Jan Timmermann
· 01.08.2022
Heute navigiert kaum mehr ein Bikerinnen und Biker mit Hilfe analoger Karten. Smarte Fahrrad Navis führen entlang von Wegpunkten bequem durch das Trail-Labyrinth. Bei deren Fülle an Funktionen verliert man jedoch schnell den Überblick. Welches GPS-Gerät bringt einen entspannt ans Ziel? Unsere Kaufberatung gibt die Antwort.
Einfach losfahren war gestern. Vorbei die Zeiten, in denen ein Radcomputer nur Tempo und Distanz anzeigte. Die aktuelle Generation Fahrrad Navis bringt Biker im Idealfall über die besten Trails, misst Herz- und Trittfrequenz, kommuniziert in Echtzeit mit den Kumpels und speichert abschließend alle Daten in der Cloud. Ein Hoch auf das digitale Zeitalter! Eine große Herstellerdiversität herrscht im Markt zwar nicht, doch bei hunderten von Funktionen pro Gerät verirren sich Kaufinteressierte schnell im Tabellen-Wirrwarr. Um im Labyrinth der Funktionsvielfalt zum passenden GPS-Gerät zu finden, müssen Sie zunächst klären, wofür der smarte Helfer eingesetzt werden soll. Um Ihnen die Wahl zu erleichtern, haben wir neun Navis für’s MTB in drei Preisklassen miteinander verglichen.
In der Vergleichsgruppe unter 200 Euro bietet nur Lezyne eine rudimentäre Karte in seinem Bike Navi. Sie hilft bei der Orientierung im Wegenetz, enthält aber kaum Details. Mit Lezyne, Sigma und dem kleinen Garmin kann man in übersichtlichem Gelände problemlos eine Route nachfahren. Zum Umplanen oder Erkunden muss man jedoch das Smartphone aus der Tasche ziehen und ohne Offline-Karte auf Internetempfang hoffen. Alle drei füttern den Fahrer mit umfangreichen Informationen. Als Trainingspartner sind die kompakten GPS-Navis also super. Als vollwertige Navigationsgeräte taugen sie aber nur bedingt.
Auf ausgedehnten Touren in unbekanntem Terrain ist eine Karte unersetzlich. Wie viele Details sie enthält, ist abhängig von der Geräte-Software. Giant bildet Wege auf einem schwarzen und Wahoo auf einem hellen Hintergrund ab. Für beide lassen sich kostenfrei Karten verschiedener Länder herunterladen. Diese zeigen das Wegenetz aus Straßen, Forstwegen und Trails. Zu Vegetation oder Geländeart enthalten sie aber keine Infos. Die vorinstallierten OSM-Karten von Garmin, TwoNav und Hammerhead sind da detaillierter. Der Edge 830 und das TwoNav-Gerät können mit (kostenpflichtigen) Topo-Karten nachgerüstet werden. Der Hammerhead benötigt dafür die App eines Drittanbieters wie beispielsweise OsmAnd. Die gute Nachricht: Mountainbikerinnen und -biker sind in fast allen Situationen mit den vorinstallierten Karten gut versorgt. Fans
topografischer Karten werden vor allem die Höhenlinien vermissen.
Das Offensichtliche zuerst: Auf großen, hochauflösenden Displays der GPS-Geräte lassen sich Abzweige und Fahrdaten besser erkennen. Auch wer das Gerät gelegentlich zum Wandern und für andere Sportarten nutzen möchte, sollte auf die Größe achten. Hammerhead und TwoNav bieten besonders viel Bildschirm. Für unter 200 Euro besitzt lediglich das Sigma ein Farb-Display. Wer ohne Umgebungskarte nur nach Track navigiert, kann auf Farbe aber auch verzichten. Geräte mit Touchscreen ermöglichen die flüssigste Bedienung – vor allem, wenn es um das Verschieben eines Kartenausschnitts geht. Die tastenbetriebene Konkurrenz lässt sich dafür besser mit Handschuhen bedienen.
