So schützen Sie Ihren E-Bike-Motor vor Wassereintritt

Jochen Donner

 · 14.07.2019

So schützen Sie Ihren E-Bike-Motor vor WassereintrittFoto: Markus Greber
So schützen Sie Ihren E-Bike-Motor vor Wassereintritt

Elektrik und Wasser mögen sich nicht. Doch was tun bei Schmuddelwetter, Waschorgien oder bei einer Flussquerung?

Ein kapitaler Motorschaden am E-MTB ist so ziemlich das schlimmste Szenario für jeden E-Biker. Erstens ist die Tour beendet, zweitens kann das deftig teuer werden. Doch der Alptraum wird häufiger Realität als man denkt: Undichtigkeiten an der Tretlagerwelle führten bei verschiedenen Motoren unserer Leser, aber auch schon bei Kollegen in der Redaktion, zu Wasser- und Schmutzeintritt – und damit zu Schäden im Inneren des Motors. Auch die Performance Line CX von Marktführer Bosch war betroffen. Die Motoren wurden auf dem Wege der Kulanz über den Fachhandel zwar ausgetauscht. Doch die Touren-Ambitionen muss mal erst mal ad acta legen.

Wasser ist am E-MTB nun nicht zu vermeiden. Denn gerade ein intensiv gefahrenes Bike muss regelmäßig gewaschen werden. Und auch auf Tour kann es bei einer Durchquerung durchaus zum unerwünschten Vollbad kommen. Bei kurzzeitigem Untertauchen der Kurbel oder des gesamten Motors müsste die dicke Fettpackung das System zwar abdichten, garantiert ist das aber nicht. Nach dem Tauchbad sollte man auf keinen Fall selbst das Gehäuse öffnen, sondern auf dem schnellsten Weg seinen Fachhändler aufsuchen. Ohnehin empfiehlt es sich, unterwegs immer ein saugfähiges Microfasertuch im Rucksack dabeizuhaben – damit bekommt man die prekären Stellen schnellstmöglich wieder trocken.

Die Motoren aller Hersteller sind gegen Wasser abgedichtet, das wird oft auch nach internationaler Norm zertifiziert. Unterschiede gibt es, wie stark die Wasserdichtigkeit ausgeprägt ist und – vor allem – wie offen die Hersteller mit Informationen darüber umgehen. Unter Verweis auf Betriebsgeheimnisse war Shimano nur zu entlocken, dass es bisher noch keine nachweislichen Wasserschäden an Shimano-Motoren gegeben habe. Auf Anfrage erklärte Bosch: "Unsere Ingenieure haben die Zusammensetzung und Menge der als Dichtmittel agierenden Fett­packung optimiert und einen zusätzlichen Lagerschutzring eingeführt. Diese technischen Verbesserungen stehen als Nachrüst-Kit über den Fachhandel auch den Nutzern älterer CX-Drive-Units zur Verfügung."

WASCHEN

Nehmen Sie Akku und Display ab. Deren Kontakte sind gegen Wasser gedichtet. Benetzen Sie das schmutzige Bike mit Wasser, sprühen Sie Bike-Reiniger auf, und lassen Sie ihn einige Minuten einwirken. Den aufgeweichten Schmutz spült man mit Schlauchwasser ab oder wischt ihn mit dem Schwamm vom Bike. Achten Sie darauf, dass der Wassersdruck beim Abspülen nicht zu stark ist, und spritzen Sie besser aus einem schrägen Winkel. Dann klar nachspülen und gut abtrocknen. Nässe darf sich nirgends aufstauen. Die Schwachstelle von Bike-Motoren ist dort, wo die Tretlagerwelle durchstößt. Halten Sie deshalb mit dem Gartenschlauch nie direkt auf die Lagerung der Welle.

  Richtig Waschen vermeidet Ärger mit der ElektronikFoto: Markus Greber
Richtig Waschen vermeidet Ärger mit der Elektronik

TRANSPORTIEREN

Am besten transportiert man sein E-MTB geschützt im Auto. Wer einen externen Heckträger nutzt, sollte grundsätzlich Display und Akku abnehmen – gerade auch bei Sommerwetter, um den Akku vor zu großer Hitze zu schützen. Bei Regenwetter hilft eine fest verzurrte Schutzhülle, Schmutz und Nässe am Bike zu vermeiden. Doch auch unverpackt muss man einen Regenschauer auf der Autobahn nicht fürchten: Die Dichtungen an Elektrik und Motor werden mit Nässe auch in vollem Fahrtwind fertig.

