Nothing’s for freeTarek Rasouli über die (verlorene) Macht der MTB-Filme

Laurin Lehner

 · 10.03.2023

Nothing’s for free: Tarek Rasouli über die (verlorene) Macht der MTB-FilmeFoto: Henri Lesewitz
Von Anfang an dabei: Tarek Rasouli war einer der ersten europäischen Freeride-Profis. 2022 wurde der Münchner in die Mountainbike Hall of Fame aufgenommen.

MTB-Filme wurden lange Zeit wie Blockbuster zelebriert. Doch dieser Hype scheint vorbei. Diesen Sommer erscheint der Film Nothing’s for free, der an die glorreichen Zeiten anknüpfen will. Wir haben mit Szene-Größe Tarek Rasouli über die .

FREERIDE: Hi Tarek, ist die Faszination der Mountainbike-Filme erloschen?

Tarek Rasouli: Erloschen ist ein harter Begriff, aber ja, der Konsum hat sich geändert und damit auch die Faszination. Damals zeigten Filme wie Kranked oder New World Disorder, was mit dem Mountainbike möglich ist. Jeder Film war Benchmark in Sachen Tricks. Du hast Dinge gesehen, die du nie zuvor gesehen hattest und bis dahin für schier unmöglich gehalten hast. Dazu gab es Filmpremieren. Die Szene fieberte lange auf so eine Premiere hin und zelebrierte ihn schließlich mit Freunden. Natürlich wurde so ein Film nicht nur einmal geguckt, sondern ein Dutzend Mal.

Heute ist das anders, warum?

Damals gab es nicht viele Möglichkeiten den Sport zu verfolgen. Du hattest Magazine, VHS- oder DVD-Filme und Events, das wars. Heute erleben wir eine Reizüberflutung im Netz. Action-Mountainbiking ist 24/7 verfügbar. Trotzdem haben klassische Filme in meinen Augen nicht ihren Reiz verloren.

Du warst damals Teil davon, hattest Segmente in Kranked 4. Was für einen Stellenwert hatte so ein Auftritt für Dich als Athlet?

Ein Filmsegment war entscheidend. Es hat über Karrieren entschieden und war mehr als die halbe Miete. Wenn du ein starkes Segment in einer namenhaften Filmserie hattest, hast du dein Soll für die Sponsoren schon nahezu erfüllt. Magazine, Fans und Sponsoren haben sich um dich gerissen. Es war ein Karriere-Boost. Damals kannte man mich hier in München und auf ein paar internationalen Bike-Festivals, nach meinem Auftritt in Kranked 4 wollten Leute Autogramme auf der Straße von mir – ich spielte auf einmal in einer ganz anderen Liga.

Filmemacher hatten also die Macht über Athleten-Karrieren. War Neid ein Thema?

Naja, jeder wollte ein Banger-Segment – oder zumindest überhaupt eins. Dafür riskierten Athleten viel. Den Druck machten sie sich meistens selbst. Doch klar, man musste auch liefern, sonst geriet man in Gefahr, bei der nächsten Produktion nicht mehr gefragt zu werden. Es gab aber in erster Linie Konkurrenzverhalten unter den Produktionen – also den Filmserien Kranked und New World Disorder. Es ging darum, welche Produktion in der Branche einen höheren Stellenwert hatte.

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Wie oft haben sich die Videos damals verkauft?

Genaue Zahlen kenne ich nicht, doch definitiv im sechsstelligen Bereich. Dazu kamen die Filmvorstellungen auf Events.

Inwiefern kann man die Budgets mit denen von Kurzclips heute vergleichen?

Eine Produktion für ein 7-Minuten-Highend-Clip auf Youtube mit Danny MacAskill verschlingt ähnlich viel Geld wie eine ganze Film-Produktion von damals.

Wie siehst Du den Stellenwert von Filmen heute?

MTB-Filme sind seltener geworden und besitzen nicht mehr die Bedeutsamkeit. Stattdessen gibt es vermehrt beeindruckende Kurzclips – doch es gibt so viele davon. So ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Dennoch: Ein paar wenige lange Filme gibt es noch, die sich lohnen anzusehen. Hin und wieder genieße ich es, hochwertige Filme auf dem Smart-TV anzugucken.

