Stefan Loibl
· 26.11.2018
Der „Spirit of Enduro“ wackelt. Richie Rude und Jared Graves sollen beim EWS-Rennen in Olargues (FRA) bei einer Dopingprobe auf zwei Substanzen positiv getestet worden sein.
Die Gerüchte um positive Dopingtests in der Königsklasse des Enduro-Rennsports, der Enduro World Series, waren bereits seit September im Umlauf. Doch erst jetzt kamen durch
Pinkbike.com
brisante Details und Namen ans Licht. Demnach sollen die zwei positiven Dopingproben dem zweimaligen EWS-Gesamtsieger Richie Rude (USA) und dem Australier Jared Graves, der den EWS-Gesamtsieg 2014 holte, zuzuordnen sein. Beide Fahrer haben den positiven Befund gegenüber Pinkbike.com bestätigt. Die Proben stammen von Kontrollen der französischen Anti-Doping-Agentur (AFLD) und wurden nach dem dritten World-Series-Stopp in Olargues (Frankreich) Mitte Mai 2018 genommen. Fader Beigeschmack: Richie Rude hatte das Rennen gewonnen. Insgesamt neun Fahrer sollen bei der unangekündigten Dopingkontrolle getestet worden sein, darunter Cube Action Team-Fahrer Greg Callaghan, der Franzose Adrien Dailly und Martin Maes (GT). Cube Action Team-Manager Claus Wachsmann sagte BIKE dazu: „Mich überrascht das Ergebnis nicht, soweit es stimmt. Überall wo viel Geld im Spiel ist, wird betrogen. Im Enduro-Rennsport verdienen die Top-Fahrer auch sechsstellige Summen im Jahr.“
Richie Rude (Yeti) und dem 35-jährigen Australier Jared Graves (Specialized), der sich gerade nach einer OP wegen eines Gehirntumors durch die Chemotherapie kämpft, sollen zwei Substanzen nachgewiesen worden sein: Higenamin und Oxilofrin. Higenamin wird eine anabole Wirkung nachgesagt und soll vor allem in Nahrungsergänzungsmitteln und Fatburner-Produkten vorkommen. Der Stoff steigert das Energieniveau und unterstützt die Gefäßerweiterung. Vor dem Stimulans Oxilofrin warnt sogar die NADA, da die Substanz in verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln vorkommen kann. Beide Substanzen stehen auf der weltweit gültigen Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur (WADA).
Wie schon positiven Dopingbefund im deutschen MTB-Sport Mitte des Jahres werden die Namen der potenziell gedopten Enduro-Rennfahrer von der französischen Anti-Doping-Agentur nicht genannt oder bestätigt. Denn selbst wenn positive A- und B-Proben existieren, ist der Dopingbefund gemäß der WADA-Relugarien noch nicht rechtskräftig. Laut Pinkbike.com sollen sowohl Richie Rude als auch Jared Graves darauf verzichtet haben, bei der Öffnung der B-Probe vor Ort zu sein. Noch können beide Enduro-Racer dem zuständigen Anti-Doping-Organ erklären, wie ihre Dopingprobe eventuell verunreinigt wurde. Unregelmäßigkeiten bei der Dopingkontrolle oder manipulierte Lebensmittel haben bereits viele Sportler in der Vergangenheit vor einer langen Sperre bewahrt. Auch bei den bei Rude und Graves gefundenen Substanzen gibt es Beispiele von Profi-Sportlern, die eine längere Sperre durch eine schlüssige Erklärung verkürzen konnten.
Und was sagt die EWS zu den brisanten Tatsachen? Noch hält sich die EWS bedeckt, hat keine Details oder Namen zu den positiven Dopingtest bekanntgegeben. Da die EWS-Serie in den vergangenen Jahren unabhängig von der UCI agierte, muss sie sich nicht an die Regularien des WADA-Codes halten. Jedoch finden sich im „EWS Rulebook“ unter Punkt 15 zur Anti-Doping-Politik klare Worte: Man akzeptiert die Regeln der nationalen Radsportverbände, in den jeweiligen Ländern, in denen die Rennen stattfinden. Zudem wird jeder Sportler, dem Doping nachgewiesen wurde – übrigens egal in welcher Disziplin – mit einer lebenslangen Sperre für EWS-Rennen sanktioniert. Ein eigenes Anti-Doping-Programm stand übrigens vor Jahren bereits zur Diskussion, wie uns Claus Wachsmann berichtete. „Wir hätten es begrüßt und unseren Beitrag geleistet. Leider ist es an den Kosten gescheitert.“
Daher bleibt es spannend, wie die EWS mit den positiven Dopingbefunden umgeht. Zumal die EWS ab 2019 eng mit der UCI zusammenarbeiten und den Enduro-Sport weltweit voranbringen will. So soll beispielsweise 2019 erstmals ein Enduro-Weltmeister-Trikot beim „Trophy Of Nations“-Event vergeben werden, es sollen UCI-Kommisäre für Enduro-Rennen ausgebildet und Anti-Doping-Richtlinien integriert werden. Cube-Teammanager Wachsmann fordert klare Worte: „Ich möchte, dass es ganz klar offen kommuniziert wird. Das habe ich auch schon bei der EWS eingefordert. Es muss sich was tun, sonst ist der schöne 'Spirit of Enduro' bald dahin.“