Adrian Kaether
· 29.08.2021
2003 gewann Greg Minnaar seine erste Weltmeisterschaft, nun hat es der Südafrikaner wieder getan. Im Downhill-Rennen der Damen siegt Myriam Nicole, Vali Höll stürzt erneut.
Da ist er wieder. Der Mann, den sie zurecht „the G.O.A.T.“ – „the Greatest of all Time“ nennen. Greg Minnaar, der mit Abstand älteste Fahrer dieser UCI MTB-Weltmeisterschaft hat nach einer unglaublichen Qualifikation auch im Downhill-Finale Ernst gemacht und sicherte sich mit den letzten Kurven und einem fantastischen Zielsprint den Sieg bei dieser Weltmeisterschaft. Benoit Coulanges holte die Silbermedaille für Frankreich, Bronze ging an Troy Brosnan aus Australien. Bester Deutscher wird Max Hartenstern auf Platz 30, dicht gefolgt von Johannes Fischbach auf Platz 32. Nina Hoffmann landet im Downhill-Rennen der Damen auf Platz 11.
Es wird eine dieser Weltmeisterschaften bleiben, die keiner so schnell wieder vergessen wird. Eines der Rennen wie Danny Harts Sieg im Wolkenbruch von Champéry 2011 oder Loic Brunis erster WM-Titel 2017 im australischen Cairns. Auf der brutalen Downhill-Strecke von Val di Sole schreibt die Downhill-Elite Geschichte, mit einem Rennen, das zuerst gar nicht so richtig Fahrt aufnehmen wollte.
Der französische Meister Antoine Vidal war schon zu Beginn des Rennens so schnell über den nur von Rockgardens durchbrochenen, steilen Wurzelteppich der Strecke „Black Snake“ geflogen, dass ihm eine ganze Zeit lang niemand gefährlich werden konnte. Erst dem Österreicher Andreas Kolb gelang es, Vidals Zeit zu unterbieten und plötzlich war wieder alles offen.
Finn Iles schoss mit vollem Risiko durch die Steinfelder, streifte einen Begrenzungspfosten im Flug und wurde später fast über den Lenker katapultiert, ging aber in den Hot Seat. Schon im nächsten Lauf musste Iles jedoch um die Führung fürchten, als der Amerikaner Luca Shaw in einem völlig anderen Stil – kontrolliert und koordiniert – der Zeit des Kanadiers gefährlich nahe kam, sie schlussendlich aber knapp verpasste.
Iles atmete tief durch, hatte sich aber zu früh gefreut, als Danny Hart – Weltmeister in Val di Sole bei der WM 2016 – zeigte, was auf dieser Strecke möglich ist. Und Iles Zeit um ganze zweieinhalb Sekunden unterbot. Würde es ein zweites 2016 geben, Hart wieder Weltmeister werden? Benoit Coulanges ließ das nicht zu und schlug Harts Zeit um gut eine Sekunde. So saß wieder ein Franzose im Hot Seat, bis sich mit den obligatorischen drei Piepsern das Tor öffnete und Altmeister Greg Minnaar auf die Strecke stürmte.
Es war eine emotionale Berg- und-Talfahrt für jeden Downhill-Fan. Erst lag Minnaar vorne, dann verlor er Zeit und lag leicht hinter Coulanges. Würde Minnaar allen Ernstes die Führungsposition nur um wenige Zehntel verpassen? Noch die letzte Zwischenzeit sprach gegen Minnaar, doch der bewies Erfahrung und Coolness, pfiff auf den äußersten Stollen durch die letzten zwei Kurven, sprintete über den Zielsprung und schnappte sich den Sieg mit einer Viertelsekunde Vorsprung.
So ist der Altmeister mit 39 Jahren noch einmal Weltmeister – und der älteste Weltmeister, den es je gegeben hat noch dazu. Vier Weltmeister-Titel und 22 Worldcup-Siege schmücken seinen Namen, der in der Geschichte des Sports unvergessen bleiben wird.
Die schnellste Qualifikationszeit, eine perfekte Vorbereitung. Wieder sah es im Damenrennen ganz nach einer starken Performance von Vali Höll aus, doch wieder wurde die Österreicherin vom Pech verfolgt. Mit massivem Vorsprung brauchte es trotzdem nur einen kleinen Moment der Unachtsamkeit in der Mitte der Strecke, der sie aus dem Gleichgewicht brachte. Mit ausgeklicktem Fuß taumelte sie in eine der schwierigsten Passagen hinein, verlor die Kontrolle über das Vorderrad und ging zu Boden.
Nicht so ihre Rivalin Mille Johnset aus Norwegen, die sich mit zwischenzeitlich weniger Vorsprung, aber am Ende ohne Sturz den Hot Seat sicherte. Übertrumpft wurde sie erst von Tahnee Seagrave aus Großbritannien, dann auch von Eleonora Farina, Monika Hrastnik und der letztjährigen Weltmeisterin Camille Balanche. Einen wirklich einzigartigen Run legte die Französin Marine Cabirou hin, die trotz eines üblen Blutergusses im Bein die anderen Fahrerinnen um gut eine Sekunde unterbot.
Sie alle konnten gegen Myriam Nicole jedoch nichts ausrichten. In Abwesenheit von Rachel Atherton spielte sie in einer eigenen Liga und bewältigte die Strecke schnell und flüssig ohne sichtbare Fahrfehler. Ein verdienter zweiter WM-Titel für die Französin.