BIKE: Es ist im Winter dunkel, kalt und die Zeit ist knapp. Wie kann ich dennoch meine Ausdauer aufrechterhalten?
Maximilian Höflich: Das Erfolgskonzept lautet: Regelmäßigkeit. Es ist wichtig, den Motor mehrmals in der Woche anzuschmeißen und Ausdauersport zu treiben. Eine Woche Vollgas und dann zwei Wochen nichts machen, ist keine gute Idee. Es ist besser, kürzere Einheiten, aber dafür mehr davon zu absolvieren. Konkret bedeutet das: Mindestens drei- oder viermal in der Woche, je nach eigenen Ansprüchen.
Im Winter fällt es oft schwer den Schweinehund zu besiegen. Rolle fahren im Keller ist wenig reizvoll. Hast du Tipps?
Ich glaube sogar, den Schlüssel zum Erfolg zu kennen. Das Ziel ist, den Winter kontinuierlich Ausdauer zu treiben und in kein Motivationsloch zu fallen. Wichtig: Es sollte sich nicht wie eine Diät anfühlen. Erst wenn man Spaß an der Sache hat, geht einem das Training einfacher von der Hand und man muss sich erst gar nicht zwingen. Daher empfehle ich vielen meinen Sportlern*innen, möglichst abwechslungsreiches Ausdauertraining zu machen. Heißt konkret: Einmal die Woche auf die Rolle, einmal ans Rudergerät oder laufen zu gehen und einmal vielleicht sogar eine MTB- oder Gravel-Runde mit motivierten Freunden, Lampen und warmer Kleidung.
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Die Rolle ist in Sachen Ausdauer für Radsportler die Nummer 1?
Die Rolle ist in Sachen Ausdauer für Radsportler die Nummer 1? Ja, ab einem gewissen Leistungslevel ist sportartspezifisches Training am effektivsten. Für alle Nicht-Profis, die das hier lesen, sei aber gesagt, sogenanntes Cross-Training hat auch positive Auswirkungen auf die Ausdauer – zudem trainiert man bei Alternativ-Ausdauersportarten nebenbei noch Radsportschwachstellen, wie der untere Rücken oder Verkürzungen in den Bändern. Stichwort: Verletzungs-Prophylaxe.
Was meinst du mit „ab einem gewissen Leistungslevel“?
Der Profi hat in der Regel mehr Zeit. So kann er viele Säulen trainieren, während der Hobby-Fahrer nur begrenzt Zeit hat. Der Profi hat aber auch seltener Probleme sich zu motivieren, so zumindest meine Erfahrung. Nochmal: Es gilt durchzuhalten und Spaß zu haben. Und das funktioniert mit variablen Ausdauer-Training schlichtweg einfacher, macht mehr Spaß und erfüllt seinen Zweck.
Was ist beim Training auf der Rolle zu beachten?
Für viele Radsportler ist das Training auf der Rolle eine mentale Herausforderung. Manche können drei oder vier Stunden ohne Murren trainieren, während andere kämpfen müssen, um eineinhalb Stunden durchzuhalten. Letztere meinen dann das fehlende Volumen zu kompensieren, indem sie dafür voll am Limit fahren - ein Trugschluss. Ich rate in Sachen Gewichtung zu maximal 90:10, also 90 Prozent der Zeit Grundlage zu trainieren, maximal 10 Prozent intensiv zu belasten.
Lass uns konkret werden. Wie viel Zeit muss ich investieren, damit ich mein Ausdauer-Niveau über den Winter beibehalte?
Das ist schwer pauschal zu sagen, schließlich hängt es davon ab, wie viel der Radsportler im Jahr trainiert und wie hoch das Ausdauer-Niveau ist. Es runterzubrechen nach dem Motto: Verbringst du im Sommer 20 Stunden im Sattel, dann musst du 10 Stunden im Winter investieren. Das klappt nicht. Dafür spielen zu viele Parameter mit rein.
No Pain, no gain. Wer denkt, dass man nach dem Training komplett erschöpft sein muss, damit es etwas gebracht hat, irrt sich.
Lass uns über Alternativ-Sportarten sprechen. Welche eignet sich am besten für Radsportler?
Laufen ist eine einfache Sportart, die jeder überall ausüben kann. Man benötigt kaum Ausrüstung. Das Problem ist aber, dass im Winter viele Menschen erst auf die Idee kommen, zu laufen. Sie haben zwar Ausdauer vom Radfahren, aber der Bewegungsapparat ist nicht darauf vorbereitet. Sehnen, Bänder und Muskulatur sind nicht trainiert genug. Aus diesem Grund empfehle mit kurzen Einheiten zu beginnen und Belastungsverträglichkeit langsam aufzubauen. Also z. B. kurze Laufeinheiten, 30 Minuten als Aktivierungseinheit. Wer es übertreibt, riskiert eine Überlastung wie Sehnenscheidenentzündung oder Muskelkater und kann die Folgetage womöglich nichts machen. Alternativ kann man auch am Rudergerät trainieren, Ski-Langlauf oder Skitouren gehen oder schwimmen.
Was sagst Du zu Seilspringen oder Burpees. Ist das noch Ausdauer oder schon Krafttraining?
Das ist eine gute Ergänzung aber zu intensiv, dass es als (Ausdauer-) Grundlage durchgeht. Auch hier sollte man auf die Intensität und Zeit achten damit keine Überlastung stattfindet.
Kaum einer trainiert ohne Pulsuhr. Ist das ein Must-Have für Ausdauer-Radsportler?
Wenn du das Thema ernst meinst, dann schon. Bei der Herzfrequenz gibt es mehrere spannende Parameter: A) zum einen natürlich die aktuelle Herzfrequenz im Training, die du zur Steuerung deiner Trainingsintensität nutzen kannst. Du kannst aber auch im Verlauf sehen wieviel Power Du bei z. B. 75 % deiner HFmax generiert oder wie bei längeren Gundlageneinheiten sich das Verhältnis von Herzfrequenz und Leistung entwickelt. B) die Ruhe Herzfrequenz und ggf. auch die Herzratenvariabilität (HRV) am Morgen, über den Verlauf dieser Parameter bekommst Du einen Einblick in dein Stresslevel und deine Regeneration. C) Deine (sportartspezifische) maximale Herzfrequenz. Wie nach an deiner HFmax bist Du dann in deinen Einheiten unterwegs? D) Über die Differenz Deiner Ruhe- und der maximale Herzfrequenz kannst Du noch die Herzfrequenzreserve (HRV) bestimmen (HFmax-RuheHF). Damit kannst Du ähnlich wie wie bei der HF max Trainingsbereiche festlegen. Generell empfehle ich zur Messung einen Brustgurt, da dieser verlässlichere Daten liefert als die Messung über die Uhr am Handgelenk.
Über welche Ausdauer-Mythen musst Du schmunzeln?
(Lacht) No Pain, no gain (dt. Kein Schmerz, kein Gewinn). Wer denkt, dass man nach dem Training komplett erschöpft sein muss, damit es etwas gebracht hat, irrt sich. Es geht eher darum, auf seinen Körper zu hören, nicht krank zu werden und so kontinuierlich trainieren zu können. Eine weitere verbreitete Annahme ist, dass man besser mit leerem Magen trainiert oder zwei Stunden nach dem Training nichts essen sollte. Dabei wird oft vom Nachbrenneffekt gesprochen. Mittlerweile weiß man jedoch, dass sich hierdurch die Regeneration stark verlangsamt und das Immunsystem geschwächt wird. Kurzum: Es wirkt sich negativ auf die Leistungssteigerung aus. Daher solltest Du vor dem Training zumindest einen kleinen Snack oder eine Banane essen und danach möglichst Kohlenhydrate und Proteine zu sich nehmen.
Im Winter sind viele Menschen etwas angeschlagen, aber nicht wirklich krank. Soll man dann trotzdem trainieren oder besser pausieren?
Hier gilt: If in Doubt, leave it out! Also im Zweifel lieber pausieren. Denn auf Dauer kostet eine verschleppte Krankheit oder sogar eine Herzmuskel-Entzündung viel mehr als eine kurze Pause. Höre auf deinen Körper und gönne ihm Ruhe. Eine leicht verschnupfte Nase hat jeder mal im Winter. Bei Gliederschmerzen etc. solltest du das Training aber definitiv aussetzen. Ist die Krankheit am Abklingen sind Spaziergänge ein guter Indikator, um zu checken, wie der Körper reagiert. Zudem aktiviert man damit den Kreislauf.
Die Rolle ist die unangefochtene Nummer 1, um die Ausdauer im Winter zu konservieren, doch es gibt auch Alternativen.
Laufeinheiten sind ideal, um das Herz-Kreislauf-System und die Ausdauer zu trainieren. Das Problem: Radsportler haben zwar die Ausdauer, aber der Bewegungsapparat ist untrainiert. Unser Experte rät deshalb, anfangs nur zu kurzen Einheiten. Der New Balance Fuel Cell Propel V4 wurde von Runner`s World mit dem "Best Price Award" ausgezeichnet. Preis: ab 114 Euro >> bei Trandinn oder Sport-Schuster erhältlich.
Das Gute: Schwimmen schont die Gelenke. Experte Höflich sagt: „Wer die Möglichkeit hat Freistil oder Rücken zu schwimmen, kann damit die besten Trainingswerte erzielen. Eine Schwimmbrille vor Ort auszuprobieren, lohnt sich. Ein günstiger Klassiker ist die Arena the One. Preis: 17 Euro >> bei Amazon oder Bergfreunde erhältlich.
Seilspringen ist eher dem Athletiktraining zuzuordnen. Wer es bereits probiert hat, weiß, dass es ganz schön auf die Pumpe geht. Die Belastung ist intensiv und hat damit einen hohen Effekt auf das Herz-Kreislauf-System. Experte Höflich rät: „Gut als Einstieg in eine Trainingseinheit“. Z.B. mit dem Springseil von Edelkraft. Preis: ab 39 Euro >> z.B. bei Avocadostore erhältlich.
Mit keinem anderen Gerät lässt sich die Ausdauer von Radsportlern präziser trainieren als mit einer Rolle. Statt einfach nur zu pedalieren, lassen sich mit Smarttrainer virtuelle Trainingseinheiten bis hin zu Rennen absolvieren. Zum Beispiel mit dem Zwift Hub One. Preis: 599 Euro inkl. ein Jahr Zwift-Abo
Skating ist eine ideale Möglichkeit Ausdauer zu trainieren. Im Gegensatz zum Laufen, wird der Bewegungsaparat hier geschont. „Viele neigen zum übertreiben, ich rate eher auf Volumen zu trainieren“ sagt Experte Höflich. Übrigens: Auch Skitouren mit vielen Höhenmetern sind super für ein gutes Grundlagenniveau (niedrigen Intensität). Wir raten fürs Skating z.B. zum Atomic Redster S7 Medium mit Bindung (Preis: 250 Euro) Für Schuhe und Stöcke muss man mit weiteren 250-500 Euro rechnen.
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