Nothing’s for freeTarek Rasouli über die (verlorene) Macht der MTB-Filme

Laurin Lehner

 · 10.03.2023

Nothing’s for free: Tarek Rasouli über die (verlorene) Macht der MTB-FilmeFoto: Henri Lesewitz
Von Anfang an dabei: Tarek Rasouli war einer der ersten europäischen Freeride-Profis. 2022 wurde der Münchner in die Mountainbike Hall of Fame aufgenommen.
MTB-Filme wurden lange Zeit wie Blockbuster zelebriert. Doch dieser Hype scheint vorbei. Der Film Nothing’s for free (von Freeride Entertainment) will an die glorreichen Zeiten anknüpfen. Wir haben mit Szene-Größe Tarek Rasouli über die Macht epischer Bike-Filme.

Blockbuster statt Kurzclip: Der neue MTB-Film Nothing's for free (Premiere am 28. Juli 2023) will an die glorreichen Zeiten der Freeride-Bewegung anknüpfen. Mountainbike-Filme setzten über viele Jahre Maßstäbe und entschieden über Karrieren der Stars. Heute gibt es nur noch wenige solcher Film-Produktionen. Tarek Rasouli war von Anfang an dabei. Wir sprachen mit ihm über die Macht epischer Bike-Filme.

FREERIDE: Hi Tarek, ist die Faszination der Mountainbike-Filme erloschen?

Tarek Rasouli: Erloschen ist ein harter Begriff, aber ja, der Konsum hat sich geändert und damit auch die Faszination. Damals zeigten Filme wie Kranked oder New World Disorder, was mit dem Mountainbike möglich ist. Jeder Film war Benchmark in Sachen Tricks. Du hast Dinge gesehen, die du nie zuvor gesehen hattest und bis dahin für schier unmöglich gehalten hast. Dazu gab es Filmpremieren. Die Szene fieberte lange auf so eine Premiere hin und zelebrierte ihn schließlich mit Freunden. Natürlich wurde so ein Film nicht nur einmal geguckt, sondern ein Dutzend Mal.

Heute ist das anders, warum?

Damals gab es nicht viele Möglichkeiten den Sport zu verfolgen. Du hattest Magazine, VHS- oder DVD-Filme und Events, das wars. Heute erleben wir eine Reizüberflutung im Netz. Action-Mountainbiking ist 24/7 verfügbar. Trotzdem haben klassische Filme in meinen Augen nicht ihren Reiz verloren.

Du warst damals Teil davon, hattest Segmente in Kranked 4. Was für einen Stellenwert hatte so ein Auftritt für Dich als Athlet?

Ein Filmsegment war entscheidend. Es hat über Karrieren entschieden und war mehr als die halbe Miete. Wenn du ein starkes Segment in einer namenhaften Filmserie hattest, hast du dein Soll für die Sponsoren schon nahezu erfüllt. Magazine, Fans und Sponsoren haben sich um dich gerissen. Es war ein Karriere-Boost. Damals kannte man mich hier in München und auf ein paar internationalen Bike-Festivals, nach meinem Auftritt in Kranked 4 wollten Leute Autogramme auf der Straße von mir – ich spielte auf einmal in einer ganz anderen Liga.

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Filmemacher hatten also die Macht über Athleten-Karrieren. War Neid ein Thema?

Naja, jeder wollte ein Banger-Segment – oder zumindest überhaupt eins. Dafür riskierten Athleten viel. Den Druck machten sie sich meistens selbst. Doch klar, man musste auch liefern, sonst geriet man in Gefahr, bei der nächsten Produktion nicht mehr gefragt zu werden. Es gab aber in erster Linie Konkurrenzverhalten unter den Produktionen – also den Filmserien Kranked und New World Disorder. Es ging darum, welche Produktion in der Branche einen höheren Stellenwert hatte.

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Wie oft haben sich die Videos damals verkauft?

Genaue Zahlen kenne ich nicht, doch definitiv im sechsstelligen Bereich. Dazu kamen die Filmvorstellungen auf Events.

Inwiefern kann man die Budgets mit denen von Kurzclips heute vergleichen?

Eine Produktion für ein 7-Minuten-Highend-Clip auf Youtube mit Danny MacAskill verschlingt ähnlich viel Geld wie eine ganze Film-Produktion von damals.

Wie siehst Du den Stellenwert von Filmen heute?

MTB-Filme sind seltener geworden und besitzen nicht mehr die Bedeutsamkeit. Stattdessen gibt es vermehrt beeindruckende Kurzclips – doch es gibt so viele davon. So ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Dennoch: Ein paar wenige lange Filme gibt es noch, die sich lohnen anzusehen. Hin und wieder genieße ich es, hochwertige Filme auf dem Smart-TV anzugucken.

