Laue Nächte, lange Tage - jetzt ist die Zeit für die schönsten Bikepacking-Touren. Wir haben daher einen hierzulande recht unbekannten Hersteller um Zelt, Schlafsack und Isomatte gebeten, die speziell für den Transport am Fahrrad konzeptioniert sind. Leicht, gut verstaubar und dennoch funktionell - das wollen die Produkte von Big Agnes aus den USA sein.
Wir haben das 1-Personen-Zelt Tiger Wall UL2 Bikepack, den Daunen-Schlafsack Fly Creek UL 25° und die Aufblas-Isomatte Zoom UL Insulated getestet. On top und für ein wenig mehr Komfort gab es noch das aufblasbare Schnell-Reise-Kissen Rapide SL. Zusammen kommt das Paket auf 2912 Gramm, inklusive aller Packsäcke, Heringe oder anderem Zubehör. Bei den Kosten kommt man laut Herstellerpreisen (UVP) auf 1355 Euro.
Zum Vergleich: Vergangenen Sommer haben wir bereits Bikepacking-Zelte getestet: Diese 3 leichten Zelte mit kleinem Packmaß passen gut ans Fahrrad. Für Referenzen bei Schlafsäcken und Isomatten kannst du hier schauen:
Das Tiger Wall UL2 Bikepack Zelt ist ein leichtes Zwei-Türen- und Zwei-Vorräume-Bikepacking-Zelt. Es hat ein 12"-Shortstik-Gestänge (30,5 cm Elemente), das daher optimal in und an Lenker-, Packtaschen- und Satteltaschen passt. Das 2-Personen-Zelt bringt aber seinen eignen robusten, Bikepacking-fähigen Kompressionssack mit, der sich leicht mit den integrierten Gurtbandschlaufen am Fahrrad befestigen lässt.
Als Feature kann man den Bikehelm am einem Gurtband (Daisychain) am Innenzelt aufhängen oder nasse Kleidung und Ausrüstung an den integrierten Gurtbandschlaufen am Außenzelt. Im Inneren gibt es ein Netz, das sich in etwa über den Füßen befindet. Ein gute Idee ist der erweiterte Zeltboden, der bis in die beiden Vorräume ragt und so Platz für trockenes, schmutzfreies Umziehen und zusätzliche Lagerfläche für Taschen bietet.
Das Außenzelt wird mit den firmeneigenen Verschlüssen mit dem Innenzelt verbunden, Big Agnes nennt diese TipLok Tent Buckle. Das sind klassische Steckschnallen, die aber die Justage des Außenzelts sehr einfach machen - warum ist da niemand schon 1990 auf die Idee gekommen?
In puncto Umweltschutz setzen die US-Amerikaner auf lösungsgefärbten Stoff. “Solution-dyed” bezeichnet ein Verfahren zur Färbung von Kunstfasern, bei dem Farbpigmente während der Faserproduktion direkt in die Schmelze integriert werden.
Dadurch wird die Farbe direkt in der Faser verankert und nicht nur oberflächlich aufgetragen, was für eine verbesserte Lichtechtheit und Haltbarkeit sorgt. Zudem soll der Prozess den Energie- und Wasserverbrauch bei der Herstellung reduzieren – laut Hersteller also ein umweltfreundlicherer Prozess, der die Stoffqualität verbessert.
Das 2-Personen-Zelt ist von Big Agnes ist modular nutzbar, das heißt man kann das Innenzelt auch komplett ohne Außenzelt aufstellen und nutzen - etwa als Schutz gegen Insekten in heißen Sommernächsten. Der Nachteil ist, dass der Aufbau dadurch etwas aufwändiger ist, da zum Abbau auch wieder das Außenzelt abgenommen werden muss, um das Gestänge zerlegen zu können.
Der Aufbau ist selbsterklärend, vor allem durch die Färbung der Steckschnallen, die vorne weiß sind und für den hinteren Teil gelb. So weiß man gleich, welche wo zusammengehören und verwechselt so beim Außenzelt nicht die Richtung.
Für das Innenzelt habe ich im ersten Versuch 4:39 min gebraucht, komplett stand das Tiger Wall UL2 in 17:31 min. Das Gestänge ist eigentlich fast selbsterklärend, da es nur in eine Richtung passt. Auch das Abbauen und Verstauen läuft zügig und alles findet widerstandslos Platz im Packsack.
Die Netztaschen innen und die wirklich großen Eingänge (inklusive der entstehenden Vorräume zu beiden Seiten sind sehr positiv hervorzuheben. Zusammen mit der extra Bodenplane hat man endlich dort keine dreckigen Füße beim Schuheanziehen.
