Der Geist ist willig, aber die Form im Keller. So lässt sich der Leistungsstand von Bikern, die zu lange in der Winterruhe verharrt haben, schnell umschreiben. Wer in der kalten Jahreszeit auf der faulen Haut lag, erleidet jetzt an kleinsten Anstiegen heftige Schweißausbrüche. Die ersten Kilometer in der Frühlingssonne werden zur Qual. Aber: Es ist noch nichts verloren! Mit dem richtigen Training, der passenden Ernährung und einem guten Zeit-Management geht es in drei Wochen zurück zur Top-Form.
Denn der Körper merkt sich glücklicherweise nicht nur die kulinarischen Sünden in Form von Hüftgold, sondern kann auch bereits Erlerntes schnell wieder abrufen. Wer schon etliche Sommer auf dem Bike verbracht hat, kommt deshalb als absoluter Einsteiger schneller wieder in Form. Wichtig ist jedoch: In der Ruhe liegt die Kraft. Wer nach einer langen Pause mit zu langen Touren oder zu hoher Intensität einsteigt, zieht sofort den Parkschein. Daher sollte man zunächst kürzere Ausfahrten mit flachem Profil in Angriff nehmen und dafür lieber öfter aufs Bike steigen. Mit der Umstellung auf die Sommerzeit werden auch kurze Feierabendrunden wieder möglich. So erinnern sich Muskulatur und Sitzfleisch schnell wieder an die gewohnte Belastung. Nach zwei Wochen(enden) lässt sich dann wieder eine erste längere Tour unter die Stollenreifen nehmen. Wer sich an den Trainingsempfehlungen unseres 3-Wochen-Plans orientiert (siehe unten), ist pünktlich zum BIKE-Festival Riva am ersten Mai wieder in Form.
Nach längerer Pause können Nacken und Schultermuskulatur anfangs zwicken. Daher sollten Biker von Beginn an ein kurzes Dehnprogramm der entsprechenden Muskelgruppen nach der Tour absolvieren. Um in drei Wochen wieder in Form zu kommen, reicht es allerdings nicht, nur die Beine zu trainieren. Als Ergänzung zum Training auf dem Bike ist ein Workout für Rumpf und Oberkörper Pflicht. Liegestütze, Klimmzüge, Situps und Seitstütz sind einfache, aber effektive Übungen.
Viele Biker trainieren zu früh zu intensiv. Während unseres Trainingsprogramms sollte man die Grundlagenbereiche G1 und G2 nur selten verlassen. Das heißt, überwiegend locker fahren. Bei Anstiegen kann der Puls auch in den G2 Bereich steigen. Intervalle im Entwicklungsbereich (EB) oder im Spitzenbereich (SB) sind für Touren-Fahrer um diese Jahreszeit nicht zu empfehlen. Die Pyramide zeigt: Die Grundlagen sind das Fundament für spätere intensive Einheiten.
Wer sich an diesen Trainingsempfehlungen orientiert, kommt mit überschaubarem Aufwand in drei Wochen wieder in Form.
Woche 1: 4 bis 6 Stunden
Easy going, lautet das Motto für den Wiedereinstieg! Im Grundlagentempo rollt man die ersten Tage locker in flachem Gelände dahin. Nicht nur die Vortriebsmuskulatur muss an die Belastung gewöhnt werden, auch der Nacken und das Sitzfleisch brauchen einige Kilometer. Zwei bis drei Ausfahrten mit maximal zwei Stunden genügen in der ersten Woche. Dabei sollte stets auf eine hohe Trittfrequenz geachtet werden, weil diese die Sauerstoffaufnahmefähigkeit stimuliert. Und: Oberkörpertraining nicht vergessen!
