Christian Penning
· 07.10.2023
In seinen Videos wirkt er wie der fleischgewordene Superheld aus einem Computerspiel. Virtuos verschiebt Danny MacAskill die Grenzen des Möglichen. Wo für Otto-Normal-Biker Schluss ist, beginnt für den schottischen Trial-Akrobaten der Spaß. Wie eine Flipperkugel katapultiert er sich durch urbane Szenerien und Naturkulissen: senkrechte Mauern, steile Klippen, wacklige Absperrketten. Parcouring mit dem Bike, garniert mit 360ern, Front- und Backflips. Mit der Choreografie seiner Videos schreibt Danny Bike-Poesie. Er ist nicht nur ein Athlet, er glänzt auch als Erzähler – eine Herausforderung im immer kürzer und schneller getakteten Hamsterrad der digitalen Medien.
In der Elements-007-Area am Gaislachkogel in Sölden haben wir uns mit Danny MacAskill zum Interview getroffen. Das Bond-Museum 007 Elements am Gaislachkogel, hoch über den Bike-Trails von Sölden, war einst Drehort einiger der packendsten Action-Szenen für den 24. Bond-Streifen Spectre. Der Grund für diesen Treffpunkt: Dannys lang gehegter Traum ist es, einmal James Bond zu doubeln.
Natürlich lässt es sich Danny MacAskill nicht nehmen, vor der futuristischen Kulisse aus Glas, Beton und Gletschergipfeln einige Stunts zu performen. Wie aus dem Drehbuch erscheinen plötzlich zwei Helikopter mit 007-Logo, als Danny im Wheelie auf der Reling tanzt – hoch über dem schwindelerregenden Abgrund.
BIKE: Danny, Du bist seit fast 15 Jahren im Geschäft und immer noch einer der Top-Stars der Szene. Das schaffen nur wenige …
DANNY MACASKILL: Meine Motivation ist immer noch die gleiche wie damals, als ich als Mechaniker in einem Bikeshop zu Hause in Schottland arbeitete und mein Kumpel, Kameramann Dave Sowerby, meine Tricks in meinem ersten Video “Inspired Bicycles” festhielt. Ich lebe meine Träume und fasse sie gemeinsam mit Freunden, die hinter der Kamera stehen und am Schnittcomputer sitzen, in reale Bilder. Videos, die jeder nachvollziehen kann, auch wenn sie für den einen oder anderen noch so unglaublich wirken mögen.
Auch wenn die Film-Crew etwas gewachsen ist, Du drehst die Videos immer noch mit den gleichen Freunden wie am Anfang Deiner Karriere. Welche Rolle spielen diese Bande?
Natürlich sind die Kameraleute und Regisseure auch wegen ihres Könnens hinter der Kamera bei meinen Drehs dabei. Doch noch viel wichtiger: Sie sind als Freunde und persönliche Psychologen mit von der Partie. Sie wissen, wie sie mit mir umgehen müssen, wenn mal etwas nicht nach Plan läuft. Bei jedem Dreh durchlaufen wir eine Achterbahn der Emotionen. Da ist für eine gute persönliche Beziehung das A und O.
Danny MacAskills Leben hat sich seit seinem ersten Video gar nicht so sehr geändert. Er hängt mit denselben Freunden ab, mit denen er damals in einem nicht besonders glamourösen Stadtteil von Glasgow wohnte. Mit einem von ihnen, dem Trail-Profi Duncan Shaw, teilt er sich als WG heute ein Haus in Inverness – nicht weit von den Weiten der schottischen Highlands.
Dein Privatleben scheint Dir heilig. Wie sieht Dein Alltag zu Hause aus?
Es mag verrückt klingen: Mein Alltag sieht wahrscheinlich so aus wie das Wochenende für einen Hobby-Biker: ich gehe Biken. Ich lebe mein Leben, als wäre es ein einziges, großes Wochenende. Ich sitze viel auf meinen unterschiedlichen Bikes. Oft reise ich mit meinem Van und meinen Bikes, besuche meine Familie auf Skye und habe viele Freunde dort, mit denen ich auch Mountainbiken gehe.
Du scheinst in einer engen Blase zu leben.
