Peter Nilges
· 01.06.2023
Die amerikanische Marke Ibis kann bereits auf über 40 Jahre Firmengeschichte zurückblicken und doch sind bei uns in Deutschland nur die Wenigsten mit den außergewöhnlichen Bikes vertraut. Zu den erfolgreichsten Modellen der Kalifornier zählt sicherlich das langhubige Mojo, das mit seinem organischen, zweigeteilten Carbon-Hauptrahmen lange Zeit das Design der Marke prägte. Ebenfalls typisch für Ibis ist die DW-Link-Anlenkung, die das geschlossene hintere Rahmendreieck mittels zweier Wippen mit dem Hauptrahmen verbindet. In der aktuellen Modellpalette findet sich das Mojo, als einziges MTB mit 27,5-Zoll-Laufrädern, immer noch, zurechtgestutzt auf Trailbike-Maße. Den Platz des federwegsstärksten Modells hat zwischenzeitlich das Ibis Ripmo übernommen. Es verkörpert die neue Designsprache von Ibis, bleibt aber, wie auch alle anderen Fullys im Line-up, dem DW-Link treu.
Mit seiner 160er-Gabel und knapp 150 Millimeter Federweg am Heck wandelt das Ibis Ripmo V2S zwischen unseren Kategorien All Mountain und Enduro. Durchweg robuste Komponenten, wie die wuchtige 38er-Fox-Gabel und die mit 35er Maulweite extrem breiten Alu-Felgen, rücken das Ripmo aber stärker in Richtung Abfahrt. So aufgebaut überschreitet das Bike samt Pedalen – trotz des 2763 Gramm leichten Vollcarbon-Rahmens – knapp die 15-Kilo-Marke. Dafür kann man mit dem Ripmo bergab die Zügel wirklich locker lassen. Durch die moderne, aber keineswegs extreme Geometrie fährt sich das Mountainbike handlich und intuitiv. Dank der kurzen Kettenstreben geht das Ibis zügig durch enge Kehren und leicht aufs Hinterrad.
Etwas ungewöhnlich ist die Reifenwahl mit einem Maxxis Assegai an Vorder- und Hinterrad. In Kombination mit den breiten Felgen bauen die 2,5er-Reifen sehr voluminös, das bringt auch bei wenig Reifendruck viel Stabilität, Präzision und exzellenten Grip. Auch die überdimensionierte Gabel zahlt aufs Steifigkeitskonto ein, weshalb wir trotz der geringen Messwerte bei der Rahmensteifigkeit keinerlei Auffälligkeiten im Praxistest feststellen konnten.
Für Enduro-Verhältnisse stellt der Hinterbau nominell betrachtet eher wenig Federweg bereit. Die Funktion ist aber über jeden Zweifel erhaben und passt perfekt zur Gabel. Selbst im soften Set-up mit viel SAG stellt der Hinterbau beim Ripmo, der auch mit Stahlfeder- Dämpfer gefahren werden kann, eine gute Progression zur Verfügung und gibt sich sehr schluckfreudig und sensibel, ohne wegzusacken. Bergauf sitzt man kompakt. Wegen der breiten Reifen und schweren Felgen und weil der Hinterbau im Wiegetritt leicht wippt, leidet die Spritzigkeit beim neuen Ibis Modell.
Für ein “richtiges” Enduro hat das Ibis Ripmo etwas zu wenig Federweg im Gepäck, für ein All Mountain ist das Bike aber eine Nummer zu wild. Als potenter Grenzgänger zwischen den beiden Kategorien liegt es jedoch goldrichtig, vermittelt eine Menge Fahrspaß und glänzt durch einen herausragenden Hinterbau.
GESAMT BERGAUF: 56 VON 90
GESAMT BERGAB: 116,25 VON 130
*Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig. BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.