Dimitri Lehner
· 11.04.2025
BIKE: Toby, du warst dere einzige Deutsche beim ersten Crankworx Slopestyle dieses Jahr in Rotorua, Neuseeland. Wie kam’s dazu?
Toby Miley: Nur ein Platz im World-Ranking trennte mich davon, eingeladen zu werden. Daher war ich irre froh, dass ich beim Slopestyle in Christchurch eine Wildcard gewinnen konnte für Rotorua.
Warum ist Erik Fedko nicht gestartet?
Erik hatte sich vor einem Jahr den Oberschenkel gebrochen. Die Verletzung ist noch nicht ganz ausgeheilt, um im Wettkampf wieder alles zu wagen und auf volles Risiko zu gehen.
Dann hast du die deutsche Slopestyle-Fahne hoch gehalten – sehr gut! In deinem Run hast du einen Cork 720 in beide Drehrichtungen gesprungen. Wie schwer sind die sogenannten “Oppo”-Tricks (engl. Opposite)?
Jeder hat eine Schokoladenseite. Machst du die Tricks in die andere Richtung, fallen dir die Tricks viel schwerer. Doch mir fällt der Cork 720 in beide Richtungen aber gleich schwer, da habe ich Glück! Deswegen baue ich die Tricks gerne in meine Runs ein – die Judges bewerten das sehr hoch, wenn du den Cork 720 in dichter Folge in beide Richtungen zeigst
Fühlt sich das von der Motorik an als würdest du mit Links schreiben müssen?
Bei anderen Oppo-Tricks schon. Zum Beispiel bei einem Oppo-Tailwhip. Doch beim Cork 720 gottseidank nicht.
Am Ende hast du Platz 10 belegt – zufrieden damit?
Top 10 in der Weltspitze ist immer geil. Natürlich hätte ich gerne noch einen zweiten Lauf gehabt, doch nur die Top-8-Fahrer haben einen zweiten Lauf bekommen.
Ist das ein neues Format?
Nein. Das Wetter hatte verrückt gespielt und der Live-Stream wäre sonst zu lang geworden, deswegen mussten wir uns auf diese einmalige Regelung einigen. Grundsätzlich war ich mit meinem Run zufrieden, denn ich bin nicht gestürzt, hab mich nicht verletzt. Doch ich habe auch viel ausgelassen, was ich im zweiten Run hätte zeigen wollen. Dann wäre Top-5 möglich gewesen, vorausgesetzt, ich hätte ihn sturzfrei runter gebracht.
Nach deinem Lauf, hat dir Erik Fedko gratuliert. Was ist dein Verhältnis zu Erik?
Wir sind befreundet und eigentlich zusammen aufgewachsen. Wir wohnen nur ‘ne Stunde auseinander und haben seit letztem Jahr ein Trainingsgelände zusammen – Marc Dieckmann, Erik und ich.
Ist so ein Trainings-Compound die Voraussetzung, um auf Top-Niveau Slopestyle zu fahren?
Es hilft enorm, wenn man zusammen trainiert. Im Wettkampf fahren wir zwar gegeneinander, doch im Grunde sind wir ein Team. Wir unterstützen uns gegenseitig. Es sind also nur die 30 Sekunden im Run, wo wir gegeneinander antreten.
Das Trick-Niveau ist irre und selbst für Insider kaum mehr einzuschätzen. Wie siehst du das?
Es ist absurd wie sehr sich das Niveau in den letzten fünf Jahren gesteigert hat. Es wird immer krasser. Ich kenn ja schon die Tricks, die trainiert werden, doch noch nicht in der Öffentlichkeit gezeigt wurden. Das ist unglaublich wie die Leistung immer weiter nach oben geht.
Und vor fünf Jahren hatte man schon gesagt, dass viel mehr doch nicht mehr gehen kann.
Es geht noch mehr. Allerdings steigt damit auch das Risiko, um mit der Top-10 der Welt mitzuhalten. Das ist der Preis, den man für die Steigerung zahlen muss.
Wie gehst du mit dem Risiko um?
Ich nehme es in Kauf. Es ist Teil des Sports. Wer vorne landen will, muss alles geben. Damit steigt das Risiko zu stürzen. Das hätte mir in Neuseeland auch passieren können, dann wäre ich ganz hinten gelandet.
Wie Nicholi Rogatkin, der in seinem Lauf stürzte. Wie kommst du mit dem Druck klar?
Ich musste lange dafür trainieren, dass ich mit dem Druck am Wettkampftag umgehen kann. Aber mittlerweile schaffe ich es, locker zu bleiben. Ich habe mich dafür entschieden, Spaß haben zu wollen.
Dennoch konzentriert sich alles auf wenige Minuten.
Richtig. Eigentlich konzentriert sich das ganze Jahr, all das Training, all deine Anstrengung auf fünf kurze Momente im Jahr. Da muss es zünden. Ich hatte schon Wettkampftage, da bin ich heulend nach Hause gefahren, weil ich keinen Bock mehr hatte auf all die Anspannung. Wenn es allerdings klappt, ist die Freude umso größer.
Gibt es jemanden, der besondere Stahlnerven hat?
Nicholi Rogatkin. Er fährt jetzt schon 14 Jahre in der Weltspitze. Der Typ ist todesentspannt. Doch meine Vierer-Gruppe – Ben Thompson, Jake Atkinson, Kaidan Ingersoll und ich – wir sind die Jüngsten, versuchen, den Spaß in den Vordergrund zu stellen. Das hält den Druck in Schach, denn da wird das Ganze ein bisschen zum Boyz-Trip, entspannt und spaßig.
Was ist mit den Favoriten David Godziek und Emil Johansson?
Die zwei waren verletzt, daher hatte jetzt Tim Bringer die große Chance, endlich einen Crankworx zu gewinnen nach vielen zweiten Plätzen, die er gesammelt hat.
Was ist gerade dein Supertrick?
Mein Supertrick ist der Doubleflip Tuck No Hander. Doubleflips sehen spektakulär aus, sind aber sehr risikoreich. Da dann noch Tricks als Kombo reinzupacken ist sehr schwer. Ich denke beim Doubleflip Tuck NoHander jedesmal: Ich sterbe! Denn die G-Kräfte sind so hoch , dass man nicht glauben kann, dass es funktioniert.
Gibt es einen Trick, der dir gar nicht liegt?
Alles, was mit Frontflips zu tun hat. Mit 15 bin ich mal beim Frontflip schwer gestürzt, seitdem habe ich da eine Blockade im Kopf. Doch das hatte ich auch bei Doubleflips, bis ich die dann komplett neu und anders gelernt habe. Vielleicht springe ich irgendwann wieder auf dem Frontflip-Trip auf.
Bist du jetzt Vollzeit-Athlet?
Ich habe eine Lehre als Industriemechaniker gemacht und danach ein Jahr als Geselle gearbeitet. Doch seit Anfang 2024 bin ich Vollzeit-Mountainbiker.
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