Jan Timmermann
· 29.08.2022
Unter der Marke Discovery übernimmt der Medienriese Warner Bros. ab dem kommenden Jahr die Organisation und Vermarktung des UCI Mountainbike Worldcups. Nun wurde der historische Rennkalender 2023 vorgestellt. Viele Details sind jedoch weiterhin offen.
Bereits im Februar verkündete der Radsport-Weltverband UCI einen historischen Wechsel: Von 2023 bis einschließlich 2030 wird der Mountainbike-Worldcup durch Discovery Events ausgetragen und unter der Discovery-Marke promotet. Damit gibt es einen Nachfolger für Red Bull, deren Vertrag mit der UCI Ende 2022 auslaufen wird.
Hinter Discovery steckt das sechstgrößte Entertainment-Unternehmen der Welt: Warner Bros. Den US-amerikanischen Medienriesen kennen Mountainbiker bislang vor allem von der Leinwand oder der Spielekonsole. Zwar scheint es in manchem Rennen, als habe Tom Pidcock übernatürliche Kräfte, wie Superman, oder als könne Amaury Pierron zaubern, wie Harry Potter, doch der Auftritt Warner Bros. auf der MTB-Bühne kam für viele doch überraschend.
Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass Warner Bros. einige Erfahrung im Umgang mit Sportevents mitbringt und sich auch dem Radsport bereits seit Jahren angenommen hat. Discovery Sports Events ist Ausrichter von ca. 50 jährlichen internationalen Topevents, etwa im Winter- und im Motorsport.
In Europa konsumieren jeden Monat circa 130 Millionen Menschen Inhalte von Discovery Sports. Darunter die Übertragungen aller großen Rennrad-Events mit rund 1200 Stunden Content pro Jahr. Auch das prestigeträchtigste Radrennen der Welt, die Tour de France, steht unter der Schirmherrschaft der Discovery Marke.
Über die Medienplattform Global Cycling Network (GCN) und Global Mountainbiking Network (GMBN) verbreitet Discovery nicht nur Straßenradsport, sondern auch MTB-Inhalte sehr erfolgreich. Gut 200 Radsportevents betreut Discovery bereits jährlich medial. Seit 2020 ist Discovery auch für die Organisation und Vermarktung des UCI Bahnrad-Worldcups verantwortlich und konnte dem Sport in den letzten zwei Jahren einen deutlichen Aufmerksamkeitsgewinn bescheren.
2021 stieg Discovery bei der Enduro World Series (EWS) ein und ist seitdem für deren Aus- und Übertragung verantwortlich. Ab 2023 wird Warner Bros. nun acht Jahre lang die Ausrichtung und mediale Verbreitung des UCI Mountainbike Worldcups übernehmen.
Unter dem Dach von Warner Bros. Discovery sind auch Fernsehsender wie DMAX, Comedy Central und Eurosport zu Hause. Experten halten eine TV-Übertragung des UCI Mountainbike Worldcups ab 2023 für wahrscheinlich. Bestätigen wollte Discovery dies BIKE gegenüber nicht.
Zur Beunruhigung ist spät in der 2022er-Saison weiterhin offen, über welche Kanäle die Live-Übertragung der Events stattfinden wird und ob diese kostenfrei verfügbar bleibt, wie Biker es die letzten Jahre von Red Bull TV gewohnt waren.
Als bestätigt gilt, dass Moderations-Legende Rob Warner bei seinem Arbeitgeber Red Bull verbleiben und deshalb den Worldcup im kommenden Jahr nicht mehr kommentieren wird. Warner war bereits zu Zeiten, als die Online-Übertragung der Events noch über freecaster.tv gestreamt werden konnte, mit provokativen Sprüchen und emotionalen Moderationen in die Geschichte des Sports eingegangen. Die Trennung der Wege von Warner und MTB-Worldcup löst bei vielen Fans deshalb großes Bedauern aus.
Den bedeutenden Wechsel von Red Bull zu Warner Bros. begründet die UCI in erster Linie mit dem starken Wachstum des Mountainbike-Rennsports. Durch die schiere Größe und die immense Reichweite des Medienkonzerns soll der Sport international eine noch größere Aufmerksamkeit erfahren.
Besonders in den letzten Jahren und vor allem in Europa fanden viele Neueinsteiger ihren Weg zum Biken und der Mountainbike-Markt wurde auch für interdisziplinäre Unternehmen, wie Warner Bros. immer attraktiver. Francois Ribeiro, CEO von Discovery Sports Events, findet dafür große Worte und spricht von weltweitem Wachstum, mehr Nachhaltigkeit und Modernisierung.
Gelingen könnte dies zum Beispiel nach dem Vorbild des Alpinski-Weltcups. Den Aufmerksamkeits-Boost will Discovery auch durch größere Events mit stärkerer Schlagkraft erreichen. So sollen perspektivisch alle Rennen in gemeinsamen großen Events mit Festivalcharakter gebündelt werden. Die Enduro Sports Organisation (ESO) rund um EWS-Gründer Chris Ball soll Discovery bei der Umsetzung der Events beratend unterstützen.
Erstmalig in der Geschichte des Mountainbike-Sports gibt es 2023 einen gemeinsamen Worldcup-Kalender für alle Mountainbike-Disziplinen: Cross Country Short Track, Cross Country, Enduro und Downhill. Auch die E-MTB-Disziplinen Cross Country und Enduro sind in diesem Worldcup-Kalender enthalten. Eine neue Weltserie für Marathon-Biker hat Discovery bereits angekündigt. Nähere Informationen dazu sollen im September bekannt werden.
Der Vorteil der großen multidisziplinären Events liegt unter anderem im Ausschluss von Terminüberschneidungen. Die Events liegen geografisch näher beieinander als in den vergangenen Saisons. So soll neben dem Rennstress für Profis und Teams auch der ökologische Fußabdruck reduziert werden.
Insgesamt zehn Länder auf drei Kontinenten steuert die MTB-Weltelite 2023 an. Den Auftakt macht Ozeanien mit dem ersten EWS-Rennen in Tasmanien. Es folgen zahlreiche Rennen in Europa und der Saisonabschluss auf dem amerikanischen Kontinent. Die UCI MTB Weltmeisterschaft wird 2023 rund um Glasgow in Schottland stattfinden.
Insgesamt umfasst der Worldcup nächstes Jahr 34 Rennen bei 15 Events. Darunter Klassiker, wie Leogang, aber auch neue Austragungsorte, wie Valkenburg in den Niederlanden. Langfristig sollen auch Events in Südamerika, Asien und Afrika stattfinden, um aus der Rennserie einen richtigen “Welt”-Cup zu machen.