Zum Start in die neue Saison heißt es: runter vom Sofa! Gezielte Fitnessübungen für Kraft und Beweglichkeit sorgen für ein gutes Wohlbefinden und helfen, den Saisonstart auf dem Rad fit und stark zu meistern.
Lena Wenke wirkt sehr angestrengt, als sie erneut in die "Goblet Squat" oder auch Kniebeuge geht. Als Diplom-Psychologin und begeisterte Hobby-Radsportlerin ist sie mit den Herausforderungen der Wintermonate vertraut. Trotz ihrer Leidenschaft für den Sport können Bequemlichkeit und Antriebslosigkeit schnell überwiegen, besonders wenn das Wetter nicht dazu einlädt, das gemütliche Wohnzimmer zu verlassen. Das kennt die 27-Jährige auch aus ihrem beruflichen Umfeld in der Gesundheitspsychologie an der Privaten Fachhochschule Göttingen. Dennoch möchte sie die Kälte nicht als Ausrede nutzen: Ihr Motto zum Ende des Winters lautet, nicht einzurosten und aktiv in das kommende Frühjahr und die Bikesaison 2024 zu starten.
Nach der Winterpause zurück zu den Fitnessübungen
Vor einiger Zeit hat Lena ihre Vorliebe für das Gravelbike entdeckt, das im Winter oft das besser geeignete Fahrrad für Trainingsfahrten durch Feld und Wald ist. Zusätzlich kann man sie regelmäßig beim Mobilisations- und Krafttraining im Studio antreffen. Sie erklärt: "Wenn es draußen kalt ist, fühle ich mich regelrecht eingerostet." Sie bemerkt, dass ihre Flexibilität im Winter erheblich beeinträchtigt ist, was sich dann auch in den Gelenken während alltäglicher Situationen zeigt.
Deshalb trainiert die Göttingerin dreimal wöchentlich für ein bis eineinhalb Stunden. Ihr Athletiktrainer Sebastian Junge sagt: "Man muss gar nicht so viel Zeit investieren." Er empfiehlt, dass Personen, die über Wochen wenig bis gar nicht aktiv waren, zunächst langsam und dosiert beginnen sollten, um Überlastungen und Verletzungen zu vermeiden. Laut dem Sportwissenschaftler reichen vier bis fünf Übungen mit Fokus auf Mobilität und Stabilität sowie einer Gesamtdauer von 20 bis 30 Minuten aus, um wieder in “Fahrt” zu kommen.
Im Winter werden Schwung und Dynamik aus den warmen und sonnigen Monaten automatisch gebremst. Durch die früher einsetzende Dunkelheit steigt der Spiegel des Schlafhormons Melatonin schon tagsüber vermehrt an, was zu einer gewissen Antriebslosigkeit führen kann. Als Startschuss in eine neue Bewegungsroutine können bereits wenige Übungen dienen, die einfach und schnell zu absolvieren sind.
Kraft und Beweglichkeit für Radfahrerinnen und Radfahrer
Fitnessübungen: Ausfallschritte mit Rumpfrotation
Foto: Jens ClaussenFitnessübungen: Ausfallschritte mit Rumpfrotation
Dehnt die Oberschenkelmuskulatur und den Hüftbeuger. Öffnet die Brustwirbelsäule, die auf dem Rad oft sehr starr ist. Eine Übung für nach dem Radfahren.
Einen weiten Ausfallschritt durchführen, das vordere Knie 90 Grad anwinkeln und neben dem Kopf platzieren. Den seitengleichen Arm neben dem Fuß auf dem Ellenbogen ablegen, der Unterarm hat dabei Kontakt zum Boden. Mit dem anderen Arm auf dem Boden abstützen. Das hintere Bein fast komplett durchstrecken und auf die Fußspitze stellen. Rumpf anspannen, zur Seite des gestreckten Beines blicken.
Beim Ausatmen den Oberkörper in Richtung vorderes Bein drehen und dabei den Arm so hoch es geht in Richtung Decke strecken. Der Blick folgt der Hand des gestreckten Armes.
Beim Einatmen wieder in die Ausgangsstellung zurückbewegen und vor der nächsten aktiven Rotationsbewegung die Startposition prüfen
Wiederholungszahl: 2 x 8 - 10 Wiederholungen pro Seite mit jeweils 30 Sekunden Pause. Zwischen dem Seitenwechsel eine Minute pausieren.
Foto: Jens ClaussenAusgangsposition Ausfallschritte mit Rumpfrotation
Tipps
Stabiler Stand ist hier wichtig; nur der Oberkörper dreht sich, die Hüfte bleibt stabil.
Die Handinnenfläche des ausgestreckten Armes zeigt in Blickrichtung.
