Markus Klausmann konnte im Laufe seiner Karriere nicht nur 15 Deutsche Meistertitel im Downhill einfahren. In seiner aktiven Zeit hat er auch enorme Erfahrung rund ums Thema Mountainbike-Fahrwerk gesammelt. Mit Klausmann Suspension betreibt er inzwischen seinen eigenen Fahrwerks-Service. Wir wollten wissen, warum die Performance von Federgabel und Dämpfer im Winter so stark nachlässt und was man dagegen tun kann. Die gute Nachricht: Schon mit ein paar einfachen Tipps kann man das Ansprechverhalten im Winter deutlich verbessern.
BIKE: Bei Kälte verschlechtert sich das Ansprechverhalten von Federelementen. Ab welcher Temperatur spürt man die Veränderung?
Marcus Klausmann: Das fängt meistens schon recht früh an. In meiner aktiven Zeit hat man immer gesagt, unter zehn grad zu testen ist Blödsinn, weil dann die negativen Einflüsse der Kälte schon deutlich spürbar sind. Ab fünf Grad und weniger merkt man dann schon enorm, dass die Performance der Federelemente nachlässt.
Was genau funktioniert dann nicht mehr?
Im Endeffekt verhärten vor allem die Dichtungen. Das heißt sie werden zäher, sind nicht mehr so elastisch und dadurch läuft das ganze Fahrwerk etwas zäher. Sicher merkt man das auch an der Viskosität des Öls. Es wird zähflüssiger und fließt nicht mehr so gut. Bis fünf Grad ist das aber eigentlich kein Problem. Vor allem, weil während der Fahrt durch die Bewegung ja Wärme entsteht und das Öl automatisch etwas mehr auf Betriebstemperatur kommt. Das dauert vielleicht vier, fünf Minuten und dann ist das Öl warm genug. Einfach bei wärmeren Temperaturen mal ausprobieren. Greif mal nach einer längeren Abfahrt mit der Hand an den Dämpfer, da wirst du feststellen: Oh, ganz schön warm. Bei der Gabel ist das natürlich genauso.
Also kann man sich den Wechsel auf ein dünnflüssigeres Öl im Winter sparen?
Davon würde ich eh abraten. Jedes Federelement hat seine eigene Spezifikation, welche Öl-Viskosität es braucht. Gerade beim Dämpfer kann es bei zu dünnem Öl zu Problemen kommen, weil damit unter Umständen die Plattform oder das Lockout nicht mehr ganz so stark ist. Da stellt sich dann die Frage, was mir wichtiger ist, das Lockout oder die Performance. Von daher halte ich von einem Wechsel auf ein dünneres Öl eher nichts. Das Gleiche gilt auch für die Gabel. Man kann sowas schon machen, aber es ist nicht unbedingt zielführend.
Das heißt: Das eigentliche Problem entsteht an den Dichtungen?
Genau. Die Dichtungen werden schlicht und ergreifend härter. Generell gilt, je neuer die Dichtungen sind, umso besser funktionieren sie auch durch den Winter durch. Natürlich ist auch das Schmiermittel wichtig. Hier gibt’s ebenfalls verschiedene Fabrikate, die auf bestimmte Temperaturspektren ausgelegt sind. Hochwertige Schmiermittel funktionieren auch noch bei tiefen Temperaturen. Da geht’s drum im Detail zu verbessern.
Dann wäre es vermutlich eine gute Idee, den Service vor dem Winter durchzuführen.
Auf jeden Fall. Einmal im Jahr sollte man eh einen Service machen lassen. Für Vielfahrer würde sogar zweimal Sinn machen. Weil hier neue Dichtungen eingesetzt werden, die dann auch durch den Winter durch geschmeidiger laufen. Es ist natürlich auch so, dass sich über den Sommer Staub und Dreck angesammelt hat und je mehr das wird, umso mehr werden auch die Dichtungen beansprucht. Unter Umständen fährt man sich so sogar Kratzer in die Federelemente und muss im schlimmsten Fall die Standrohre tauschen.
Wird ein Wechsel auf anderes Öl bei Dir im Service angefragt?
Eher weniger. Das ist schon wirklich ein sehr spezielles Thema. Natürlich tauchen die Fragen auf, `warum funktioniert meine Gabel im Winter so schlecht?´. Da frag ich auch mal nach: bei welchen Temperaturen bist du denn so unterwegs? Wenn dann die Antwort kommt, so bei minus vier Grad, muss man halt klar sagen, das ist einfach normal. Da wird das Öl zäh, die Gummis werden zäh und dann läuft es eben auch nicht mehr richtig. Das muss man leider akzeptieren.
Und dafür gibt es keine Lösung?
Was man hier machen kann, ist mit den Einstellungen experimentieren. Die aktuellen Fahrwerke haben alle in der Regel Zugstufen- und Druckstufenverstellung. Wenn man die Druckstufe um zwei, drei Klicks öffnet und vielleicht die Zugstufe auch noch etwas aufmacht, dann ist direkt etwas mehr Ölfluss da und das Fahrwerk funktioniert auch bei Kälte wieder besser. Ich persönlich mach` das genauso. Das ist nicht optimal aber auf jeden Fall besser. Im Frühjahr darf man dann natürlich nicht vergessen, das Fahrwerk wieder etwas langsamer zu stellen. Sonst hat man das Problem in die andere Richtung und es fließt zu viel Öl.
Worauf sollten man beim Fahrwerk im Winter noch achten?
Entscheidend im Winter ist es, die Federelemente sauber zu halten. In gewissem Maß ist es ganz normal, dass sich bei Gabel oder Dämpfer ein kleiner Fettring bilden kann. Im Lower Leg ist immer eine gewisse Menge Schmiermittel drin und das arbeitet sich beim Fahren nach und nach heraus. Das ist auch gar nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass man nach der Tour hergeht und den Schmierfilm und angesammelten Schmutz vorsichtig entfernt.
Ich nehme dann auch gerne etwas Ölspray ohne Zusatzstoffe und sprühe damit die Standrohre ein. Ein paarmal richtig durchfedern und anschließend richtig abtrocknen und schon funktioniert das Fahrwerk wieder richtig geschmeidig. Das mach` ich schon seit eh und je und hatte bisher nie Probleme damit. Viele sagen: Um Gottes Willen, mach bloß kein Öl dahin. Klar, es zieht den Staub an. Aber wenn man es abtrocknet oder nach dem Waschen richtig sauber macht, ist das kein Problem. Dafür hält es die Gummis geschmeidig und man hat auf Dauer ein gutes Ansprechverhalten.