Eine lange MTB-Tour bei schönstem Wetter - was gibt es Besseres?! Aber der pralle Sonnenschein hat auch seine - nun ja - Schattenseite: UV-Licht schädigt die Haut und somit auch unsere Netz-Haut im Auge. Abgesehen davon, dass wir oft einfach geblendet werden. Eine schicke Sonnenbrille muss her. Deshalb haben wir 6 selbsttönende Modelle getestet zwischen knapp 40 Euro (der Ausreißer: die Kapvoe KEBR China-Brille aus dem Internet) und 250 Euro (Dynafit Sky Pro). Die Firma Cratoni ist mit 3 Sonnenbrillen vertreten. Zum einen, weil sie - entgegen des Trends immer größerer Fahrradbrillen herzustellen - eine sehr schmale, photochromatische Brille anbieten. Zum anderen, weil die Brillen von 80 Euro (Cratoni Skyvision) bis 170 Euro (C-Matic NXT) reichen.
Die Bewertungen der 6 Sonnenbrillen gibt es direkt hier:
Die nachfolgenden Ergebnisse basieren reinen Praxistests und enthalten keine Laborwerte zu Abdunklung oder Bruchfestigkeit. Sie sollen vielmehr widergeben, welcher Eindruck beim Tragen entsteht - optisch wie haptisch - und ob es Unterschiede zwischen den günstigen Sonnenbrillen und teuren gibt. Alle Hersteller geben für die getesteten Modelle 100-prozentigen UV-Schutz an. Alle Brillen können ohne Einschränkung mit digitalen Display genutzt werden. Das bei polarisierten Brillen bekannte “Schwarz-Werden” des Handybildschirms, ist bei keiner Testbrille hier der Fall. Allerdings haben alle selbstönenden Brillen das Problem, dass sie hinter Glas - z. B. im Auto - nicht stark genug abdunkeln, weil die nötige Menge UV-Strahlung fehlt.
Die erste Sonnenbrille in unserem Minitest ist die günstigste des schwäbischen Herstellers Cratoni. Die Skyvision Photochromic hat den modernen Shield-Look, also eine riesige Scheibe die zylindrisch gebogen ist - im Gegensatz zu den eher aerodynamischen Modellen die zudem in der horizontal Achse gebogen sind. Das photochrome Glas ist ohne UV-Einstrahlung leicht getönt, was aber bis weit in die Dämmerung kein Hindernis darstellt. Die selbsttönende Fahrradbrille schützt so etwa auch auf der späten Heimfahrt vor Insekten, ohne die Sicht zu sehr abzudunkeln. Umgekehrt erfüllt zwar die Cratoni Skyvision die Kategorie 3, wird aber im persönlichen Eindruck oft nicht so dunkel wie die Mitbewerber (Lichtdurchlässigkeit laut Cratoni bei 15 %).
Die Passform ist flächig vor den Augen, schützt von unten gut vor Wind und Schmutz - durch die leicht von der Stirn weg geneigte Position der Gläser bildet sich bei uns ein größerer Spalt zwischen Helm, Stirn und Brille, sodass dort vereinzelt kleine Insekten hindurchfliegen können. Um das zu verhindern, neigt man daher vielleicht dazu die Brille hoch zuschieben, dann sitzt sie aber oft auf den Wangen auf, oder die Augenbrauen berühren die Gläser von innen.
Der Rahmen macht einen stabilen Eindruck, ist mattiert, neigt aber bei längerer, intensiver Nutzung dazu glänzig zu werden. Das Nasenpad ist nicht einstellbar und verhältnismäßig breit, so dass die Sonnenbrille bei machen Nasen sicher zu tief sitzt oder rutschen kann.
