TRP Bremsen waren bislang vor allem Downhill- und Enduro-Bikern ein Begriff. Damit sich das nun ändert, stellte TRP kürzlich mit der Evo X zum ersten mal in der fast 20-jährigen Markengeschichte eine Bremse für Marathon- und Cross-Country-Racer vor.
Die Expertise von TRP reicht jedoch deutlich weiter zurück. Hinter dem Kürzel verbirgt sich die High-Performance-Sparte des Branchenriesen Tektro. Tektro Racing Products (TRP) machte in den letzten Jahren nicht nur mit einer eigenen Schaltung, sondern auch durch Scheibenbremsen mit massivem Erscheinungsbild im Gravity-Bereich von sich Reden. Auch die neue TRP Evo X basiert auf dem Erfolg der DH-R EVO - dem bisherigen Flaggschiff im TRP-Lineup - und wirkt in der Hand nicht gerade filigran. Kann das Racern taugen?
Angesichts der wuchtigen Optik überrascht die TRP Evo X mit einem durchaus akzeptablen Gewicht. Der Verzicht auf eine werkzeuglose Griffweiten- und Druckpunktverstellung sowie der Einsatz von Titan-Hardware geht also auf.
Auf unserer Laborwaage brachte es das Set aus Vorder- und Hinterradbremse inklusive Beläge auf 626 Gramm. Zum Vergleich: Eine ebenfalls im Race-Bereich auf Power ausgelegte Sram Level Ultimate Stealth Bremse mit vier Kolben bringt es auf rund 555 Gramm. 70 Gramm Mehrgewicht dürften auch für Racer nicht rennentscheidend sein, zumal die Power der TRP trotz nur zwei Kolben stärker ausfällt - doch dazu später mehr.
Bleibt man beim Vergleich zur Top-Race-Bremse aus dem Hause Sram ist die TRP Evo X mit 558 zu 720 Euro zudem deutlich günstiger zu haben. Trotzdem: Gewichts-Fetischisten finden bei TRP leider keine überzeugende Kombi. Optik und Verarbeitung konnten uns bei den Taiwan-Bremsen überzeugen. Die gefräste Lenkerschelle schmeichelt dem Auge und das Gold harmoniert mit den Factory-Federelementen von Fox.
Cross-Country- und Marathon-Bikes sind 2025 so vielseitig und abfahrtsstark, da können viele Race-Bremsen kaum noch mithalten. Für mich ist die Bremse der letzte Ort, um Gewicht zu sparen. Wer später bremst ist länger schnell. Für mich gehören deshalb auch an ein Race-Bike kräftige Bremsen. Da ist das geringe Mehrgewicht der TRP Evo X absolut verschmerzbar! - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur
Schon auf den ersten Metern macht die TRP Evo X klar: hier steckt Power drin! Im Gegensatz zu vielen Konkurrentinnen muss die Taiwanesin nicht erst lange eingebremst werden, um gut zu funktionieren. Der Druckpunkt war im Test jederzeit sehr definiert, die Verzögerungsleistung stark. Da diese jedoch nicht giftig einsetzt, sondern von einer sanften Initialkraft zu einer verlässlichen Power mit vielen Reserven übergeht, lässt sich die TRP hervorragend dosieren.
Auch wenn die Hebelergonomie etwas anders ist, erinnert das Bremsgefühl der TRP Evo X an das einer Shimano XT. In vielen Ohren (unseren eingeschlossen) dürfte sich das anhören, wie ein Kompliment. Im Vergleich zur Shimano wirkt der massive Bremshebel der TRP jedoch steifer. In Extremsituationen kann man richtig schön reinlangen und profitiert ohne Flex oder anderen Mätzchen von einem hohen Sicherheitsgefühl.
Beim Bremsvorgang ist die Geräuschkulisse der TRP Evo X eher laut. Wir konnten ihr zwar weder Quietschen noch Schleifen entlocken, doch die Beläge greifen hörbar in die Scheibe. Auffällig war außerdem die Entwicklung von recht viel Bremsstaub. Zur Haltbarkeit der Bremsbeläge können wir derzeit jedoch noch keine Aussage treffen.
Bereits mit einer 180er-Bremsscheibe besitzen die Stopper eine extrem hohe Bremskraft für eine Zweikolben-Race-Bremse. Das dürfte ihr auch im Down-Country- und Trail-Bereich einige Freunde bescheren. Auf dem zahmen Profil asketischer Race-Reifen ist fast schon etwas Vorsicht geboten. Die Bremskraft der TRP Evo X übersteigt definitiv die Traktion vieler schneller Cross-Country-Reifen.
Wer aufs Ganze gehen will, montiert vorne eine TRP Bremsscheibe mit 203 Millimetern Durchmesser und fetten 2,3 Millimetern Dicke. Damit erreicht TRPs erste Race-Bremse eine bislang ungekannte Standfestigkeit und Hitze-Resistenz. Wer also bereit ist, nochmal rund 90 Gramm Mehrgewicht für die dicke Scheibe mit auf die Trails zu nehmen, erhält mit der Evo X eine absolut konkurrenzfähige MTB-Bremse, die selbst steilen Spitzkehren-Trails ihren Schrecken nimmt.
Die TRP Evo X ist eine der besten Bremsen mit Race-Label, die ich bisher fahren durfte. Bei Power und Dosierbarkeit schlägt sie die XC-Konkurrenz um Längen. Kombiniert mit großen Scheiben macht sich die TRP auch als Trail-Bremse gut. Etwas schade allerdings, dass Hardcore-Racer bei den Taiwanesen weiterhin auf eine richtig leichte Bremse verzichten müssen. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur