David Voll
· 10.03.2022
Sie haben für 2022 ein bis zwei Marathons oder eine stramme MTB-Alpenüberquerung geplant? Diese neuntägige Intensivkur bringt Sie topfit an den Start.
Bitte nicht von null auf hundertzehn durchstarten! Ein Zuviel oder ein Kaltstart kann am Ende mehr schaden als nutzen. Wer ein Trainingslager plant, sollte mindestens vier bis sechs Wochen vorher bereits regelmäßig Sport getrieben haben. Dabei hilft es, zunächst die Trainingshäufigkeit und später auch die Umfänge kontinuierlich zu steigern. Während der (Arbeits-) Woche können das häufigere, kürzere Einheiten sein (wegen der kürzeren Tageszeiten eventuell den Arbeitsweg nutzen). An den Wochenenden lassen sich dann ein bis zwei längere Ausfahrten einstreuen. Damit ist der Körper auf intensivere Trainingseinheiten vorbereitet und durchkreuzt das geplante Trainingslager nicht etwa mit Muskelkater, Gelenk- und Kreislaufproblemen oder Überforderung.
Fünf Tage Resturlaub reichen schon. Zusammen mit den beiden Wochenenden kommt so ein neuntägiges Trainingslager zusammen. Je nach Witterung und Motivation haben Sie täglich die Wahl zwischen einer kurzen, plus einer langen Trainingseinheit oder zwei Trainingseinheiten von mittlerem Umfang. Letztere Variante bietet sich vor allem als Schlechtwetteroption an, um keine Erkältung zu riskieren. Man kann aber auch einzelne Tage von Version 1 mit Tagen von Version 2 tauschen.
Nach dem Trainingslager ist zunächst erst mal Ruhe und Erholung angesagt. Mindestens eine Woche, wenn dies nicht ausreicht auch zwei Wochen lang. In dieser Zeit sollte man nur sehr verminderte Belastungen absolvieren. Kurzes und lockeres Biken im Flachen (30–40 min im KB-Bereich¹), Gymnastik, schwimmen oder saunieren helfen dem Körper bei der Wiederherstellung geschädigter Strukturen wie Muskeln, Sehnen und Bändern. Während sich die Muskulatur relativ schnell erholt, benötigen Sehnen und Bänder teilweise doppelt so lang, da sie weniger stark durchblutet und mit Nährstoffen versorgt werden.
Auch einige Tage ganz ohne Sport können sinnvoll sein, um Abstand zu gewinnen und sich ausgiebig um Familie und Freunde kümmern zu können. Auf Basis dieses Grundlagentrainingslagers darf man anschließend vermehrt Intensitäten durch Intervalle oder HIT (High Intensity Training) ins Training einbauen.
1. Planung
Planung ist die halbe Miete! Dabei sollten Biker zunächst ihr Vorhaben mit der Familie besprechen und beim Arbeitgeber entsprechend Urlaub einreichen. Im nächsten Schritt sollte dann, ausgehend von der Zielsetzung des Trainingslagers, ein entsprechender Trainingsplan erstellt werden (Seite 78). Ausgehend von den Trainingsinhalten, also was an welchem Tag trainiert werden soll, ist es sinnvoll, die Trainingsstrecken etwa mit Komoot bereits vorab zu erstellen. Dabei immer einen Plan B zurechtlegen, falls das Wetter nicht mitspielt (z. B. vorsichtshalber die Rolle aufbauen). Am besten hält man sich an feste Trainingszeiten, die man mit den Kumpels zuvor vereinbart hat. Auch Sauna- und Wellness-Termine gegebenenfalls rechtzeitig reservieren. Wer dann noch einen Speiseplan für die Woche erstellt, vorher einkauft und die Mahlzeiten weitestgehend vorkocht, ist optimal vorbereitet.
