Geben Sie Langfingern keine Chance!

Sebastian Brust

 · 28.04.2016

Geben Sie Langfingern keine Chance!Foto: Jens Heilmann
Geben Sie Langfingern keine Chance!

Traurig, aber wahr: Wer Ihr Rad wirklich stehlen will, der schafft das auch. Mit diesen Tipps machen Sie es selbst professionellen Langfingern zumindest unangenehm schwer.

Gelegenheit macht Diebe. Doch nicht nur. Machen wir uns nichts vor: Wer Ihr hochwertiges Mountainbike unter allen Umständen stehlen möchte, der schafft das auch. Man bräuchte wohl einen Geldspeicher wie Dagobert Duck, um sich selbst gegen die Skrupellosesten unter den Voll-Profis und organisierte Diebesbanden zuverlässig schützen zu können.

Am wichtigsten ist, niemals das Bike ungesichert abzustellen – auch nicht für Sekunden. Gerade auf großen Veranstaltungen und Festivals bleibt ein Fahrraddieb, der – womöglich noch mit Fahrradklamotten bekleidet – im Menschengewimmel ein ungesichertes Rad nimmt und einfach wegschiebt, garantiert unbemerkt. Gelegenheitsdiebe gibt es überall.

Für alle Fälle empfiehlt die Polizei den Fahrradpass, den Sie am besten direkt nach dem Bike-Kauf – oder spätestens jetzt – ausfüllen sollten. Im Fahrradpass werden Hersteller, Modell, Rahmennummer und wichtige Merkmale des Rads vermerkt. Und schießen Sie Fotos, das erleichtert die Identifizierung deutlich. Den Fahrradpass gibt es als PDF und auch als App. Dann brauchen Sie ein wirklich gutes und sicheres Fahrradschloss. Wer hier spart, spart definitiv an der falschen Stelle. Der letzte BIKE Schloss-Test zeigte: Fahrradschlösser werden immer sicherer, dünne Drahtspiralen sind von gestern und taugen bestenfalls für das kurzfristige Sichern auf Tour. Doch auch ein gutes Schloss muss richtig eingesetzt werden. Hier die Top-10 der besten Tipps gegen Fahrraddiebstahl:

1. Anschließen statt Abschließen

Einfaches Zusammenschließen von Rahmen und Hinterrad reicht nicht aus, da das Bike so einfach weggetragen werden kann. Schließen Sie Ihr Bike immer an einem festen Gegenstand an – selbst wenn das Bike nur kurz abgestellt wird. Achten Sie darauf, dass das Objekt nicht so niedrig ist, dass das Bike mitsamt Schloss herausgehoben werden kann.

2. Teile sichern

Schließen Sie schnell demontierbare Teile wie Laufräder mit Steckachsen mit dem Rahmen an. Auch kurze Schlösser reichen um beide Sitzstreben und sichern so das Hinterrad. Mit kleinen Zusatzschlössern und Systemen wie Pitlock beugt man dem Diebstahl von Anbauteilen vor. Zubehörteile wie Bike-Computer, GPS-Systeme, Leuchten, Taschen usw. nehmen Sie immer ab.

3. Eng geschlossen

Schließen Sie das Schloss eng um Rahmen und Laufrad, so haben Diebe keinen Hebelansatz. Der Schließzylinder zeigt am besten nach unten und ist schwer zugänglich.

4. Immer im Blick

Je exponierter der Bike-Parkplatz, umso besser. In versteckten Ecken ist nicht nur das Bike, sondern auch der Dieb unbeobachtet. Im Blickfeld der Passanten sind Gauner wesentlich vorsichtiger. Parken Sie das Rad auf großen Abstellanlagen möglichst in der ersten Reihe.