Mobilisation: Hüftrotation
Foto: Jens ClausenFitnessübungen: Hüftrotation
Mobilisiert die Hüfte, öffnet den Hüftbeuger, der beim Radfahren stark gefordert ist, aktiviert die Gesäßmuskulatur. Übung vor dem Radfahren ausführen.
Die Beine auf weichem Untergrund so ablegen, dass in beiden Kniegelenken ein Winkel von 90 Grad entsteht. Die Unterschenkel haben dabei vollen Kontakt zum Boden. Der Hüftwinkel beträgt ebenfalls 90 Grad. Den Oberkörper zum vorderen Bein ausrichten. Mit den Händen leicht abstützen, Rumpf anspannen, Blick nach vorne richten.
Den Fuß des hinteren Beines beim Ausatmen so weit anheben, dass die Grundposition stabil bleibt und der Rumpf nicht abkippt.
Beim Einatmen: wieder in die Ausgangsstellung zurückkehren.
Wiederholungszahl: 2 x 5 - 6 Wiederholungen pro Seite mit jeweils 30 Sekunden Pause. Zwischen dem Seitenwechsel eine Minute pausieren.
Tipps
Zwischendurch die Ausgangsposition prüfen und darauf achten, dass die Wirbelsäule aufrecht und neutral steht.
In der Pause des Seitenwechsels Beine und Rumpf lockern durch Ausschütteln.
Foto: Jens ClaussenFitnessübung: Kniebeuge mit Zusatzgewicht
Kernübung für Radsportler: trainiert alle geforderten Muskelketten, Oberschenkel, Gesäß und Stabilität des Rumpfes.
Stabiler Stand auf festem Untergrund, Füße etwa hüftbreit gestellt, Knie nicht ganz durchgestreckt. Zusatzgewicht vor der Brust und Ellenbogen nah am Körper halten, Bauch anspannen.
Beim Ausatmen in maximal 90-Grad-Kniebeuge gehen und die Position von Zusatzgewicht und Ellenbogen beibehalten. Knie nicht über die Fußspitzen schieben. Blick nach vorne, die Füße bleiben fest auf der Erde stehen.
Beim Einatmen wieder in die Ausgangsstellung zurückkehren und die Knie nicht ganz durchstrecken.
Wiederholungszahl: 3 x 8 - 10 Wiederholungen mit jeweils einer Minute Pause (dabei das Gewicht ablegen)
Foto: Jens ClaussenAusgangsposition Kniebeuge
Tipps zur Kniebeuge
Bewegungsgeschwindigkeit nach der Atmung ausrichten
Knie und Fußspitzen bilden eine Linie
Beinachse kontrollieren
Zusatzgewicht: 1,5 bis 3 Kilo - oder auch eine gefüllte Wasserflasche als Zusatzgewicht verwenden
Dehnt die bei Radsportlerinnen und Radsportlern oft verspannte Schulter-Nacken-Muskulatur. Übung während und nach dem Radfahren ausführen.
Stabiler Stand auf festem Untergrund, Füße etwa hüftbreit gestellt, Knie nicht ganz durchstrecken. Bauch anspannen, kein Hohlkreuz entstehen lassen, den Blick nach vorne richten.
Den Kopf vorsichtig in Richtung Schulter kippen lassen und die Handfläche des Armes der anderen Seite aktiv zu Boden drücken, bis sich ein Spannungsgefühl in der seitlichen Schulter-Nacken-Muskulatur bemerkbar macht. Schultern stabil halten.
In dieser Position für 30 Sekunden oder 7 - 8 ruhige Atemzüge verharren; dann wieder sanft auflösen.
Wiederholungszahl: 2 - 3 x pro Seite für jeweils 30 Sekunden bzw. für 7 - 8 Atemzüge halten.
Tipps
Effektive Übung, um während des Trainings kurz zu pausieren und Spannungen in Schultern und Nacken zu lösen.
Augenschließen erhöht den Entspannungsfaktor.
Dosiert und sanft ausführen, die Halswirbelsäule ist ein sensibler Bereich.
Alternativ den Kopf zusätzlich leicht nach vorne kippen.
Trainiert die Bein- und Bauchmuskulatur, die beim Radfahren für Halt verantwortlich ist. Übung für nach dem Radfahren.
Auf den Rücken mit neutraler Wirbelsäule auf weichen Untergrund legen, die Arme in Richtung Decke strecken, die Handinnenflächen zeigen zueinander. Beine in Hüft- und Kniegelenk in 90 Grad ausrichten.
Jeweils einen Arm und das gegenüberliegende Bein zeitgleich zum Boden strecken und in einer fließenden Bewegung die Seiten wechseln. Den Bauchnabel dabei aktiv zum Boden drücken, Hohlkreuz vermeiden.
