FahrtechnikDie 7 wichtigsten Manöver beim Mountainbiken

Laurin Lehner

 · 01.01.2024

Fahrtechnik: Die 7 wichtigsten Manöver beim Mountainbiken
Foto: Skyshot/Greber
Egal ob technisch, steil oder ausgesetzt. Wer diese Fertigkeiten beherrscht, dem steht auf dem Bike nichts mehr im Wege. Wir zeigen, wie man jede Schlüsselstelle souverän mit der richtigen Fahrtechnik meistert.

Fahrtechnik 1: Manual-Impuls

Der Manual-Impuls in seinen einzelnen Phasen >>
Foto: Skyshot/Greber

Der Manual-Impuls ist das Geländemanöver Nummer 1. Egal ob Mulde, Bordstein, Baumstamm oder Bachlauf – man braucht ihn überall.

  • Anfahrt: Fahre auf das zu überwindende Terrain mit Schwung und gerader Ausrichtung zu. Der Sattel ist mindestens bis zur Hälfte abgesenkt. Beine und Arme sind gebeugt, der Blick visiert das Hindernis an.
  • Hoch damit: Kurz vor dem Hindernis leitest Du den Manual-Impuls ein: Dafür streckst Du Beine und Arme dynamisch nach hinten oben. Folge: Der Schwerpunkt wandert nach hinten, und das Vorderrad hebt ab.
  • Fall 1 - Stufe: Bei einer Stufe oder einem Baumstamm musst Du das Vorderrad präzise auf dem Hindernis platzieren und blitzschnell per Hüftschwung mit dem Heck nachziehen, damit das Hinterrad nicht gegen das Hindernis prallt.
  • Fall 2 - Pfütze, Mulde: Je größer die Pfütze oder der ungewisse Untergrund, umso länger sollte die Manual-Fahrt dauern. Die Arme sind gestreckt, ein Finger greift situativ und dosiert zur Hinterradbremse. Tariere Deine seitliche Balance mit Hilfe der Schultern und Knie aus.
  • Die häufigsten Fehler: Angst, nach hinten abzusteigen – Folge: zu schwacher Impuls; seitliches Wegkippen (fehlende Balance!); Auftakt mit Kraft, statt mit Dynamik

Details zum Bild vom Manual-Impuls

Hoch damit! Der Manual-ImpulsFoto: Skyshot/GreberHoch damit! Der Manual-Impuls
  • Ein Finger liegt auf der Bremse.
  • Die Arme sind nahezu gestreckt.
  • Netter Nebeneffekt: Der Hintern bleibt trocken.
  • Die Knie klappen situativ zur Seite, für mehr Balance.
Um dieses Manöver kommt Ihr im Gelände nicht drum herum. Zudem ist es ein Safety-Move. Man wendet ihn auch an, wenn der Untergrund nicht vorhersehbar ist. Z. B. bei Laub, Schnee oder einer Rinne. Hier weiß man schließlich nicht, ob man möglicherweise mit dem Vorderrad hängen bleibt. Deshalb: immer vorne hoch! - Stefan Herrmann, Fahrtechnikexperte

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Fahrtechnik 2: Notausstieg!

Fahrtechnik 2: Notausstieg!Foto: Skyshot/GreberFahrtechnik 2: Notausstieg!

Entschlossenheit ist alles: Musst Du eine Aktion in kniffligem Terrain doch mal abbrechen, dann bitte so:

  • Anfahrt: Du bist in steilem, technischem Gelände unterwegs und willst abbrechen, obwohl die Aktion bereits eingeleitet ist? Erst mal: Cool bleiben! Schätze ein, ob ein Abstieg noch möglich ist. Beachte dabei Steilheit und Traktion.
  • Abbruch!: Bring’ das Bike dosiert zum Stillstand, gleichzeitig verlagerst Du das Gewicht auf den hinteren Fuß. Folge: Kurbelbewegung nach hinten, unten. Der Rumpf weicht hinter den Sattel. Nutze den vorderen Fuß als Standbein. Und jetzt, vorsichtig absteigen.
  • Die häufigsten Fehler: Zu spät reagiert; undosiertes, ruckartiges Bremsen; zu hoher Körperschwerpunkt
Abbruch!: Bring’ das Bike dosiert zum Stillstand, gleichzeitig verlagerst Du das Gewicht auf den hinteren Fuß. Folge: Kurbelbewegung nach hinten, unten. Der Rumpf weicht hinter den Sattel. Nutze den vorderen Fuß als Standbein.Foto: Skyshot/GreberAbbruch!: Bring’ das Bike dosiert zum Stillstand, gleichzeitig verlagerst Du das Gewicht auf den hinteren Fuß. Folge: Kurbelbewegung nach hinten, unten. Der Rumpf weicht hinter den Sattel. Nutze den vorderen Fuß als Standbein.
Im Idealfall solltest Du vorher wissen, ob Du die Passage bezwingen kannst und willst. Ist man in unbekanntem Terrain unterwegs, kann es dennoch mal vorkommen, dass man eine Aktion abbrechen muss. Wichtig: das Bike dosiert zum Stillstand bringen. - Stefan Herrmann

Fahrtechnik 3: Dosiert bremsen

Fahrtechnik 3: Dosiertes BremsenFoto: Skyshot/GreberFahrtechnik 3: Dosiertes Bremsen

Sicher stoppen? So klappt’s! Feingefühl hilft in vielen Lebenssituationen – auch beim Bremsen. Wer zu forsch in die Bremse greift, verliert Grip, Kontrolle und riskiert einen Sturz.

  • Lernen, ohne Risiko: Greife so dosiert in die Vorderradbremse, dass Du neben dem Bike herlaufen kannst und das Hinterrad während der Bewegung stets auf einer Höhe schwebt. Übe das jeden Tag fünf Minuten lang. Je geschmeidiger, umso dosierter bremst Du.
Lernen ohne Risiko!Foto: Skyshot/GreberLernen ohne Risiko!
  • Die häufigsten Fehler: Zu wenig Druck auf dem Vorderrad; fehlende Bremsdosierung (blockierende Räder); zu schwaches Bremsen

Details zum Bild des dosierten Bremsens

Dosiertes Bremsen im GefälleFoto: Skyshot/GreberDosiertes Bremsen im Gefälle
  • Schätze ein, wie viel Grip der Untergrund gibt und passe Deine Bremsaktion dementsprechend an.
  • Spüre, wann die Bremse greift und dosiere sachte die Fingerbeugung.
  • Blockierende Räder gilt es, immer zu vermeiden.
  • Je mehr Druck auf der Front, umso mehr Bremseinsatz verträgt das Vorderrad.
Es scheint so einfach, dennoch beobachte ich immer wieder Biker, die durch falschen Bremseinsatz ins Straucheln geraten. Besonders, wenn es drauf ankommt, scheint das Feingefühl wie vergessen. Wichtig: eine ausgewogene Position auf dem Bike. Wer bei einer steilen Abfahrt aus Angst zu weit hinten hängt, verliert die Kontrolle an der Front und kann nicht bremsen. - Stefan Herrmann

Fahrtechnik 4: Steilabfahrt

Fahrtechnik 4: SteilabfahrtFoto: Skyshot/GreberFahrtechnik 4: Steilabfahrt

Nerven behalten und durchziehen: Die Steilabfahrt ist das einzige MTB-Manöver, bei dem mehr mentale Stärke gefragt ist als Technik. Hier heißt es: ganz oder gar nicht – halb geht immer schief.

  • Die häufigsten Fehler: Angst; blockierende Räder (Kontrollverlust); zu hecklastiger Schwerpunkt