Der Beginn (2000): Für den ersten Teil der NWD-Serie drehte Derek Westerlund (re.) auf Hawaii. Denn er hörte von einem Biker, der auf steilen Strassen auf dem Hinterrad surft wie kein anderer. Bei dem damals noch unbekannten Biker handelte es sich um Bobby Root (li.).  Sein Part im Film verhalf dem charismatischen US-Amerikaner zur Profi-Karriere.Foto: Freeride Entertainment, John Gibson
Der Beginn (2000): Für den ersten Teil der NWD-Serie drehte Derek Westerlund (re.) auf Hawaii. Denn er hörte von einem Biker, der auf steilen Strassen auf dem Hinterrad surft wie kein anderer. Bei dem damals noch unbekannten Biker handelte es sich um Bobby Root (li.). Sein Part im Film verhalf dem charismatischen US-Amerikaner zur Profi-Karriere.

Freeride Entertainment (New World Disorder) produziert gerade einen neuen Film: Nothings for free. Auch du hast einen Part. Kannst Du etwas verraten?

Filmemacher Derek Westerlund will in dem Film die Geschichte der Freeride-Bewegung erzählen. Allerdings wird er nicht nur die glorreichen Seiten beleuchten, sondern auch die dunklen. Der Filmname sagt es: Nix ist umsonst. Damit ist auch das Risiko gemeint, das wir Athleten in Kauf nahmen. So wird auch meine Geschichte erzählt. Oder die von Brett Tippie, der dunkle Zeiten erlebte und sich mit Drogen betäubte. Ich glaube, der Film wird tief und überraschend anders.

Wann wird Nothing’s for free erscheinen?

Die Filmpremiere soll am Crankworx Whistler stattfinden. Danach wird er sicher online verfügbar sein. Ob kostenlos oder nicht, weiß ich nicht. Eher nicht, denn: Nothings for free.

Nothing is for free: Schon lange angekündigt – 2023 soll der Film über die Freeride-Geschichte endlich erscheinen.Foto: Freeride Entertainment
Nothing is for free: Schon lange angekündigt – 2023 soll der Film über die Freeride-Geschichte endlich erscheinen.

FREERIDE-Film-Tipps: Top MTB-Videos im Netz

Etliche MTB-Filme in Top-Qualität kann man im Netz kostenlos sehen. Wir haben drei Highend-Videos angeguckt und bewertet. Viele weitere gibt es z. B. auf Redbull.tv: From the Inside Out, Past Present Future (Vali Höll), Laura Stigger: Immer Vollgas, The Old World, Gamble, Return to Earth, Way to the Top (Lars Forster), UnReal und weitere.

Life Cycles (2010)

Action-Streifen oder Kunstfilm? Hier verschmelzen zwei Welten. Der Film wurde damals gehypt, Szenegrößen behaupteten sogar: Der beste MTB-Film aller Zeiten. Dauer: 45 Minuten. Wir vergeben: 4/6 Punkte.

Old but gold: Statt Bike-Porn erschufen die Macher von Life Cycles einen Kunst-Film.Foto: Life Cycles
Old but gold: Statt Bike-Porn erschufen die Macher von Life Cycles einen Kunst-Film.

Long live Chainsaw (2021)

Die eindrucksvolle Doku erzählt die Geschichte des Downhill-Ausnahmetalents Stevie Smith, der bereits im Alter von 26 Jahren verstarb. Top! Dauer: 93 Minuten. Wir sagen: 5/6 Punkte.

Long live Chainsaw: Doku statt Action-Film.Foto: Redbull Mediahouse
Long live Chainsaw: Doku statt Action-Film.

Accomplice (2021)

Der Film zeigt namhafte Freerider an exotischen Orten. Witzige Aufhänger-Idee, mit Originalaufnahmen aus der Kindheit der Action-Stars. Sehenswert! Dauer: 52 Minuten. Unsere Wertung: 4/6 Punkte.

Accomplice: Ein Freeride-Film mit einer witzigen Sidestory.Foto: Teton Films
Accomplice: Ein Freeride-Film mit einer witzigen Sidestory.

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