BIKE: Jacko, hast du das Finale der City-DH-Serie Red Bull Cerro Abajo in Mexiko verfolgt?
Jackson Goldstone: Habe ich. Nicht den ganzen Livestream, doch die schnellsten Runs.
Traurig, dass du nicht dabei sein konntest?
Ein bisschen traurig war ich schon, dieses Rennen verpasst zu haben. Doch noch lieber wäre ich mit meinem Team beim Testen der neuen Fox-Fahrwerke in Maribor gewesen, aber die Botschaft hatte meinen Pass zu spät zurück geschickt, deswegen hatte ich den Flug verpasst und musste zu Hause in Kanada bleiben.
Du bist verdammt schnell in der City, bistbeim Cerro Abajo 2023 in Mexiko Zweiter geworden. Welchem Urban-Downhiller schaust du am liebsten zu?
Meinem guten Freund Tomas Slavik. Leider hatte er Pech beim Finale und stürzte, dabei hatte er den Overallsieg so gut wie sicher.
Nicht Juanfer Velez?
Der Typ ist sick, echt krank! Das stimmt. Doch ich bin mit Slavik befreundet, deswegen drücke ich ihm die Daumen.
Ist Urban-Racing für dich abgehakt?
Noch nicht ganz abgehakt, doch momentan will ich mich auf den Worldcup konzentrieren. Deswegen gibt es nur zwei Ziele für mich: Worldcup und Red Bull Hardline.
Ich sprach mit deinem Team-Manager Steve Peat. Steve sagte, dass er Nervenflattern hatte bei deiner Hardline-Teilnahme in Tasmanien dieses Jahr. Er meinte aber, du hättest versprochen, es langsam angehen zu lassen.
Ha, ha – ja, es ist ein bisschen anders gekommen als Steve es erwartet hatte. Die ganze Woche hatte ich bei der Hardline wirklich easy gemacht. Doch am Morgen des Rennens habe ich mich super gefühlt und bin etwas schneller gefahren (kichert). Doch das habe ich tatsächlich erst am Morgen beschlossen.
Ziemlich riskant – bei der Hardline in Tasmanien vor einem Jahr hast du dir die Bänder im Knie gerissen, damit war die ganze Worldcup-Saison 2024 futsch.
Bitter, ich weiß. Ich riss mir das vordere und hintere Kreuzband. Dank Red Bull bekam ich die besten Chirurgen und Trainer. Ich glaube, das Knie ist jetzt wieder 100 Prozent. Und dieses Jahr konnte ich die Schlappe in Tasmanien ausbügeln.
„Er kam, sah, siegte“. Was für ein Comeback!
Ja, das hätte nicht besser laufen können.
Direkt hinter dir: Asa Vermette. Johannes Fischbach hat über dich und Asa gesagt, ihr seid eine neue Generation von Downhillern. Was macht euch so schnell und flowy?
Keine Ahnung, was ihn so schnell macht. Er hat vermutlich seine eigenen Geheimnisse. Ich weiß nur, dass er in allem was er macht irre gut ist. Er ist z.B. ein brutal guter Motocrosser. Für mich gilt: extrem viel Zeit auf dem Bike. Ich bike seit ich zwei Jahre alt bin, da sammelt sich eine Menge Erfahrung an.
Hat dich überrascht, dass er dicht hinter dir auf dem zweiten Platz gelandet ist?
Nein, ich hatte ihn die ganze Woche beobachtet und wusste, dass er schnell sein würde.
„Mister Hardline“ Bernard Kerr sagte, dass man sich beim ersten Mal Hardline erst mal an den Track gewöhnen muss bis man nach zwei, drei Teilnahmen gutes Rennen abliefern kann. Du hast die Hardline auf Anhieb gewonnen. Wie war das möglich?
Bei meinem ersten Hardline-Sieg in Wales 2022 habe ich davon profitiert, dass andere gestürzt sind. Auch Favorit Bernard Kerr. Am Ende hatte ich die schnellste Zeit – nur das zählt. (lacht)
Hardline-Neulinge reiben sich das Kinn und ziehen die Augenbrauen hoch, wenn sie die heftigen Stunts sehen. Nicht du. Warum?
Ich glaube, das liegt an meiner Slopestyle-Vergangenheit. Als ich jünger war, verbrachte ich die meiste Zeit mit Freeriding. Sprünge, Drops, Stunts, Tricks – ich habe nichts anderes gemacht. Das gibt dir viel Selbstvertrauen. Ich fühl mich sehr wohl in der Luft.
Wenn du an die Hardline in Wales denkst – was fordert dich mehr, die hohen Drops oder die weiten Sprünge?
Mir fiel der letzte, weite Sprung am schwersten. Da blies der Wind von vorne und da ich sehr leicht bin, fehlte mir der Speed, um es über den Sprung zu schaffen.
