Klettern mit dem Bike erfordert hohe Dauerleistung ohne Unterbrechung – die Rollphasen, die im Flachland immer wieder Entspannung bzw. Erholung erlauben, fallen weg. Das macht das Klettern härter als das Fahren in der Ebene. Die nötigen Zutaten fürs Klettertraining sind eine gute Grundlagenausdauer, die es ermöglicht, lange Strecken effizient zurückzulegen. Darauf aufbauend, ist eine stärker ausgeprägte Ermüdungsresistenz der Beinmuskulatur beim Klettern gefragt, sowie die Fähigkeit, über längere Zeit auch mehr Power zu entwickeln, als im Flachen notwendig ist. Zusätzlich ist der Oberkörper mehr gefordert, weil er das stabile Widerlager für die kraftvollere Beinarbeit bilden muss. Schwäche in diesem Kriterium führt zu Rückenproblemen, welche die Kletterei gründlich vermiesen können.
Schließlich muss auch noch der Kopf mitspielen, Stichwort „mentale Härte“. Auf längeren Strecken gibt es immer Passagen, in denen es nicht läuft; dann dran zu blieben, für ein paar Kehren und noch ein paar, bis die Energie wieder fließt, ist vor allem Kopfsache, auch das lässt sich trainieren. Spezifisches Bergtraining besteht darin – Überraschung! – Berge zu fahren. Die andere Haltung auf dem Rad, das Zerren der Schwerkraft, der andere Tritt – das lässt sich nicht zu hundert Prozent in anderem Terrain simulieren. Und wer lange Berge meistern will, sollte auch lange Berge trainieren. Die meisten Radsportler haben aber keine hohen Berge vor der Haustür. Im heimischen Revier gilt es dann, Höhenmeter mit dem zu machen, was da ist. Wiederholtes Befahren kürzerer Anstiege sammelt auch viele Höhenmeter. Wer neben dem Deich wohnt und partout nichts zum Klettern findet, macht sich den Wind zum Berg und zieht über eine Stunde eine hohe, aber nicht maximale Dauerleistung durch.
Auf dem Weg zur Bergform sollte man aber auch echtes Klettern kosten, mit allem, was dazu gehört, also auch dem geschmeidigen Abfahren, den mentalen Herausforderungen und den Ausblicken, die Vorfreude wecken. Dazu bieten sich Bergtrainingslager an – drei oder vier Tage geballte Kletterei, um gezielt diese Form des Radfahrens zu trainieren. Voraussetzung dafür: Die Grundlage ist gelegt. Stundenlange Fahrten über hügelige Strecken sollten kein Problem darstellen, wenn man ins Klettertraining einsteigt.
Am Berg gilt es, das Tempo für sich zu finden, das man, abhängig von der Länge des Anstiegs, von unten bis oben durchziehen kann. Das höchste Dauertempo ist das Schwellentempo – die reale Schwelle (max. Laktat Steady State) ist typischerweise etwas unterhalb der FTP angesiedelt. Kommen mehrere Stunden Kletterei zusammen, sind 85 bis 90 Prozent der FTP die Oberkante dessen, was die meisten Sportler leisten können. „Sweetspot“ wird dieser Bereich genannt, weil er für kurze Zeit gut umzusetzen ist. Erst auf Dauer wird es hart, mit dieser Intensität immer weiter zu fahren. Die Länge dieser intervallartigen Belastungen steigert man daher sukzessive hin zum anvisierten Saisonhöhepunkt. Zunächst fährt man Intervalle von 10-20 Minuten, diese werden dann immer weiter verlängert, bis 60 oder 90 Minuten mit diesem Tempo (oder etwas langsamer) möglich sind.
Das maximale Dauertempo aufrechtzuerhalten, erfordert Willenskraft. Hat man einmal die Grenze zu einer neuen Dauerleistung verschoben, lernt das Gehirn, dass das geht. Ein zweites Mal lässt sich das dann leichter abrufen. Die Leistung nach einiger Vorermüdung abzurufen, ist auch Teil der Vorbereitung. Die Tempoeinteilung wird durch Powermeter sehr vereinfacht. Denn damit kann man von Anfang an fahren, ohne zu überpacen. Zu schnell in den Berg reinzufahren und dann einzubrechen, ist der meistgemachte Fehler. Es ist generell vor allem das Tempo, das beim Klettern Grenzen setzt, nicht die Länge des Anstiegs oder die Höhe der Berge. Passende Übersetzungen vorausgesetzt (und genug zu essen dabei), ist ein trainierter Biker kaum limitiert in der Anzahl der möglichen Höhenmeter. Ein forscher Ritt bergwärts treibt aber den Kohlenhydratverbrauch, also muss man unterwegs viel zu sich nehmen, sonst bricht die Leistung unweigerlich ein.
Sweetspot-Intensität an der Grenze von GA2 und Entwicklungsbereich ist das obere Klettertempo für lange Berge. Auf richtig langen Strecken ist der obere GA1-Bereich das Limit. Spitzen jenseits der Schwelle vermeiden.
Geklettert wird überwiegend im Sitzen mit festem Oberkörper, Arme leicht gebeugt. Ellenbogen nach innen ziehen, um den Rückenmuskel fest zu machen. Zur Lockerung und zum Abfedern von Steigungsspitzen ab und zu in den Wiegetritt gehen.
Gleichmäßiger Zug auf der Kette ist gewünscht. Flache Kehren innen fahren, steile Kehren außen – sonst schalten, um die Kette auf Zug zu halten.
Beine flüssig strecken und heben, Kraftspitzen vermeiden. Ziel ist es, geschmeidig und mit gutem Wirkungsgrad zu fahren, nicht mit roher Kraft. Beine gerade führen, Oberkörper und Hüfte ruhig halten.
Reserven sind immer gut. Mit dem Klettergang aktueller 12-fach Antriebe von Shimano oder Sram (größtes Ritzel 51, bzw. 52 Zähne) lassen sich steile Rampen bezwingen. Sollte das ab Werk verbaute Kettenblatt (meist 32 Zähne) noch zu groß sein, hilft der Wechsel auf 30 oder gar 28 Zähne beim klettern.
Die nächste Kurve ist das (absehbare) Ziel. Sind gerade keine in Sicht, können andere Meilensteine helfen (z. B. die nächste Kuppe, der nächste Baum, die Zahlen auf dem Bike-Computer). Mit Nahzielen schrumpft jeder Berg auf erträgliches Maß. Alle 20 Minuten einen Happen essen bzw. etwas trinken.
Genieße auch die harten Momente, Du machst das schließlich freiwillig. Die Einstellung bestimmt das Empfinden. Lege Dir ein persönliches Mantra zurecht, spiele einen positiven Film vor Deinem geistigen Auge ab.