Auf der Suche nach einem preisattraktiven Allrounder orderte die BIKE-Testredaktion das Canyon Lux Trail CF7. Dass die Wahl zum Gegenkandidaten gegen das hochinteressante Cube AMS One 11 C:68X Pro 29 auf das 120-Millimeter-Fully von Canyon fiel, ist natürlich kein Zufall. Unsere Experten vermuten in dieser Bike-Kategorie echte Geheimtipps. Die leichten Fullys mit progressiver Geo könnten das Zeug zum idealen Touren-Mountainbike haben. So ist das 3699 Euro teure Lux Trail CF7 zwischen Race- und Trailbike platziert und wird von Canyon als “Downcountry-Modell” betitelt. Auf Prüfstand und Trail wollten wir checken, ob das aufgebohrte Marathon-Bike mehr kann als bierernstes Strecke-Schrubben.
Aufmerksamen Beobachtern wird aufgefallen sein, dass sich das Canyon Lux Trail seinen Namen mit dem Crosscountry-Modell Lux Worldcup teilt. Bereits in vergangenen Tests stellten wir fest, dass sich das Bike auch mit dem Zusatz Trail einige athletische Eigenschaften erhalten hat. Dazu zählen unter anderem die flott rollenden Laufräder. Bestückt mit der widerstandsarmen Kombi aus Schwalbe Wicked Will und Racing Ralph bescheren sie dem Koblenzer eine zünftige Beschleunigung. Auch wenn das Gesamtgewicht mit fahrfertig über 13 Kilo längst keine Rekorde bricht, passt die Agilität im Antritt. In dieser Preisklasse kann kaum ein Trailbike-Brummer am Lux Trail dran bleiben. Noch spritzigere Marathon-Spezialisten kosten gerne mal den doppelten Preis. Ebenfalls auf die Race-Gene zurückzuführen ist die sportliche Sitzposition. Ein ausladender Reach und ein Lenker mit nur zehn Millimetern Rise spannen den Piloten flach übers Rad. Auf der 30, 60 oder gar 90 Kilometer Tour ordentlich Strecke machen? An Bord des Canyon Lux Trail CF7 kein Problem.
Ein drittes Tribut an die Rennfahrer-Wurzeln sitzt auf der linken Lenkerseite. Mittels eines Remote-Hebels lassen sich die Fox-Federelemente in drei Stufen straffen. Beim spontanen Sprint hängt das Canyon seinen Duellgegner von Cube damit locker ab. Auch für Nicht-Racer spart das Feature bei Transferetappen über Asphalt oder festen Schotter Körner. Apropos Feature: Das Lux Trail ist voll davon und braucht sich in dieser Hinsicht auch nicht hinter deutlich teureren Bikes verstecken. Der Carbonrahmen beherbergt ein Staufach im Unterrohr, das zum Beispiel eine Windjacke und einen Ersatzschlauch aufnimmt. Für unseren Geschmack ist die Öffnung etwas klein geraten. Dafür wirkt der Verschlussmechanismus wertig und unter der Abdeckung lässt sich für den schnellen Zugriff eine CO2-Kartusche unterbringen. Zusätzlich sitzt unter dem Oberrohr ein kleines Multitool. Gegen den Durst ist das Lux Trail dank zwei Flaschenhalteraufnahmen gewappnet. Ein Lenkanschlagsbegrenzer schützt im Fall eines Sturzes den Rahmen. Ab Werk können Touren-Biker mit dem Canyon also sorgenfrei durchstarten.
Im Anstieg über losen Untergrund punktet das Canyon Lux Trail CF7 mit guter Fahrwerkstraktion. Wer nicht auf der Suche nach der letzten Sekunde ist, kann auch die Finger vom Remote lassen, denn das Heck nickt beim Pedalieren kaum mit. Um zu den Kletterkünsten der besten Marathon-Bikes aufzuschließen, müsste das preisgünstige Bike zwar rund zwei Kilo abspecken, dass eine Alpenüberquerung aber mit dem Canyon Lux Trail auch im Renntempo möglich ist, bewies das Team BIKE-Redaktion bei der BIKE-Transalp 2024. Auch ohne ausoptimierte Carbon-Laufräder und High-End-Anbauteile ist das Canyon ein gutes Rad für viele Höhenmeter. Der ein oder andere mag sich für technische Klettereien eine Zwischenstufe wünschen, mit der die Fox-Stütze leider nicht dienen kann, echte Schwachstellen sucht man in der Ausstattungsliste aber vergebens. Oder doch? An unserem Testbike verdrehten sich die Ergon-Griffe ohne Schraubklemmung bereits bei geringen Kräften - ein No-Go!