Ist der Hardline-Track in Wales die krasseste Downhill-Abfahrt der Welt?
Ja, das kann man schon sagen. Einer der härtesten Tracks ganz sicher – und der härteste Track, auf dem wir racen. Denn die Sprünge sind massiv.
Manche sagen, die City-Downhills Cerro Abajo seien ähnlich gefährlich.
Das sehe ich auch so, die City-Downhills sind irre gefährlich. Doch die Hardline erfordert viel mehr Skills, um es ins Ziel zu schaffen.
Du bist ein schmales Bürschchen verglichen zum Gorilla Loic Bruni. Mich wundert, wie du bei all den Drops und Schlägen den Lenker festhalten kannst. Wie wichtig ist ein kräftiger Körperbau im Downhill-Racing?
Super wichtig. Ich renne deshalb drei bis vier Mal die Woche ins Fitness-Studio – und versuche so stark zu werden wie Bruni. (Pause) Ich werde nie so stark sein wie Bruni. (lacht)
Bist du zu faul?
Nein, weil ich klein und schmächtig bin. Ich versuche kräftiger zu werden, doch mein Körperbau limitiert mich. Aus mir wird kein praller Bruni.
Was trainierst du?
Bankdrücken, Kreuzheben, Kniebeugen – alles, was die anderen auch machen. Doch ich poste davon nichts. (lacht) Ich habe den gleichen Personal-Coach wie Finn Iles und spule das harte Programm ziemlich konsequent ab.
Muskeln sind das eine, ein starker Kopf das andere. Hast du auch einen Mental-Coach?
Nein.
Wow, du hast also von Natur aus Stahlnerven, wenn du als Letzter starten musst.
Vermutlich (lacht) ist mir in die Wiege gelegt worden, dass ich unter Druck cool bleibe. Auch hier ist Bruni ein Vorbild. Unglaublich, wie er mit Druck umgehen kann als letzter im Starthaus bei der Weltmeisterschaft oder einem Worldcup. Der Typ ist nicht zu stoppen. Von ihm kann ich noch eine Menge lernen.
Wann kamen deine Nerven so richtig unter Spannung?
Vermutlich bei der ersten Red Bull Hardline in Wales. Doch auch die Worldcups sind Zerreißproben für die Nerven. Wenn du da vorne landen willst, musst du alles geben und voll auf Risiko gehen. Das kann dich ganz schön erschrecken. Bei all dem Leistungsdruck muss man auch relaxen.
Wie entspannst du am besten?
Mit Golf. Ich liebe Golf. Du machst einen Spaziergang, schlägst die Bälle und denkst überhaupt nicht ans Biken.
Wem hast du deine Bilderbuch-Karriere zu verdanken – mehr deinem Vater oder der Tatsache, dass du in Whistler groß geworden bist?
Definitiv meinem Vater. Er ist mein größter Unterstützer und er war es, der mit mir überall hin fuhr, damit ich besser werden konnte. Ich verdanke meinem Vater alles. Ich habe übrigens mein ganzes Leben in Squamish verbracht, hier wohne ich mit meiner Familie. Doch Whistler ist nur eine halbe Stunde von Zuhause entfernt.
Ich versuche kräftiger zu werden, doch mein Körperbau limitiert mich. Aus mir wird kein praller Bruni.
City-DH, Hardline, Slopestyle – du würdest gerne alles machen. Legt dein Worldcup-Team da kein Veto ein – ich denke an deine Knie-Verletzung, die dich für ein Jahr lahm gelegt hat.
Mmmh ... was sage ich da jetzt am besten, um keine Schwierigkeiten zu kriegen? Ich hab’ das Glück, machen zu können, was ich will. Doch mein Fokus dieses Jahr ist der Worldcup. Und Hardline. Und Crankworx. Und Whip-Offs.
Auf Red Bull TV gibt es die Serie mit dir: „Beyond Limits“ – da sieht man dich häufig stürzen. Wie viel Stürze kommen da in einer Saison zusammen?
Lacht. Puh! Das könnten 40 Stürze sein oder auch 100. Keine Ahnung. Du crashst mehr als du glaubst. Wenn du nicht stürzt, dann gibst du nicht alles!
In deiner Verletzungspause ist viel passiert im Worldcup. Neue Talente sind am Start. Wer ist dein stärkster Konkurrent?
Alle. Jeder ist so verdammt schnell geworden.
Dieses Jahr gibt es mehr Worldcups. Zehn Rennen – ist das gut?
Ja, mehr ist besser. Da ist es leichter Punkte zu sammeln, gerade wenn ein Rennen mal in die Hose geht.
Hast du einen Lieblings-Track?
Mont Sainte Anne ist mit Abstand mein Lieblings-Track. Und dann auch noch vor heimischen Publikum. Snowshoe mag ich nicht.
