Techtalk FahrradrahmenIst ein steifer MTB-Rahmen immer ein besserer Rahmen?

Laurin Lehner

 · 25.10.2024

Techtalk Fahrradrahmen: Ist ein steifer MTB-Rahmen immer ein besserer Rahmen?Foto: Markus Greber
Rein in den Turn! Flext der Hinterbau oder nicht?
Die Rahmensteifigkeit lässt sich im Labor effizient überprüfen. Eine Frage bleibt jedoch: Ist ein steiferer Fahrradrahmen immer besser? Und wenn ja, für alle Biker? Vier Typen, vier Meinungen.

Mountainbiker benötigen im Gelände für eine optimale Kontrolle sowohl Fahrstabilität als auch Lenkpräzision. Die entscheidende Komponente für hohe Präzision ist die Steifigkeit der einzelnen Bauteile, darunter Reifen, Laufräder, Gabel, Cockpit und insbesondere der Rahmen. Man könnte annehmen, dass eine höhere Steifigkeit immer besser ist. Allerdings spielen Faktoren wie Ermüdung, Fahrgefühl und das Bedürfnis nach einem fehlerverzeihenden Fahrverhalten in anspruchsvollem Gelände ebenfalls eine wichtige Rolle.

So wirkt das Körpergewicht auf den Rahmen.Foto: Robert NiedringSo wirkt das Körpergewicht auf den Rahmen.

Systemsteifigkeit

Reifen, Laufrad, Rahmen und Gabel bilden zusammen eine Reihenschaltung von Federn, die uns mit dem Boden verbindet. Die Laufräder sind die steifsten Bauteile (100 %), gefolgt von Reifen (40 %), Gabel (20 %) und Rahmen (15 %). Theoretisch sind am ehesten Varianzen im weichsten Bauteil der Kette zu spüren – also im Rahmen.

Robert Krauss, Konstrukteur Propain

Wie bei so vielen Dingen liegt die Lösung in der Mitte. Nicht zu steif und nicht zu weich. Wir vermessen das ganze Bike und streben einen Zielwert an, der aus dem Feedback von unseren Rennteams resultiert. Unterschiedliche Einsatzzwecke erfordern unterschiedliche Steifigkeiten. Der Wunsch nach unterschiedlichen Steifigkeiten, je nach Rahmengröße, wurde bisher vom Rennteam oder Kunden nicht geäußert.

Propain CEO und Konstrukteur Robert Krauss sieht die goldene Mitte als die Lösung.Foto: PropainPropain CEO und Konstrukteur Robert Krauss sieht die goldene Mitte als die Lösung.

Philipp Friedrich, Park Chefmechaniker, Geißkopf

Ich wiege einsatzbereit 110 Kilo und spüre deutlich, wenn ein Hinterbau zu weich ist. Das fühlt sich unsicher an und hemmt in der Abfahrt – besonders in Anliegern. Reifenspuren an den Sitzstreben sind eindeutige Anzeichen für fehlende Steifigkeit. Zu weiche Gabeln sehe ich auch kritisch. Andersherum weiß ich von leichten Fahrern, die von zu steifen Gabeln (Rockshox ZEB) schneller Armpump bekommen.

Der Chefmechaniker und Bike-Trainer vom Bikepark Geißkopf ist schon einige Bikes gefahren. <a href="https://www.bike-magazin.de/fahrraeder/mountainbike/all-mountain-bikes/bike-test-2024-rahmensteifigkeit-kann-ein-mtb-steif-genug-sein-oder-ist-steifer-besser/" target="_blank" rel="noopener noreferrer">Philipp war auch Teil unseres Blindversuchs</a>.Foto: Robert NiedringDer Chefmechaniker und Bike-Trainer vom Bikepark Geißkopf ist schon einige Bikes gefahren. Philipp war auch Teil unseres Blindversuchs.

Peter Nilges, BIKE-Testchef

Beim Thema Rahmensteifigkeit stecken viele Hersteller noch in den Kinderschuhen und verschenken wertvolles Potenzial. Unsere Messungen und Fahrtests zeigen riesige Unterschiede, selbst innerhalb einer Modellreihe. In Zukunft wird die Auslegung der Steifigkeit noch viel mehr im Fokus der Entwicklung von Fahrrädern stehen – denn sie besitzt einen großen Einfluss auf die Fahrqualität und die Ermüdung.

<a href="https://www.bike-magazin.de/fahrraeder/mountainbike/all-mountain-bikes/bike-test-2024-rahmensteifigkeit-kann-ein-mtb-steif-genug-sein-oder-ist-steifer-besser/"  rel="noopener noreferrer">Test-Chef Peter Nilges ist ein Befürworter von Steifigkeits-Tests. “Hier gibt’s noch viel Potenzial”, sagt Nilges. </a>Foto: Georg GrieshaberTest-Chef Peter Nilges ist ein Befürworter von Steifigkeits-Tests. “Hier gibt’s noch viel Potenzial”, sagt Nilges.

Laurin Lehner, BIKE-Testredakteur

Ich gebe zu, dass ich oft falsch tippe, ob der Rahmen steif oder weich ist. Das liegt vermutlich an zwei Dingen: 1. Komponenten, die den Eindruck verfälschen. 2. Mit 75 Kilo Körpergewicht machen sich leichte Steifigkeits-Abweichungen eh kaum bemerkbar. Dazu kommen individuelle Präferenzen: Ich mag zum Beispiel weiche Upside-down-Gabeln, die sich ihren Weg selbst durch fiese Steinfelder suchen. Kurzum: Ja, ein Rahmen kann zu steif oder zu weich sein, doch das ist Ausnahme.

Test-Redakteur Laurin Lehner findet die Steifigkeits-Thematik überbewertet. Zumindest für Fahrer unter 80 Kilo.Foto: Dimitri LehnerTest-Redakteur Laurin Lehner findet die Steifigkeits-Thematik überbewertet. Zumindest für Fahrer unter 80 Kilo.

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