Ja, das ist wohl so. Ich konzentriere mich in erster Linie auf meine Freunde und meine Familie. Ich sehe die Beziehung zu ihnen wie einen Garten, den man pflegen muss, und den ich pflegen will. Das genieße ich. Gleichzeitig behalte ich aber im Auge, was in der Welt passiert, sehe mir Dokumentarfilme an, interessiere mich für Wissenschaft. Die Welt hat sich sehr verändert in den letzten Jahrzehnten. Manchmal frage ich mich, wie lange wir dieses Leben, wie wir es gewohnt sind, noch leben können. Ich bin dankbar, dass ich gesund bin und meine Freiheit genießen kann.
Finde heraus, was Dich antreibt und verfolge diese Ideen konsequent.
Hast Du so etwas wie eine persönliche Lebensphilosophie?
Ich weiß nicht, ob ich als Lebensratgeber der Richtige bin. Mir geht es darum, meinen eigenen Ideen nachzugehen. Wenn ich einen Rat geben kann, dann den: Finde heraus, was Dich antreibt und verfolge diese Ideen konsequent. Wir können uns glücklich schätzen, in einem Teil der Welt zu leben, in der wir die Freiheit haben, all unsere Energie in das zu stecken, was wir tun wollen. Und seien diese Dinge und Ideen auch noch so verrückt.
Und wenn man damit auch noch reich wird – umso besser?
Mein Ziel war es nie, mit dem Biken Big Business zu machen. Ich wollte einfach das tun, was mir Spaß macht. Ich hatte diese unglaubliche Gelegenheit, alles, was ich mir erträumte, realisieren zu können. Meine Freunde waren dabei immer eine große Unterstützung. Und das ist bis heute so.
Lass uns noch ein bisschen über Deine Träume sprechen. 2009 war “Inspired Bicycles” Dein erstes Video. War das ein lang gehegter Traum?
Das Video passierte eher spontan. Ich wohnte damals mit einigen BMX-Fahrern zusammen. Einer von ihnen, Dave Sowerby, ist ein sehr guter Filmer. Er bot mir an, einige meiner Tricks mit der Kamera festzuhalten. Nach einer Woche Dreharbeiten setzte ich meine Ziele höher und höher. Richtig schwere Tricks. Genau das, wovon ich beim Schrauben im Bikeshop immer geträumt hatte.
Einige der Tricks, wie mein Stunt auf den Spitzen eines Zauns, kosteten mich 300 oder 400 Versuche.
Tricks, die man bis dahin nicht gesehen hatte. Und Klicks, die durch die Decke gingen.
Einige der Tricks, wie mein Stunt auf den Spitzen eines Zauns, kosteten mich 300 oder 400 Versuche. Dieses Projekt war definitiv eine Riesenlektion in Sachen Durchhaltevermögen. Als wir den Film online stellten, haute mich der Erfolg regelrecht vom Hocker. Seitdem habe ich ständig geübt und geträumt. Es war nie mein Ziel, in Wettbewerben gegen andere anzutreten. Es ging immer darum, mir meine eigenen kleinen Ziele zu setzen und sie zu erreichen.
“Inspired Bicycles” wurde zum Senkrechtstart Deiner Karriere.
Ich kann das bis heute kaum glauben. Zuvor war ich neben meinem Job im Bikeshop bei kleinen Shows in Schulen aufgetreten. Was nun kam, überstieg meine Vorstellungskraft. Red Bull als Sponsor klopfte an, und namhafte Bike-Firmen wie Continental unterstützten mich. Verrückt! Es war wie im Film “The Truman Show”. Plötzlich war ich der Hauptdarsteller. Langsam dämmerte mir, was es bedeuten würde, nicht nur ein One-Hit-Wonder zu sein.
Stieg damit der Druck zu liefern?
Natürlich machte ich mir Gedanken: Würde ich künftig noch genauso viel Spaß am Biken haben, wenn immer wieder das nächste große Ding erwartet würde? Zum Glück blieben meine Sponsoren entspannt. Und sie sind es bis heute. Im Grunde läuft alles immer noch wie früher. Ich ziehe mit meinen Freunden los und arbeite in Ruhe an meinen Ideen.
Die Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer. Es muss alles immer noch verrückter und abgefahrener sein.
Klingt recht entspannt vor dem Hintergrund des sich immer schneller drehenden Internet-Karussells.