Manche glauben, dass der Worldcup seinen Status als Formel 1 des Mountainbikens verlieren könnte. Red Bull Cerro Abajo und Hardline legen zu. Was sagst du?
Da ist schon was dran. Doch noch ist es nicht soweit. Der Downhill-Worldcup ist die Formel 1 – noch immer. Hier starten die schnellsten Fahrer der Welt. Daher würde ich immer lieber einen Worldcup gewinnen als die Red Bull Hardline. Denn bei der Hardline startet kein Loic Bruni oder Amaury Pierron.
Wer sind deine Buddies, mit denen du beim Worldcup abhängst?
Meist mit dem Team. Und sonst sind es zum Beispiel Ronan Dunne und Gonçalo Bandeira, mit denen ich mich super verstehe.
Du springst Doubleflips und Tailwhips, schreckst selbst vor den höchsten Drops nicht zurück – was ist mit der Red Bull Rampage. Steht die auf deiner Bucketliste.
Die steht drauf. Ich will ganz sicher eines Tages bei der Rampage mitmachen. Überhaupt hat alles, was auf meiner Bucketliste steht, mit Mountainbiking zu tun. Das ist alles, was mich interessiert.
Auch die Bike-Technik? Bist du ein Tech-Nerd?
Ich kann ein Bike aufbauen, wenn du das meinst. Mein Mechaniker lebt in Frankreich, deswegen muss ich zu Hause alles selbst machen. Ich habe über die Jahre einiges gelernt.
Mein Traum ist eine Blockhütte im Wald mit Fluss. Kein Lamborghini und auch kein Penthouse in Monaco.
Hast du spezielle Vorlieben?
Ich will meine Bremsen bissig und scharf. Ich kann nicht leiden, wenn die schwammig zupacken.
Schon mal einen Highrise-Lenker ausprobiert wie Dakota Norton?
Ich bin die schon lange vor Dakota gefahren. Jetzt packe ich allerdings eher viele Spacer drunter, um die Front höher zu kriegen.
Wessen Riding-Style gefält dir – verspielt wie Remy Morton, brutal wie Brage Vestavik oder „on the edge“ wie Ronan Dunne?
Die genannten gefallen mir alle gut. Meist gucke ich mir Edits von Brandon Semenuk an. Aber mir fällt jetzt gar niemand konkret ein, dessen Style mir gefällt.
Wirst du oft auf deine Red-Bull-Cap angesprochen?
Angesprochen? Ich muss sie förmlich festhalten, damit sie mir nicht vom Kopf gerissen wird. Zum Beispiel von den Zuschauern der Hardline. Manchmal fragen die Leute auch, wo ich die Cap her habe oder sie gefunden habe, weil sie nicht glauben können, dass ich ein gesponsorter Athlet bin.
Bei dem ganzen Hype um dich, wie hoch ist die Gefahr, dass dir der ganze Erfolg zu Kopf steigt?
Das kann passieren. Doch mir nicht. Ich will kein arroganter, eingebildeter Typ werden, da passe ich schon auf.
Oder deine Eltern und Geschwister geben dir einen Realitycheck, dass du noch immer ein normaler Mensch bist.
Ich weiß selbst, dass ich ein normaler Mensch bin. Das muss mir niemand sagen.
Du bist ein Downhill-Star. Träumst du davon, wie Fabio Wibmer in Monaco zu leben, eine Model-Freundin zu haben und Lambo zu fahren?
Ich will in einem Blockhaus im Wald leben mit einem Fluss und vielen Bäumen um mich herum. Das ist MEIN Traum. Kein Lamborghini und auch kein Penthouse in Monaco. Dafür aber Trails vor der Haustür.
Jackson wird sich warm anziehen müssen. Die Welt hat sich weiter gedreht. Die Brüder Till und Max Alran werden dem Kanadier einheizen. Der Worldcup wird immer professioneller, alle trainieren hart – da kann so gut wie alles passieren.
(Marcus Klausmann, Downhill-Ikone)
Als Jackson nach einem Jahr Verletzungspause angekündigt hat, wieder bei der Red Bull Hardline in Tasmanien zu starten, habe ich mit den Augen gerollt. Er musste mir versprechen, es wirklich langsam angehen zu lassen.
(Steve Peat, Team-Chef)
Was sind das für Typen? Unfassbar wie Jackson Goldstone, Asa Vermette oder Ronan Dunne downhillen. Das hat mit dem herkömmlichen Downhillen nix mehr zu tun, das ist ein ganz neuer, radikaler Style. So schnell, so flowig – krank!
(Johannes Fischbach, Worldcupper)
Sportlicher Werdegang:
Erfolge:
+ Das gefährlichste City-Race: Cerro Abajo. Hier spricht Fischi über Chile.
+ Jacksons Bike im Vergleichstest
+ Hier kannst du’s laufen lassen