Florentin Vesenbeckh
· 16.10.2017
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Kinder-Bikes sind oft schwer und wenig durchdacht – oder aber sehr teuer. Wir verraten, wie Sie günstige Kinderfahrräder effektiv aufpeppen und so dem Nachwuchs das Biken versüßen.
Um Spaß am Biken zu haben, muss es nicht immer das teuerste Hightech-Bike sein. Aber stellen Sie sich vor, Sie müssten einen 30-Kilo-Brocken durchs Gelände treten. Hätten eine Federgabel montiert, die sich kaum bewegt, und Bremsen, an denen Sie mit aller Kraft ziehen müssen, um im Gefälle langsamer zu werden. Und das soll Spaß machen?
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Ähnlich ergeht es Kindern, denn mit solchen Brummern sind die Kleinen unterwegs, wenn wir das Gewicht günstiger Kinderfahrräder auf einen ausgewachsenen Biker umrechnen. Ein Sechsjähriger, rund 23 Kilo schwer, muss sich meist mit einem Kinder-Bike deutlich oberhalb der 10,0 Kilo herumplagen: klobige Rahmenrohre, bleischwerer Vorbau, Kurbel, Lenker und Sattelstütze summieren sich zu einem fiesen Klotz. Erfreulicherweise gibt es inzwischen einige Firmen, die sich dieser Thematik angenommen haben und sinnvoll ausgestattete Bikes für Kinder und Jugendlichen sowie den Geländeeinsatz produzieren. Leider – aber auch verständlicherweise – haben diese ihren Preis. Rund 1000 Euro müssen engagierte Eltern investieren, um die Sprösslinge dann in Windeseile aus den teuren Rennern herauswachsen zu sehen. Zwar lassen sich solche Kinder-Bikes in der Regel auch als Second-Hand-Ware wieder teuer verkaufen, doch der Anschaffungspreis schreckt dennoch viele Eltern. Das Problem: Nur weil das Fahrrad von Kindern kleiner ist, werden die Anbauteile nicht unbedingt günstiger.
Engagierte Pappis können dem Nachwuchs dennoch zum funktionalen Flitzer verhelfen, ohne allzu tief in die Schatulle greifen zu müssen. Tuning heißt das Zauberwort. Bevor das Feilschen um jedes Gramm losgeht, sollten die grundlegenden Funktionen optimiert werden. Sind die Schalt- und Bremshebel gut erreichbar und leicht zu bedienen? Oft helfen wenige Handgriffe und ein hochwertiger Satz durchgehender Bowdenzüge und Außenhüllen, um die Armaturen auf Vordermann zu bringen. Hydraulische Scheibenbremsen erleichtern Kinderhänden die Arbeit enorm, das Nachrüsten ist allerdings sehr aufwändig und teuer. Mit einem Satz leichter und voluminöser Faltreifen katapultieren Sie Gewicht und Fahrverhalten gleichermaßen auf ein besseres Niveau – aber das ist nur der Anfang, wie Sie Kinder-Bikes besser machen können. Dem Tuning-Potenzial, und damit auch dem Fahrspaß, sind kaum Grenzen gesetzt.
Das Tuning-Teil Nummer eins, gerade an Kinder-Bikes. Meist sind schwere Drahtreifen verbaut, da lassen sich bis zu 700 Gramm pro Bike sparen – und zwar dort, wo es ganz besonders ins Gewicht fällt. Wer regelmäßig richtiges Gelände aufsucht, sollte aber auch Dämpfung und Grip der Pneus im Blick haben. Gerade an Bikes ohne funktionierende Federgabel bringen breitere Reifen Sicherheit und Komfort. Ganz wichtig: Luftdruck anpassen! Wenn der Nachwuchs den Wert vom Papa übernimmt, gibt’s garantiert Presslufthammergefühle! Gut 1 bar (20 Zoll) bis 1,4 bar (24 Zoll) reichen.
Federgabeln sind cool und für die Kids oft ein echter "Will-haben-Faktor". Nüchtern betrachtet sind sie aber an günstigen Bikes meist nicht mehr als ein hinderlicher Klotz. Bei dem geringen Kindergewicht (vor allem 16 und 20 Zoll) funktionieren die wenigsten Günstig-Gabeln, dafür sind sie bleischwer. Besser, auch wenn uncool: Federgabel rausschmeißen und durch eine Starrgabel ersetzen. Das spart bis zu 1,5 Kilo! Kombiniert mit einem voluminösen Vorderreifen sind Grip und Komfort sogar größer als zuvor. Alternativ gibt es auch leichte und fluffige Nachrüstfedergabeln – die sind aber nicht ganz billig.