Wiederholungszahl: 3 x 8 - 12 Wiederholungen pro Seite mit jeweils einer Minute Pause. In den Pausen die Beine ausstrecken und mit den Händen den Bauch etwas ausklopfen
Für Fortgeschrittene: zusätzlich den Kopf leicht anheben, Kinn Richtung Brust bewegen.
Um ein Hohlkreuz zu vermeiden, kann zum Stabilisieren eine kleine Handtuchrolle unter den unteren Rücken gelegt werden.
Fitnessübungen: Rudern im Liegen
Foto: Jens ClaussenAusgangsposition Rudern im Liegen
Aufrichtung und Kräftigung der Brustwirbelsäule, trainiert die Schultermuskulatur, den Kapuzenmuskel und Arme. Übung für vor und nach dem Radfahren.
Auf dem Bauch auf einen weichen Untergrund legen, den Kopf und die Schultern etwas vom Boden abheben, Arme auch dazu abheben und in Y-Stellung nach oben strecken. Neutrale Halswirbelsäule, der Blick richtet sich auf den Boden. Die Füße sind gestreckt und berühren den Boden mit den Fußspitzen.
Die Arme seitlich vom Körper aus der Y-Stellung ausstrecken (T-Stellung), dann die Ellenbogen Richtung Körper bewegen (W-Stellung), anschließend die Ellenbogen und Schulterblätter hinter dem Körper zusammenziehen (L-Stellung). Dabei den Oberkörper etwas weiter anheben. Anschließend Rückkehr in die Y-Stellung.
Wiederholungszahl: den ganzen Bewegungsablauf mit 3 x 6 - 8 Wiederholungen und jeweils einer Minute Pause. In den Pausen entspannt in Bauchlage liegen bleiben.
3 Bilder
Foto: Jens Claussen
Tipps
Mit weniger Serien und Wiederholungszahlen beginnen, da es sich um eine komplexe Übung handelt.
Nicht den Atem anhalten; Bewegungsgeschwindigkeit an den Atemrhythmus anpassen, von der Y- in die L-Stellung ausatmen.
Training für die Armmuskulatur bei langen Bergauffahrten im Wiegetritt. Übung für nach dem Radfahren.
Stabiler Stand auf festem Untergrund, Füße etwa hüftbreit auseinander platziert, die Knie leicht gebeugt. Den Oberkörper nach vorne bewegen (je nach Höhe des Stuhls) und mit einer Hand am Stuhl festhalten. Neutrale, gerade Wirbelsäule, leichte Bauchspannung.
Beim Ausatmen das Gewicht mit dem anderen Arm bis zu den Rippenbögen ziehen bzw. anheben, auf eine stabile Schulterstellung achten. Die Ellenbogen bei der Zugbewegung nah am Körper halten.
Beim Einatmen das Gewicht wieder in die Ausgangsstellung zurück bringen, der Ellenbogen ist dabei leicht gebeugt.
Wiederholungszahl: 3 x 8 - 10 Wiederholungen pro Seite mit jeweils einer Minute Pause. In den Pausen das Gewicht ablegen und die Arme ausschütteln.
Nicht zu schnell und ruckartig ausführen; Kopf als Verlängerung der Wirbelsäule halten
Als Gewicht oder Hantel kann jeder Alltagsgegenstand genutzt werden. Wichtig ist, das Gewicht so zu wählen, dass auch die letzte Serie noch mit korrekter Bewegung ausgeführt werden kann.
Mobilisation der gesamten Wirbelsäule vom Hals bis zum Gesäß. Übung nach dem Radfahren ausführen.
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Im Vier-Füßer-Stand auf weichem Untergrund begeben, Knie evtl. noch mit einem Handtuch weiter entlasten. Die Knie hüftbreit auseinander platzieren, die Kniegelenke sind unter den Hüftgelenken. Die Hände schulterbreit, Handgelenke befinden sich unter den Schultergelenken, Fußgelenke strecken.
Mit der Atmung als Bewegungsgeschwindigkeit aus dieser Position in ein bewusstes Hohlkreuz gleiten, anschließend in fließender Bewegung in den Katzenbuckel gehen. Im Hohlkreuz ist die Halswirbelsäule leicht überstreckt, beim Katzenbuckel bildet sie eine Linie mit der oberen Brustwirbelsäule.
Wiederholungszahl: 2 - 3 x 10 - 12 Wiederholungen mit jeweils 30 Sekunden Pause. In den Pausen entspannt auf den Bauch legen.
Foto: Jens ClaussenHohlkreuz-Position
Tipps
Zur Eigenkorrektur eignet sich ein seitlich vom Körper aufgestellter Spiegel. Damit lässt sich ein gutes Gefühl für das individuell mögliche Bewegungsausmaß finden.
