Die sportliche E-Inception-Serie von Stevens umfasst stolze zehn Modelle: vier Enduro- und sechs All-Mountain-E-Mountainbikes. Das E-Inception AM 8.7.1. GTF ist mit 7599 Euro das zweitteuerste Modell aus der All-Mountain-Serie. Die Fakten: 150 Millimeter Federweg vorne und hinten, Mullet-Laufrad-Mix aus 29-Zoll-Vorder- und 27,5-Zoll-Hinterrad, Bosch Smart System und hochwertigem Rockshox-Fahrwerk. Dazu spendiert Stevens ein echtes Ausstattung-Highlight: Srams Elektronik-Schaltung AXS. Das ganze sitzt in einem schicken Carbon-Rahmen. Ein rundes Paket?
Wer baut das beste E-MTB 2023? Wir haben es getestet. Mit dabei elf der besten E-MTBs am Markt von Specialized über Cube und Santa Cruz bis hin zu Rotwild. Den ganzen Vergleichstest High End E-MTBs: Jetzt in EMTB 4/2023!
Das Stevens E-Inception ist ein guter alter Bekannter im EMTB-Test. Im Vergleichstest der E-Fullys unter 5500 Euro konnte das E-Inception als gut ausgestatteter Touren-Allrounder überzeugen. Einer der Hauptunterschiede zwischen dem günstigen 7.6.1 und dem teureren Pendant: Beim Carbon-Modell ist der Akku fest verbaut, beim günstigen Alu-Inception lässt sich Boschs 750 Wh dicker Powertube-Akku entnehmen. Doch im Charakter sind sich beide Bikes ähnlich: Auch das E-Inception 8.7.1. GTF fällt in unserem Vergleichstest durch Komfort auf.
Mit dem Bosch Performance CX setzt Stevens auf eine sichere Bank: starker Motor, dank Smart System gute Integration und Konnektivität, sehr gute Reichweite. Da hat man schon mal einige Argumente auf seiner Seite. Eher ungewöhnlich in der Touren- bzw. All-Mountain-Liga: Der 750 Wh große Powertube-Akku ist fest verbaut. Das verschafft den Konstrukteuren mehr konstruktive Freiheiten bei Geometrie und Motor/Akku-Integration. Außerdem spart diese Konstruktion in der Regel auch Gewicht - was man dem Stevens bei einem Gesamtgewicht von 24,45 Kilo allerdings nicht wirklich anmerkt. Dazu muss gesagt sein: Die Bosch-Bikes gehören generell zu den schwereren Vertretern ihrer Zunft. Denn der Powertube-Akku ist mit über 4,3 Kilo schwer, und das CX-Aggregat gehört mit 2,96 Kilo ebenfalls nicht zu den Leichtgewichten.
Der Antrieb selbst ist über jeden Zweifel erhaben - im Traileinsatz, insbesondere wenn es um das Erklettern steilster und kniffligster Anstiege geht, gilt er als Messlatte. Das Schwaben-Aggregat schiebt besonders bei hoher Tretleistung vom Biker kräftig, bleibt dabei aber sehr sensibel. Anders als viele Konkurrenten zieht der Bosch auch bei hoher Trittfrequenz noch kräftig weiter, was ihm einen spritzig-sportlichen Charakter verleiht. Dank des neuen Smart Systems lässt sich der Antrieb umfangreich mit dem Handy vernetzen, so können zum Beispiel Fahrdaten des Bosch-Motors per App ausgewertet oder die Unterstützungsstufen Eco und Turbo auf die Vorlieben des Fahrers angepasst werden.
Im Einsatzbereich All Mountain sind Allround-Eigenschaften gefragt: Die Bikes müssen gleichermaßen im sportlichen Traileinsatz, auf technischen Uphills, ruppigen Downhills und auf langen Touren funktionieren. Extreme Geometrien sind daher die Ausnahme. Auch das Stevens bleibt bei Abmessungen brav. Am ehesten fällt noch der recht lange Radstand auf, der sich durch einen recht langen Reach von 482 Millimetern, den Lenkwinkel von 64,7 Grad und mit 451 Millimetern recht lange Kettenstreben ergibt. Das sorgt beim Stevens für ein hohes Maß an Laufruhe.