Details zum Bild der Steilabfahrt

Tipps zur richtigen Technik bei der Steilabfahrt.Foto: Skyshot/GreberTipps zur richtigen Technik bei der Steilabfahrt.
  • Der Sattel ist ganz abgesenkt, das gibt Dir Freiraum.
  • Der Schwerpunkt ist leicht nach hinten verlagert. Dennoch übst Du genug Druck auf das Vorderrad aus.
  • Das Verhältnis beim Bremsen sollte vorne / hinten ca. bei 80 zu 20 Prozent liegen.
  • Die Kurbeln stehen waagerecht, die Füße stemmen sich gegen die Pedale.
  • Der Blick wandert vom Untergrund vor dem Vorderrad zum Auslauf.
  • Die Arme sind leicht gebeugt, um auf Unebenheiten reagieren zu können.
  • Fahre möglichst eine gerade Linie – keine unnötigen Lenkbewegungen.
  • Achte beim Auslauf auf die Kompression.
Traust Du Dir die Abfahrt zu? Dann sei entschlossen und zieh’ es durch. Checke zuvor, ob der Untergrund ausreichend Grip hat und ob es genügend Auslauf gibt. Tipp: Mach’ Dich locker, atme wiederholt bewusst ein und aus. - Stefan Herrmann

Fahrtechnik 5: Die Kurve kratzen

Fahrtechnik 5: Die Kurve kratzenFoto: Skyshot/GreberFahrtechnik 5: Die Kurve kratzen

Gekonnt das Bike in die Kurve drücken: Alle meinen, das zu können, dabei beherrschen nur die wenigsten die perfekte Kurvenfahrt. Es gibt etliche Varianten – das ist die wichtigste.

  • Abschätzen: Folgende Kriterien gilt es, während der Anfahrt zu beachten: 1. Kurvenradius, 2. Untergrund, 3. Auslauf. Passe das Tempo an diese drei Punkte an. Im Idealfall bremst Du vor der Kurve und löst die Bremse spätestens im Kurveneingang.
  • Rein damit!: Nun gilt es, Traktion und Schräglage unter einen Hut zu bekommen. Kippe das Bike je nach Traktion (Untergrund) intensiv oder nur leicht in die Kurve. Strecke dafür den kurveninneren Arm, der kurvenäußere ist gebeugt. Die Beine unterstützen.
  • Mit Wumms raus: Behalte den Druck auf dem kurvenäußeren Pedal noch aufrecht, bevor Du das Bike am Kurvenausgang wieder aufrichtest. Achte auch hier auf eine zentrale Körperposition. Übe die Bewegung auf einer Teerstraße, hier hast Du maximalen Grip.
So nicht! Die falsche Technik beim Kurvenkratzen.Foto: Skyshot/GreberSo nicht! Die falsche Technik beim Kurvenkratzen.
  • So nicht!: Der Fahrer lenkt, statt das Bike in die Kurve zu drücken. Folge: mehr Lenkeinschlag und damit eine mögliche Übersteuerung (Kontrollverlust!). Zudem ist der Körperschwerpunkt viel zu hoch und die Kurbelstellung falsch! Ach ja, und es sieht wenig dynamisch aus.
  • Die häufigsten Fehler: Zu wenig Schräglage; Schwerpunkt zu weit hinten; zu hoher Schwerpunkt

Details zum Bild des richtigen Kurvenkratzens

Tipps zum richtigen KurvenkratzenFoto: Skyshot/GreberTipps zum richtigen Kurvenkratzen
  • Der Blick visiert den Kurvenausgang an.
  • Komm’ vor! Das Kinn ist auf einer Höhe mit dem Vorbau. Folge: Druck auf dem Vorderrad.
  • Die Zeigefinger liegen auf den Bremshebeln.
  • Das kurvenäußere Knie drückt gegen den Rahmen – drehe die Hüfte zudem leicht ein.
  • Der Anlieger gibt zusätzliche Traktion. Gib’ Druck aufs kurvenäußere Pedal.

Fahrtechnik 6: Balanceakt

Fahrtechnik 6: BalancierenFoto: Skyshot/GreberFahrtechnik 6: Balancieren

Lernen durch Fühlen: Balance bringt Dich in vielen Situationen beim Biken weiter. Etwa bei Steilabfahrten oder ausgesetzten Alpin-Trails. Neben Gleichgewichtsgefühl und mentaler Stärke sind ein paar wenige Technikpunkte zu berücksichtigen.