Die Heringe sind quasi ultra-light-minimal-XXS-slim. Sie sind zwar dadurch nicht instabil, aber einerseits lassen sie sich teils schwer aus der Erde ziehen, weil man sie nicht recht zu fassen bekommt. Andererseits bieten sie bei lockerem Untergrund nicht viel Halt, wenn Wind auf den Schnüren ist.
Das Außenzelt steht - zumindest nach meinem Aufbau - sehr hoch, was bei starkem Regen problematisch werden kann, wenn das Wasser am Innenzelt hochspritzt und durch das Moskitonetz ins Zelt eindringt.
Die Möglichkeit, das Zelt mit allem was dazu gehört an den Lenker zu schnallen, ist praktisch und sehr zweckmäßig. Der Packsack lässt sich einfach und stabil an den Lenker zurren. Alles in allem ist das Big Agnes Bikepacking-Zelt eine sehr gute Lösung für den Solotrip. Der Innenraum wäre für ein 1-Personen-Zelt vergleichsweise geräumig. Man kann um die Isomatte herum noch prima Dinge verteilen. Allerdings ist das UL2 für zwei Personen gedacht. Das wäre für meine Begriffe nicht nur eng, sondern unangenehm eng. Ganz praktisch wüsste ich nicht, wo und wie eine zweite Isomatte von gleicher Art wie die genutzte darin Platz finden soll?!
Der Fly Creek UL 25 Schlafsack will der richtige sein für minimalistische Abenteuer auf dem Bike. Hochwertige Materialien wie das leichte NetPlus-Gewebe aus recycelten Fischernetzen und Daunen der Qualitätsstufe 850 ergeben einen leichter, kompakten Schlafsack.
Laut Big Agnes ist vom ergonomischen Fußbereich bis zum isolierten Wärmekragen jeder Aspekt des Schlafsacks darauf ausgelegt, die thermische Effizienz zu maximieren, ohne zusätzliches Gewicht und Volumen. Dabei ist er geeignet für Übernachtungen bei Temperaturen von Frühling bis Herbst, technisch gesprochen: ISO Komfort: 2 °C.
Was ist schlimmer? Natur, Stille, eine Eule ruft in die Nacht - und dein Schlafsack raschelt und knistert, als wäre er mit Alufolie und Stroh gefüllt. Nicht so beim Fly Creek von Big Agnes, der sich angenehm ruhig verhält und auch auf der Isomatte des Herstellers wenig Sound erzeugt. Ein guter Einstieg. Außerdem ist er angenehm leicht: beim Hochheben, aber auch am Körper.
Auffällig ist der Schnitt des Schlafsacks mit einem mittig und nicht durchgehend positionierten Reißverschluss. Sonst ist die Form eher ein klassischer Mumienschlafsack mit dicker Kapuze, die sich auch hoch schließen lässt. Ist es warm, kann man sich effizient Luft verschaffen, indem man den RV öffnet und ihn über der Brust wegklappt.
Der Nachteil ist, zumindest für weniger Gelenkige, dass sich der Schlafsack nur etwa ein Drittel der Gesamtlänge öffnen lässt. Heißt, zum Ein- und Aussteigen muss man robben, rutschen und (leise) rascheln. Da ist ein seitlicher Verschluss eher vorteilhaft. Ist es kalt entsteht dagegen keine Kältebrücke durch den RV an den Füßen. Hier umschmeichelt nur der glatte, weiche Stoff die Zehen.
Auch der Fly Creek Schlafsack lässt sich ohne viel Mühe wieder in seinen Packsack bugsieren. Mit nicht beiliegenden Packriemen ist dann noch Potenzial zum weiteren Komprimieren. Fazit: Man liegt sehr angenehm und warm darin, kann aber gut die Wärmeleistung steuern. Der mittige Reißverschluss ist aber beim Aussteigen eher unpraktisch.
Für mich ist eine Isomatte - wie der Name schon sagt - besonders wichtig zur Wärme-Isolierung gegen einen kühlen oder sogar kalten Boden. Sie muss nicht besonders bequem oder weich sein, Hauptsache, die Kälte kriecht nachts nicht heimtückisch aus dem feuchten Rasen ins Zelt und in meinen Schlafsack. Daher kam mir die isolierte Matte von Big Agnes recht.
Sie hat laut Hersteller einen großzügigen R-Wert von 4,3 und ist für den Einsatz in drei Jahreszeiten konzipiert. Tatsächlich ist ein solcher Wert auch für Wintermatten ausreichend (R-Wert 4 reicht bis -11 °C; z. B. Biwaks im alpinen Gelände). Der R-Wert gibt den Wärmeleitwiderstand eines Materials in Grad Kelvin pro Watt (K/W) an.