27 Gänge! Das ist auch bei Kinder-Fahrrädern ein beliebtes Verkaufsargument. Ein Antrieb mit einem Kettenblatt, also sieben bis elf Gänge, reicht aber völlig aus. Dreifach-Kurbeln sind nicht nur unnötig schwer, sondern bleiben bei den Kleinen sowieso meist ungenutzt – komplizierte Schaltlogik, die vom Wesentlichen ablenkt, und oft fehlt Kinder schlichtweg die Kraft, um den Umwerfer zu bedienen. Nachrüstkurbeln sind allerdings nicht ganz billig, dafür auch gleich in der passenden Länge erhältlich und deutlich leichter. Schrauber-Experten kürzen alte Vollmaterialkurbeln und schneiden neue Pedalgewinde rein.
Die Front von Kinder-Bikes ist meist sehr hoch, deshalb machen Riser-Lenker oft keinen Sinn. Ein gerader Cross-Country-Stengel (findet sich oft im privaten Fundus oder günstig bei Ebay) verbessert die Geometrie und spart Gewicht. Falls nötig, auf passende Kinderlänge kürzen. Für gutes Handling im Gelände eignen sich 550 bis 600 Millimeter Breite (20 bis 24 Zoll). Im gleichen Zuge können Eltern nach einem passenden Vorbau Ausschau halten. Ein kurzes Modell gibt im Gelände Sicherheit, zudem stecken in günstigen Vorbau/Lenker-Kombis überflüssige Pfunde, das gilt auch für Sattel und -Stütze.
Schalten und Bremsen sind essenzielle Elemente beim Biken, deshalb sollte das nebenbei ohne Kraft und Denkleistung funktionieren. Montieren Sie durchgängige und qualitativ hochwertige Bowdenzüge und Außenhüllen, um die Bedienkräfte von Schaltung und Bremsen gering zu halten. Bremshebel lassen sich in der Regel näher zum Lenker drehen, das ist wichtig für kleine Kinderhände und sollten schon beim Kauf überprüft werden. Achtung auch bei Lenkergriffen: Wer Erwachsenenmodelle montiert, sorgt dafür, dass Brems- und Schalthebel zu weit nach innen wandern. Kürzen oder Kindermodelle kaufen!
Im Dickicht der Zubehörvielfalt ist es gar nicht leicht, geeignete Komponenten für den Nachwuchs und das Kinder-Bike zu erspähen. Wir haben die besten Komponenten zusammengestellt, die freudige Kinderaugen garantieren.
Ganz klar Tuning-Teil Nummer eins! Wenig Investment, wenig Aufwand, riesen Nutzen. (1) Wenn es um Gewichtsreduktion und leichtes Rollen geht, führt kaum ein Weg am Rocket Ron von Schwalbe vorbei: 445 Gramm wiegt der Faltreifen in 24x2,1 Zoll, damit spart man in vielen Fällen ruckzuck 300 Gramm – pro Laufrad! Preis: 32,90 Euro.
(2) Nur unwesentlich schwerer, mit super Grip und viel Volumen gesegnet und neben 24 Zoll auch in 20 und 16 Zoll erhältlich, ist der Kenda Small Block Eight. Ab 17,90 Euro (Drahtversion), 398 Gramm (20x2,1 Zoll)
(3) Breitere, grob profilierte Reifen für härteres Gelände sind für kleine Kinder-Bikes und damit kleinere Laufräder nicht leicht zu finden. Von Maxxis gibt es den Highroller und den Minion DHF in 24 Zoll und in 2,4er- bzw. 2,5er-Breite. Mit über einem Kilo pro Stück machen diese aber nur im liftunterstützten Bikepark Sinn. Ein guter Kompromiss für Geländeausfahrten ist der Schwalbe Fat Albert, den es in 2,4er-Breite auch in 24 Zoll gibt. Preis: 57,90 Euro. Gewicht: 709 Gramm
Die meisten Federgabeln, die in der 300–400-Euro-Klasse verbaut sind, werden besser ausgetauscht. Allerdings sind Federgabeln, die für Kindergewichte wirklich funktionieren, rar und teuer.
(1) Wer bereit ist, 300 Euro zu investieren, bekommt mit der 1st-Ride-Carbon-Federgabel eine butterweiche 100-mm-Federgabel für 16- oder 20-Zoll-Bikes, die auch bei den Kindern schon sauber anspricht und dazu nicht schwer ist. 299 Euro, 1490 Gramm, www.propain-bikes.com
(2) Günstig und leicht ist eine Starrgabel, z. B. von Kania-Bikes für Scheibenbremsen, Cantilever-Bremsen oder als Kombi-Version. In 24 Zoll kostet die leichte Starrgabel ab 89 Euro, ab 615 Gramm. www.kaniabikes.com
Der Faktor Gewicht sollte hier nicht an erster Stelle stehen. Die an Kinder-Bikes verbauten Pedale bieten in der Regel wenig Grip und sind zudem schlecht gelagert. Normale Plattformpedale sind aber meistens zu groß.
