Interview mit Freeride-Profi Clemens Kaudela”Eintrittskarte zur Red Bull Rampage!”

Dimitri Lehner

 · 01.03.2023

Seine Buddies nennen ihn C-Dog: Clemens Kaudela (32), geboren in Unterstinkenbrunn/Niederösterreich. Sein Ziel: Teilnahme bei der Red Bull Rampage 2023 als erster Österreicher.
Foto: Ale di Lullo

Der Profi-Freeride-Biker aus Österreich gehört zu den versiertesten “Weitspringern” der Szene. Clemens Kaudela beherrscht die gesamte Freeride-Klaviatur, von Dirtjump bis Big-Mountain-Freeriden. Deswegen will er dieses Jahr auch der erste Freerider aus Österreich werden, der bei der Red Bull Rampage mitmacht. Doch ob er darf, ist noch nicht entschieden. Hier spricht Kaudela über XXL-Sprünge, fehlende Skills, einen Social-Media-Blackout, neue Wettkampf-Formate und den heiligen Gral der Freeride-Mountainbiker.

FREERIDE: Du bist verletzt?

Clemens Kaudela: Ja. Ich bin heute aus Utah zurück gekommen. Dort habe ich für mein neues Video-Projekt gefilmt. Vor einigen Tagen bin ich dort gestürzt, dabei auf den Hinterkopf gefallen und war sofort bewusstlos. Ergebnis: Helm zerstört, Bike zerstört und Diagnose: schwere Gehirnerschütterung. Ich hatte Glück im Unglück. Aber mich wurmt, dass ich den superfetten Sprung nicht springen konnte, den ich mir dort bereits gebaut habe.

Sprich: Du musst noch mal nach Utah?

Sobald das Darkfest vorbei ist, fliege ich noch mal nach Utah. Denn ich will den Sprung unbedingt machen, und ich will natürlich mein Video-Edit fertig filmen.

Was für ein Film wird das?

Ich träume schon seit 15 Jahren davon, mir in Utah Stunts zu bauen und dort ein Video zu drehen. Und jetzt ist es mir endlich gelungen. Das ist mein eigenes Projekt, allerdings unterstützen mich meine Sponsoren, denn es ist wahnsinnig teuer zu viert nach Utah zu reisen, dort zu bauen und zu filmen.

Warum Utah?

Mich haben die Filme geprägt, die ich sah, als ich mit dem Biken angefangen habe. Das war etwa 2003. Die Kranked-Filme 3 und 4 und New World Disorder 3 und 4 haben mich schwer beeindruckt. Sie zeigten Big-Mountain-Freeriden in Utah. Damals dachte ich mir: Das willst du irgendwann auch mal machen. Jetzt ist es soweit. Ich wollte mein Riding und meinen Fahrstil auf das Utah-Terrain übertragen.

Andreu Lacondeguy sagte: Utah, Utah, immer nur Utah, ich kann's nicht mehr sehen!Ist Utah nicht schon recht abgenudelt?

Die Befürchtung hatte ich auch. Doch es gibt dort so viele Möglichkeiten, das ist unglaublich. Und wir haben Stunts gebaut, die es so noch nicht gab.

Jetzt machst du mich neugierig.

Ich wollte Big-Mountain-Riding mit den Sprung-Dimensionen vom Darkfest kombinieren. Und da sind einige krasse Stunts dabei rausgekommen.

Wann kriegen wir den Film zu sehen?

Mein ursprünglicher Plan wurde von dem Sturz durchkreuzt. Daher will ich nach dem Darkfest die letzten Stunts filmen und danach den Film online stellen, also Ende Mai.

Film als Eintrittskarte für die Red Bull Rampage

So ein Film könnte eine Eintrittskarte zur Red Bull Rampage werden, Reed Boggs ist das so gelungen.

Lacht. Ja, gut erkannt. Den Hintergedanken hatte ich. Zwei Mal war ich bisher bei der Rampage als Trailbauer für Szymon Godziek. Wie wir alle wissen ist die Red Bull Rampage der heilige Gral aller Freeride-Mountainbiker, das Größte, was man in dem Sport erreichen kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich ein Rampage-Fahrer bin – mit meinen Baukünsten in Kombination mit meinen Riding-Skills. Die Rampage liegt mir, das weiß ich, doch ich muss die Organisatoren überzeugen.

Hattest du es denn schon versucht?

Ich habe mich in den letzten Jahren schon einige Male beworben, da hieß es, sie würden nicht wissen, ob ich meine Bikeskills im Utah-Terrain würde umsetzen können. Daher kam mein Entschluß zu dem Utah-Edit. Es soll die Rampage-Organisatoren überzeugen. Es ist sehr schwer reinzukommen. Es gibt ja nur wenige Plätze neben den gesetzten Fahrern.

Ich würde meinen, dass das Darkfest als Visitenkarte ausreicht für eine Rampage-Teilnahme. Wie sieht es denn aus mit dem Darkfest 2023?

Viel will ich nicht verraten, sonst verpufft der Überraschungseffekt. Vielleicht das: Wir wollen den längsten Sprung noch länger bauen.

Dabei rühmt sich das Darkfest doch schon die weitesten Sprünge der Welt zu besitzen.

Stimmt. Doch wir haben gemerkt, dass die Jumps, jetzt, wo sie perfekt geshapt sind, noch mehr möglich machen. Deswegen wollen wir Optionen einbauen, dass der Fahrer sich entscheiden kann, abzuzweigen, um 10 Meter weiter zu springen.

