Wenn’s am Reifen zischt, als hätte man eine zu stark geschüttelte Sprudel-Flasche zu schnell geöffnet, dann ist klar: Jetzt herrscht erst mal Stillstand auf dem Trail. Und trotzdem kommt man als Biker in solchen Situationen leicht aus der Puste. Dann nämlich, wenn man die falsche Minipumpe dabei hat.
Mountainbike-Reifen fährt zwar inzwischen kaum mehr jemand mit mehr als 2 Bar Druck, doch dafür hat sich ihr Volumen in den vergangenen Jahren stetig vergrößert. 29 x 2,35 Zoll gilt heute als gesundes Maß für einen MTB-Reifen. Mit Minipumpen, deren Zylinder oft nicht größer sind als 60 Kubikzentimeter, bedeutet des ordentlich Hubarbeit für die Arme, bis die fetten Schlappen mit Luft betankt sind.
Spezielle High-Volume-Pumpen sollen Bike-Reifen deutlich schneller und komfortabler befüllen. Doch die Großvolumer haben nicht nur Vorteile, wie unser Test von elf aktuellen Modellen zeigt.
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Schon die Definition einer HV-Pumpe ist Ansichtssache. Während sich der Winzling von BBB noch zwischen Daumen und Mittelfinger spannen lässt, ist die Mini-Standpumpe von Lezyne groß wie eine Küchenrolle und ohne Rucksack nicht zu transportieren. Auch den Allround-Anspruch müssen die meisten Minipumpen mit dem Kürzel HV abtreten. Viele der Pumpen schaffen maximal 4 bis 5 Bar Druck – bei Lezyne ist sogar schon bei 2,4 Bar Schluss. Rennradreifen lassen sich damit nicht mehr befüllen. Die Ausnahmen: Bei Blackburn kann man zwischen hohem Druck und großem Volumen umschalten. Und die schlanke Pro schafft generell bis zu 7 Bar. Dafür benötigt sie im Vergleich aber auch am meisten Hübe, um unser Testvolumen von 1 auf 2 Bar zu befüllen.
Während Lezyne mit gerade mal 28 Hüben 1 Bar Druck in den simulierten 2,35er-Reifen presst, muss man mit der Pro für dasselbe Volumen fast zehnmal so oft pumpen – das gleicht einer Folter für die Arme. Wenn zusätzlich zu kurze Griffe oder scharfe Kanten an das Handling erschweren, wird es doppelt anstrengend.
Am komfortabelsten pumpt es sich mit den Minipumpen, die auch der haltenden Hand ausreichend Grifffläche bieten und im besten Fall über einen kleinen Schlauch verfügen. Der entkoppelt den Pumpvorgang vom Ventil und verringert Scherkräfte, die auf den Ventilkopf wirken. Bei Pumpen, die man direkt am Ventil klemmt (BBB, Blackburn und Specialized), fällt die Griffhülse oft so kurz aus, dass man sich schnell die Finger oder Handballen klemmt. Der Klappgriff der Klic HV von Crankbrothers ist zwar praktisch, doch hier stoßen die Knöchel leicht am Pumpengehäuse an – autsch!
Ein weiteres Manko der HV-Minipumpen: Mit dem Volumen steigen auch die Kräfte, die nötig sind, um die Luft in den Reifen zu drücken. Als besonders schwergängig haben sich Blackburn und Zéfal erwiesen. Topeak verringert die Kräfte über eine spezielle Doppelkammer, Specialized trickst mit der Pumpenlänge. Und bei Lezyne hält sich der Kraftaufwand im Rahmen, weil sich die Micro Floor wie eine Standpumpe am Boden abstützt.
Auch bei den Pumpenköpfen gibt es große Unterschiede. Die meisten Minipumpen werden entweder per Hebel geklemmt oder am Ventil aufgeschraubt. Erstere bauen in der Regel etwas größer und haben den Nachteil, dass beim Wechsel zwischen Presta- und Schrader-Ventil der Kopf umgebaut werden muss. Die Kleinteile verschwinden dann schnell mal in der Botanik. Auch die Klemmhebel sind nicht immer einwandfrei zu bedienen und häufig kantig oder friemelig.