Die teure selbsttönende Sonnenbrille von Cratoni ist die C-Matic NXT Photochromic. Das NXT steht hier für die Technik hinter der Selbsttönung, die sehr schnell funktionieren soll (> 50 % in 10 Sekunden) - und dies tatsächlich auch tut. Bei voller Sonneneinstrahlung reichen wenige Sekunden, dass die selbsttönende Fahrradbrille verdunkelt. Da hatte der Fotograf fast schon Mühe, die unterschiedlichen Gläser zu zeigen (siehe Bild unten, rechts noch leicht getönt).
Ohne UV-Licht ist die Cratoni C-Matic fast ohne Tönung, lediglich die Verspiegelung gibt eine leichte bläuliche Färbung ins Sichtfeld, die von innen nach außen zunimmt. Cratoni gibt die Verdunkelung bzw. die Lichtdurchlässigkeit der Gläser mit 86 bis 11 Prozent an. Im Vergleich zur ersten Fahrradbrille ist sie also am Anfang klarer und verdunkelt mehr. Auch die bläuliche Tönung ist angenehm und lässt den Himmel noch herrlicher leuchten.
Bei der Passform und der Biegung der Gläser bietet Cratoni hier eine recht aerodynamische Sonnenbrille fürs Bike. Sie schmiegt sich faktisch rundherum ans Gesicht an, bietet sehr guten Schutz vor Licht, Wind und Schmutz aus allen Richtungen. Die Luftöffnungen am oberen und unteren Rand der Brillengläser sorgen für Kühlung und verhindern Beschlagen. Durch die verstellbaren Nasenpads lässt sich die Fahrradbrille auch gut in der Höhe vor den Augen justieren. Kleines Extra: Die Bügel rasten in der Endposition ein.
Nur die von Cratoni beschriebene fett- und schmutzabweisende Eigenschaft der Glasbeschichtung konnten wir in der Praxis nicht nachvollziehen. Der von der Sonnencreme fettige Finger ließ sich genauso gut oder schlecht abwischen wie bei anderen Brillen.
Die kleine Schwester der C-Matic ist die Cratoni C-Lite. Sie ist zwar auch etwas günstiger, aber vor allem deutlich schmaler geschnitten, und sie wird vom Hersteller auch als Lauf- oder Sportbrille verkauft. Mit nur 44 mm Höhe (im Gegensatz zu den 66 mm der C -Matic) wirkt sie eher aggressiv, aber vor allem fällt sie im Getümmel der Shield-Brillen auf. Von technischer Seite bringt die C-Lite Sonnenbrille alles mit, was die Schwester auch kann: sehr schnelle, angenehme Tönung, seitliche Belüftung und verstellbare Nasenpads.
Die Cratoni C-Lite sitzt allerdings etwas strammer am Kopf und ist nicht so flexibel wie die C-Matic. Da wir nur ein Exemplar der selbsttönenden Fahrradbrille zum Test hatten, können wir nicht von einem allgemeinen Problem ausgehen. Erwähnt sei dennoch, dass die Bügel zwar genau so schön einrasten, aber auf beiden Seiten immer ein leichtes Knarzen zu hören ist.
Dynafit hat neu im Programm eine ganze Range von Sonnenbrillen, die sich in Rahmen und Gläsern (und Preis) unterscheiden. Die Rahmen heißen Sky, Trail und Ultra, wobei die Sky den massivsten Rahmen hat, die Ultra einen Halbrahmen (beide hier im Test) - die Trail einen leichteren Rahmen. Bei den Gläsern kann man zwischen Pro, Evo, Solid wählen:
Alle Gläser in den Sonnenbrillen von Dynafit sollen vor UV-A, -B und -C-Strahlen schützen. Wir haben uns für den Sonnenbrillentest bei beiden Modellen für das Pro-Glas entschieden, weil es selbsttönend ist und somit vergleichbar.