Die Zoom UL ist also sehr isolierend, bei einem Gewicht von 580 g (inkl. Hülle), was nicht ultra-leicht ist. Dafür ist sie angenehm leise, auch im Zusammenspiel mit dem Schlafsack von Big Agnes. Für Haltbarkeit soll die “luftfahrtzertifizierte Laminierung” sorgen, so die Herstellerangabe.
Die Matte wird klassisch aufgeblasen mit einem beiliegenden Pumpsack. Verglichen mit anderen ist dieser aber ausgesprochen ungeeignet. Das Material ist recht steif und bläht sich kaum, zudem fehlt ein steifer Rand an der Öffnung, sodass man kaum genug Luft in den Sack bekommt, um effizient zu pumpen.
Mehr als 10 Durchgänge sind nötig. Ab einem gewissen Gegendruck flutscht allerdings das Ventil des Pumpsacks aus dem Anschluss der Isomatte - man bekommt so letztlich nicht genug Luft in die Matte. Mit dem Mund und eigener Lungenkraft fülle ich nach. Das sollte man aber eigentlich vermeiden, da sich durch die feuchte Atemluft Schimmel in der Matte bilden kann.
Andersherum muss man für das Ablassen der Luft auf das Ventil drücken. Will man also die Sache beschleunigen und die Matte rollen, braucht es quasi zwei Personen. Das ist eher unüblich - andere Hersteller lösen das mit zwei unterschiedlichen Ventilen oder einer Arretierung. Bei Pumpsack und Ventil besteht meines Erachtens echter Verbesserungsbedarf.
Wieder verstauen lässt sich das gesamte Material im Packsack ohne Probleme, wenn man die vorherige Viertel-Faltung einhält.
Die Nächte des Tests waren nun tatsächlich gar wenig sommerlich und so konnte das Team aus Zoom-Isomatte und Fly Creek Schlafsack seine wärmenden Stärken ausspielen. Test bestanden - von unten keine Kälte gespürt, gut gelegen, prima geschlafen.
Bis auf den Pumpsack ist die Matte empfehlenswert - vor allem für kälteempfindliche Bikepacker/innen, die dafür gern 200 Gramm mehr in Kauf nehmen. Apropos Kauf: Der Preis ist mit etwa 200 Euro vergleichsweise günstig.
Ich fahre (noch) keine Rennen mit dem Gravelbike und veranstalte Bikepacking-Touren in erster Linie zu meiner eigenen Belustigung. Daher ist ein bestimmtes Maß an Schlafkomfort wichtig, und ich habe auch das Rapide SL Kissen von Bis Agnes ausprobiert. Knappe 60 Gramm und ein kleines Säckchen von der Größe zweier Energieriegel für einen guten Schlaf sind es mir wert.
Aufgeblasen hat das Kissen eine für die meisten Isomatten und Schlafsäcke passende Größe von 41 x 25 cm. Je nach dem wie viel Druck man hinein gibt, wird es bis zu 10 cm dick, was für mich eine sehr gute Höhe für den Kopf ist. Da es einen speziellen Bezugstoff an der Unterseite hat, rutscht es deutlich weniger auf der Isomatte umher, als es andere Aufblas-Kissen tun. Es hat maßgeblich zu einem guten Schlaf in den Test-Nächten beigetragen.
Nur der Preis von 55 Euro ist vergleichsweise hoch, aber da handelt es sich ja um den Herstellerpreis. Wir haben es auch schon reduziert gesichtet.
Big Agnes blickt auf eine über 20-jährige Firmengeschichte zurück. Gegründet in Steamboat Springs, Colorado, mit dem Ziel, bessere Ausrüstung für Camper zu entwickeln. Die Lage des Unternehmensstandorts in Steamboat Springs spiele eine wichtige Rolle für die Produktentwicklung und -tests.
Big Agnes betont die Nähe zu verschiedenen Outdoor-Aktivitäten wie Skifahren, Wandern und Mountainbiken. Der Continental Divide Trail und die Mount Zirkel Wilderness seien Testgebiete für die Ausrüstung. Diese unmittelbare Nähe zur Natur ermögliche es dem Unternehmen, seine Produkte unter realen Bedingungen zu testen und weiterzuentwickeln.
Für die Zukunft sieht sich Big Agnes in der Verantwortung, Menschen mit hochwertiger Ausrüstung für Camping und Outdoor-Aktivitäten auszustatten. Das Unternehmen betont sein Engagement, Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig den Umweltschutz zu berücksichtigen sowie einen positiven Einfluss auf die Outdoor-Community auszuüben.
Von der Produktentwicklung bis hin zu Partnerschaften mit Umweltschutzorganisationen verfolge das Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz. Big Agnes arbeite laut eigenen Angaben mit über 20 Organisationen zusammen, die sich für den Schutz öffentlicher Ländereien, nachhaltige Praktiken und Gleichberechtigung einsetzen.