Das Pivot Shuttle hat eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich. Die erste Generation kam vor 6 Jahren auf den Markt. Damals polarisierte das edle Gefährt mit einem quasi fest im Unterrohr verbauten 500-Wh-Akku von Shimano, der eigentlich für eine externe Montage gedacht war. Mit gefühlt zwei Dutzend Schrauben und viel Geduld konnte man die Batterie aus dem Rahmen entfernen. In Sachen Handhabung ein Alptraum, beim Thema Gewicht und Schwerpunktlage aber ein Volltreffer. Das erste Pivot Shuttle wog dank Vollcarbonrahmen nur knapp 20 Kilo, fuhr sich mit den kleinen 27,5er Laufrädern und dem typischen DW-Multilink-Hinterbau mit 140 Millimetern Hub sehr laufruhig, agil und gleichzeitig schluckfreudig. Damals schon eine sehr gelungene Kombi, allerdings mit deutlicher Hängebauchschwein-Optik und zu einem - für die damalige Zeit - exorbitanten Preis von 9999 Euro.
Vorspultaste gedrückt und sieben Jahre später steht das Pivot Shuttle AM als neueste Interpretation des Ur-Shuttle da wie eine Eins. Geblieben ist dem E-MTB der mittlerweile schon klassische DW-Hinterbau, der erfahrungsgemäß eine hohe Antriebsneutralität mit viel Popp mit trotzdem hohem Schluckvermögen bei guter Sensibilität bergab und bergauf kombiniert. Im Shuttle AM bietet er 148 Millimeter Hub, die über den Fox Float X-Luftdämpfer abgerufen werden.
Angetrieben wird das Vollcarbon-Bike vom kraftvollen Bosch Performance Line CX. Und das ist Premiere bei Pivot. Denn bisher setzten die E-MTBs der Marke auf Shimano-Motoren oder den Fazua Ride 60. Mit seinen 85 Newtonmetern Drehmoment schiebt der Performance CX Motor bei Bedarf enorm an. Das Topmodell kommt sogar mit dem exklusiven CX Race Antrieb der Schwaben. Für ordentlich Ausdauer und Reichweite verbaut Pivot den großen 750er-Akku fest im Unterrohr. Einen Range Extender, den neuen Bosch Power More 250, mit nochmal 250 Wattstunden, kann man sich als Höhenmeterfresser noch zusätzlich in den Rahmen klicken. Das Besondere ist beim Pivot Shuttle aber die Downgrade-Option: ein zweites Paar Anschraubpunkte im Unterrohr erlaubt den Einbau des kleineren 625er-Akkus. Das spart gut 700 Gramm Gewicht (serienmäßig verbaut im Einstiegsmodell) und würde das sowieso schon niedrige Gewicht unseres Testbikes auf gut 21,5 Kilo drücken. Für ein modernes E-Bike mit 29 Zoll Reifen, großem Akku und Powermotor ein sehr guter Wert! Die fehlende Entnahmemöglichkeit des Akkus schränkt allerdings etwas ein. Akku-Wechsel auf Tour oder nach einigen Bikepark-Laps ist nicht drin, ebenso wenig das Akku-Laden außerhalb des Bikes.
Pivot legt sich nicht auf einen Motorenhersteller fest, sondern bietet für seine drei Modelle jeweils ein anderen E-Bike-Motor an. Im Shuttle LT steckt der Shimano EP8 Antrieb, im Shuttle SL der Fazua Ride 60. Für den Allrounder, das Trailbike Shuttle AM, setzt Pivot auf den bewährten, bärenstarken Bosch Performance Line CX. Seit dem umfangreichen Update bei Display und Remote überzeugt der durchzugsstarke Schwabenmotor durch hochwertige Integration mit Mini-Remote am Lenker und kleiner Akku- und Unterstützungsstufenanzeige auf dem Oberrohr. Erfahrungsgemäß liefern die Bosch-Batterien sehr viel Energie und treiben die Pilotin oder den Piloten verlässlich mit dem 750 Wattstunden Akku in unserem standardisierten Reichweitentest knapp an die 2000 Höhenmeter nach oben - deutlich mehr als andere Systeme mit 700 bis 750 Wattstunden.
