Stefan Loibl
· 28.06.2018
Karl Platt tut’s seit Jahren, Christoph Sauser und Nino Schurter auch. Doch die Universitätsstadt Stellenbosch lockt längst nicht mehr nur trainingswütige Profis nach Südafrika. Warum dieser Hype?
"Wie in einem Rennbob presst es mich in die meterhohen Anlieger aus roter Erde. Die Neigung: Perfekt. Die Abfolge: Berauschend. Dabei hat dieses Kunstwerk namens G-Spot einer von Hand modelliert, der selbst gar kein Biker ist."
Mark Gordon heißt der Schöpfer dieses südafrikanischen Mountainbike-Monuments, das Biker aus allen Erdteilen anzieht. Doch berühmt wurde Gordon, eigentlich Skateboarder, dadurch nicht. Nur die wenigsten wissen, dass der Trail wegen Gordons Spitznamen "G" so heißt. Dabei ist der G-Spot so etwas wie sein Baby. Er bekommt kein Geld dafür, schaufelt in seiner Freizeit und musste sich beim Bauen auf sein Gefühl verlassen, als er diese Spaßabfahrt aus Anliegern, Wellen und Sprüngen in den roten Sandboden modellierte. Denn er besaß kein Bike, mit dem er die gebauten Passagen hätte abfahren können. Trotzdem wurde aus dem G-Spot ein Musterbeispiel für einen Flowtrail. Und das lange bevor diese Flowtrail-Welle über Europa schwappte. Eine bemerkenswerte Leistung, die einen großen Teil dazu beiträgt, dass die Kap-Region und speziell Stellenbosch bei wintermüden Europäern immer höher im Kurs liegt.
Wer in Südafrika auf eigene Faust das Hinterland erkundet, wird schnell von Zäunen eingebremst. Die besten Trails verstecken sich in den Naturparks und auf privaten Weingütern. Wir zeigen die sechs besten Spots rund um Stellenbosch:
1 Jonkershoek
Das Naturreservat mit seiner beeindruckenden Bergkulisse ist mit der beste Spot der Gegend. Vor einigen Jahren hat ein großer Waldbrand viele Trails zerstört. Doch seitdem wird dort fleißig gebaut. Bevor man startet, sollte man einen Blick in eine Karte werfen, denn das Netz aus Schotterpisten und Trails ist teils unübersichtlich. Doch vor Kurzem wurde die Beschilderung erneuert und verbessert. Von den drei Trail-Einstiegen kann man zehn Trails in allen Schwierigkeitsgraden fahren. Die besten Trails heißen Canary, Firehut, Neverending Story, Zululand oder Armageddon. Sie überwinden zwischen 180 und 500 Tiefenmeter. Drei Euro kostet die Tageskarte, die man am Gate in den Naturpark kaufen kann.
2 Helderberg
Auf einem privaten Farmgelände zwischen Stellenbosch und Somerset West liegt dieser Trailpark. Gebaut wurden die bestens beschilderten Routen von Jan Van Schalkwyk und Ex-Downhill-Racer Andrew Neethling. Das Tagesticket (60 Rand) kauft man im Bikeshop der beiden an der Einfahrt zum Parkplatz. Die sechs verschiedenen Loops sprechen Anfänger genauso an wie versierte Enduro-Biker. Die 600 Höhenmeter zum höchsten Punkt kann man auf angelegten, abwechslungsreichen Singletrails hochkurbeln. Vom Sendemasten dort oben genießt man einen tollen Ausblick auf die False Bay, den Tafelberg und Kapstadt. Je nach Fahrkönnen und Ausdauer kann man unterschiedliche Abschnitte kombinieren, von technisch-verblockten Enduro-Trails über spaßige Jump-Lines bis hin zu Einsteigerpfaden. www.helderbergplaas.co.za
3 G-Spot / University Trails
Der G-Spot ist der bekannteste und älteste Bike-Trail von Stellenbosch. Er liegt direkt am Rand eines Wohngebiets und kostet keinen Eintritt, da er vom Stellenbosch Trail Fund gepflegt wird. Obwohl der Trail nur aus zwei Abfahrtslinien besteht, die sich immer wieder kreuzen, kann man gar nicht genug davon kriegen. Denn die Anlieger, Sprünge, Wellen und Stufen sind so perfekt in den trockenen, roten Erdboden modelliert, dass man selbst mit wenig Federweg die maximale Dosis Fahrspaß herauskitzeln kann. Bei den meisten Sprüngen gibt es Umfahrungen oder mehrere Varianten. Wer genug hat, kann die neun Kilometer lange G-Spot-Runde mit drei angrenzenden Loops des Trail Funds verbinden. Die längste dieser Cross-Country-Strecken ist 30 Kilometer lang, auf die sich fast 1000 Höhenmeter verteilen. Direkt neben dem G-Spot liegt Coetzenburg, wo im März 2018 der erste CC-Worldcup stattfinden wird. www.stellenboschtrailfund.co.za