  Schließen Sie Rahmen und Hinterrad (1) eng an einem fest verankerten Gegenstand an. Sichern Sie auch leicht demontierbare Teile wie das Vorderrad (2) und parken Sie in der ersten Reihe. Womit Sie Ihr Bike am besten sichern, lesen Sie in unserem letzten <a href="service/bike_wissen/schloss-test-2014-sechs-fahrradschloesser-im-vergleich/a22221.html"  rel="noopener noreferrer">BIKE Schloss-Test</a> .Foto: Philipp Schieder
Schließen Sie Rahmen und Hinterrad (1) eng an einem fest verankerten Gegenstand an. Sichern Sie auch leicht demontierbare Teile wie das Vorderrad (2) und parken Sie in der ersten Reihe. Womit Sie Ihr Bike am besten sichern, lesen Sie in unserem letzten BIKE Schloss-Test .

5. Bilden Sie Banden

Wer in der Gruppe unterwegs ist, sichert die Bikes mit mehreren Schlössern. Gut geeignet sind Abstellbügel, an denen links und rechts je ein Rad stehen kann. Doppelter Aufwand für Langfinger!

6. Beim Transport

Wer meint, auf dem Fahrradträger ist das Bike sicher genug, irrt. Ein paar Sekunden an der Ampel oder auf dem Hotelparkplatz beim Ein- oder Auschecken reichen einem Dieb, um seine Beute zu machen. Das bekommt man auch im Rückspiegel nicht mit. Sichern Sie daher Ihr Bike auch auf dem Fahrradträger gegen einfaches Abnehmen und schließen Sie es mit einem guten Schloss am Träger an. Wenn Sie Ihr Bike im Fahrzeug transportieren, holen Sie es immer raus.

7. Tuning kann helfen

Im ersten Moment mag es widersprüchlich erscheinen, aber Tuning kann Diebe abschrecken. Individuelle Bikes fallen leichter auf und man wird sie schwerer wieder los. Ein Bike von der Stange hat kaum Wiedererkennungswert.

8. Fakten notieren

Notieren Sie sich Marke, die exakte Modellbezeichnung, Farbe, Ausstattung, besondere Merkmale und – natürlich – die Rahmennummer Ihrer Bikes und dokumentieren Sie dies mit einem Foto. Nur so kann im Falle eines Diebstahls Ihr Bike sicher identifiziert werden.

9. Codierung

Lassen Sie Ihr Bike beim Fahrradhändler, einem Fahrradclub oder bei der Polizei codieren. Der Code schreckt nicht nur Diebe ab, sondern erhöht auch die Chance auf Aufklärung. Carbon- und ultraleichte Aluminium-Rahmen eignen sich nicht für die Gravur-Codierung. Nutzen Sie die Klebecodierung. Weitere Infos dazu gibt’s beim ADFC hier

10. Standortwechsel

Ob zuhause oder unterwegs: Lassen Sie ihr Bike nicht wiederholt am selben Ort über längere Zeit stehen. Das gibt Dieben nützliche Informationen, wann sie ungestört zuschlagen können.

Notfall-Tipps, wenn kein Schloss vorhanden ist

Wer unterwegs sein Bike unbedingt kurz alleine lassen muss, aber kein Schloss dabei hat, kann mit den Notfall-Tipps im Video der Kollegen vom Global Cycling Network oben zumindest das schnelle Wegfahren verhindern und so möglicherweise die eine oder andere wertvolle Sekunde herausschinden, um den Dieb noch zu Fuß zu fassen.

Geben Sie Fahrraddieben keine Chance und schließen Sie Ihr Bike immer mit einem sicheren Schloss an. Denn Gelegenheit macht Diebe – wie das launige Video mit ernstem Hintergrund der nicht offiziellen Fahrrad-Klau-EM beweist:

Doch auch wenn man meint, alles richtig gemacht zu haben, kann es einen treffen. Ausgerechnet wenn die Bike- und Festival-Saison startet, und uns die ersten warmen Frühlingstage sehnsüchtig und euphorisch nach draußen ziehen, wittern leider auch die professionellen Fahrraddiebe wieder ihre Chance auf Beute.

  Beim eigenen Test-Event am Flowtrail Stromberg wurde die gesamte Radon-Flotte aus dem Hotel-Keller gestohlen.Foto: Hersteller
Beim eigenen Test-Event am Flowtrail Stromberg wurde die gesamte Radon-Flotte aus dem Hotel-Keller gestohlen.

