Benjamin Bernotat
, Sebastian Brust
· 27.03.2023
Das Cape Epic, die „Tour de France“ des MTB-Sports, zieht Profi- und Amateur-Teams zum Saisonbeginn nach Südafrika. Das ganze Jahr bereiten sich Langstrecken-Spezialisten auf das Etappenrennen vor. Ein Spektakel, auch aus deutscher Sicht. Wir sagen außerdem, was der ganze Medien-Rummel auch dem Otto-Normal-Mountainbikern nützt.
Das Cape Epic gilt bei vielen als „Tour de France“ des Mountainbike-Sports. Jahr für Jahr zieht es Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt nach Südafrika. Die Hitze zum Saisonbeginn kann erbarmungslos sein. In Südafrika ist jetzt gerade Spätsommer. Neben der Sonne zeigt auch die irdische Natur Zähne – starke Regenschauer verwandeln die Pisten teils in klebrige Matschtümpel und wilde Tiere springen plötzlich auf die Strecke.
Nicht umsonst gilt als das Cape Epic als eines der härtesten Mountainbike-Rennen der Welt. Die Distanz ist für die Profi-Teams inzwischen dabei eher Routine. Das ganze Jahr bereiten sich Mountainbike-Spezialisten auf das Etappenrennen vor.
In sieben Etappen – zuzüglich Prolog – galt es 2023, eine Strecke von 648 Kilometern mit fast 15.500 Höhenmetern zu bewältigen. Zum Vergleich: Die legendäre BIKE Transalp kommt in ihrem 25. Jubiläumsjahr auf über 17.500 Höhenmeter, verteilt auf knapp 500 Kilometer. Auch in Südafrika geht es durch unwegsames Gelände, raue Natur und eine beeindruckende Landschaft. Das Rennen verlangt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern alles ab – das Bike wird sogar stellenweise geschultert, um die zerklüfteten Höhenzüge zu erklimmen.
Die Radsport-Nation Südafrika wiederum liebt und feiert die Mountainbikerinnen und Mountainbiker. Die Tagesetappen werden im TV übertragen, die Bilder aus den Helikoptern und von mitfahrenden Kamera-E-MTBs sind spektakulär und haben die Berichterstattung von MTB-Etappenrennen geprägt. Gerade wegen der großen Publicity wird das Rennen mit der Tour de France aus dem Straßenradsport verglichen und hat einen Medien-Hype auch hierzulande ausgelöst. Mit einem großen Unterschied: Während auf der Straße die letzte Etappe nach Paris eher ein gemütliches Schaulaufen ist, geht es bei den Mountainbikern in der Regel bis zum Schluss um alles. Wer hier den Gesamtsieg davontragen wird, klärt sich manchmal erst beim Zielsprint. So auch in diesem Jahr.
Am letzten Tag des Rennens startete das Schweizer Duo Nino Schurter und Andri Frischknecht im gelben Trikot, wie auch an den übrigen fünf Tagen. Nach einem Sturz durch eine vorbeihuschende Antilope kam der zehnfache Cross-Country-Weltmeister zwar schnell wieder auf die Beine. Den Spitzenplatz galt es schließlich zu verteidigen. Das dazu erforderliche, hohe Tempo forderte jedoch seinen Tribut. Letztlich hatte Frischknecht mit körperlichen Problemen zu kämpfen und musste von seinem Teamkollegen sogar unterstützend geschoben werden. Am Ende reichte es dann nur noch für den dritten Rang.
Den Sieg bei den Männern konnten der Südafrikaner Matthew Beers und sein amerikanischer Kollege Christopher Belvins vom Team Toyota-Specialized-NinetyOne, nach Hause bringen. Trotz Zeitverlust in den ersten Etappen endete ihre spektakuläre Aufholjagd schließlich mit dem ersten Platz.
Absolute Spitzenklasse: Die deutschen Vorjahres-Sieger Lukas Baum und Georg Egger vom Team ORBEA x Leat x Spee Company konnten sich den sagenhaften zweiten Platz in der Gesamtwertung sichern und treten in die Fußstapfen großer deutscher Mountainbiker wie Karl Platt oder Stefan Sahm.
Auf der 6. Etappe wirbelte bei den Frauen ein spektakuläres Ereignis die Rangliste durcheinander und kostete den bisher führenden Candice Lill und Amy Wakefield den Sieg. Ein Schlagloch verursachte bei Amy Wakefield einen Platten mitsamt Felgenbruch und so verlor das Duo wertvolle Zeit und konnte am Ende nur den zweiten Platz in der Gesamtwertung belegen.
Ganz nach oben auf das Siegertreppchen bei den Frauen kletterten Kim Le aus Mauritius und die Namibierin Vera Looser– ihre Zeit: 29:08:28.7 in der Gesamtwertung. Gefolgt vom südafrikanischen Duo Lill/Wakefield. Den dritten Platz belegte das NintyOne-Sogo-Specialized Team von Sofia Gomez Villafane und Kateria Nash.
Das Team-Etappenrennen Cape Epic hat über die Jahre immer mehr an Prestige gewonnen und löst mittlerweile einen richtigen Medien-Hype aus, vergleichbar mit der Tour de France aus. Die raue und erbarmungslose Natur Südafrikas verlangte den AthletInnen alles ab und nicht nur diesen, sondern auch den Bikes. Immer wieder kommt es zu kleineren Pannen oder auch mal größeren Crashs. Reparaturen müssen entweder auf der Strecke von den Teampartnern selbst oder in den Tech-Lagern durchgeführt werden. Support-Teams halten den A-Promis den Rücken frei – oder helfen auch mal mit dem eigenen Laufrad oder dem ganzen Bike.
Was das Cape Epic so besonders macht, ist die einzigartige und atemberaubende Landschaft am Westkap in Südafrika. Schon in den Anfangstagen wurde der Mythos Cape Epic um das Rennen erschaffen – mit einer umfassenden medialen Berichterstattung und spektakulären Bildern aus dem Helikopter oder auch On-Board-Aufnahmen.
Seit fast 20 Jahren gibt es das Cape Epic jetzt schon. Daran teilnehmen dürfen neben den Profi-Teams auch ambitionierte Amateur-Teams. Die Rennstrecke variiert von Jahr zu Jahr und wird erst kurz vor dem Start bekannt gegeben.
Alle Etappen können unter www.cape-series.com nochmal nachverfolgt werden. Jedes Tagesrennen bietet dabei eine umfassende Berichterstattung mit beeindruckenden Bildern und Hintergrundinformationen.
Zuletzt litt die Fahrradbranche immer mehr unter den Auswirkungen der steigenden Energiekosten – die Lager voll und die Kassen leer. Der Bike-Boom ist abgeflacht und die einstigen Engpässe nahezu passé. Vielleicht hilft der Medienrummel und die Publicity von Radrennen wie dem Cape Epic, der Radindustrie etwas dabei, sich zu erholen und dem Einbruch entgegenzuwirken.
Dem Sport und seiner Akzeptanz in der Gesellschaft kann es dienen. Jüngste Attacken gegen das Fahrradfahren in deutschen Wäldern überraschten alle, die auf ein deutliches Plus an mehr Toleranz auf den Trail geglaubt hatten. Dabei handelte es sich angeblich nur um ein großes Missverständnis. Im TV ist die Berichterstattung über das Cape Epic jedenfalls angekommen. So berichteten unter anderem ARD und ZDF über das Etappenrennen in Südafrika.