Do it yourselfSo baut man einen original Klunker zum kultigen E-Bike um

Josh Welz

 · 24.11.2023

Rustikal und puristisch: Das Finish passt perfekt zum Klunker-Image, der Vorderrad-Naben-E-Antrieb fällt nicht auf, der Akku in Trinkflaschenform passt sogar ins Bild.
Foto: Frank Heinrich / Mediengruppe Klambt
Ein Klunker-Bike mit E-Antrieb! Dieser Eigenbau für die Leafcycles Klunker Custom Challenge im Sommer 2023 hat die EMTB-Redaktion ganz besonders überzeugt. Erfahrt hier, wie das kultige Einzelstück entstand – und wie man den E-Klunker nachbauen kann.

Bei diesem Projekt müsste jedem Bike-Enthusiasten das Herz übergehen: Im Sommer 2023 rief die Fahrrad-Manufaktur Leafcycles zur Klunker Custom Challenge auf. Der Plan: einen Leafcycles-Klunker in ein kultiges Einzelstück verwandeln. Einer der Eigenbauten überzeugte uns aus EMTB-Sicht ganz besonders: ein Klunker mit E-Antrieb. Wir zeigen, wie das Einzelstück entstand – und wie man ihn nachbauen kann.

Wie man einen Klunker zum E-Bike umbaut

Kalifornien, Mitte der 70er Jahre: Es sind die Pioniertage des Mountainbikens. Ein paar Hippies in der Gegend um Marin County schoben ihre rostigen alten Beach Cruiser die Berge hinauf, um anschließend über die staubigen Fireroads wieder runter zu ballern. Klassisch für diese Art von Bikes waren die voluminösen Reifen und vor allem das im Hauptrahmendreieck angebrachte Zentralrohr. Gerne wurden die Bikes mit Motocross- oder BMX-Lenkern und Trommelbremsen modifiziert, um das Handling für den Höllenritt bergab etwas kontrollierbarer zu machen.

Klunker-Bikes sind heute Kult, denn sie verkörpern die Anfänge des MTB-Sports. Sie stehen stellvertretend für eine Zeit, in der Unabhängigkeit, Freiheit und Individualität den Zeitgeist prägten. Diesen Zeitgeist von damals hat die Marke Leafcycles aufgegriffen und im Juli 2023 zur offiziellen Klunker Custom Challenge gerufen.

Normalerweise ist Leafcycles eher bekannt für Dirt-Bikes aus CroMo-Stahl, im Sortiment der Augsburger befindet sich aber auch ein kultiger Nachbau der damaligen Klunker. Dieser Nachbau diente als Basis für die Challenge. Die Aufgabe: Man musste ein Konzept einsenden, wie sich aus dem Leafcycles-Klunker ein kultiges Einzelstück machen lässt. Wer mit seinem Konzept überzeugte, erhielt zum Vorzugspreis ein Klunker-Komplettrad ­– mit der Bedingung, dieses nach dem eingereichten Konzept umzubauen.

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Auch Reifen-Hersteller Maxxis beteiligte sich mit einem Entwurf an der Klunker Challenge. Deren erster Gedanke: Der Rahmen sollte bewusst mit einer rostigen Patina versehen werden, um dem Bike einen gewissen Vintage-Look einzuhauchen. Außerdem legte man sich auf einen Single-Speed-Antrieb fest – wenig Technik bedeutet schließlich auch wenig Stress. Aber wenn es hier und da mal im Knie zwickt, wünscht man sich insgeheim manchmal doch etwas mehr Gangvielfalt. Oder alternativ: ein klein wenig Unterstützung! Und genau in diesem Augenblick kam die Idee auf, den Klunker zum E-Bike umzubauen. Freilich ohne den kultigen Look des Bikes zu versauen. Zudem sollte das ganze möglichst kostengünstig geschehen. Jeder sollte so einen E-Klunker mit geringem Kosteneinsatz und etwas handwerklichem Geschick nachbauen können.

Federführend für Maxxis nahm Event- und Team-Manager Lukas Damm das Projekt in die Hand. Von ihm wollten wir wissen, wie der Klunker-Umbau konkret ablief:

Die Suche nach dem richtigen Antrieb

Die Keyde Water Bottle Battery BI360 liefert 250 Wattstunden Kapazität.
Foto: Frank Heinrich / Mediengruppe Klambt

Für Lukas war klar, dass der Motor so klein wie möglich sein sollte. Gleichzeitig drängte sich die Frage auf, wie man einen Akku möglichst stylisch verstecken kann. Google sollte bei der Beantwortung vieler Fragen helfen, doch die ernüchternde Antwort kam schnell: Ein Hinterrad-Nabenmotor, der den Anforderungen ­– günstig, 110 Millimeter Einbaubreite – entsprach, war so einfach nicht aufzutreiben. Letztendlich stieß man auf den chinesische E-Motoren-Hersteller Keyde. Der hat nicht nur einen Vorderrad-Nabenmotor im Programm, sondern auch eine Akku-Lösung in Form einer Edelstahl-Trinkflasche. Der S100 Front-Motor ist äußerst klein und bringt eine Leistung von 250 Watt. „Das Besondere an dieser Lösung“, erklärt Lukas, „ist zudem, dass der Motor direkt mit dem Akku verbunden wird. Die Steuerung findet per Bluetooth statt. Ein Impulsgeber an der Kurbel sendet der App ein Signal, sobald getreten wird. Die App steuert dann die Leistungsabgabe des Motors. Dadurch fällt jegliche Kontrolleinheit am Lenker weg.“ Besonders wichtig im Falle des Klunker-Umbaus­: Das Cockpit bleibt dadurch schön clean und aufgeräumt. Zudem besitzt der Motor eine 6-Loch Befestigung für Bremsscheiben, was die Montage einer Scheibenbremse am Vorderrad ermöglichte.

Die Wahl der Komponenten

Das Rad und alle E-Motor-Komponenten waren als erstes eingetroffen. Danach kam die Frage auf die Lackierung und die Bestückung mit Komponenten, um den E-Bike-Klunker komplett zu machen. „Uns war vor allem wichtig, das Projekt mit einem möglichst geringen Budget zu realisieren und den Klunker gleichzeitig noch cool aussehen zu lassen, ohne Einbußen in Sachen Funktionalität hinnehmen zu müssen“, sagt Lukas. Das Motto lautete: „Bevor irgendetwas bestellt wird, immer zuerst einen Blick in die Altlasten- oder Reklamations-Kiste werfen. Vielleicht kann man das eine oder andere Teil noch vor der Tonne retten.“ Ähnlich würden wahrscheinlich viele Biker vorgehen, die sich ein Bike mit kleinem Budget aufbauen wollen – erstmal in der eigenen Krabbelkiste schauen, dann wahlweise bei Ebay oder beim nächsten Bike-Flohmarkt.

Kein Schmuckstück: die absolut hergerittene BMX-Kurbel. Schmucke Optik: das District 8-Kettenblatt mit goldener YBN-Kette.
Foto: Frank Heinrich / Mediengruppe Klambt

Es geht ans Eingemachte – der Umbau kann beginnen

Der Lack muss ab: Was die billige Beize aus dem Baumarkt nicht schaffte, erledigte eine Flex mit gezopfter Drahtbürste.Foto: Frank Heinrich / Mediengruppe KlambtDer Lack muss ab: Was die billige Beize aus dem Baumarkt nicht schaffte, erledigte eine Flex mit gezopfter Drahtbürste.

Was passt besser zu einem echten Klunker-Bike als der rustikale Look von blankem Stahl? Doch dafür mussten der Klarlack und die Phosphat-Versiegelung erst einmal ab. Die billigste Beize aus dem Bauhaus sollte das erledigen - doch weit gefehlt. Trotz Anwendung nach Plan wollte der Lack nicht so ohne weiteres aufgeben. „Aus irgendeinem Grund“, erzählt Lukas, „verwandelten sich Beize, Klarlack und Phosphatbeschichtung zu einer zähen, klebrigen Masse, die einfach nicht vom Rahmen wollte. Nach ein paar Tagen Austrocknungsphase wurden deswegen schwere Geschützen aufgefahren: Per Flex mit gezopfter Drahtbürste wurde der Klunker-Rahmen bis auf den blanken Stahl abgeschliffen. Zum Vorschein kam der Look, den auch das finale Bike haben sollte.