Als besonders praktisch hat sich der Universalkopf der Blackburn erwiesen: Er bedient alle gängigen Ventilarten ohne lästige Umbauarbeiten. Ähnlich clever ist nur der Pumpenkopf von Decathlon, dessen T-förmiger Aufsatz auf der einen Seite Presta-, auf der anderen Seite Schrader-Ventile befüllt. Als angenehm und platzsparend haben sich Pumpenköpfe erwiesen, die einfach auf das Ventil aufgeschraubt werden. Um zwischen den Ventilarten zu wechseln, dreht man dann lediglich den Aufsatz der Minipumpen. Doch Vorsicht: Wenn das Ventilköpfchen nicht fest genug sitzt, schraubt man es nach dem Aufpumpen einfach mitsamt dem Pumpenkopf ab. Dann zischt die Luft aus dem Reifen, als hätte man eine Flasche Mineralwasser zu schnell geöffnet und man kann wieder von vorne beginnen.
Der Umbaukopf ist etwas aufwendiger und kleinteiliger. Hier müssen der Pumpenkopf der Minipumpen aufgeschraubt und die Teile je nach Ventil richtig eingesetzt werden. Ein Klemmhebel sorgt für Halt auf dem Ventil. Einen Umbaukopf haben die Pumpen von Specialized, Syncros, Topeak, Zéfal.
Auf dem Schlauch sitzt ein Adapter mit zwei unterschiedlichen Anschlüssen. Je nach Ventilart wird der Flip-Flop-Kopf entsprechend gedreht eingeschraubt. Diese Art Pumpenkopf wird per Gewinde auf das Ventil geschraubt und sitzt sehr sicher beim Pumpen. Die Pumpen von Crankbrothers, Lezyne, Pro sowie Sonderformen bei SKS und Decathlon sind mit Flip-Flop-Kopf ausgestattet.
Der Universalkopf passt immer und ohne vorheriges Umrüsten auf jegliche Art von Ventil und ist daher besonders praktisch. Der Universalkopf wird per Hebel auf dem Ventil geklemmt. Zu finden an der Pumpe von Blackburn.
Pumpleistung | 35 Prozent
Unser Prüfstand simuliert einen Reifen der Dimension 29 x 2,35 Zoll. Ausgehend von 1 bar Druck mussten alle Minipumpen das Testvolumen bis auf 2 bar füllen. Der Druck wurde dabei mit einem Präzisionsmanometer abgelesen, die benötigten Pumpenhübe haben wir in drei Durchgängen ermittelt. Am Ende hängt die Leistung von einem ausgeglichenen Maß aus Durchmesser und Hub der Pumpe ab. Ein voluminöser Zylinder füllt schnell auch große Reifen, benötigt bei steigendem Druck aber auch mehr Kraft und umgekehrt.
Handling/Ergonomie | 35 Prozent
Hier achten wir auf harte, scharfe Kanten, sowie die Griffigkeit und den Durchmesser der Minipumpen. Blankes Alu bietet häufig einen schlechteren Griff als etwa gummierte oder silikonbezogene Oberflächen. Auch das Klemmrisiko für Finger und Handballen durch zu kurze Griffhülsen fließt in die Wertung ein. Ebenso wie das Handling des Pumpenkopfes beim Aufsetzen und Klemmen am Ventil. Als weiteren Punkt bewerten wir die beim Pumpen benötigten Handkräfte.
Ausstattung | 15 Prozent
Bei der Ausstattung der Minipumpen achten wir auf das Vorhandensein einer Staubkappe für den Pumpenkopf, welche Ventilarten bedient werden und ob eine Rahmenhalterung geliefert wird. Zusatzpunkte gibt es etwa für Klappgriffe, CO2-Adapter etc. Eine hochwertige Verarbeitung mit geringen Toleranzen verspricht eine lange Lebensdauer der Pumpe.
Gewicht/Packmaß | 15 Prozent
Eine gewisse Größe ist für ein hohes Pumpvolumen unumgänglich. Dennoch spielt diese beim Transport in Rucksack, Hipbag oder Trikottasche eine Rolle. Auch bei der Montage am Rahmen ist eine schlanke Bauform von Vorteil. Beim Gewicht ist weniger mehr. Gute Modelle gibt es schon mit deutlich unter 150 Gramm.