Das ist in der Tat eine knifflige Sache. Die Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer. Es muss alles immer noch verrückter und abgefahrener sein. Ich kann nicht sagen, dass mich das inspiriert. Im Ernst: Ich will keine 15-Sekunden-Clips bloggen. Ich will weiter an größeren Filmprojekten arbeiten. Natürlich wird es schwieriger, damit genauso hohe Zuschauerzahlen und Click-Raten zu realisieren wie bisher. Manchmal denke ich, ich leide am Grumpy-old-man-Syndrom. (lacht)
Fünf Jahre lang hat Danny MacAskill an einigen Tricks gearbeitet, die er in seinem aktuellsten Videoprojekt “Postcard from San Francisco” zeigt. Vor prominenten Kulissen: Golden Gate Bridge, Chinatown … und natürlich fehlt auch die Gefängnisinsel Alcatraz nicht. In der Episode mit dem vielsagenden Titel “Friday The 13th” crasht Danny bei der Landung eines Front-Flips von der Gefängnismauer das Hinterrad.
Dein aktuelles Videoprojekt “Postcard from San Francisco” läuft, geteilt in Trailer und sieben Episoden, rund 90 Minuten – Spielfilmlänge. Du dokumentierst dabei ausführlich, dass auch Scheitern ein Teil des Weges zum Erfolg ist. Mit Absicht?
Ich finde es spannend, ein Setup zu entwickeln, das absolut an den Grenzen meiner Fähigkeiten liegt. Ich will nicht nur das glorreiche Ergebnis zeigen, sondern auch den harten Weg dorthin. Was die Länge betrifft: Wie ich schon sagte, ich will Geschichten erzählen, nicht einfach nur Action-Clips produzieren. Mit der Geschwindigkeit und Flüchtigkeit des Internets verliert die Kunst des Films. Schade. Dabei habe ich Glück, dass das, was ich mache, aus irgendeinem Grund immer noch gut im Internet funktioniert. Aber der Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums ist härter geworden. Die Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer.
Ich schau’ mir diesen Analytik-Kram nicht an. Ich bin auch kein Weltmeister in Social-Media-Posts. Wenn ich mit dem E-Bike durch die Highlands fahre, überkommen mich bisweilen Schuldgefühle: Sollte ich jetzt nicht etwas posten? Doch dann denke ich, ach was…
Manche Internethelden sind schier süchtig nach Click-Zahlen. Eines Deiner erfolgreichsten Videos ist bislang “Imaginate” mit 93 Mio. Aufrufen auf Youtube. Wie sehr schielst Du auf die Click-Zahlen?
Ich schau’ mir diesen Analytik-Kram nicht an. Ich bin auch kein Weltmeister in Social-Media-Posts. Wenn ich mit dem E-Bike durch die Highlands fahre, überkommen mich bisweilen Schuldgefühle: Sollte ich jetzt nicht etwas posten? Doch dann denke ich, ach was… Ich glaube, es ist gefährlich, in diese Falle zu tappen, in der alle das Gleiche tun. So wie bei weichgespülten 2,5-Minuten-Popsongs. Das wird doch langweilig. Ein guter Song hat für mich eine schöne, emotionale Einleitung, Höhen und Tiefen. Das ist es, was dich mitreißt. Bei Filmen ist das nicht anders.
Apropos: Ein Traum von Dir ist es wirklich, James Bond zu doubeln?
Stunt-Double von James Bond, das wäre richtig cool! Ich bin schon mal als Double in einem Action-Movie aufgetreten. 2012 war das. “Premium Rush” hieß der Streifen mit Joseph Gordon-Levitt. Es ging um einen furchtlosen Fahrradkurier in New York City. Generell bin ich nicht so scharf aufs Doublen. Ich verwirkliche lieber meine eigenen Filmideen. Aber bei einem Bond-Movie würde ich sofort eine Ausnahme machen, keine Frage.
Welche Bond-Szenen mit Bike könntest Du Dir vorstellen?
Zum Beispiel eine Verfolgungsjagd durch die City. Bond schnappt sich das Fahrrad eines Passanten, während er von Schurken in die Enge getrieben wird. Oder vielleicht würde Waffenmeister Q ein E-Bike für James Bond bestücken: mit Mini-Raketen aus dem Steuerrohr oder versteckter Schießanlage am Lenker. Und natürlich mit einem Knopf für einen Turbo-Antrieb mit Mega-Beschleunigung. Wenn der Geheimdienst ihrer Majestät Bond auf einem Bike losschicken will, soll er sich gern bei mir melden.
Danny ist mit seinem Santa-Cruz-Heckler-E-MTB nach Sölden gereist. Während des Shootings schweift sein Blick immer wieder zu einsamen Gipfeln und Graten. Wenn er vom E-Biken erzählt, glänzen seine Augen. Zeichen einer neuen Sehnsucht, die ihn erfüllt?