(1) Richtig bissig sind die Pin-Modelle von 1st Ride, die Bike-Hersteller Propain vertreibt. 49,50 Euro, 215 Gramm. Etwas sanfter, auch zu Kinderschienbeinen, und damit ein guter Kompromiss, sind Trekking-Pedale, z. B. die Rose Pro 79 Pedale. 37,95 Euro, 254 Gramm. www.rosebikes.de*
(2) Eine neue Kurbel ist nicht günstig – aber gerade im Austausch gegen schwere Dreifach-Modelle spart sie richtig Gewicht. Für 20- und 24-Zöller passt die VPace Max Kinderkurbel, wahlweise in 130, 150 oder 160 Millimetern, ab 129 Euro, 680 Gramm inkl. Kettenblatt und Innenlager.
(3) Dicke Knubbel-Sättel braucht kein Kind an seinem Fahrrad. Der alte Flite-Titan von Papa spart zwar Gewicht, ist für die Kleinen aber überdimensioniert. Besser zum leichten Kindermodell greifen. Unser Tipp: Selle San Marco Concor Dynamic Junior Team, 56,99 Euro, 202 Gramm.
(4) Kurze und dünne Silikon-Griffe gibt’s ebenfalls von VPace für 12 Euro, 46 Gramm.
Interview mit Sebastian Tegtmeier, Gründer der Kinder-Bike-Marke Supurb.
BIKE: Was macht ein gutes Kinder-Bike aus?
Sebastian Tegtmeier: In erster Linie muss die Geometrie passen. Die gute Nachricht: Bei den meisten Bikes um 400 Euro gibt es keinen Grund zur Beschwerde. Richtig schlechte Geometrien findet man in der Preisklasse kaum noch. Dazu müssen dann die einzelnen Komponenten passen: Ein relativ breiter Lenker und ein kurzer Vorbau geben dem Nachwuchs Sicherheit im Gelände. Auch wenn das im ersten Moment breit erscheint, empfehle ich für 20-Zoll-Bikes 550 mm breite Lenker und für Räder in 24 Zoll 600er-Lenker.
Was wird sonst noch falsch gemacht?
Auf unpassende Kurbellängen reagieren Kinder sehr empfindlich, die Hebelverhältnisse von Erwachsenen fehlen. 127 Millimeter am 20er und 140 am 24-Zoll-Bike haben sich bewährt. In diese Details wird zu wenig Zeit investiert, und bei Kindern führt das zu Verdruss. Noch schlimmer sind billige Shifter und Bowdenzüge: Wenn die Daumenlänge oder -Kraft nicht reicht, um die Schaltung zu bedienen, funktioniert das ganze Fahrrad nicht.
Machen Federgabeln an Kinder-Bikes Sinn?
An günstigen Modellen findet man mechanisch extrem einfache Produkte, die aus wenig hochwertigen Materialien gebaut werden. Theoretisch kann ich zwar eine Gabel bauen, die für 18-Kilo-Biker funktioniert, aber nicht für den Preis. Die hochwertige Fertigung, die nötig ist, damit ein Mehrwert für die Kids entsteht, ist sehr teuer. Deshalb bieten wir unseren 20-Zöller serienmäßig mit Starrgabel an und nur optional die hochwertige und dementsprechend teure MRP Rustler.
Warum ist eine starre Gabel bei Kinder-Bikes besser?
Das spart Gewicht, und ich bekomme mit voluminösen Reifen und dem richtigen Luftdruck genug Dämpfung, um im Gelände Spaß zu haben. Kaum jemand braucht wirklich eine Federgabel im 20-Zoll-Bike, es sei denn, die Kids fahren regelmäßig Wurzel-Trails oder im Bikepark. Aber was der Papa hat, will der Junior natürlich auch.
Welche Tuning-Tipps gibt es für einfache Kinderfahrräder?
Das Gute ist, dass Kinderräder auf sehr geläufige oder alte Standards setzen. Ein Vierkant-Innenlager aus Titan oder ein 600-Millimeter-Lenker findet heute an keinem Bike mehr Platz. In Zeiten von Teleskopstützen haben auch Carbon-Sattelstützen ausgedient. Gebraucht gibt’s diese Teile super günstig, für 50 bis 100 Euro habe ich schnell ein Kilo gespart.