Das Chassis des Pivot Shuttle AM bietet die Option, via Flipchip die Geometrie leicht zu verändern. In der Position High werden Lenk-, sowie Sitzwinkel um 0,4 Grad steiler. Die Veränderungen sind gering und machen sich in der Praxis eher in Nuancen bemerkbar. Wir wechselten nach einem ersten Run in der Position High auf die flache Einstellung - und hatten kein Bedürfnis, das wieder zu ändern. Denn das Handling empfanden so alle Tester als sehr ausgewogen und gelungen.
Bei der Ausstattung liegt das mittlere der drei Modelle, das Pivot Shuttle AM Pro, auf sehr hohem Niveau. Bei einem Preis von 12.199 Euro wäre alles andere aber auch frech. Natürlich finden sich die Top-Federelemente der Marke Fox an Front und Heck. Die Fox Factory 36 Kashima mit hochwertiger Grip2 Kartusche bietet alle notwendigen Verstellmöglichkeiten. Geschaltet wird mit der brandneuen elektronischen Sram XO Eagle Transmission. Shimano XT-Bremsen, DT Swiss FB 1535 Aluminium-Laufräder, ein Carbonlenker und Kurbeln aus dem schwarzen Edelstoff komplettieren das hochwertige Gesamtpaket.
Wir konnten das brandneue All Mountain E-Bike der Amerikaner ausgiebig im bayerischen Bikepark in Oberammergau und im österreichischen Lermoos über die Trails scheuchen. Insgesamt drei unterschiedliche Fahrer fuhren das Mountainbike. Die abgestimmten Eindrücke liefern einen klaren Eindruck von den Vorzügen und den Schwächen des neuen Pivot Shuttle AM 2023.
In unseren Vergleichsfahrten kristallisierte sich schnell heraus, dass das neue Pivot Shuttle AM eine eher tourig-lange Sitzposition bietet. Durch die hohe Front wirkt das E-Bike dabei aber nicht unangenehm gestreckt, fällt jedoch im Sitzen eher groß aus. Die Sitzposition verteilt das Gewicht neutral und ohne deutliche Last auf dem Vorderrad. Der Sitzwinkel ist für moderne Verhältnisse eher flach, selbst in der steileren Geo-Position. Bei richtig steilen Anstiegen sitzt man dadurch fast etwas hecklastig, was nicht ideal ist. Das Pivot MTB stellt sich jedoch als solider Kletterer heraus, obwohl das Vorderrad früher steigt als bei echten Kletterspezialisten. Ein besonderes Highlight ist die ausgezeichnete Traktion im Hinterbau, unterstützt durch den starken Bosch Performance Line CX Motor. Insgesamt positioniert sich das E-Bike so bergauf gut im Mittelfeld der Power-Trailbikes. Trotz einiger kleiner Schwächen, bietet das Pivot Shuttle AM im Uphill insgesamt eine solide Performance.
Die eher durchschnittlichen Bergauf-Fahrleistungen stehen im deutlichen Kontrast zur Performance, die das Pivot Shuttle AM bergab liefert. Im Downhill überzeugt das relativ leichte E-MTB durch ein extrem ausgewogenes Handling. Es ist betont leichtfüßig, spritzig und direkt, wobei auch die leichten DT Swiss-Laufräder deutlich spürbar sind. Dank der hohen Front steht man insgesamt sehr gut integriert im Bike und fühlt sich auch in steilem Gelände sicher. Das Fahrwerk arbeitet ausgewogen, aber mit eher wenig Endprogression. Es fühlt sich nicht nach ultimativ viel Federweg an, sondern vermittelt ein definiertes, poppiges Fahrgefühl. Für alle Tester bot das Shuttle AM einen guten Kompromiss aus Komfort und sportivem Gegenhalt im Heck.
