Wo stehen die Chancen auf Regenbögen besser als in Schottland, dem Land des wechselhaften Wetters?! Der perfekte Ort also für die Radsport-WM 2023, bei der über 200 (!) Regenbogentrikots in 13 Disziplinen vergeben wurden. Die Downhill- und Cross-Country-Wettbewerbe bildeten den Rahmen des Mega-Events und sorgten bereits außerhalb des Renngeschehens für Schlagzeilen.
Nach ihrem Überraschungstriumph beim Comeback in Lenzerheide war Rachel Atherton als Top-Favoritin gehandelt worden. Doch die Grande Dame des Downhill-Radsports kugelte sich im Training die Schulter aus. Beim Einrenken half Nina Hoffmann – die ebenfalls im Training schwer gestürzt war.
Im Finale lag die Thüringerin zwischenzeitlich sogar auf Podiumskurs, stürzte allerdings erneut. Vali Höll hingegen verteidigte ihr Regenbogentrikot aus dem Vorjahr sehr souverän, vor Camille Balanche und der Drittplatzierten Marine Cabirou. Dahinter sicherten sich die Lokalmatadorinnen Louise Ferguson, Phoebe Gale und Tahnée Seagrave die Ränge vier bis sechs.
Pünktlich zum Herrenrennen öffneten sich die Himmelsschleusen, und es begannen die Matsch-Meisterschaften. Gewohntes Terrain für den Briten Charlie Hatton, der einen extrem emotionalen Heimsieg erlebte. Hinter dem 25-Jährigen Hatton sicherte sich der Österreicher Andi Kolb die Silbermedaille, Laurie Greenland holte Bronze. Die Plätze vier bis sechs gingen an Loic Bruni, Troy Brosnan und Loris Vergier.
Von den Highlands ging es in die Lowlands. Marathon, Short Track und Crocc Country (CC) fanden in Glentress südlich von Edinburgh statt. Das Wetter? Wechselhaft. Die Strecken? Hart! Mit 39 Jahren holte die Schwarzwälderin Adelheid Morath im Marathon überraschend Bronze. Dominiert wurde das Rennen allerdings von der 21-jährigen Tirolerin Mona Mitterwallner. Die peilte auch das CC-Podest an, was jedoch die gleichaltrige Puck Pieterse verhinderte.
Aber die Jugend konnte nichts gegen die Französinnen ausrichten. Wie zur Weltmeisterschaft im Vorjahr war Pauline Ferrand-Prévot auf den Punkt fit und sicherte sich nach Short-Track-Gold auch den Titel im CC vor Loana Lecomte.
Vor dem Herrenrennen sorgten die Straßen-Stars für einen Eklat. Nach dem Pidcock-Schwarzbauer-Kurvendrama beim Short Track, verkündete der UCI kurz vor dem CC-Finale eine Regeländerung und ließ Mathieu van der Poel und Peter Sagan ohne MTB-Weltcuppunkte von der letzten in die fünfte Startreihe rutschen. Über 20 Athleten gaben ihren Unmut in einem öffentlichen Schreiben kund.
Straßenweltmeister van der Poel stürzte in der Startrunde, Sagan wurde 63. Im Zentrum stand dann das andere Multitalent: Tom Pidcock wollte den letzten ihm fehlenden MTB-Titel vor Heimpublikum holen – und tat das souverän vor Short-Track-Weltmeister Sam Gaze und Nino Schurter.
“Deutschland holt Gold im Downhill” – auf die Schlagzeile hätte vorab wohl kaum einer gewettet. Aber die Sensation war am 4. August perfekt, als der 18-jährige Henri Kiefer sich bei den Junioren den Top Spot holte. Henri war bisher ohne Weltcupsieg
geblieben. Mal sehen, wie ihn Gold beflügelt. Aus Down Under scheint der Downhill-Damen-Nachwuchs zu kommen: Bei den Juniorinnen gingen alle Medaillen nach Neuseeland.
The Master of Mud kann man repräsentativ für eine extrem starke Leistung des britischen DH-Teams sehen. Hinter dem 25-Jährigen Hatton und Andi Kolb auf Platz zwei holte Laurie Greenland Bronze.
Er habe sich langsam mit der Bronzemedaille “angefreundet”, meinte Lukas Baum nach seiner Drittplatzierung im Marathon. Der 28-jährige Cape-Epic-Champ aus Neustadt an der Weinstraße hatte klar auf Gold hingearbeitet und sich sowohl mental als auch physisch super wohlgefühlt. Aber: “Die Strecke war brutal schwer”, resümierte Lukas im Ziel.