Hinterm Darkfest stecken maßgeblich Sam Reynolds und du. Richtig?

Ursprünglich war Nico Vink noch dabei. Doch er ist ausgestiegen.

Warum?

Ich will niemanden zu nahe treten, doch ich erkläre es mal so: Es gibt da eine Gruppe von Fahrern, die alles ablehnen, was nach Kommerz riecht. Auf der anderen Seite habe die Fahrer aber selbst Sponsoren. Nico störte am Darkfest, dass wir das medial größer aufziehen wollten und z.B. erlauben, dass jeder Fahrer soviel Social Media machen darf wie er will, um für sich selbst das Meiste rauszuholen. Profi-Freerider haben es ohnehin schwer genug, über die Runden zu kommen, da wollen wir maximal unterstützen. Nico dagegen will, dass es bei seinen Events einen Social-Media-Blackout gibt, keiner darf, was posten und irgendwann kommt dann ein Highlight-Edit raus. Das Rezept finde ich nicht schlüssig. Aus der Diskussion entstand ein Streit, der nach außen getragen wurde und uns sicher nicht gut getan hat.

Es entstanden also zwei Lager?

Eigentlich war es nur Nico. Und vielleicht noch Andreu Lacondeguy. Andreu auch sehr antikommerziell eingestellt. Die anderen Fahrer haben sich aus der Diskussion rausgehalten. Dass die Fest-Series grundsätzlich schwächelt liegt eher am fehlenden Engagement. Die Kanadier richten nichts mehr aus. Alles ist etwas eingeschlafen. Doch ich bemühe mich gerade drum, weitere Events zu organisieren.

Nico Vink hat sich angeblich auch aufgeregt, dass Cam Zink sein Event Fest genannt hat.

Cam Zink wollte mit seinem Event gar nicht zur Fest-Series dazu gehören. Er war der Meinung, dass in Österreich jedes zweite Event irgendwas mit Fest heißt und es kein geschützter Begriff sei. Und da hat Cam Zink Recht. Deswegen nannte er sein Event: The Biggest little Fest. Cam Zink ist sehr pragmatisch und ein Macher-Typ. Er labert nicht lange, sondern zieht es durch.

Warst du bei seinem Invitational dabei?

Er hatte mich kürzlich erst wieder eingeladen und wollte, dass ich für seinen Event den Kurs baue. Doch ich kann mich leider nicht zweiteilen, dieses Jahr bin ich zu sehr mit dem Darkfest und meinem Video-Projekt beschäftigt.

Auf dem Weg zum Start beim Darkfest in Südafrika: Clemens Kaudela (re) neben Adolf Silva (li) und Kaos Seagrave.Foto: Monster Energy
Auf dem Weg zum Start beim Darkfest in Südafrika: Clemens Kaudela (re) neben Adolf Silva (li) und Kaos Seagrave.

Wer kommt zum Darkfest 2023? Sind dieses Jahr neue Fahrer dabei, vielleicht auch mal ein Deutscher?

Noch steht das Fahrerfeld nicht endgültig fest. Doch wir wollen immer 2-3 neue, junge Fahrer dabei haben. Denn junge Fahrer bringen frische Energie mit. Das sorgt für eine gute Atmosphäre.

Gibt's viele Fahrer, die beim Darkfest mitmachen wollen?

Ja, sehr viele. 30-40. Ich bin immer wieder überrascht. Die Auswahl fällt uns schwer, denn der Fahrer muss nicht nur die Skills für so weite Jumps haben, sondern muss auch ins Team passen.

Wie viele Fahrer seid ihr beim Darkfest?

15 bis 20 plus die Frauen. Es gibt eine Core-Gruppe von Fahrern, die immer dabei ist wie z.B. Nicholi Rogatkin, Adolf Silva, Bineve.

Du hast letztes Jahr bei dem Big-Mountain-Slopestyle Proving Grounds in Oregon mitgemacht. Der Event soll jetzt zu einer Serie ausgebaut werden. Interessiert dich das?

Sehr. ich war letztes Jahr dabei und es hat mir eine Menge Spaß gemacht. Denn es gibt da nicht nur eine Strecke, sondern viele Varianten, die du dir zu deinem Run zusammenstellen kannst. Mir gefällt auch, dass es 10-Meter-Drops und andere fette Stunts gibt. Kurzum: ein cooles Format. Auch sehr gut organisiert von Todd Barber, der Mann hinter der Red Bull Rampage. Doch leider gab es keine Fahrer-Unterstützung. Wir mussten bis aufs Mittagessen alles selbst zahlen. Als europäischer Rider wird das extrem teuer. Es hat mich 5000 Euro gekostet, um teilnehmen zu können.

Vielleicht ändert sich das ja, wenn nun eine große Serie draus werden soll. Weißt du schon mehr, wo sollen die anderen Events stattfinden?

Hoffentlich. Der Snowboard-Profi Travis Rice ist in der Organisation involviert. Das ist ein gutes Zeichen. So weit ich weiß, soll es einen Event in Alaska geben, in Neuseeland, den ursprünglichen in Oregon und noch einen woanders in den USA.

Wirst du teilnehmen?

Für die Red Bull Rampage hilft es mir, wenn ich am Proving Grounds teilnehme. So kriege ich Übung fürs Contest-Fahren. Also: ja, wenn alles hinhaut.

Good Luck!

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