Woche 2: 5 bis 8 Stunden
Auch in der zweiten Woche sollten Biker mit angezogener Handbremse fahren, also mit niedriger Intensität. Der Organismus braucht einige Zeit, um sich wieder an die regelmäßigen Ausfahrten zu gewöhnen. Nach einer welligen, zwei bis drei Stunden langen Ausfahrt am Samstag lässt sich zumindest der Sonntag bereits für eine lange Vier-Stunden-Tour mit einigen kurzen bis mittleren Anstiegen nutzen. Unter der Woche empfehlen wir ein tägliches Tagesschau-Workout für den Oberkörper (siehe Link unten)
Woche 3: 7 bis 10 Stunden
Eine gewisse Grund-Fitness sollte jetzt wieder aufgebaut sein. Lange Touren sind wieder möglich. Optimal wären drei Bike-Einheiten – Freitag, Samstag und Sonntag. Wer sich noch nicht so fit fühlt, baut Ruhetage ein. Wichtig zum Abschluss des Form-Booster-Programms: Die abschließende Königsetappe – eine vier Stunden lange, bergige Runde. Ein Mittags-Stopp oder Kaffeekränzchen bietet Verschnaufmöglichkeiten während der Ausfahrt. Danach ist die Form zurück für lange Touren in den Alpen.
Wer bis zu zehn Stunden pro Woche in sein Training investieren will braucht ein ausgeklügeltes Zeit-Management. Diese vier Tipps helfen, das Training im Alltag zwischen Beruf und Familie unterzubringen.
00:15 h - Tagesschau-Workout
Bevor man am Abend auf dem Sofa versackt, lässt sich die 15-minütige Tagesschau optimal für ein knackiges Rumpf- und Stabi-Programm nutzen. Ein kleiner Zirkel aus Kraft- und Koordinationselementen wie Liegestütz, Seitstütz, Situps, Kniebeugen, Einbeinstand oder anderen Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder kleinen Hilfsmitteln, wie Kreisel oder Pezziball, verbrennen zusätzliche Kalorien und fördern die Kontrolle auf dem Bike. Keinen Plan, wie so ein Zirkel aussieht? Der Weltmeister Schurter gibt Tipps auf www.bike-magazin.de, Webcode: #35121
00:30 h - Aktive Mittagspause
Statt am Schreibtisch oder in der Kantine abzuhängen, bietet sich ein zügiger Spaziergang, oder – falls Duschmöglichkeiten im Büro vorhanden sind – sogar eine kleine Laufeinheit an. Vielleicht gibt es auch Mitstreiter in der Firma. So steigt die Motivation, und manchmal lässt sich die ein oder andere Besprechung sogar in Sportkleidung abhalten. Direkt von der Arbeit in eine gemeinsame Feierabendrunde zu starten, spart übrigens auch Zeit. Ein gutes Krafttraining für die Beine: den Fahrstuhl meiden und die Treppen nehmen!
00:40 h - Pendlerpauschale
Wer mit dem Bike zur Arbeit fährt, sammelt effektiv wichtige zusätzliche Trainingskilometer. Am Morgen fördert die sportliche Betätigung die Durchblutung und kurbelt den Fettstoffwechsel an, nach der Arbeit bekommt man den Kopf frei. Bei kurzen Pendlerwegen lässt sich nach der Arbeit vielleicht direkt noch eine Schleife dranhängen, um die Trainingszeit zu erhöhen. Biker, deren Arbeitsweg zu weit ist, sollten versuchen, zumindest einen Teil davon mit dem Rad zu fahren. Weiterer Vorteil: In Städten entkommt man so dem lästigem Stau.
01:30 h - Familienzeit
Biker mit Familie kennen das Dilemma: Sonntag ist Familientag. Den ganzen Tag auf dem Bike verbringen – oft Fehlanzeige! Der Kompromiss: mit dem Bike zum Ausflugsziel radeln und dafür bereits etwas früher losfahren. Der Partner kommt dann mit dem Auto und den Kindern nach. Eine rechtzeitige und gute Vorausplanung vermindert das Stresspotenzial und reduziert die familiäre Trennung, ohne zu große Einschnitte in Kauf nehmen zu müssen. Wichtig: Wechselsachen für die Ankunft nicht vergessen!
Diesen Artikel finden Sie in BIKE 5/2019. Die gesamte Digital-Ausgabe können Sie in der BIKE-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Print-Ausgabe im DK-Shop nachbestellen – solange der Vorrat reicht: