Laurin Lehner
· 25.10.2024
Mountainbiker benötigen im Gelände für eine optimale Kontrolle sowohl Fahrstabilität als auch Lenkpräzision. Die entscheidende Komponente für hohe Präzision ist die Steifigkeit der einzelnen Bauteile, darunter Reifen, Laufräder, Gabel, Cockpit und insbesondere der Rahmen. Man könnte annehmen, dass eine höhere Steifigkeit immer besser ist. Allerdings spielen Faktoren wie Ermüdung, Fahrgefühl und das Bedürfnis nach einem fehlerverzeihenden Fahrverhalten in anspruchsvollem Gelände ebenfalls eine wichtige Rolle.
Reifen, Laufrad, Rahmen und Gabel bilden zusammen eine Reihenschaltung von Federn, die uns mit dem Boden verbindet. Die Laufräder sind die steifsten Bauteile (100 %), gefolgt von Reifen (40 %), Gabel (20 %) und Rahmen (15 %). Theoretisch sind am ehesten Varianzen im weichsten Bauteil der Kette zu spüren – also im Rahmen.
Wie bei so vielen Dingen liegt die Lösung in der Mitte. Nicht zu steif und nicht zu weich. Wir vermessen das ganze Bike und streben einen Zielwert an, der aus dem Feedback von unseren Rennteams resultiert. Unterschiedliche Einsatzzwecke erfordern unterschiedliche Steifigkeiten. Der Wunsch nach unterschiedlichen Steifigkeiten, je nach Rahmengröße, wurde bisher vom Rennteam oder Kunden nicht geäußert.
Ich wiege einsatzbereit 110 Kilo und spüre deutlich, wenn ein Hinterbau zu weich ist. Das fühlt sich unsicher an und hemmt in der Abfahrt – besonders in Anliegern. Reifenspuren an den Sitzstreben sind eindeutige Anzeichen für fehlende Steifigkeit. Zu weiche Gabeln sehe ich auch kritisch. Andersherum weiß ich von leichten Fahrern, die von zu steifen Gabeln (Rockshox ZEB) schneller Armpump bekommen.
Beim Thema Rahmensteifigkeit stecken viele Hersteller noch in den Kinderschuhen und verschenken wertvolles Potenzial. Unsere Messungen und Fahrtests zeigen riesige Unterschiede, selbst innerhalb einer Modellreihe. In Zukunft wird die Auslegung der Steifigkeit noch viel mehr im Fokus der Entwicklung von Fahrrädern stehen – denn sie besitzt einen großen Einfluss auf die Fahrqualität und die Ermüdung.
Ich gebe zu, dass ich oft falsch tippe, ob der Rahmen steif oder weich ist. Das liegt vermutlich an zwei Dingen: 1. Komponenten, die den Eindruck verfälschen. 2. Mit 75 Kilo Körpergewicht machen sich leichte Steifigkeits-Abweichungen eh kaum bemerkbar. Dazu kommen individuelle Präferenzen: Ich mag zum Beispiel weiche Upside-down-Gabeln, die sich ihren Weg selbst durch fiese Steinfelder suchen. Kurzum: Ja, ein Rahmen kann zu steif oder zu weich sein, doch das ist Ausnahme.