2. Ruhe & Regeneration
Eine gute Vorbereitung garantiert, dass die Zeit zwischen den Trainings sinnvoll und zielführend für Ruhe und Erholung zur Verfügung steht. Da ein Trainingslager deutlich belastender ist, als das übliche wöchentliche Training neben dem Job, kommt der Regeneration ein enorm hoher Stellenwert zu. Der Körper erholt sich am besten im Schlaf. Frühes Zubettgehen sichert einen ausreichend langen Nachtschlaf (mindestens acht Stunden!), vor allem, wenn das Training gesplittet wird und man am nächsten Morgen früh aus den Federn muss. Ein zusätzliches Powernapping von maximal 15 bis 20 Minuten – mittags zwischen zwei Trainingseinheiten oder nach langen/intensiven Trainings – sollte zum täglichen Pflichtprogramm gehören. Ruhetage dürfen für kurze, aktive Erholungseinheiten genutzt werden oder auch in der Sauna, beim Wellness oder für Physiotherapie. Alternativ oder ergänzend: Selbstmassage mit der Faszienrolle, Wechselduschen, Stretching oder Yoga.
3. Split-Training
Lange Ausfahrten von fünf Stunden und mehr sind bei guter Witterung auch zu Hause realisierbar. Bei schlechtem Wetter können Biker das Training auch auf zwei Einheiten aufteilen. Vorteil: Dank des sogenannten Nachbrenneffekts und dem zweimaligen Reiz auf den Stoffwechsel erzielen Biker einen ähnlichen Trainingseffekt. Wichtig: Zwischen den Einheiten sollten mindesten vier Stunden Pause liegen. Bei diesem Split-Training lassen sich auch verschiedene Sportarten an einem Tag kombinieren, wie zum Beispiel laufen und Rolle fahren. So gestaltet sich das Training sogar noch abwechslungsreicher.
4. Alternativen
Da das Trainingslager im Frühjahr für die meisten Biker rein zur Ausprägung der Grundlagenausdauer dient, darf man sich getrost auch anderer Ausdauersportarten bedienen. Laufen und Ergometertraining sind zum Beispiel sehr effektiv, weil im Gegensatz zum Biken die Rollphasen fehlen. So entspricht eine Stunde Laufen etwa zwei Stunden Radfahren, beziehungsweise eine Stunde Ergometer zirca eineinhalb Stunden auf dem Bike. Auch Skilanglauf ist eine interessante Alternative, dank der gelenkschonenden und ganzkörperlichen Belastung. Zirkeltraining, bestehend aus Liegestütz, Situps und Co. – ob zu Hause oder im Rahmen eines Vereinstrainings – kombiniert und fördert Kraft und Ausdauer.
5. Ernährung
Ohne Mampf, kein Dampf! Zusammen mit dem Schlaf sind der Flüssigkeitsausgleich und die Ernährung mit die wichtigsten Stützpfeiler im Rahmen eines Trainingslagers. Die höheren Umfänge und Intensitäten sowie das Gesamttrainingsvolumen der Woche lassen den Stoffwechsel auf Hochtouren laufen und verlangen nach zusätzlicher Energieaufnahme. Eine Diät ist in dieser Phase Gift für den Körper! Vor allem ein hoher Kohlenhydratanteil von bis zu 70 Prozent der Gesamtenergiemenge garantiert die schnelle und vollständige Auffüllung der Glykogenspeicher unmittelbar nach der Belastung, aber auch über die gesamte Woche hinweg. In Verbindung mit einer hochwertigen Proteinaufnahme (15–20 Prozent) lassen sich Regenerationsprozesse optimal unterstützen. Tipp: Smoothie oder Kakao direkt nach der Belastung trinken.
6. Trainingsbereiche vs. Traningspartner
Ausfahrten mit den Kumpels machen einfach mehr Spaß als alleine. Ob bei miesen Bedingungen, Intervalltraining oder langen Touren – ein gemeinsames Training motiviert mehr und schafft zudem Verbindlichkeit. So hat der innere Schweinehund kaum noch eine Chance. Doch es liegt auf der Hand, dass dabei nicht jeder in seinem individuell nötigen Trainingsbereich unterwegs ist. Was grundsätzlich nicht schädlich ist, wenn es die Ausnahme bleibt. Beim Trainingslager mit ein oder zwei Kumpels zu Hause laufen Biker weniger Gefahr zu überziehen und können ihre Trainingsintensität gezielter umsetzen als in einer großen Gruppe.