Beim Rest der Ausstattung zieht der Versender einen Joker und steckt das fürs Fachhandelsnetz wegfallende Geld in durchweg funktionale Teile. Die mechanische Shimano SLX Schaltung sortiert die Gänge knackig und besitzt dieselbe Bandbreite wie die Antriebe teurerer Baugruppen. Etwas Augenmaß ist bei der Größenwahl des Canyon Lux Trail gefragt. Das Sitzrohr baut mit 450 Millimetern extrem kurz, der Reach mit 478 Millimetern ziemlich lang. Canyon empfiehlt das Lux Trail in Größe L Fahrern bis 192 Centimetern Körpergröße. Während in unserem Test klassische L-Fahrer gut mit dem Canyon zurechtkamen, braucht es bei 1,90 Metern einen extrem langen Sattelauszug. In solchen Grenzfällen ist eine Probefahrt sinnvoll, wegen des fehlenden Händlernetzes aber nicht immer einfach zu realisieren.
Neigt sich der Trail gen Tal zeigt sich, dass im Canyon Lux Trail eben doch mehr steckt als nur ein effizienter Racer. Willig nimmt das Fahrwerk Unebenheiten in sich auf und hält Erschütterungen erstaunlich gut vom Fahrer fern. Vorteil des feinfühligen Hinterbaus: Der Fahrer ermüdet langsamer. Trotzdem besitzt das Downcountry-Bike einen guten Gegenhalt im Fahrwerk und lässt sich an Geländekanten sicher in die Luft ziehen ohne wegzusacken. Großen Einschlägen begegnet die Kinematik mit einer ausgeprägten Endprogression. Bereits in früheren Tests taten wir uns etwas schwer den gesamten Federweg zu nutzen. Da davon ohnehin nur 120 Millimeter zur Verfügung stehen, lässt das Lux Trail auf heftigeren Rumpel-Strecken Potential liegen. Hier haben wiederum klassische Trailbikes ihre Vorzüge.
Reserven zieht das Canyon aber nicht nur aus seiner Federung, sondern auch aus der langen Geometrie des Hauptrahmens. Schnelle Passagen können das Bike nicht schrecken. Dank 435 Millimeter kurzer Kettenstreben bleibt das Lux Trail trotzdem erfreulich wendig. Der 67 Grad flache Lenkwinkel ist auf Augenhöhe mit Marathon-Bikes, wie dem Cannondale Scalpel, und wird von Sportskollegen, wie dem Specialized Epic, sogar unterboten. Am Canyon geht die Kombination mit dem langen Hauptrahmen gut auf. Mit dezentem Stack-Wert und flachem Cockpit verlangt das Lux Trail im Vergleich zum Cube AMS One11 eine erfahrenere Hand am Lenker. Das Handling ist stimmig aber eben nicht ganz so intuitiv, wie auf dem Antagonisten oder an Bord eines ausgewachsenen Trailbikes. Die Shimano-Bremsen liefern eine gute Verzögerungspower und der Grip der Schwalbe-Reifen geht an trockenen Tagen absolut in Ordnung. Wer viele Trails fährt, wird spätestens im Herbst jedoch auf ein weicheres Gummi wechseln wollen.
Bewertung des Canyon Lux Trail CF7 im BIKE-Spinnendiagramm: Uphill, Spieltrieb und Downhill bezieht sich auf das Fahrverhalten. Je größer der Ausschlag, desto besser die Eignung. Die Bewertung der Ausstattung setzt sich aus unterschiedlichen Punkten wie Qualität, Verarbeitung, Usability, Flaschenhaltervolumen und Sattelversenkbarkeit zusammen. Der Ausschlag beim Vortrieb bezieht sich auf den Einfluss von Gesamtgewicht und Laufradträgheit.
Die BIKE-Note setzt sich aus Eindrücken der Testfahrer und Labormesswerten zusammen. Die Note ist preisunabhängig und analog zum Schulnotensystem (Notenspektrum: 0,5-5,5).
Gesamtnote: 2,3
>> Doch lieber Hardtail fahren? Canyon präsentierte kürzlich einen Schwung preisattraktiver Modelle.
Das Canyon Lux Trail CF7 überzeugt neben seinem sportlichem Charakter mit einer gelungenen Symbiose aus Komfort und Vortriebswille. Das anständige Gewicht sowie Effizienz in Sitzposition und Fahrwerk prädestinieren das Bike für ausschweifende Runden. Im Canyon schlummert ein vielseitiger Allrounder zum fairen Kurs. Man könnte auch sagen: ein perfektes Touren-Bike. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur