Jan Timmermann
· 21.11.2024
Rollentraining reifte über die letzten Jahre zu einer eigenen, professionellen Sportart heran. Die UCI richtet offizielle E-Cycling-Weltmeisterschaften aus, Profis können vom Rolle-Fahren leben. Doch man muss kein Berufssportler sein, um von Indoor Cycling zu profitieren. Wenn draußen die kalte Jahreszeit mit Dunkelheit und schlechtem Wetter wütet, bietet das Fitness-Training auf einem Rollentrainer zahlreiche Vorteile. So bleibt in der warmen Wohnung das Erkältungsrisiko überschaubar. Biker müssen sich nicht erst mit Lichtanlagen ausstatten und in dutzende Schichten Klamotten hüllen, um sich körperlich zu betätigen. Anders als ein Fitnessstudio hat eine Rolle keine Öffnungszeiten. Sie steht immer und jederzeit zum Training bereit. Ohne Umweltfaktoren lässt sich dieses besonders genau steuern und nach der Einheit muss das Bike nicht erst von mehreren Pfund Schmodder befreit werden. Jetzt ist die Zeit, um sich mit dem Thema Rollentraining zu befassen!
Mit den unergonomischen Foltergeräten früher Rollentrainer-Tage hat die aktuellste Gerätegeneration kaum noch etwas gemein. Der Markt läuft über von verschiedenen Konzepten und Systemen. Wer da noch die Übersicht behalten will, sollte sich diese Kaufberatung zu Herzen führen und sich selbst einige Fragen stellen. Welches Budget möchte ich in ein Trainingsgerät investieren? Wie viel Platz steht zur Verfügung und ist Geräuschentwicklung ein Problem? Habe ich ein Rad in der Garage, das ich fürs Rollentraining einsetzen möchte? Wie steht es um die Kompatibilität? Möchte ich smarte Technik nutzen und durch virtuelle Welten radeln oder gebe ich mich ohne Unterhaltungselektronik zufrieden? Der einfachste Weg, um auf all diese Fragen eine Antwort zu finden, liegt in der Unterscheidung von vier Rollentrainer-Konzepten.
Freie Rollen sind das klassischste Mittel, um "auf der Stelle" zu fahren. Das komplette Bike wird einfach auf die drei Walzen gestellt und fertig ist das Rollen-Setup. Eine Längenverstellung sorgt für den passenden Radstand. Vor allem das Anfahren ist ohne Haltemechanismus nicht ganz banal und ein gutes Gleichgewicht von Vorteil. Bei Verwendung von Stollenreifen müssen Mountainbiker mit Vibrationen und Geräuschentwicklung rechnen. Simple freie Rollen schlagen mit rund 160 Euro zu Buche, wer - den heute allerdings fast ausschließlich zum Warmfahren vor Wettkampfbelastungen verwendet. Inzwischen gibt es auch einige wenige smarte und semi-freie Lösungen mit variablem Widerstand, die sich via ANT+ und Bluetooth mit Trainings-Apps koppeln lassen. Darunter zum Beispiel der Elite Nero für 849 Euro (>> z. B. hier erhältlich) oder der Wahoo Kickr Rollr für 599,99 Euro (im Bild). Sie vereinen natürliches Fahrgefühl und Software-Kompatibilität. Da sie mit dem eigenen Antrieb des Bikes funktionieren, braucht es keine zusätzlichen Teile und kaum Montageaufwand. Bis zu zehn Prozent simulierte Steigung und maximal 1500 Watt Ausgangsleistung sind möglich. Für die Messung der Fahrerleistung braucht es ein zusätzliches Powermeter in Kurbel oder Pedalen.
Heute weitestgehend durch Direktantriebstrainer abgelöst, besitzt das Konzept aufgrund der geringeren Anschaffungskosten noch immer Fans. Das Hinterrad verbleibt im Bike, sodass die Kraftübertragung zum Gerät direkt über den Reifen stattfinden kann. Um Verschleiß und Lautstärke zu minimieren, empfiehlt sich ein spezieller Trainingsreifen. Wer mit demselben Bike oft zwischen Draußen und Drinnen wechselt, profitiert von einem Zweit-Laufrad. Für sehr hohe Kraftspitzen bei intensiven Sprints ist die Lösung aufgrund des potentiellen Schlupfs nicht ideal. Auch mit der Messgenauigkeit eines Direktantriebs kann das Konzept nicht mithalten. Für Grundlagen-Fahrten ist das weniger relevant. Einfache Wheel-On-Trainer ohne App-Kompatibilität, starten bei 250 Euro. Für 100 Euro mehr gibt's zum Beispiel den Garmin Tacx Flow Smart (>> hier erhältlich), welcher das Training in eine Software, wie My Whoosh oder Zwift, übersetzen kann. Dank kompaktem Schwungrad bleibt das Gerät verhältnismäßig leicht und gut verräumbar.
Diese Rollentrainer sind "state of the art". Hinterrad raus, Gerät rein. Hohe Messgenauigkeit ermöglicht sogar seriösen Rennsport. Nicht ohne Grund wird die Weltmeisterschaft im Rolle-Fahren, die offizielle UCI Cycling E-Sports-WM, auf geeichten Direktantriebs-Trainern ausgetragen. Inzwischen gibt es immer weniger Probleme beim Thema Kompatibilität. Mittels kleiner Adapterstücke lassen sich innerhalb einer Minute fast alle Direktantriebs-Geräte auf verschiedene Achsen-Standards umbauen. Auch die Freiläufe lassen in der Regel von der Zehnfach-Rennrad-Kassette bis zur Zwölffach-Mountainbike-Version alles zu. In den seltenen Fällen, in denen die entsprechenden Umbau-Teile nicht Teil des Lieferumfangs sind, lassen sie sich nachrüsten. Hochwertige Direktantriebs-Rollentrainer bieten ein realistisches Fahrgefühl, das der Bewegung auf einem “echten Fahrrad” stark ähnelt”. Leider sind die smarten Trainingsgeräte nicht ganz günstig. Wir stellen drei aktuelle Modelle vor.
Preiswert und leistungsstark eröffnet der Elite Direto XR-T Einsteigern die Welt des smarten Direktantriebs-Trainings. Wie alle aktuellen Geräte kann er mittels Adaptern auch an Mountainbikes mit Boost-Hinterbauten und großen Kassetten genutzt werden. Mit 2300 Watt maximaler Bremsleistung und bis zu 24 Prozent Steigungssimulation lässt sich nach Herzenslust trainieren. Die Messungenauigkeit kommt mit 1,5 Prozent nahe an die Bestwerte heran. Für Hobby-Fahrer ist das absolut ausreichend. Nachbarn wissen das leise Betriebsgeräusch zu schätzen. Aktuelle UVP: 599 Euro >> z. B. hier erhältlich.
Wenn man mal ehrlich ist: Mehr Rollentrainer als den Elite Direto XR-T braucht's eigentlich nicht. Die Preis-Leistung dürfte viele Biker abholen. - Jan Timmermann, BIKE-Redaktion
Der Wahoo Kickr hat sich längst zum Direktantriebs-Klassiker gemausert. In der inzwischen sechsten Ausbaustufe sorgen WLAN-Konnektivität und ein neues Odometer für die exakte Erfassung und schnelle Übertragung von Daten. Ungenauigkeiten werden auf ein Prozent reduziert. 20 Prozent maximale Neigungssimulation und 2200 Watt Spitzenleistung sind möglich. Bei der cleveren Move-Version für 1599,99 Euro (>> z. B. hier reduziert erhältlich) simuliert eine zusätzliche Bewegungsachse Be- und Entschleunigung eines Fahrrads. Das sorgt während des Trainings für einen möglichst natürlichen Bewegungsablauf.
Die zusätzliche vorwärts-rückwärts Kipp-Funktion des Wahoo Kickr Move bietet einen neuen Ansatz für ein realistisches Fahrgefühl. - Sandra Schuberth, TOUR-Redaktion
Das Topmodell aus dem Hause Garmin verspricht für satte 1999 Euro (>> z. B. hier erhältlich) eine minimale Ungenauigkeit bei Leistung, Geschwindigkeit und Trittfrequenz von unter einem Prozent. Bei 25 Prozent Maximalsteigung und 2200 Watt Spitze können die Beine auf dem Tacx Neo 3M Smart für extreme Sprints trainiert werden. Eine Multidirektionale Beweglichkeit soll das Erlebnis so realgetreu, wie möglich machen. Das Schwungrad kann sogar Gravel-Untergründe simulieren. Genau, wie bei Elite und Wahoo steht bei Tacx eine eigene Trainings-App zur Verfügung. Die Schnittstellen zu Drittanbieter-Software ist nahtlos gegeben.
Die Simulation verschiedener Untergründe ist eine interessante Neuheit des Tacx Neo 3M Smart. Racer wissen die Genauigkeit des Tacx zu schätzen. - Marc Strucken, BIKE-Redaktion
Gerade ein Bike zur Hand, das zum Rollentraining abgezogen werden könnte? Kein Problem: Wer bereit ist eine gewisse Summe zu investieren bekommt mit aktuellen Smart-Bikes einen hochprofessionellen Untersatz. Voll aufs Training mit smarter Software optimiert, steht kurzweiligem Rollentraining mit vielseitiger Simulation und spaßigem Gamification Nichts mehr im Wege. Zwei Produkte zeigen beispielhaft, wie faszinierend Smart-Bikes sein können.
So gut Direktantriebstrainer auch sind, ein Bike muss dafür immer zweckentfremdet werden. Der Software-Spezialist hat mit dem Zwift Ride extra ein Fahrgestell im Programm, das auf dem Trainer verbleiben kann, weniger kostet als ein "echtes" Rad und voll fürs Indoor-Training optimiert ist. Tasten in Griffweite ermöglichen Lenkung und Navigation in der virtuellen Umgebung. Selbst Schaltvorgänge werden elektronisch simuliert und laufen vollkommen geräuschlos ab. Eine Tablet-Halterung ist optional. Dank umfassender Verstellbarkeit soll Zwift Ride von 152 bis 198 cm Körpergröße passen. Auch ein Wechsel zwischen mehreren Nutzern ist so problemlos möglich. Im Wohnzimmer überzeugten uns die stabile Haptik sowie die hochwertige Optik. Kostenpunkt: 799 Euro / 1299 Euro (inkl. Wahoo Kickr Core).
Komplette Indoor-Bikes, wie das mit 3999 Euro sündhaft teure Tacx Neo Bike Plus, bieten ein integriertes Stand-Alone-Erlebnis. Alle Simulationen sind bereits mit an Bord: Auf- und Abfahrten, Fahrtwind, verschiedene Untergründe von Eis bis Kopfsteinpflaster mit Vibrationsfunktion, Schaltlogik nach präferiertem Hersteller und mit frei wählbarer, virtueller Kassette. Trainings-Daten, wie Tempo, Kadenz, Leistung, und Pedaltritt-Analyse sammelt das smarte Teil eifrig. Dank Display und zusätzlicher Tablet-Halterung inklusive Ladebuchse sind Animationen und alle Zahlen stets im Blick. Messungenauigkeit und Spitzenleistung sind beim Bike auf demselben Top-Niveau, wie beim Tacx Neo 3M Smart Direktantriebs-Trainer. Den Platz, um das 50 Kilo schwere Teil aufzustellen muss man allerdings erst mal haben. Der Tacx Neo Bike Plus gibt es z. B. bei Rosebikes reduziert erhältlich.
Klar, kann man sich einfach einen Rollentrainer kaufen und lostrainieren. Mit dem passenden Zubehör wird das Erlebnis aber noch besser. Wind- und Steigungssimulatoren können für ein noch realistischeres Fahrgefühl sorgen. Natürlich wird auch das Elektronik-Zubehör durch smarte Software gesteuert. Haben Sie sich schon immer gefragt, welcher Dresscode beim Rollentraining herrscht? Zwar ist man in den eigenen vier Wänden vor den Augen der Style-Polizei sicher, angenehmer wird’s mit performance-gerechter Bekleidung aber allemal. Vier Zubehörteile, die jeder Rolle-Fahrer kennen sollte.
In die Gabel eingehängt hebt der Elite Rizer die Front nicht nur bei virtuellen Anstiegen bis 20 % Steigung, sondern taucht für bis zu 10 % Gefälle sogar ab. Näher kommen Indoor-Biker nicht an das Gefühl der Berg- und Talfahrt heran. Preis: 769 Euro >> hier reduziert erhältlich.
Natürlich lässt sich beim Rollentraining auch Fahrtwind simulieren. Wahlweise reagiert der smarte Ventilator auf Herzfrequenz oder Geschwindigkeit. Windgeschwindigkeiten von gut 48 km/h können nachgestellt werden. Preis: 279,99 Euro >> z. B. bei Amazon oder Bike-Components erhältlich.
Speziell fürs hochintensive Indoor-Workout entwickelt leitet der Adidas The Aeroready Onesie Wärme und Schweiß ab. Atmungsaktive Mesh-Einsätze und ein in den Einteiler integriertes Sitzpolster versprechen Komfort auch bei langen Einheiten. Preis: 140 Euro >> bei Adidas oder Sportscheck erhältlich.
Natürlich hält der Markt auch spezielle Schuhe fürs Rollentraining bereit. Luftdurchlässiges Obermaterial sorgt am Nike Super Rep Cycle 2 für Kühlung, eine steife Sohle für optimale Kraftübertragung. Preis: 129,95 Euro >> hier erhältlich.