  • Plan B: Du verlierst die Balance? Macht nix! Bremsen auf! Seitlich wegziehen und dabei das Vorderrad entlasten. Siehe “Fahrtechnik 7: Blitz-Drop
  • Die häufigsten Fehler: Mangelndes Gleichgewichtsgefühl; knifflige Anfahrt (Unruhe im Rad); Angst

Details zum Bild des Balanceaktes

Tipps zum richtigen Balancieren auf dem Rad.Foto: Skyshot/GreberTipps zum richtigen Balancieren auf dem Rad.
  • Bevor es losgeht: Mach’ Dich locker, atme wiederholt bewusst ein und aus – das beruhigt.
  • Der Blick visiert in erster Linie das Ziel an und wandert nur hin und wieder zum Vorderrad.
  • Bremse situativ, halte das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit.
  • Gleiche Dysbalancen aus, indem Du die Ellenbogen und Knie situativ zur Seite ausklappst (dezent).
  • Die Kurbelstellung ist waagerecht. Beine und Arme sind leicht gebeugt. Der Sattel ist abgesenkt – und das bereits in der Anfahrt.
Das Gute: Balance kann man ohne Risiko lernen. Übe jeden Tag, auf der Stelle zu balancieren, ohne den Fuß abzusetzen. Noch besser: Simuliere “Skinnys”, z. B. entlang eines Bordsteins. Mit zunehmendem Balancegefühl steigt Deine mentale Stärke. Wie überall im Leben gilt: Glaub’ an Dich und an Dein Können! - Stefan Herrmann

Fahrtechnik 7: Der Blitz-Drop

Fahrtechnik 7: Der Blitz-DropFoto: Skyshot/GreberFahrtechnik 7: Der Blitz-Drop

Dieses Notmanöver muss meist in unbekanntem Terrain angewandt werden. Mit dieser Technik verhinderst Du den gefürchteten Abflug über den Lenker (OTB – Over The Bar).

  • 1. Ungewissheit: Klassische Situation auf dem Trail: Du weißt nicht, ob die Geländekante abrollbar ist oder nicht? Mit dosiertem Bremseinsatz und Balancegefühl tastest Du Dich langsam heran, um das Gelände vor Dir einschätzen zu können.
  • 2. Entscheidung: Im letzten Moment erkennst Du: Die Geländekante lässt sich nicht abrollen. Jetzt gilt es, blitzschnell zu handeln. Bremsen auf! Durch das Herantasten an die Stufe bis Du eh schon sehr langsam.
  • 3. Blitzimpuls: Strecke impulsiv die Arme und Beine, der Rumpf geht nach hinten oben. Folge: Das Vorderrad wird rechtzeitig leicht und taucht so nicht unkontrolliert in die Tiefe.
  • 4. Ausfahren: Geht der Notfallplan auf, schweben beide Räder für einen Bruchteil von Sekunden auf einer Höhe in der Luft. Nutze Beine und Arme, um die Landungsenergie zu absorbieren.
  • Die häufigsten Fehler: Falsches Timing; fehlender Manual-Impuls

Weitere Details zu der Bilderstrecke

Bilderstrecke zum Blitz-DropFoto: Skyshot/GreberBilderstrecke zum Blitz-Drop
  • Position 1: Der Blick prüft die Geländekante und wägt ab. Abrollbar, oder nicht?
  • Position 2: Nicht abrollbar? Also blitz-droppen! Je gebeugter die Arme, umso intensiver kann der Manual-Impuls nun erfolgen.
  • Position 3 und 4: Jetzt heißt es hoffen: Bist Du zu langsam, bleibt das Hinterrad hängen. OTB-Gefahr!
Der Blitz-Drop unterscheidet sich zur normalen Drop-Technik nur darin, dass er in der Praxis überhastet und mit sehr wenig Tempo angewandt wird. Im Gelände kann er Dir den Hintern retten. Übe an Mini-Kanten und verringere die Geschwindigkeit von Mal zu Mal. Das Hinterrad sollte nicht an der Kante hängen bleiben. - Stefan Herrmann

Stefan Herrmann ist Deutschlands Fahrtechnikexperte Nummer 1. Er hat schon Tausenden von Bikern in seinen Fahrtechnikseminaren zu mehr Flow verholfen. Seit 23 Jahren gibt er sein Knowhow an seine Kursteilnehmer weiter und weiß genau, wo die Knackpunkte im Gelände liegen.

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