macht es die einseitige Doppelbrücken-Konstruktion. Durch das verlängerte Tauchrohr auf der linken Seite wächst außerdem das Volumen der Negativkammer deutlich an, was das Ansprechverhalten zusätzlich positiv beeinflussen soll
Im Zuge unseres Testduells von Ebonite und Edge forderten wir also auch ein Exemplar der Bandit an, die vorerst nur in Kleinserie gefertigt werden soll. Schon im Labor wird klar, die Bandit ist wie zu erwarten schwerer, aber auch messbar steifer als die Edge. Doch der Unterschied beträgt kaum vier Newtonmeter. Von der Seitensteifigkeit einer klassischen Gabel, wie etwa der Fox 36, sind beide Gabeln damit noch weit entfernt, können aber bei der Bremssteifigkeit auftrumpfen.
Tabelle mit BIKE-Messwerten zu den Federgabeln: Aufgrund der Doppelbrücken-Konstruktion konnte die Bremssteifigkeit der Bandit auf unserem Prüfstand nicht ermittelt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass die Bandit hier mindestens auf dem Niveau der Edge liegt.
Die entscheidende Frage? Lohnt sich der Aufpreis und das Mehrgewicht der Bandit gegenüber der Edge? Machen sich vier Newtonmeter mehr Seitensteifigkeit in der Lenkpräzision bemerkbar? Zum Praxistest zogen wir in den Bikepark Samerberg aus und scheuchten zwei Testbikes im ständigen Wechsel durch das verblockte Steinfeld und schnelle Anliegerkurven. Unterschiede in Handling und Lenkpräzision würden hier am deutlichsten zu spüren sein.
Beide Gabeln geben sich dabei auffällig sensibel und lassen sich schon beim Einstellen auf dem Parkplatz mit minimaler Belastung durch die kleinen Finger an den Lenkerenden einfedern. Das gilt nicht nur für die Bandit, mit der großen Negativluftkammer sondern auch schon für die Edge. Auf dem Trail fällt die fantastische Sensibilität jedoch weniger ins Gewicht. Die Kräfte, die hier auf die Federelemente wirken, sind ohnehin groß genug, sodass auch klassische Gabeln wie die Fox 36 oder die Lyrik von Rockshox sich nicht spürbar schlechter schlagen.
Dennoch bleibt es auffällig, wie komfortabel beide Federgabeln durch die Felsen gleiten. Wobei eher das komfortable, recht lineare Werks-Setup als die Upside-Down-Bauweise dafür verantwortlich sind. Sportliche Fahrer sollten hier für mehr Endprogression Spacer nachrüsten.
Dass sich Edge und Bandit manchmal ihre eigene Linie suchen und damit kleine Fehler in der Linienwahl ausbügeln, empfanden wir eher als angenehm denn als störend. In Anliegern dagegen vermittelt zumindest die Edge ein weniger direktes Gefühl am Vorderrad – von besorgniserregend jedoch weit entfernt. Die Bandit schlägt sich hier aber höchstens minimal besser und lässt sich im Fahrverhalten kaum von der Edge unterscheiden. Auch die große Negativluftkammer der Bandit wirkt sich in unseren Testszenarion nicht positiv aus, da schon die Edge mit ihrem sensationellen Ansprechverhalten keine Wünsche offen lässt.
Beide Gabeln geben sich also keine Blöße, doch kann sich auch keine ernsthaft von der anderen absetzen. Andere Parameter wie die zwei ungleichen Testbikes spielen hier eine größere Rolle und verhindern ein eindeutigeres Ergebnis.
Zumindest für uns steht damit fest: Auch die Bandit wird keinen ausgewiesenen Upside-Down-Skeptiker überzeugen. Der geringe Mehrwert in Sachen Steifigkeit und Negativluftkammer war für uns in der Praxis kaum spürbar und wird mit einem deutlich messbaren Mehrgewicht erkauft. Erst in extremeren Szenarien könnte sich ein Unterschied zwischen den Gabeln zeigen, der damit für den Trail-Alltag jedoch kaum noch eine Rolle spielt.
Die Bandit ist damit genau das, als was sie auch vorgestellt wurde: Ein Nischenprodukt für eine sehr spezielle Zielgruppe. Für Racer und Fahrwerks-Freaks könnte sie trotzdem interessant sein. Wer bergab nicht auf die Stoppuhr schaut und eine komfortable, funktionale Custom-Federgabel für sein Mountainbike sucht, ist mit der leichteren Edge aber besser beraten.