Jan Timmermann
· 10.10.2025
Es könnte die nächste große Entwicklung der Mountainbike-Technik sein. Die neue Laufradgröße 32 Zoll ist aktuell in aller Munde und fragt man Branchen-Insider, so ist es nur eine Frage der Zeit bis zur Serienreife der ersten 32-Zoll-Bikes. Während die Szene noch hitzig über den neuen Standard diskutiert, präsentiert die Würzburger Carbon-Manufaktur Bike Ahead bereits einen fahrbereiten Prototypen mit den extragroßen Laufrädern.
Das “Project 32-Zoll – Experimental Prototype” getaufte Bike wird auf der Bespoked in Dresden zu sehen sein. Die weltgrößte Handmade-Bike-Show findet vom 10. bis 12. Oktober statt und bietet die perfekte Bühne für exklusive Fahrräder und Zubehör wie dieses außergewöhnliche Hardtail von Bike Ahead.
Die zentrale Fragestellung hinter dem Projekt 32-Zoll-Bike: Bieten größere Laufräder tatsächlich Vorteile, oder handelt es sich lediglich um eine neue Marketing-Idee, welche die etablierten 29-Zoll-Laufräder ablösen soll? Als Manufaktur konnte Bike Ahead schnell auf diesen potenziellen Trend reagieren. Von der ersten Idee bis zur Umsetzung des fahrbereiten Prototyps vergingen nur knapp zwei Monate. Das Unternehmen wollte die theoretische Diskussion mit praktischen Erfahrungen ergänzen, denn letztlich lässt sich die Frage nach den Vorteilen größerer Laufräder nur auf dem Trail beantworten.
Die Pro-Argumente für 32-Zoll sind das bessere Überrollverhalten und ein potentielles Plus an Grip. Dagegen stehen ein höheres Gewicht sowie eine schlechtere Beschleunigung aufgrund der höheren Laufradträgheit. Auch Steifigkeitsaspekte werfen bei Kritikern Zweifel auf. Die Diskussion erinnert stark an die Debatte um 26 Zoll versus 29 Zoll vor einigen Jahren – deren Ausgang ist bekannt, was jedoch nicht bedeutet, dass die Entwicklung bei 32-Zoll denselben Weg nehmen muss.
Für das Projekt 32-Zoll wurden bei Bike Ahead alle Parameter der neuen Laufradgröße analysiert. Die Geometrie spielte dabei eine zentrale Rolle. Als Ausgangspunkt diente der hauseigene Hardtail-Rahmen The Frame, welcher mit 794 Gramm in Größe M besonders leicht ausfällt. Um Platz für die großen Laufräder zu schaffen, musste der Hinterbau verlängert werden. Die Freiburger Suspension-Manufaktur Intend steuerte eine passende Upside-Down-Gabel mit 100 Millimeter Federweg bei, die genügend Reifenfreiheit für die 32-Zoll-Bereifung bietet.
Eine besondere Herausforderung stellte die höhere Front eines 32-Zoll-Mountainbikes dar. Um diese auszugleichen, fräste der bayerische Komponenten-Hersteller Radoxx einen speziell konstruierten Vorbau mit einem extremen Winkel von -40 Grad. Das Herzstück des Bikes bilden die Bike Ahead Biturbo Laufräder in 32-Zoll. Obwohl die markante Sechs-Speichen-Optik seit Jahren das Markenzeichen des Labels ist, handelt es sich bei der 32-Zoll-Version um eine komplette Neuentwicklung mit speziellem Layup. Trotz der zahlreichen technischen Anpassungen und der größeren Laufräder konnte das Gesamtgewicht des Bikes auf beeindruckende 9,6 Kilogramm in Größe L begrenzt werden.
Das 32-Zoll Hardtail von Bike Ahead wurde mit außergewöhnlicher Detailverliebtheit aufgebaut. Fast alle Komponenten wurden von Manufakturen mit viel Handarbeit hergestellt. Der Rahmen selbst ist ein One-Piece-Monocoque, gefertigt in einem Stück. Laminiert und gebacken wird der Rahmen bei Carbon Team in Portugal, während der Finishing-Prozess bei Bike Ahead in Würzburg erfolgt. Für das 32-Zoll-Projekt wurde der Hinterbau mit speziell laminierten Carbon-Ausfallenden verlängert, um die größeren Laufräder aufnehmen zu können.