Für mich ist das E-Bike eine völlig neue Leidenschaft – nicht geringer als die fürs Trialen in der City.
Stichwort E-Bike: Darauf sieht man sich verdächtig oft sitzen.
Oh ja, ich verbringe mittlerweile viel Zeit auf dem E-Bike. Vor allem zu Hause in den schottischen Bergen. Für mich ist das eine völlig neue Leidenschaft – nicht geringer als die fürs Trialen in der City.
Was begeistert Dich so sehr am Biken mit Motorunterstützung?
Mit dem E-MTB werden die entlegensten Flecken erreichbar. Darin steckt eine gewisse Magie. Ich liebe es, mich in den Höhenlinien von Landkarten zu verlieren. Zu einigen Plätzen in meiner Heimat Schottland gibt es nicht einmal offizielle Wege, manchmal sind es nur vage Pfadspuren oder Felsbänder, die an einen verwunschenen See führen. Genau das lockt mich. In den letzten drei Jahren saß ich bei meinen Erkundungen fast 24.000 Kilometer auf meinem E-Bike. Dort draußen in der kaum berührten Natur zu sein, ist für mich eine neue Art, mit der Welt zu interagieren.
Trotzdem spielen Deine Filme nach wie vor eher in einem urbanen Umfeld.
Guter Gedanke. Ich sollte mehr darüber nachdenken, wie ich mein Faible fürs E-Biken in den Bergen auch filmisch umsetzen kann. Dass viele meiner Videos in der City spielen, hat einen einfachen Grund: Jeder kann sich damit identifizieren. Wenn ich meine Tricks auf Bahngleisen, auf einem Gebäude oder einer Telefonzelle zeige, hat jeder sofort eine Vorstellung, was es bedeutet, sich dort mit dem Bike zu bewegen. Auch Leute, die mit Biken nichts am Hut haben.
Tricks auf einem herkömmlichen Mountainbike und einem E-MTB – was macht den Unterschied?
Der Unterschied ist gar nicht so groß. Das Gewicht spielt gar keine so große Rolle. Denn zusätzlich zu meiner eigenen Kraft kann ich mit der Power des Motors arbeiten. Das Gelände vor dir zu lesen, hilft, die Agilität zu verbessern. Du kannst Steine, Wurzeln oder Felsplatten als kleine Rampen nutzen. Und auch der permanente Flow in der Bewegung durch die Motor-Power hilft.
Wenn Du die Wahl hast zwischen einem normalen Mountainbike und einem E-Bike, welches nimmst Du?
Wenn ich in den schottischen Hügeln unterwegs bin, sicherlich mein E-MTB. Es gibt mir so viel Freiheit. Mein aktuelles Mountainbike ist das Santa Cruz 5010. Das fahre ich eher auf der Straße, spiele damit herum und trainiere meine Trial-Skills.
Auch in der Elements-007-Area am Gaislachkogel findet Danny sofort urbane Obstacles: die Metallbrücke zur verspiegelten Fassade des Ice-Q-Restaurants, das in „Spectre“ als Hoffler Klinik fungiert. Das Betondach des mit den Gipfelfelsen verschmelzenden Elements-007-Bauwerks. Im Nose-Wheelie rollt Danny auf die Dachkante zu. Dahinter lauert ein hochhaustiefer Abgrund.
Die Action auf dem Dach wirkte riskant. Hattest Du einen Plan B, falls etwas schiefgehen würde?
Ich versuche, mich immer in einem Bereich zu bewegen, in dem ich die Kontrolle behalte. Dabei muss ich selbstverständlich meinem Equipment vertrauen: den Bremsen, den Reifen … Passt alles, genieße ich dieses Gefühl der Exponiertheit.
Trotzdem geht auch mal etwas schief. Und auch in Deinen eigenen Filmen birgt jeder Stunt ein Risiko. Wie oft hast Du Dir schon die Knochen gebrochen?
Ach, so an die 20 waren es wohl. Meist ging das aber recht glimpflich ab. Viele Knochenbrüche passierten bei dummen Aktionen. Das Schlüsselbein brach ich mir auf einem Pumptrack, das Handgelenk beim Springen mit einem BMX-Bike für Kids.
