MTB-Neuheit 2024Canyon Spectral Carbon

Peter Nilges

 · 22.02.2024

Das Spectral CF9 ist mit 4999 Euro das zweitteuerste Modell in der Modellpalette.
Foto: Ale di Lulo
Bislang positionierte sich das abfahrtsstarke Canyon Spectral dicht an der Enduro-Kategorie. Mit der Neuauflage des All Mountain Bikes rücken die Koblenzer das Bike wieder mehr in die Mitte.

Getreu dem Motto weniger ist mehr, legt Canyon sein All Mountain Spectral komplett neu auf. Auch wenn sich optisch nur eine dezente Veränderung erkennen lässt, wurde der neue Alleskönner von Grund auf renoviert. Eine der größten Änderungen dabei ist sicherlich die Reduktion des Federweges um jeweils zehn Millimeter an Front und Heck. Mit 150 Millimeter Federweg an der Gabel und 140 Millimeter am Hinterbau entfernt sich das neue Spectral somit etwas weiter vom Enduro Strive und positioniert sich zentral in der All Mountain Kategorie, wo der Vortrieb stärker im Fokus steht.

Canyon Spectral in der vierten Generation

Das Canyon Spectral befindet sich nunmehr in der vierten Generation und hat seit 2014 von der Laufradgröße bis hin zum Federweg einige Änderungen durchlebt. Der Anspruch an das Modell ist seitens Canyon jedoch immer noch der gleiche. Das Spectral soll ein spaßiges Bike sein, das vom Mittelgebirge bis hin zu den Trails in Finale Ligure überall eine ausgezeichnete Figur macht.

Um an dem Alleskönner-Anspruch anzuknüpfen experimentierte das Entwicklungs-Team von Canyon auch mit unterschiedlichen Hinterbau-Konzepten herum. Vom Eingelenker über VPP-Hinterbauten war alles dabei, was sich bei den Fahrtests im Vorfeld beweisen musste. Letztendlich federt aber auch die neueste Spectral-Generation auf Basis eines Viergelenkers. Funktion, Gewicht und letztendlich auch der Wartungsaufwand sprachen für das Festhalten am bestehenden Hinterbau.

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Durch einen zweiten Flipchip im Horstlink kann der Hinterbau wahlweise mit 27,5- oder 29-Zoll-Hinterrad gefahren werden. Jede Spectral-Variante gibt es serienmäßig mit 29 oder auch 27,5 Zoll Hinterrad.Foto: Ale Di LulloDurch einen zweiten Flipchip im Horstlink kann der Hinterbau wahlweise mit 27,5- oder 29-Zoll-Hinterrad gefahren werden. Jede Spectral-Variante gibt es serienmäßig mit 29 oder auch 27,5 Zoll Hinterrad.

Vorne steif, hinten soft

Auch die Steifigkeit des Rahmens und damit die Traktion wurde im Zuge der Neuauflage hinterfragt und durch die Daten einer wissenschaftlichen Studie, die im Hause Canyon lief, gefüttert. Ähnlich des Ansatzes unseres neuen Prüfstandes im BIKE-Testlabor, der die vordere und hintere Rahmensteifigkeit getrennt voneinander messen kann, wurden in der Entwicklung der Rahmenplattform unterschiedliche Anforderungen an Front und Heck realisiert.

Für eine hohes Maß an Lenkpräzision galt es, das vordere Rahmendreieck besonders steif zu konstruieren. Eine der Hauptproblematiken war es jedoch die Steifigkeit im Vergleich zum Vorgänger zu erhöhen und zusätzlich ein zeitgemäßes Staufach im Unterrohr zu integrieren. Auf Grund der großen Öffnung unterhalb der Trinkflasche wird der Rahmen in der Regel geschwächt, was durch Rahmenwandstärke, Rohrquerschnitt und Faserbelegung kompensiert werden muss.

Beim Hinterbau hingegen ist jedoch ein gewisser seitlicher Flex gewünscht, um auch Belastungen, die im 90 Grad Winkel zur Federung einwirken, ohne Gripverlust zu verdauen. Allerdings sollte der Hinterbau auch nicht zu weich ausfallen, da sonst schwere und dynamische Fahrer mit zu viel Flex, Präzisionsverlust oder einem unkontrollierten Zurückstellen des Rahmens rechnen müssen. Um das Entwicklungsziel von Canyon auf die Probe zu stellen, packten wir einfach den neuen und alten Spectral-Carbon-Rahmen auf unseren Steifigkeitsprüfstand. Mit 7,5 N/mm vorne und 16,1 N/mm hinten fällt das neue Spectral am Hauptrahmen 15 Prozent steifer aus, während der Hinterbau zehn Prozent mehr Flex zulässt. Mission accomplished!

Anti-Sqat-Werte beim neuen Canyon SpectralFoto: Canyon (Grafik)Anti-Sqat-Werte beim neuen Canyon Spectral

Bei der Gen 4 des Canyon Spectral wurde die Kinematik verfeinert

Entgegen mancher Trends hat sich Canyon dazu entschieden den Antisquat am neuen Spectral leicht zu reduzieren, was tendenziell für mehr Wippen aber auch eine offenere Federung und mehr Traktion beim Pedalieren sorgt. Vor allem in den Downhillgängen, also auf den kleinen Ritzeln, konnte der Antisquat-Wert deutlich reduziert werden. Das Gleiche gilt für den Antirise-Wert, der den Einfluss der hinteren Bremse auf die Heckfederung beschreibt. Auch hier besitzt das neue Spectral im Vergleich zum Vorgänger einen niedrigeren Wert, was bedeutet, dass der Hinterbau beim Bremsen stärker ausfedert, dafür aber weniger zum stempeln neigt und somit aktiver beim Anbremsen arbeiten kann. Kehrseite ist die schlechtere Geometrieerhaltung, da sich das Bike beim Anbremsen im steilen Gefälle stärker nach vorne neigt.