Der DW-Link-Hinterbau gefiel uns insgesamt hervorragend. Das Bike hat damit ein gutes Schluckvermögen, bietet aber kein Staubsauger-Feeling, wie beispielsweise das Specialized Turbo Levo. Es gibt deutlich Feedback vom Untergrund, ohne jedoch ein harsches Fahrgefühl zu vermitteln. Trotz der Laufruhe und des hohen Schluckvermögens behält das Bike einen definierten Charakter. Schade: Bei unseren ersten Testfahrten produzierte das Shuttle AM bergab ein deutliches Klappern. Nach langer Suche stellte sich heraus, dass das Geräusch durch deutliches Spiel der Fox-Transfer-Stütze hervorgerufen wurde. Der Carbon-Rahmen des Shuttle verstärkte dieses Geräusch ungewöhnlich stark.
Das Pivot Shuttle AM ist ein spritziges E-Trailbike mit Enduro-Nehmerqualitäten und einer absolut gelungene Spaßmaschine. Bergab und auf dem Trail gehört es zu den besten und spaßigsten Power-E-MTBs am Markt. Die ordentlichen, aber nicht exzellenten Uphill-Fahrleistungen, bedingt durch den recht flachen Sitzwinkel und die hohe Front, trüben den Gesamteindruck kaum. Durch den fest verbauten Akku ist das E-Bike extrem leicht - eine Seltenheit unter E-MTBs mit Bosch-Antrieb. Mit 22,3 Kilo ist es das leichteste E-Fully mit 750er-Powertube, das wir bisher im EMTB-Labor getestet haben. Ausstattungstechnisch ist sogar noch Luft nach oben. Die Edel-Topversion mit Carbon-Laufrädern, CX-Race-Motor und XTR-Komponenten sollte nochmal einige hundert Gramm leichter ausfallen. In der Pivot-Modellpalette gliedert sich das Shuttle AM sehr gelungen zwischen dem Enduro Shuttle LT (hier geht´s zum Test des gelungenen Enduros!) und dem Light-Bike Shuttle SL ein. Perfekt für alle, die ein spritziges, spaßiges Power-Bike suchen, das auch mal Enduro-Abfahrten einsteckt. Dafür muss man allerdings ziemlich tief in die Tasche greifen.
Drei Modelle wird es vom neuen Pivot Shuttle AM mit Bosch-Antrieb geben. Eine echte Budget-Variante sucht man allerdings vergeblich. Los geht´s erst beim Modell “Ride” für 9399 Euro. Da fällt es schwer, das Wort “Einstiegsvariante” in den Mund zu nehmen. Das Topmodell “Team” kostet 14.399 Euro.
Im günstigsten Pivot Shuttle AM Ride steckt ein kleinerer Akku, nämlich der Powertube 625. Der Vorteil: Trotz günstigerer Ausstattung ist das Modell vermutlich nicht schwerer als das Pro-Modell. Denn der kleine Akku spart über 700 Gramm. Das Fahrwerk stammt aus Fox’ Performance-Reihe, geschalten und gebremst wird mit einer Shimano-Mischung aus Deore, SLX und XT.
Funktional “volle Hütte” - so könnte man das Modell Pro bezeichnen. Das Fox Factory-Fahrwerk ist ein spürbares Update gegenüber der Einstiegsvariante. Geschalten wird hier mit der neuen Sram X0 Eagle Transmission. In puncto Schaltpräzision und Langlebigkeit ebenfalls ein großer Schritt. Auch die anderen Komponenten wie Laufräder und Sattelstütze fallen hochwertiger aus.
Das Topmodell setzt nochmal einige Highlights obendrauf. Edle Carbonlaufräder von Newmen, Boschs limitierter CX-Race-Motor mit dem außergewöhnlichen Race-Modus, XTR-Bremsen und Srams Highend-Gruppe XX Eagle Transmission. Insbesondere das Gewicht sollte durch diese Updates nochmal um einige hundert Gramm fallen.