Der nächste Schritt: Laufräder einspeichen. „Auch wenn es etwas Messi-mäßiges hat“ witzelt Lukas, „privat hatte ich manchmal alte Laufräder ausgespeicht und die Speichen feinsäuberlich nach Längen sortiert“. Auch wenn die Chance einer Wiedernutzung wohl nahezu gegen Null tendiert, in diesem Fall entpuppte sich das Bunkern als Jackpot. „Alle benötigten Speichenlängen hatte ich tatsächlich parart.“ Zudem fanden sich auch noch alte gebrauchte Kartell Plattform-Pedale, ein paar BMX-Kurbeln, eine gebrauchte Kettenblattaufnahme inkl. Kettenblatt, einem noch nie benutzten Dirty Steel BMX Prototypen Vorbau und eine gebrauchte Bremsscheibe. Selbst Bremshebel, Bremssattel und die Griffe lagen noch im Lager herum. Alles Teile, die nie mehr einen Weg in den Verkauf gefunden hätten.

„Nun gut, als Firma im Bike Segment sitzt man in vielen Fällen an der Quelle“, gibt Lukas zu. „Und die Reifen kamen selbstverständlich aus unserem eigenen Bestand. Die einzigen beiden Teile, die wir extra zukaufen mussten, waren der Brooks B17 Sattel und die goldene Kette. An manchen Stellen muss man einfach mal ein Auge zudrücken und Zukäufe tätigen.“

Schmuckes Einzelstück: Der Umbau zum kultigen Klunker-Unikat kommt mit vielen Gebrauchtteilen auf etwa 850 Euro. Teile-Recherche und handwerkliches Geschick sind Voraussetzung fürs Gelingen. | Frank Heinrich / Mediengruppe KlambtSchmuckes Einzelstück: Der Umbau zum kultigen Klunker-Unikat kommt mit vielen Gebrauchtteilen auf etwa 850 Euro. Teile-Recherche und handwerkliches Geschick sind Voraussetzung fürs Gelingen. | Frank Heinrich / Mediengruppe Klambt

Was kostet der Spaß?

Abschließend nun die Frage: Was würde es etwa kosten, solch einen Klunker zu einem E-Bike umzubauen, wenn man so wenig wie möglich investieren möchte? Etwas komplizierter war es in diesem speziellen Fall mit dem Motor. Wer auf der Keyde-Website eine Anfrage stellt, bekommt ein wochenaktuelles Angebot, da die Preise dort an den US-Dollar gekoppelt sind. Sollten Waren nicht auf Lager sein, kümmert sich Keyde um den Import, die Verzollung und die Auslieferung an den Kunden. Folgende Teile wurden für den Umbau verwendet:

  • S100 Front-Motor mit Bluetooth: 249 USD
  • BI3607 Batterie: 279 USD
  • BBC 1T1 Kabel: 12 USD
  • Pedalsensor: 39 USD
  • BTB140 BT-Button: 29 USD
  • Total: 608,- USD zzgl. Import, Zoll und Versand

Um einfach mal eine realistische Zahl in den Raum zu schmeißen: Für um die 850,- EUR liegt dieses Motor-Set zu Hause auf dem Tisch. Der Klunker kostete zum Zeitpunkt der Klunker Custom Challenge zwischen 599,- bis 739,- EUR. Normalerweise kann man mit diesem Minimal-Set bereits den Klunker zum E-Bike umbauen, aber eine vordere Scheibenbremse würden wir auf jeden Fall noch empfehlen. Geschätzte Kosten ca. 30,- EUR. Die Kosten für einen Custom-Klunker mit E-Antrieb liegen also bei etwa 1500 EUR (Minimal-Ausführung). Der Rest hängt davon ab, was man an weiteren Komponenten verbaut.

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