Am flachen Lenkwinkel wurde auch beim neuen Spectral nichts verändert. Damit vermittelt das All Mountain viel Fahrsicherheit.Foto: Ale Di LulloAm flachen Lenkwinkel wurde auch beim neuen Spectral nichts verändert. Damit vermittelt das All Mountain viel Fahrsicherheit.

Minimale Geometrieanpassungen

Seitens der Geometrie kann man beim neuen Spectral wohl eher von einem Feinschliff, als einer radikalen Änderung sprechen. Denn bereits die Vorgänger-Version hatte einen sehr modernen Ansatz. So wurde der Sitzwinkel nur minimal auf 76,5 Grad erhöht, der Lenkwinkel mit 64 Grad beibehalten und der Reach moderat um etwa 12 Millimeter vergrößert. Ein Spectral in Größe M besitzt jetzt einen 468er Reach (gemessen in der flachen Flipchip-Einstellung) und richtet sich nach Canyon-Empfehlung an Fahrer zwischen 1,75 bis 1,83 Meter, was ziemlich gut hinkommt. Auf Grund des kürzeren Sitzrohres können nun auch längere Teleskopstützen verbaut werden und die Überstandshöhe fällt ebenfalls niedriger aus, was mehr Freiraum zum Oberrohr bietet. In Größe XS für Fahrer ab 1,55 Meter kommt das Spectral im Mullet-Setup und deckt bis zu 2,03 Meter große Fahrer in Größe XL ab.

Geometrie Canyon SpectralFoto: Canyon (Grafik)Geometrie Canyon Spectral

Starke Details

Das neue Spectral hat gleich zwei Flipchips an Bord. Der an der hinteren Dämpferaufnahme verstellt die Geometrie und kann den Lenkwinkel um 0,5 Grad und die Tretlagerhöhe um acht Millimeter verändern. Der zweite im Horstlink des Hinterbaus gleicht die Laufradgröße und Kettenstrebenlänge aus. Mit wahlweise 27,5 Zoll Hinterrad misst die Kettenstrebe kurze 429 Millimeter, mit 29er Hinterrad wächst die Länge auf 437 Millimeter. Neben dem bereits erwähnten Staufach im Unterrohr besitzt das Spectral zusätzliche drei Gewinde unterm Oberrohr. Dort kann z. B. ein schnell erreichbares Minitool sicher verstaut werden. Für eine lange Haltbarkeit wurden die Hauptlager des Hinterbaus zusätzlich mit zwei ineinandergreifenden Gummidichtlippen versehen, die den gröbsten Schlamm draußen halten sollen. Nebenbei wurde auch die Fersenfreiheit durch einen etwas schlankeren Hinterbau erhöht.

Das K.I.S. - keep it stable - in einer Röntgen-AnsichtFoto: CanyonDas K.I.S. - keep it stable - in einer Röntgen-Ansicht

K.I.S. mit an Bord

Ein weiteres, recht exklusives Feature versteckt sich im Oberrohr und ist nur durch den Schieberegler erkennbar. Das Bike kommt serienmäßig mit dem von Syntace erdachten Lenkassistenten K.I.S. (Keep it Stable), der je nach eingestellter Federvorspannung mehr oder weniger starken Einfluss auf das Lenkverhalten hat. Um auch K.I.S.-Neulingen einen sanften Einstieg zu ermöglichen, hat Canyon die Vorspannung im Vergleich zum limitierten Erstlingswerk etwas reduziert. In der soften Einstellung ist das unterstützende Geradestellen des Lenkers nur minimal spürbar. Bei maximaler Vorspannung stabilisiert das System gerade in losem Geröll und in schnellen Passagen das Bike jedoch merklich.

Wer sich auch nach einer Eingewöhnungszeit überhaupt nicht mit dem Lenkassistenten anfreunden kann, der hat die Option, das System sogar komplett auszubauen und das Oberrohr mit einem Deckel zu verschließen. Damit behält der Spectral-Kunde alle Optionen in der Hand.Foto: CanyonWer sich auch nach einer Eingewöhnungszeit überhaupt nicht mit dem Lenkassistenten anfreunden kann, der hat die Option, das System sogar komplett auszubauen und das Oberrohr mit einem Deckel zu verschließen. Damit behält der Spectral-Kunde alle Optionen in der Hand.

Wer sich auch nach einer Eingewöhnungszeit überhaupt nicht mit dem Lenkassistenten anfreunden kann, der hat die Option, das System sogar komplett auszubauen und das Oberrohr mit einem Deckel zu verschließen. Damit behält der Spectral-Kunde alle Optionen in der Hand.

Das CF8 kostet 3999 Euro und ist in der hübschen Lackierung Stadtwald Sunset zu bekommen.
Foto: Hersteller

Preisbereiche und Modellvarianten des Canyon Spectral

Preislich bewegen sich die vier neuen Carbon-Modelle zwischen 3399 und 6999 Euro.

  • 3399 Euro: Spectral CF7
  • 3999 Euro: Spectral CF8
  • 4999 Euro: Spectral CF9
  • 6999 Euro: Spectral CF LTD

Unser Canyon Spectral CF9 in Größe M brachte ohne Pedale 14,8 Kilo auf die Waage.

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