4 Bottelary Hills
Für dieses Trail-Netz haben sich mehrere Weingüter westlich von Stellenbosch zusammengeschlossen. Deshalb kann man in die Trails auch von den verschiedensten Orten einsteigen. Eine Übersichtskarte erhält man beim Bezahlen des Tagestickets (50 Rand) an einem der sieben Startpunkte. Die mit unterschiedlichen Farben markierten Runden sind eine Mischung aus staubigen Farmwegen durch Weingärten und schnellen, nicht allzu technischen Singletrails. Die besten Trails folgen den Farben grün und lila. Schilder warnen vor Kapkobras oder Luchsen, denen man auf den Trails durch die Hügellandschaft begegnen kann. Vom höchsten Punkt tun sich super Ausblicke auf den Tafelberg auf. Wer von Stellenbosch aus startet und eine große Runde dreht, sammelt schnell 1000 Höhenmeter. www.bottelaryconservancy.co.za
5 Simonsberg
Das Weingut Muratie liegt etwa zehn Kilometer nordwestlich von Stellenbosch. Im Restaurant bekommt man das Tagesticket (50 Rand) für die Trails, die die Hänge des Farmgeländes durchziehen. Im Jahr 2016 zerstörte ein großer Waldbrand große Teile davon, doch die wurden aufwändig wieder repariert. Auf drei der vier beschilderten Loops fährt man hauptsächlich auf einfachen Trails, ohne Steinfelder oder Sprünge, die sehr staubig sind. Insgesamt kommen auf den vier Runden knapp 32 Kilometer zusammen, man kann auch einzelne Teilstücke verbinden. Die vierte Runde ist nicht nur fahrtechnisch die anspruchsvollste, sondern auch konditionell. Ganze 530 Höhenmeter klettert man auf elf Kilometern den Simonsberg hinauf. www.dirtopia.co.za
6 Rhebokskloof
Diese private Weinfarm liegt etwa 25 Kilometer nordwestlich von Stellenbosch in der Nähe von Paarl. Das Weingut ist mehr als 150 Jahre alt, auch viele Trails gibt es schon lange. Doch erst kürzlich wurden die Trails für Biker ausgebaut. Die fünf Loops zwischen drei und 25 Kilometer sind bestens beschildert. Sogar die Uphills sind so attraktiv gebaut, dass man die Höhenmeter gerne in Kauf nimmt. Der Untergrund ist im Vergleich zu Jonkershoek oder
G-Spot extrem sandig, immer wieder schlängeln sich die Trails an meterhohen Granitbrocken vorbei. Tagesticket: 60 Rand. www.rhebokskloof.co.za
ALLGEMEINE INFOS STELLENBOSCH
Der Ort
Die Universitätsstadt liegt knapp 30 Kilometer östlich von Kapstadt und ist wegen ihrer vielen Weingüter ein beliebtes Touristenziel. Doch auch in der internationalen Bike-Szene ist Stellenbosch tief verwurzelt. In den Jahren 1997 und 1998 fanden am Botmaskop Downhill-Rennen des Grundig UCI Worldcups statt. Im Ortskern der 80000-Einwohner-Stadt befindet sich die Südafrika-Zentrale von Specialized, Olympia-Sieger und Weltmeister Nino Schurter hat sich für seine Trainingsaufenthalte ein eigenes Apartment dort gekauft, und 2018 findet eine Woche vor dem Cape Epic dort der erste Cross-Country-Worldcup des Jahres statt.
Klima
Für Europäer eignen sich vor allem die Monate Dezember bis Anfang April. Die beste Zeit beginnt Ende Februar, Regentage sind sehr rar. Die Temperaturen liegen durchschnittlich um die 20° Celsius, wobei das Thermometer in den Mittagsstunden auch schnell mal die 30-Grad-Marke knacken kann.
Essen & Trinken
Die Auswahl an erstklassigen Restaurants, Cafés und Bars in und um Stellenbosch ist riesig. Hier unsere Tipps: The Open Kitchen (Café), Boschendal at Oude Bank (Bistro), Ya-Ya Cafe (Café), Greengate Eatery (Mittagsbuffett mit Selbstbedienungstheke), Caveman Café (Café im Specialized-Shop), Fat Butcher (gehobeneres Lokal für Fleischliebhaber), Genki Sushi.
Anreise
Die Flugzeit von Deutschland nach Kapstadt (CPT) beträgt etwa zwölf Stunden. Im November und Dezember bekommt man Flüge ab 700 Euro, Direktflüge ab 900. Im Februar, März und den Ferien liegen die Preise meist 100–200 Euro darüber. Tipp: Bei South African Airways ist der Bike-Transport kostenlos.
Bikeshops
Specialized-Shop in Stellenbosch, www.specialized-stellenbosch.com
The Hanger Bike Co. in Helderberg, www.thehangerbikeco.co.za
BMT Bike Marathon Triathlon in Stellenbosch, www.bmtsa.co.za
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