  Beim Transport auf dem Heckträger sollte man Display und Akku abnehmen und trocken im Innenraum lagern.Foto: Ronny Kiaulehn
Beim Transport auf dem Heckträger sollte man Display und Akku abnehmen und trocken im Innenraum lagern.

DOS & DONT'S

  1. Nehmen Sie einen externen Akku zum Waschen ab. So lassen sich auch die Zwischenräume säubern, das Wasser läuft vollständig ab, und Sie können gut nachtrocknen.
  2. Achten Sie bei integrierten Akkus darauf, dass sich unter der Ab­deckung keine Nässe sammelt.
  3. Trocknen Sie das Bike nach einer Wäsche immer ab. Mit einem saugfähigen Microfasertuch lassen sich auch verwinkelte Kontaktstellen sorgfältig trocknen.
  4. Hochdruckreiniger sind tabu! Der harte Wasserstrahl unterwan-dert Dichtungen und spült Fett aus den Lagern. Richten Sie sicherheitshalber auch den Strahl eines Gartenschlauchs nie direkt auf Tretlagerwelle, Kontakte oder Steckverbindungen.
  5. Ein Stoß Kontaktspray auf alle elektrischen Kontakte vor dem Einbau von Akku und Display verdrängt letzte Feuchtigkeitsreste und beugt Korrosion vor.
  6. Akku und, falls möglich, auch Display und Bedieneinheit für den Transport auf dem Autoträger entfernen: Das reduziert die Trägerlast, verhindert Diebstahl und Rempelschäden und schützt vor zu starker Sonneneinstrahlung.
  7. Akku- und Display-Kontakte brauchen auch bei Regen nicht abgedeckt zu werden. Vor dem Einbau jedoch mit einem Microfasertuch säubern, abtrocknen und gelegentlich mit Kontaktspray behandeln.
  8. Wer sein Bike auf dem Außen-träger in eine Hülle packt, sollte das Bike bei Ankunft gleich auspacken, um feuchtes Mikroklima zu vermeiden.
  9. Verstauen Sie den Akku sicher und rutschfest im Auto. Er darf auch bei einer Notbremsung oder einem Unfall nicht im Auto herumfliegen.

TIPPS

Optimal ist, das Bike nach jeder Tour gründlich zu reinigen. Halten Sie jedoch mindestens den Bereich der Tretwelle um Kurbel und Kettenblatt immer sauber. Damit verhindern Sie, dass sich Schmutz festsetzt, der bei Nässe mit in die Tretwellenlager geschwemmt werden kann.

Sollte bereits Feuchtigkeit in den Motor eingedrungen sein, öffnen Sie das Gehäuse auf keinen Fall selbst. Suchen
Sie schnellstmöglich den Fachhändler auf.

Treten ungewöhnliche Geräusche am Motor auf, suchen Sie umgehend den Fachhändler auf. Die meisten Hersteller empfehlen, das E-MTB regelmäßig einmal jährlich vom Fachhändler überprüfen zu lassen. Beim Service wird auch die Motorabdichtung kontrolliert und gegebenenfalls ausgetauscht.

Auf gemeldete Schadensfälle hat Bosch kulant reagiert und stellt nach eigenen Angaben via Fachhandel ein Nachrüst-Kit mit verbesserten Dichtungen und geändertem Fett auch für ältere Motoren bereit.

WASSERSCHUTZ NACH NORM

Wie stark ein elektrisches Aggregat – zum Beispiel ein E-MTB-Motor – gegen das Eindringen von Schmutz, Wasser, aber auch gegen Finger oder Werkzeuge neugieriger Benutzer geschützt ist, klassifiziert man weltweit mit sogenannten Schutzarten nach der IP-Norm. Die erste der zweistelligen IP-Ziffernfolge bezeichnet das Schutz-Level gegen Fremdkörper und Berührung, die zweite Stelle gegen Wasser. Diese Klassifizierung ist jedoch sehr allgemein gehalten, da sie weltweit auch für Hausstrominstallationen, Industrieanlagen oder Outdoor-Handys angewendet wird. Faktisch bedeutet dies, dass selbst die höchste Schutzart 6, die nur Brose bietet, einen Motor nicht bei kurzfris­tigem Untertauchen bei einer Bachdurchfahrt oder direktem Beschuss mit einem Hochdruckreiniger schützen kann. Auch, was unter den Schlagworten Sprüh-, Spritz- oder Strahlwasser in der Norm-Definition zu verstehen ist, steht nicht unverrückbar fest. Unsere Recherche bei den Motorherstellern Bosch, Brose, Shimano, Yamaha und Rocky Mountain ergab da recht unterschiedliche Auffassungen. Einig waren sich alle: Regenschauer unterwegs oder das Waschen mit dem Gartenschlauch sind für keinen MTB-Motor ein Problem. Ein kurzes Untertauchen beim Überqueren eines Baches hat jedoch kein Hersteller eingeplant. Ob wirklich Wasser eingedrungen ist, kann nur der Fachhändler feststellen. Also: besser sofort zum Service!