Bei meinen Bike-Tricks versuche ich, das Risiko für fatale Verletzungen möglichst klein zu halten. Mit anderen um den höchsten oder weitesten Sprung zu konkurrieren, interessiert mich nicht.
Dein Manager Tarek Rasouli war früher selbst für Bike-Stunts bekannt. Seit einem verunglückten Sprung sitzt er im Rollstuhl. Machen Dich solche Unfälle nachdenklich?
Definitiv! Aber ich versuche, das möglichst rational zu analysieren. Wir Menschen tun jeden Tag gefährliche Dinge: Auto fahren zum Beispiel. Bei meinen Bike-Tricks versuche ich, das Risiko für fatale Verletzungen möglichst klein zu halten. Mit anderen um den höchsten oder weitesten Sprung zu konkurrieren, interessiert mich nicht.
Fühlst Du keinen Druck von jüngeren Profis, wie zum Beispiel Fabio Wibmer?
Eigentlich nicht. Die neue Rider-Generation begeistert mich. Ich hatte viele unglaubliche Jahre, in denen ich das Stunt-Trial-Biken mit meinen Videos prägen durfte. Das heißt für mich aber nicht, dass ich für diesen Status Kopf und Kragen riskieren muss. Wenn ich das Gefühl habe, bei einem doppelten Rückwärtssalto zu crashen, dann ist das für mich ein klares Zeichen für ein No-Go. Ich versuche lieber, mit originellen Szenen zu glänzen.
Wo liegen Deine Grenzen?
Dort, wo meine physische Belastbarkeit erreicht ist – und die meines Bikes. Bei Sprüngen mit Landung auf Beton sind das gut vier Meter. Was im Video nicht zu sehen ist, ich habe bei den Versuchen noch drei weitere Hinterräder zerstört.
Ich will Geschichten erzählen, nicht einfach nur Action-Clips produzieren.
In Deinen Videos dokumentierst Du ausführlich, dass auch Scheitern ein Teil des Weges zum Erfolg ist. Welche Absicht steckt dahinter?
Es ist für mich spannend, ein Setup zu entwickeln, das absolut an der Grenze meiner Fähigkeiten liegt. Ich will nicht nur das glorreiche Ergebnis zeigen, sondern auch den harten Weg dorthin. Ich will Geschichten erzählen, nicht einfach nur Action-Clips produzieren. Mit der Geschwindigkeit und Flüchtigkeit des Internets verliert die Kunst des Films. Ähnlich wie in einem Bond-Film gehören Höhen und Tiefen doch dazu. Einfach nur ein Ein-Minuten-Highlight, das ist mir zu platt.
Dein Faible für fantasievolle Szenen ist offensichtlich. Siehst Du Dich als Künstler oder als Sportler?
Mich als Künstler zu betrachten – da wäre ich zurückhaltend. Ich spiele einfach gern. Natürlich ist das nicht immer ein leichtes Spiel. Wenn du 300 Versuche in einen Trick investieren musst, geht das nicht ohne Frust. Ich sehe mich auch nicht als Top-Athlet. Ich habe nie ernsthaft im Fitness-Studio trainiert. Ich mach’ kein Stretching. Ich achte wenig auf meine Ernährung. Ich lebe einfach, um Spaß zu haben.
Jetzt stapelst Du aber tief. Ohne Training können Deine Tricks doch nicht funktionieren... !
Mein Schlüssel zum Erfolg ist simpel: Ich verbringe viel Zeit auf dem Bike. Je mehr, desto wohler fühle ich mich. Natürlich übe ich zum Beispiel Flip-Varianten zuerst auf Matten oder Airbags, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Ich versuche, Verletzungen zu vermeiden, wo es geht.
Viele Biker kämpfen an Schlüsselstellen oder beim Lernen neuer Tricks mit Blockaden im Kopf. Kennst Du dieses Gefühl auch?
Oh ja, nur zu gut! Es ist die Angst vor dem Unbekannten. Sie keimt oft auf, wenn ich Tricks versuche, die ich noch nie gesehen habe und nicht weiß, wie sie funktionieren. Da ist eine Ur-Angst, als würde ein Bär auf mich lauern. Aber ich weiß, wenn ich das Ding lande, entkomme ich dem Bären. Es hilft definitiv, komplexe Moves in Einzelteile zu zerlegen. Oder Sprünge erst mal mit einer weichen Landung auf einem Airbag zu versuchen. Je kleiner die Konsequenzen des Scheiterns, desto größer ist die Chance auf Erfolg.