Die Dynafit Ultra ist somit die leichteste der drei Varianten. Sie ist ähnlich breit wie die Cratoni C-Matic aber noch einige Millimeter höher, sie deckt dabei vor allem neben der Nase, aber auch zur Seite noch einiges mehr an Sichtfeld ab. Dabei wiegt die Dynafit Brille ebenso 33 Gramm. Das Glas der Sonnenbrille ist in wenigen Sekunden dunkel mit einer beigen Tönung. Dynafit macht - nicht wie Cratoni - keine Angaben zur Lichtdurchlässigkeit, aber der subjektive Eindruck ist eine ähnliche starke Verdunkelung wie die C-Matic sie hat (11 % Transmission). Ohne Sonnenlicht ist die Dynafit Brille klar und nur leicht beige gefärbt. Somit ist die Ultra Pro Sonnenbrille auch perfekt für den Abend oder Nachtfahrten.
Die Ultra von Dynafit sitzt zuverlässig auf der Nase, auch wenn die Nasenpolster nicht verstellbar sind. Das leisten die gummierten Bügel ganz alleine. Diese rasten im Übrigen auch sehr schön ein. Die Lüftungsöffnungen oben unten unten im Glas leisten ebenso gute Arbeit - man hat nicht das Gefühl einer “Taucherbrille” trotz des großen Glases. Bei manchen Gesichtsformen mit starken Wangenknochen etwa, wird die Fahrradbrille auf diesen aufsitzen und Druckstellen hinterlassen. Besser anprobieren vor dem Kauf! Positiv ist noch, dass die Gläser austauschbar sind und für 130 Euro (statt 220 Euro für die komplette Brille) nachgekauft werden können.
Pluspunkte gibt es für ein stabiles Case und ein gutes Brillentuch als Zubehör.
Die Sky Pro von Dynafit ist die schwerste Sonnenbrille im Test. Sie bietet allerdings Zusatz-Features, die man beim Biken in großer Höhe oder bei starker Staubentwicklung auf dem Trail nutzen kann - oder wenn man Probleme mit in die Augen laufendem Schweiß hat. Ansteckbare “Flügel” dichten die Brille zur Seite hin ab gegen Sonne und Schmutz und eine Schweißbremse aus Schaumstoff am oberen Brillenrand macht zusätzlich dicht. Alles zusammen wiegt etwa 43 Gramm, ohne die Kleinteile kommt die Dynafit Sky Pro auf 38 Gramm.
Eine weitere Besonderheit der Dynafit selbsttönenden Fahrradbrille ist die starke Tönung. Sie ist von Vornhinein dunkler (Kat. 2) und erreicht Kategorie 4 - also Gletschertauglichkeit. Damit fällt sie für die Fahrten in der Dämmerung oder im Dunkeln trotz photochromer Gläser aus. Die bräunlich-rote Tönung verstärkt dagegen im Hellen die Kontraste beindruckend stark, sodass Berggipfel und Wolken fast unwirklich nah aussehen.
Durch das höhere Gewicht und die großen Gläser hat man beim Tragen zunächst das Gefühl, “viel Brille” auf der Nase zu haben. Das ändert sich aber schnell, denn gummierte Bügel und das Nasenpolster halten die Sonnenbrille sehr gut. Und auch wenn die Sky Pro keine Lüftungsöffnungen in den Gläsern hat, wird es nicht unangenehm warm dahinter. Auch bei der Dynafit Sky Pro kann man die Gläser tauschen und/oder nachkaufen. Die Brille ist mit 250 Euro die teuerste im Test - aber handmade in Italy.
Pluspunkte gibt es auch hier für das stabile Case und das Brillentuch im Zubehör.
Die Sonnenbrille der chinesischen Marke Kapvoe sollte eigentlich außer der Reihe getestet werden - was soll eine selbsttönende Brille für etwa 40 Euro schon können - außer dass sie einen funky Style hat?! Unter dem abweichenden Namen “Saolar Cuttle” wird heftig Werbung gemacht auf Instagram mit krassen Rabatten. Daher kann hier auch kein UVP genannt werden, da der Preis sehr stark schwankt. Wie Saolar zu Kapvoe steht, muss noch recherchiert werden, tatsächlich bekommt man im Saolar-Onlineshop aber ausschließlich Kapvoe-Brillen.
