Biken an sich ist umweltfreundlich. Schließlich produziert man keine Abgase, keinen Lärm und verursacht keine Megastaus, so lange man auf einem Fahrrad sitzt. Wenn man so will, bietet ein Fahrrad die effizienteste und umweltfreundlichste Art, sich auf kurzen bis mittellangen Strecken fortzubewegen. Sitzt man auf einem Mountainbike und düst über Trails durch den Wald, kommt zu den Attributen effizient und umweltfreundlich auch noch ein extrem großer Spaßfaktor. All das macht das Fahrrad zum Fortbewegungsmittel der Zukunft und sorgt dafür, dass immer mehr Menschen aufs Mountainbike steigen. Diesem Gedankengang würden sämtliche Mobilitätsgestalter und Umweltschützer zustimmen.
Nora Sophie Griefahn, Vorständin der Cradle to Cradle NGO, findet aber, dass man sich damit nicht zufrieden geben sollte. Bei der Produktion von Fahrrädern sieht sie „Verbesserungspotenzial an allen Ecken“. Fahrräder werden zwar absolut wirtschaftlich und so kostengünstig wie möglich produziert, allerdings fällt beim Design, bei der Wahl der Materialien und bei ihrer Verarbeitung zu einem Fahrrad der Gedanke an die Natur meist hinten runter. Die meisten Bikes werden gebaut, um zu funktionieren. Wenn sie mal nicht mehr funktionieren, also ihre Lebensdauer überschritten haben, bleibt häufig ein schwer recycelbares Produkt, manchmal sogar Sondermüll zurück.
Nora Sophie Griefahn kämpft als Vorständin der Cradle to Cradle NGO für eine absolut nachhaltige Fertigung von Produkten. Das Cradle-to-Cradle-Prinzip basiert deshalb zum großen Teil auf geschlossenen Rohstoffkreisläufen. Vereinfacht dargestellt kann unsere Gesellschaft langfristig nur wirklich nachhaltig leben, wenn schon bei der Entwicklung aller Produkte darauf geachtet wird, dass sie nach ihrem Lebenszyklus komplett recycelt werden können. Bei einer konsequenten Umsetzung dieses Gedankens ist der Mensch nicht länger ein Schädling im Öko-System der Natur. Egal, wie viel er konsumiert.
In einer idealen Welt geht also nach der Lebenszeit eines Fahrrads oder eines Mountainbike-Reifens kein Rohstoff verloren, sondern bleibt entweder in einem biologischen oder technischen Kreislauf.
Wir haben uns exemplarisch mal einige Bauteile eines Mountainbikes angesehen, um das Verbesserungspotenzial konkret darzustellen.
Rahmen
Ist eine Carbon-Faser einmal im Rahmen verbaut, ist sie nicht mehr in ihrer vollen Länge und Qualität recyclebar. Sie ist damit verbraucht oder nur noch für minderwertige Zwecke einsetzbar. Meist werden Carbon-Rahmen überhaupt nicht recycelt. Rahmen aus Metall haben hier eine deutlich bessere Bilanz. Allerdings ist auch die Produktion von Aluminiumrahmen verbesserungsfähig. „Ich glaube nicht, dass der für die Produktion nötige Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommt“, gibt Nora Sophie Griefahn zu bedenken.
Federgabel
Eine Federgabel besteht aus vielen oftmals verpressten oder verklebten Bauteilen. Um die Rohstoffe zu erhalten, muss sie nach ihrer Lebenszeit wieder in ihre einzelnen Materialien zerlegt werden können. Im Produktdesign wird dieser letzte Schritt im Lebenszyklus einer Gabel meist nicht berücksichtigt.
Lack
Der Lack ist beim Recycling nicht so vom Rahmen zu trennen, dass man seine Rohstoffe wiederverwerten könnte. Er ist nach seinem Gebrauch Müll, der die Umwelt belastet.
Reifen
Der Reifenabrieb gelangt als Mikroplastik in die Umwelt. Das Gummi müsste deshalb ökologisch abbaubar werden.
BREMSEN
Bremsbeläge verursachen Abrieb, der ökologisch abbaubar sein muss, weil er in die Umwelt gelangt. Auch die Bremsflüssigkeit muss umweltverträglich werden.
Auch die Verpackung, der Transport aus der Produktionsstätte und die Art und Weise wie produziert wird, bergen Verbesserungspotenzial, auf das wir in diesem ersten Schritt nicht genauer eingehen.
Weil uns das Cradle-to-Cradle-Konzept so begeistert, haben wir uns gefragt: Schaffen wir es, gemeinsam mit der Fahrradindustrie und dem Input aus der Leserschaft exemplarisch ein komplett nachhaltiges Mountainbike nach dem Cradle-to-Cradle-Ansatz zu bauen? Wie könnte so ein Bike aussehen? Wie wird es sich fahren? Und was muss bei der Produktion beachtet werden?
Hilf uns bei der Entwicklung eines nachhaltigen Mountainbikes nach dem Cradle-to-Cradle-Ansatz. Sicherlich gibt es bereits viele Produkte im Mountainbike-Umfeld, die einen extrem nachhaltigen Gedanken verfolgen. Wenn Dir solche Produkte bekannt sind oder du selbst sogar solche Produkte produzierst, schick uns einfach eine E-Mail an l.doehl@bike-magazin.de und wir werden diesen Produkten eine Plattform in unserem Projekt widmen.
Darüber hinaus suchen wir Partner aus der Industrie, die sich mit uns von den Grundsätzen der Cradle-to-Cradle-Gesellschaft überzeugen lassen und bereit sind, exemplarisch Fahrradbauteile nach diesen Grundsätzen zu fertigen. Dafür organisieren wir bei ausreichender Nachfrage zusammen mit der Cradle to Cradle NGO ein Seminar, dass die Mitarbeiter der Fahrradindustrie für eine ökologische Produktion sensibilisiert. Wir begleiten den exemplarischen Entstehungsprozess von ökologischen Bauteilen medial. Am Ende wollen wir alle Fahrradteile, die aus diesem Projekt entstehen, egal ob serienreif oder prototypisch, zu einem Mountainbike zusammenbauen.
Dich interessiert das Thema, aber du fragst Dich, was Cradle to Cradle eigentlich genau bedeutet? Wir haben uns entschieden, unser Projekt mit dem Cradle-to-Cradle-Ansatz zu verfolgen, weil es unserer Meinung nach einer der ganz wenigen ökologischen Ansätze ist, der den Konsum von Menschen nicht verteufelt, sondern durch seine ganzheitliche Betrachtungsweise ein positives Bild der Zukunft in Aussicht stellt. Weitere Informationen zum Cradle-to-Cradle-Prinzip gibt es auf der Webseite der entsprechenden Non-Govermental Organisation: www.c2c.ngo