Die Upside-Down-Gabel Samurai XC von Intend Bicycle Components bietet einen einstellbaren Federweg von 90 bis 120 Millimeter, wobei für das 32-Zoll-Projekt 100 Millimeter als ideal erachtet wurden. Bei den Reifen kam der Maxxis Aspen in der Dimension 32x2,4 zum Einsatz – ein Modell, das noch nicht offiziell verfügbar ist. Maxxis stellte für das Projekt jedoch die Vorserien-Version zur Verfügung, welche auch bereits auf der diesjährigen Eurobike zu bestaunen war.
Die Bremsen des 32-Zoll-Dreambuild-Prototypen stammen ebenfalls von Intend. Die Trinity TR gehört zu den exklusivsten Mountainbike-Bremsen auf dem Markt. Bei der Schaltung setzt Bike Ahead auf eine Sram XX SL mit Hopp Carbon-Tuning. Der brandneue Carbon Ceramic Pulley Cage mit Oversize-Schaltrollen ist superleicht und soll präzise Gangwechsel garantieren. Die einzelnen Komponenten bestehen aus widerstandsfähigem Highend-Carbon, und der Schaltkäfig samt Pulleys wird in Deutschland gefertigt.
Innovativ ist auch der Schalthebel des Prototypen mit 32 Zoll Laufrädern: Der drahtlose Zirbel Twister AXS aus der Schweiz ist eine maximal integrierte Schalthebel-Lösung. Die winzige Kartusche mit der Elektronik und dem Akku sitzt im Lenkerende. Der Lenker The Wonderbar von Bike Ahead ist speziell für integrierte Kabelführung und den Zirbel-Shifter optimiert. Er verfügt über Leitungsführungen auf beiden Seiten, und die Lenkerenden haben einen speziellen Sitz für die Zirbel-Kartusche.
Auch bei den weiteren Komponenten setzt Bike Ahead auf hochwertige Teile von spezialisierten Herstellern. Die Sattelstütze Resolve Dropper Post rev2 der US-Manufaktur Wolf Tooth ist leicht und bietet 125 Millimeter Hub. Der Sattel Bike Ahead The Hypersaddle ist ein Beispiel für funktionellen Leichtbau in der Sitzzone. Der in Würzburg in Handarbeit gefertigte Carbon-Sattel wiegt nur 75 Gramm und soll mit seiner extraflexiblen Satteldecke viel Komfort bieten. Selbst bei den Kleinteilen wurden keine Kompromisse gemacht. Von Wolf Tooth stammen die Disc-Schrauben, die Sattelstützenklemme sowie die Tubeless-Ventile. Die SPD-kompatiblen Pedale CTRL Trail von Wolf Tooth sind brandneu, wiegen nur 328 Gramm und feiern auf der Bespoked Premiere.
Die ersten Fahreindrücke mit dem Prototyp sind laut Bike Ahead vielversprechend und zeigen das Potenzial größerer Laufräder. Wie bei der Umstellung von 26 auf 29 Zoll lässt sich auch hier ein verbessertes Überrollverhalten feststellen. Die größeren Laufräder rollen laut Aussagen der firmeneigenen Testfahrer leichter über Hindernisse und bieten mehr Traktion. Gleichzeitig muss jedoch berücksichtigt werden, dass die größeren Dimensionen auch zu einem höheren Gewicht und einer etwas trägeren Beschleunigung führen.
Ob sich 32-Zoll-Laufräder tatsächlich als neuer Standard etablieren werden, bleibt abzuwarten. Mit dem Prototyp hat Bike Ahead jedoch einen spannenden Schritt gemacht, um praktische Erfahrungen zu sammeln und die theoretische Diskussion mit realen Daten zu untermauern. Interessierte Besucherinnen und Besucher können das Bike auf der Bespoked in Dresden aus nächster Nähe betrachten und sich selbst ein Bild von den Proportionen und der exklusiven Ausstattung machen.