Der Beginn (2000): Für den ersten Teil der NWD-Serie drehte Derek Westerlund (re.) auf Hawaii. Denn er hörte von einem Biker, der auf steilen Strassen auf dem Hinterrad surft wie kein anderer. Bei dem damals noch unbekannten Biker handelte es sich um Bobby Root (li.).  Sein Part im Film verhalf dem charismatischen US-Amerikaner zur Profi-Karriere.Foto: Freeride Entertainment, John GibsonDer Beginn (2000): Für den ersten Teil der NWD-Serie drehte Derek Westerlund (re.) auf Hawaii. Denn er hörte von einem Biker, der auf steilen Strassen auf dem Hinterrad surft wie kein anderer. Bei dem damals noch unbekannten Biker handelte es sich um Bobby Root (li.). Sein Part im Film verhalf dem charismatischen US-Amerikaner zur Profi-Karriere.

Freeride Entertainment (New World Disorder) produziert gerade einen neuen Film: Nothings for free. Auch Du hast einen Part. Kannst Du etwas verraten?

Filmemacher Derek Westerlund will in dem Film die Geschichte der Freeride-Bewegung erzählen. Allerdings wird er nicht nur die glorreichen Seiten beleuchten, sondern auch die dunklen. Der Filmname sagt es: Nix ist umsonst. Damit ist auch das Risiko gemeint, das wir Athleten in Kauf nahmen. So wird auch meine Geschichte erzählt. Oder die von Brett Tippie, der dunkle Zeiten erlebte und sich mit Drogen betäubte. Ich glaube, der Film wird tief und überraschend anders.

Wann wird Nothing’s for free erscheinen?

Die Filmpremiere soll am Crankworx Whistler stattfinden. Danach wird er sicher online verfügbar sein. Ob kostenlos oder nicht, weiß ich nicht. Eher nicht, denn: Nothings for free.

UPDATE 22.07.2023:

Nothing’s For Free wird am 28. Juli 2023 beim Crankworx Whistler Premiere feiern und dann bis Mitte August exklusiv auf Outside Watch verfügbar sein. Danach wird der Film im gesamten Outside Interactive Universe und auf Freerider.TV (neue, eigene Plattform von Freeride Entertainment, d. Red.) zum digitalen Download und Streaming bereitgestellt.

Diese ganze Initiative, zurück zu unseren Wurzeln zu kehren, war mehr als nur augenöffnend. Wenn man an unsere bescheidenen Anfänge im Freeriden zurückdenkt und wie viel Einfluss New World Disorder auf den Sport hatte, wird klar, dass dieser Schritt auch für unsere Fanbase ein großer Schritt sein wird. Die Go Big-Mentalität hat es bei Freeride Entertainment schon immer gegeben, warum also nicht mit Schwung zurückkommen und gleichzeitig unser Großprojekt Nothing’s For Free veröffentlichen? Dieses Monumental-Projekt macht das Mountainbiken dem Mainstream-Publikum zugänglich und gibt ihm seinen Dog Town and Z-Boys oder Riding Giants Moment. Unsere gesamte Reise im Mountainbike-Sport hat uns gelehrt, dass alles möglich ist, egal wie groß die Herausforderung ist, und das zeigt sich auch in der Handlung des Films. – Derek Westerlund, Direktor und Gründer von Freeride Entertainment

FREERIDE-Film-Tipps: Top MTB-Videos im Netz

Etliche MTB-Filme in Top-Qualität kann man im Netz kostenlos sehen. Wir haben drei Highend-Videos angeguckt und bewertet. Viele weitere gibt es z. B. auf Redbull.tv: From the Inside Out, Past Present Future (Vali Höll), Laura Stigger: Immer Vollgas, The Old World, Gamble, Return to Earth, Way to the Top (Lars Forster), UnReal und weitere.

Life Cycles (2010)

Action-Streifen oder Kunstfilm? Hier verschmelzen zwei Welten. Der Film wurde damals gehypt, Szenegrößen behaupteten sogar: Der beste MTB-Film aller Zeiten. Dauer: 45 Minuten. Wir vergeben: 4/6 Punkte.

Old but gold: Statt Bike-Porn erschufen die Macher von Life Cycles einen Kunst-Film.Foto: Life CyclesOld but gold: Statt Bike-Porn erschufen die Macher von Life Cycles einen Kunst-Film.

Long live Chainsaw (2021)

Die eindrucksvolle Doku erzählt die Geschichte des Downhill-Ausnahmetalents Stevie Smith, der bereits im Alter von 26 Jahren verstarb. Top! Dauer: 93 Minuten. Wir sagen: 5/6 Punkte.

Long live Chainsaw: Doku statt Action-Film.Foto: Redbull MediahouseLong live Chainsaw: Doku statt Action-Film.

Accomplice (2021)

Der Film zeigt namhafte Freerider an exotischen Orten. Witzige Aufhänger-Idee, mit Originalaufnahmen aus der Kindheit der Action-Stars. Sehenswert! Dauer: 52 Minuten. Unsere Wertung: 4/6 Punkte.

Accomplice: Ein Freeride-Film mit einer witzigen Sidestory.Foto: Teton FilmsAccomplice: Ein Freeride-Film mit einer witzigen Sidestory.

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