Auch der Versandhändler Radon Bikes wurde Anfang 2016 prominentes Opfer des Fahrraddiebstahls im großen Stil: Bei einem Test-Event in Stromberg wurde die gesamte Testflotte – insgesamt 12 hochwertige Carbon-Mountainbikes – und weitere Guide- und Privatbikes im Gesamtwert von vielen Tausend Euro aus dem Hotel-Keller gestohlen (BIKE berichtete). Wir haben bei Lars Wiegand von Radon nach dem aktuellen Ermittlungsstand gefragt:


Wie laufen die Ermittlungen? Gibt es bereits Rückmeldungen?
Leider gibt es bisher keine Rückmeldungen von der Polizei. Wir haben in der Nachbarschaft Wurfzettel verteilt, woraufhin mehrere Anwohner angaben, einen auffälligen Transporter mit osteuropäischem Kennzeichen gesehen zu haben. Wir sind also weiterhin für jede Mithilfe, die zur Aufklärung führen kann dankbar.


Was ist eigentlich genau passiert?
Die Räder waren in einem abgetrennten und geschlossenen Lagerraum des Hotels gesichert. Dieser Raum wurde in der Nacht von außen aufgebrochen. Offensichtlich wussten die Diebe sehr genau, welche Tür sie aufbrechen mussten und was sich dahinter befindet.


Waren die Räder nicht versichert?
Die Versicherung der Bikes ist noch in der Klärung - wir hoffen das Beste.


Was hat die Auswertung der Video-Daten ergeben?
Die Videodaten waren leider recht unbrauchbar. Bei den Außenkameras kann man nur Lichter in der Nacht erkennen, aber keine Personen, Kennzeichen oder den Autotyp. Die Innenkamera des Hotels wurde anscheinend vergessen einzuschalten.


Welche Konsequenzen zieht Radon aus dem Diebstahl?
Im Grunde arbeiten wir bei jeder Veranstaltung mit zusätzlicher Security, auf die wir in Stromberg wegen des eignen Hotel-Lagerraums verzichtet haben. Einen Sicherheitsdienst werden wir ab sofort ohne Ausnahme eingesetzten. Dennoch werden wir uns auch selbst noch mehr als bisher auf die Sicherheit der Bikes konzentrieren. Über das Konzept der hauseigenen Test Days werden wir noch einmal nachdenken müssen und die Auswahl der Locations müssen wir noch stärker als bisher unter dem Sicherheitsaspekt beurteilen.


Habt Ihr Tipps für Besucher und Aussteller des BIKE Festivals?


Tipps für Besucher:

  • Bike niemals aus den Augen lassen. Auch beim kurzen "Tank"-Stop auf der Tour bleibt einer bei den Bikes.
  • Immer ein Schloss mitführen.
  • Nie das Bike im Kofferraum des Autos lassen.
  • Hotelräume sind besser als der Autokofferraum, können aber auch von vielen Personen begangen werden. Besser ist es das Bike mit auf’s Zimmer zu nehmen (immer mit dem Hotel im Vorfeld abklären). Wenn das Hotel einen Raum oder eine Garage zur Verfügung stellt, sollte das Bike darin noch zusätzlich mit einem Schloss gesichert werden.


Tipps für die Aussteller:

  • Bikes immer im Auge behalten.
  • Festival-Stand so aufbauen, dass "Selbstbedienung" ausgeschlossen ist.
  • Bikes am Stand abschließen.
  • Personalien der Testfahrer gründlich checken. Überlassungsvertrag/Haftungsausschluss abschließen und unterschreiben lassen (Unterschrift prüfen!!)
  • Zeiten der Probefahrten limitieren.
  • Bei ungutem Gefühl lieber auch mal eine Testfahrt verweigern.
  • Räder auffällig und möglichst dauerhaft als Testräder kennzeichnen.
  • Rahmennummern notieren so dass man im Fall des Falles konkreter fahnden kann.
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