Mobilisation: Dreh-Dehn-Lage
Foto: Jens ClaussenFitnessübungen: Dreh-Dehn-Lage
Basisübung zur Verbesserung der gesamten Beweglichkeit und Entspannung für Radfahrer. Mobilisiert die Hüfte und die gesamte Wirbelsäule, dehnt die Brustmuskulatur. Übung kann vor und sollte eher nach dem Radfahren ausgeführt werden.
Auf dem Rücken auf einen weichen Untergrund legen und die Arme seitlich vom Körper strecken in (T-Form). Beine seitlich ablegen und auf 90-Grad-Winkel in der Hüfte und im Kniegelenk achten. Wenn möglich haben Knie und Füße Kontakt. Der Blick geht in die entgegengesetzte Richtung.
Diese Position für 30 Sekunden oder sieben bis acht ruhige Atemzüge aushalten und diese dann sanft wieder auflösen.
Wiederholungszahl: 2 - 3 x pro Seite jeweils 30 Sekunden oder 7 - 8 Atemzüge halten. 2 x 6 - 8 Wiederholungen pro Seite als dynamische Variante mit einer Minute Pause zwischen den Serien.
Tipps
Die Schultern sollten am Boden bleiben.
Zur Verbesserung der Stabilität die Handfläche der beladenen Seite in den Boden drücken, die gegenüberliegende Hand zeigt nach oben.
Alternative: dynamische Ausführung, indem die Beine mit gleicher Ausgangsposition vorsichtig im Atemrhythmus von links nach rechts geschaukelt werden.
Interview mit Sportwissenschaftler Sebastian Junge
Foto: Jens ClaussenSebastian Junge ist Sportwissenschaftler, Athletiktrainer und Geschäftsführer des Athleticum Junge in Göttingen.
BIKE: Gibt’s eine Winterstarre tatsächlich, oder ist das eher ein Synonym für winterliche Bewegungsunlust?
Sebastian Junge: Häufig verändern wir in der kalten Jahreszeit unsere Gewohnheiten. Wir bewegen uns weniger, gehen seltener an die frische Luft, unser Trainingspensum reduziert sich, und vielleicht ändern wir auch noch unsere Ernährungsgewohnheiten. Man kann schon sagen, dass wir in eine Art Winterstarre verfallen. Die Folgen physischer Inaktivität sind vielfältig – Muskulatur baut sich ab, das Immunsystem wird geschwächt und die Leistungsfähigkeit reduziert.
Was beobachten Sie, wenn Sportler nach der Winterpause wieder mit dem Training beginnen?
Zu Beginn des Frühjahrs stellen wir viel Motivation und Vorfreude auf die anstehenden Einheiten fest. Die gilt es zu nutzen, damit regelmäßiges Training schnell wieder zur Gewohnheit wird. Die Intensität sollte dem aktuellen Fitnesszustand angepasst werden. Wer zuletzt wenig aktiv war, sollte dosiert wieder einsteigen, um Überlastungen und Verletzungen zu vermeiden. Es kann frustrierend sein, wenn man zunächst auf einem niedrigeren Niveau als gewohnt einsteigt, aber Herz-Kreislauf und Skelettmuskulatur müssen erst wieder an intensivere Belastungen herangeführt werden. Der Schwerpunkt in den ersten Wochen sollte auf Mobilität und Stabilität gelegt werden. Wenn der Körper dann aus der Winterstarre erwacht ist, verlagert sich der Fokus auf Kräftigungsübungen.
Tipps für Bikerinnen und Biker
Warum sind die ausgewählten Übungen für Radsportler besonders sinnvoll?
Radsport ist eine zyklische Sportart mit einer einseitigen Haltung. Bestimmte Muskeln und Gelenke werden immer wieder bei einer weitestgehend gleichbleibenden Bewegung belastet. In Sachen Mobilität und Stabilität haben Radfahrer häufig Defizite. Daher ist ein Ausgleichstraining dringend zu empfehlen. Die Übungsauswahl mobilisiert Gelenke, die beim Radfahren eher statische Funktionen haben oder eindimensional belastet werden. Zudem werden Muskelgruppen angesprochen, die in der radspezifischen Belastung eher vernachlässigt werden.
Welche Tipps geben Sie, um nach dem Winter wieder mit Freude und Motivation zu trainieren?
Mobilitäts- und Kräftigungsübungen sollten eine feste Trainingsroutine für jeden Radsportler sein. Dadurch schützen wir den Körper vor Beschwerden und Überlastungen, und verbessern die Leistungsfähigkeit merklich. Die Wintermonate eignen sich optimal, um an Schwachstellen zu arbeiten. Regelmäßige Trainingsroutinen ermöglichen eine mühelose Aufnahme des Trainings im Frühjahr. Aber man sollte seinen Körper langsam auf intensivere Belastungen vorbereiten und ihn dosiert an das gewohnte Niveau heranführen.