Für lange Tage auf dem Bike kommt es auf eine effiziente Akku-Nutzung der Fahrrad Navis an. Akku-Laufzeiten sind stets relative Werte und variieren stark nach Display-Helligkeit und Kommunikation mit anderen Geräten. In unserem Vergleich haben wir die Laufzeit mit angeschaltetem Display sowie mit GPS- und Handy-Verbindung ermittelt. Die Angaben der Hersteller konnten wir dabei in keinem Fall erreichen. Besonders Lezyne und der Garmin Edge 830 punkten mit einer langen Laufzeit. Schlusslicht ist das kleine Garmin-Gerät. Alle Modelle sind mit Wasser- und Staubschutz für den Mountainbike-Alltag gewappnet. Ein großer Speicher erlaubt das Aufzeichnen vieler Fahrstunden und das Abspeichern von großem Offline-Kartenmaterial. Auch hier trumpfen TwoNav und Hammerhead auf. Bei Wahoo ist der Speicher nach dem Download der Deutschlandkarte bereits zur Hälfte belegt. Eine üppige Hardware drückt ebenfalls auf die Waage: In dieser Hinsicht könnte man anstelle des TwoNav auch fünf kleine Garmins an den Lenker schrauben.
Ein gutes Zusammenspiel von Technik und Biker ist ein Muss bei smarten GPS-Computern. Im Bereich Handhabung können intuitiv bedienbare Bike Navis mit klar lesbarem Display und einer verständlichen Menüführung Punkte sammeln. Gute Noten für das System aus Gerät und App gibt es, wenn die kabellose Kommunikation flutscht. Die Einrichtung von Gerät und App sollte sich von selbst erklären. Vor allem aber sollte die Übertragung von GPS-Tracks auf das Gerät ein Kinderspiel sein.
Die Hersteller setzen bei der Schnittstelle zum Handy auf jeweils eigene Apps. Wegen dieser Abhängigkeit sind die GPS-Geräte nur so gut wie die dazugehörige Software. Wer bereits eine App für einen Fitness-Tracker oder Heimtrainer nutzt, erleichtert sich das Datensammeln mit einem kompatiblen GPS-Computer. Hammerhead schafft mit einer eigenen SIM-Karte die größte Unabhängigkeit vom Handy. Der Karoo 2 und der Edge 830 lassen sich, ähnlich wie ein Smartphone selbst, mit Apps bespielen. So gelingt die Integration von Komoot, Strava und Co. am besten.
In unserer Kaufberatung 2009 schrieben wir noch: „Ein Bike-GPS muss gar nicht so viel können – das aber ziemlich gut.“ Damals konnten wir noch nicht ahnen, zu welchen Alleskönnern sich die Fahrrad Navis entwickeln würden. Aber es stimmt: Die meisten Biker wollen eigentlich nur unkompliziert eine Strecke planen, aufs Gerät übertragen und losfahren. Leider geht in der Fülle an Features diese eigentliche Kernkompetenz der smarten Geräte oft verloren. Am einfachsten klappt das Bereitstellen einer Strecke bei Garmin und Wahoo. Für alle aktuellen GPS-Geräte gilt aber: mitdenken! Nur, wer sich an Handy und PC gut zurechtfindet, wird mit ihnen glücklich. Bei allen smarten GPS-Geräten entscheidet die technische Affinität des Bikers über Frust oder Navi-Glück – noch bevor das Bike überhaupt aus der Einfahrt rollt.
Kompakt-GPS ab 170 Euro:
Bestseller ab 280 Euro:
Smarte GPS-Geräte ab 350 Euro:
Den Test der 9 GPS-Geräte aus BIKE 7/2022 mit allen Daten und Noten erhalten Sie unten als PDF zum Download:
Test GPS-Geräte aus BIKE 7/2022
In einigen unserer Auftritte verwenden wir sogenannte Affiliate Links. Diese sind mit Sternchen gekennzeichnet. Wenn Sie auf so einen Affiliate-Link klicken und über diesen Link einkaufen, erhalten wir von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter (wie z.B. Rose oder Amazon) eine Provision. Für Sie verändert sich der Preis dadurch nicht.