  Das Innenleben des Bosch-CX-Aggregats: Lagerschutzring und dicke Fettpackung müssen dafür sorgen, dass Wasser nicht im Tretlagerbereich eindringen kann. Foto: Daniel Simon
Das Innenleben des Bosch-CX-Aggregats: Lagerschutzring und dicke Fettpackung müssen dafür sorgen, dass Wasser nicht im Tretlagerbereich eindringen kann. 

DIE IP-STUFEN

Die Schutzart IP (International Protection Code) gibt die Eignung elektrischer Aggregate für den Betrieb unter verschiedenen Umweltbedingungen an. Die zweite Ziffer ist relevant für die Dichtigkeit gegen Wasser. Unsere Umfrage unter den wichtigsten Motorenherstellern brachte unterschiedliche Klassifizierungen der Antriebe zutage: Für Bosch- und Yamaha-Antriebe gilt IP54, womit "allseitiges Spritzwasser" vom Motorinneren ferngehalten wird. Brose klassifiziert seinen Antrieb mit IP56 – die Ziffer 6 bedeutet, der Motor widersteht "starkem Strahlwasser". Rocky Mountain vergibt, wie Shimano, gar keine Schutzart. Der Rocky-Motor ist konstruktiv vom Tretlager getrennt, das macht ihn sehr viel unempfindlicher gegen Wasser. Shimano testet ausschließlich nach eigenem Verfahren, ohne zu sagen, wie.

Die für E-Bike-Antriebe relevanten IP-Bereiche schützen im einzelnen gegen:
IPX4: allseitiges Spritzwasser
IPX5: Strahlwasser aus allen Winkeln
IPX6: starkes Strahlwasser
Gegen zeitweiliges oder dauerndes Untertauchen wären Stufe 7 oder 8, gegen Hochdruckreiniger sogar die Schutzartziffer 9 erforderlich.

Interview mit Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad und E-Bike-Sachverständiger

  Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad- und E-Bike-SachverständigerFoto: Privatfoto
Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad- und E-Bike-Sachverständiger


Häufen sich, Deiner Erfahrung als Gutachter nach, mittlerweile Wasserschäden an E-Bike-Motoren?
Dieses spezielle Problem kenne ich so nicht. Wenn ich jedoch höre, dass die Fragestellung gezielt E-MTB-Motoren betrifft, denke ich sofort an den Gebrauch von Hochdruckreinigern. Die tun auch schon dem Fahrrad, aber noch viel weniger einem E-Bike gut. Mit teils über 100 Bar Wasserdruck wird jegliches Fett ausgewaschen und jede Dichtung unterspült. Deshalb rate ich seit jeher von einer Hochdruckreinigung am Bike generell ab.


Sind aktuelle E-MTB-Antriebe also ausreichend vor Nässe geschützt?
Die Antriebshersteller stapeln bei Angaben zur Betriebssicherheit, wozu auch der Nässeschutz zählt, generell eher tief, um bei Schadensfällen auf der sicheren Seite zu stehen. Die konservative Angabe von IPX4, Schutz gegen Spritzwasser, kann durchaus bedeuten, dass der Antrieb kurzzeitiges Untertauchen bei einer Bachdurchfahrt wegsteckt. Verlassen darf man sich als Verbraucher jedoch nicht darauf. Deshalb sollte man seine Kaufentscheidung nicht von der Angabe zur Wasserdichtigkeit eines Systems abhängig machen.


Taugt eine so generell formulierte Schutzart wie die IP-Norm überhaupt dazu, das komplexe Spezialthema
E-MTB zu fassen?
Das ist das generelle Problem von Normen. Wie soll man einen Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch definieren, solange man keinen konstanten Fluid unter Laborbedingungen hat? Deshalb sind gut recherchierte, praxisbezogene Anleitungen zur Reinigung und Pflege in der Fachpresse ja so wichtig.

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