Ausstattung-Highlight des Stevens E-Inception 8.7.1. GTF ist zweifelsohne Srams elektronische Schaltung AXS, allerdings in der günstigeren GX-Ausführung. Besonderheit: Das Schaltwerk wird nicht mittels eigenem Mini-Akku mit Strom versorgt, sondern per Kabel aus dem Haupt-Akku. Die Übersetzung fällt mit 36er Kettenblatt recht groß aus, dank 52er Kletterkitzel und starkem Bosch-Antrieb ist das im Uphill aber nicht limitierend. Beim Fahrwerk hat Stevens eine gute Wahl getroffen: Die Rockshox Lyrik Select+ an der Front spricht fein an und harmoniert gut mit dem Deluxe-Select+-Dämpfer. In Puncto Reifen stellt Stevens Traktion und Durchschlagschutz über Gewicht: Mit der Schwalbe-Kombi aus Magic Mary vorne und Eddy Current hinten, beide in 2,6 Zoll Breite, braucht man sich keine Sorgen um Reifenpannen machen. Allerdings gehört die Stevens-Laufrad-Kombination damit auch zu den schwersten in unserem Testfeld von elf High-End All Mountains. Das dämpft den Spieltrieb des ohnehin nicht besonders agilen Bikes zusätzlich.
Massive Bereifung, 482er-Reach, dazu das Kürzel GTF (Gas to Flat): Vieles deutet darauf hin, dass man es beim Stevens mit einem Grenzgänger zwischen der All-Mountain- und Enduro-Liga zu tun hat. Doch der äußere Eindruck täuscht: Das Stevens ist ein gutmütiges All Mountain mit üppigen Reserven für ruppiges Geläuf. Seine Stärken auf langen Touren sind: komfortables Fahrwerk, angenehme Sitzposition, pannensichere Bereifung, hohe Fahrsicherheit bergab, starker Antrieb und die sehr gute Reichweite. Leider ist der Akku fest verbaut, sonst könnte das Stevens auf Touren noch mehr punkten.
Im Uphill fällt das Stevens durch seine unkomplizierten Klettereigenschaften auf. Das liegt am spritzigen Bosch-Motor, dem nicht zu kurzen Heck und vor allem an Schwalbes Grip-Monster Eddy Current am Hinterrad. Mittelschwere Anstiege sind so locker zu schaffen. Wenn es sehr steil und technisch wird, hätten wir uns mehr Gegenhalt von der Hinterbaufederung gewünscht. Die würde auch das wichtigste Problem etwas entschärfen. Denn wenn es richtig steil wird, sitzt man auf dem Stevens oft zu hecklastig. Das drängt den Fahrer manchmal in eine zu passive Haltung.
Verspielten Fahrern wird das E-Inception im Traileinsatz etwas zu träge sein. Aktive Fahrmanöver oder gar Spielereien – dafür ist das Stevens etwas sperrig, und insbesondere das hohe Gewicht der Laufräder macht sich negativ bemerkbar. Seine Stärken hat das Bike dagegen auf ruppigen Downhill-Kursen. Hier vermittelt das Stevens auch weniger erfahrenen Bikern viel Sicherheit: Langer Radstand, flacher Lenkwinkel, traktionsstarke Reifen und das schluckfreudige Fahrwerk - damit trauen sich auch unerfahrenere Biker in garstige Abfahrten. Den 2,6er Vorderreifen mangelt es etwas an Lenkpräzision, das Fahrwerk ist eher plüschig denn definiert - nicht so schlimm: Für richtig schnelle Fahrer gibt es ja noch viele andere Optionen am Markt
Mit dem E-Inception 8.7.1. GTF stellt Stevens einen gut ausgestatteten Touren-Allrounder mit souveränen Downhill-Eigenschaften. Das komfortable Fahrwerk und die robuste Bereifung machen es auch unerfahreneren Piloten im Downhill leicht. Auf wendigen Trails wirkt das Bike mit seiner recht langen Geometrie und den schweren Laufrädern dagegen etwas träge.
¹Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 89 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.
²Ermittelt auf den Prüfständen im EMTB-Testlabor, Gewicht ohne Pedale. Akku-Gewicht ggf. inkl. verschraubtem Cover.
³Herstellerangabe
⁴Stufentest, gemessen mit 36 Zentimeter erhöhtem Hinterrad
⁵Das EMTB-Urteil gibt den subjektiven Eindruck der Tester und die Ergebnisse der Reichhöhenmessung und der Labortests wieder. Das EMTB-Urteil ist preisunabhängig. EMTB-Urteile: super (ab 9,0), sehr gut (ab 8,0), gut (ab 7,0), befriedigend (ab 6,0), mit Schwächen (ab 5,0), darunter ungenügend.