Beim ersten Tragen, vor allem aber die schnelle und angenehm dunkle Tönung des photochromen Glases ließen die Kapvoe KEBR zum vollwertigen Mitglied des Testfelds werden.
Der Rahmen ist mit 152 mm der breiteste von den 6 getesteten selbsttönenden Fahrradbrillen. Die KEBR verfolgt dabei eher den “Oakley”-Ansatz der letzten Jahre, mit dickem Rahmen zusätzliche Fläche vor Wind und Sonne zu schützen. Im ersten Moment ragen der mittige Steg und die Halter rechts und links ins Gesichtsfeld, was aber schnell nicht weiter stört. Dafür sitzt die Sonnenbrille sehr angenehm auf der Nase mit einem breiten Nasenpolster. Der untere Rahmen ist leicht nach innen gerundet, sodass die Sonnenbrille sehr selten auf den Wangen aufsetzen sollte.
Kapvoe macht kaum relevante Angaben zur Brille. Bei unserem Test macht der Rahmen aber einen flexiblen, dennoch stabilen Eindruck. Der bunte comicartige Druck - zugegeben Geschmackssache - scheint haltbar zu sein und zeigt keine Abnutzung. Wer diese selbsttönenden Fahrradbrille trägt, wird auf jeden Fall (!) angesehen oder sogar angesprochen - so unsere Erfahrung in Biergärten und Eiscafes. Die Gläser verzerren nicht und dunkeln fast genauso schnell ab, wie die anderen Sonnenbrillen hier. Auch fördert die grau-blaue Färbung der selbsttönenden Gläser einen natürlichen Eindruck des Gesehenen, statt alles einzufärben. Am Abend ist das Glas komplett klar, sodass man die Kapvoe KEBR auch bei Dunkelheit zum Schutz der Augen tragen kann.
Die Lüftung der Kapvoe KEBR funktioniert ebenso tadellos und verhindert Wärmestau oder Beschlagen der Sonnenbrille. Einziger Kritikpunkt, der auch hier wieder relativiert werden muss, weil wir nur ein Exemplar zur Verfügung hatten: Am Ende beider Brillenbügel, wo die Gummierung in das Plastik greift, war eine kleine scharfe Kante, die beim Absetzen in die Kopfhaut zwickte. Mit einer Nagelfeile, war der Grat aber schnell geschliffen und die Problematik behoben.
Pluspunkt gibt es hier für ein stabiles Case, ein weiches Stoffsäckchen, ein Brillentuch und sogar eine in den Rahmen einsetzbare Fassung für Gläser mit Stärke.
Fazit: Nicht immer müssen günstige Internet-Angebote schlecht sein. In diesem Fall für uns sogar ein echter Tipp in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die günstige Cratoni Skyvision ist eine gute einfache selbsttönende Sonnenbrille, die man wegen des relativ niedrigen Preises ohne Reue jeden Tag auf dem Rad nutzen kann. Vermutlich wird sie auch einen zweiten Sommer so überstehen, wenn man die Gläser nicht selbst verkratzt. Die Kapvoe KEBR war eine positive Überraschung und überzeugt auf ganzer Linie. Sie ist die einzige Brille mit komplett klarem Glas. Die Cratoni C-Matic und die Dynafit Ultra Pro sind wohl von Design und Funktion besten Brillen im Test. Die zylindrisch, die andere im Aero-Style. Preislich ist die Cratoni Sonnenbrille attraktiver. Die Dynafit Sky Pro ist durch die von Beginn an sehr dunkle Tönung nur etwas für helle Tage, was die Nutzung einschränkt, und der noch höheren Preis der Muss-Haben-Faktor. In puncto Licht- und UV-Schutz ist sie aber die beste selbsttönende Brille im Test. Die schmale Cratoni C-Lite ist wohl eher für Multisportler:innen geeignet - oder wenn schmalere Gläser wieder en vogue werden...