Gitta Beimfohr
· 09.11.2017
Niemand überquert die Alpen mit dem MTB so oft wie die Guides der Veranstalter. Klar, dass sich da über Jahre absolute Lieblings-Trails herauskristallisieren – und die haben wir den Guides entlockt.
Gerhard Meyer, www.joko-bikereisen.de
80 aufeinanderfolgende Spitzkehren. Die einen so eng, dass man das Hinterrad versetzen muss, um rum zu kommen, die anderen gerade so durchrollbar – um das romantisch zu finden, braucht man schon Fahrtechnik. Und Schwindelfreiheit, denn der Pfad kratzt teilweise am Abgrund. Aber selbst Biker, die im oberen Teil absteigen müssen, haben am Ende des Trails leuchtende Augen – was allerdings auch an dem guten Weißbier liegen kann, das unten im Hotel Sport in Santa Caterina wartet. Eingeschenkt wird es von Norberto, der hier im Veltlin jedes Jahr nach der Schneeschmelze die Trails aufhübscht. Den Einstieg des Trails erreicht man von Santa Caterina über zwei tibetanische Holzbrücken, die in großartiger Gletscherkulisse zum Rifugio Berni hinaufführen.
Eva Fünfgeld, www.hirsch-sprung.com
Es ist wie mit einer alten, immer wiederkehrenden Begegnung mit der besten Tasse Milchkaffee im ganzen Engadin. Der schroffe Natur-Trail und ich kennen uns nun schon seit 18 Jahren, und wir treffen uns jedes Jahr mindestens ein Mal. Wir verändern uns – beide, jährlich. Er, der Trail, wickelt sich vom 2608 Meter hohen Pass durch eine surreal wirkende, hochalpine Welt. Oben gibt er sich unrasiert, mit kniffligen Steinpassagen. Loses Geröll und Kiesboden machen den Trail teils heimtückisch rutschig. Dann ist er wieder holprig und doch sanft bis zur Griosch-Alm. Auf weiteren wurzeligen Natur-Trails erreicht man Zuort mit zwei Hängebrücken (neu seit 2016). Das Schauspiel geht weiter nach Ramosch, und wenn es das Wetter erlaubt, erkennt man gegenüber die berühmte Uina-Schlucht. Tipp: unbedingt in der Griosch-Alm einkehren! GPS-Daten zur Vier-Tages-Tour.
Peter Brodschelm, www.Fahrtwind.de
Man kann den Trail in eine Transalp, aber auch gut in eine Zwei-Tages-Tour einbauen. Am besten von Livigno über den Passo di Val Alpisella nach Arnoga. Hier beginnt die geniale Fahrt durch die rötlichen Felsen des Val Violas bis zum 2430 Meter hohen Pass hinauf. Oben wählt man die rechte (!) Trail-Abfahrt und surft bei freiem Blick durch eine Almlandschaft. Nur wenige S2-Stellen stören den Flow. Dann taucht der Pfad in einen lichten Arvenwald, kurvt am Lago di Val Viola und später am Lago di Saoseo vorbei. Dann folgt man den Schildern "Angeli Custodi" und weiter Richtung Poschiavo. Mit der Bahn zum Bernina-Pass hinauf und dort über den neuen Trail nach Livigno zurück.
Andi Beger, www.alpenevent.de
Das Aosta-Tal in den Westalpen ist eine Fundgrube für einsame Sensations-Trails. 2000 Tiefenmeter feinster Flow-Spaß – wo findet man das schon? Okay, der Aufstieg zum 2608 Meter hohen Punta Chaligne ist ein Brett. Am besten lässt man sich die ersten 1000 Höhenmeter shuttlen (www.aostavalleyfreeride.com), dann warten noch mal 600 Höhenmeter plus eine 20-minütige Tragepassage bis zum Gipfel hinauf. Oben blickt man in die verschneite Crème de la Crème der 4000er, balanciert auf einem Grat dahin und schießt dann den kurvigen Trail bis nach Aosta hinunter. Alles Flow – und ich meine wirklich Flow.
Eric Haufe, www.ridealpinetrails.de
Schon das Hochgebirgserlebnis am 3033 Meter hohen Piz Umbrail ist gigantisch, denn der Blick schweift in alle Richtungen. Über den Stilfserjoch Nationalpark und weit in die Graubündener Gipfelwelt. Doch dann die Trail-Abfahrt Richtung St. Maria im Val Müstair: zu Beginn steil und rutschig durch eine Art Mondlandschaft. Weiter Richtung "Lai da Rims" wird der Trail flowiger und verspielter. Der See selbst ist für mich der schönste, der mit dem Bike in den Ostalpen zu erreichen ist. Die Farbe: surreal. Dahinter folgt jetzt steiles, teils leicht ausgesetztes Bike-Gelände, das durch einige Spitzkehren noch versüßt wird. Wer das mag, für den gibt es nichts Schöneres! Nach der "Wand" wartet der ultimative Fahrspaß. Perfekt aufeinander abgestimmte Kurven-Wellen-Kombinationen zaubern in jedes Gesicht ein breites Grinsen. Und auf keinen Fall den letzten Abschnitt durch den Wald nach St. Maria verpassen: Gehirn-Jogging im Märchenwald. Ein Traum!
Sascha Müller, www.Go-Alps.de
Der Trail am Rabbijoch (2463 m), zwischen Ultental und Brenta gelegen, gehörte schon oft zur Rennstrecke der BIKE-Transalp. Als Schlüsselstelle galt bisher eine steile, heikle, mit vielen Holzbalken gespickte Passage. Hier wurde vor ein Paar Jahren eine Umfahrung angelegt. Nach der Haslgruber Hütte schlängelt sich der Trail am Hang entlang und wartet mit einigen gerölligen Hochgebirgsabschnitten auf, bevor er nach einem kurzen Gegenanstieg durch Wiesengelände dahinflaniert. Später, im Wald, bricht der Pfad kurz etwas steiler ab, entspannt sich dann aber wieder bis zur Forststraße. Auf dieser nur kurz bleiben, dann links in den Wiesenweg und flowig bis nach Malé hinunter.
Mathias Marschner, www.trailxperience.com
Ich liebe die Ligurischen Westalpen. Zwischen den Seealpen und dem Meer kann man bergab fast immer alles auf Singletrails abreiten. Mein Favorit ist die Trail-Kombination auf unserer letzten Transalp-Etappe: Vom Colle Melosa hoch über den Ausläufern des Val Argentina geht’s auf einer Militärpiste zur Alta Via Monte Ligure hinauf, auf alten Alpinipfaden um den Monte Torragio herum und dann auf schier endlos flach am Hang querendem Pfad zum Col di Muraton. Kleine giftige Gegenanstiege reizen auf der anderen Seite mit Trail-Achterbahnen. Und fast das Schönste am Schluss: Der Trail taucht in einen kleinen Urwald ein und feuert noch mal alles ab, was er an Flow zu bieten hat.
Lukas Stöckli, www.lukasstoeckli.ch
Der Trail führt mitten durch meinen persönlichen Bike-Himmel, das Valle Maira im Piemont. Das Tal steckt landschaftlich, kulturell, kulinarisch sowie Trail-mäßig voller Höhepunkte, doch der Oronaye-Trail toppt wirklich alles, denn: Er fordert Biker bergauf! Von Acceglio im hinteren Valle Maira schraubt sich ein alter Militärweg hinauf, der bald zum Pfad wird. Mitten durch eine enorm beeindruckende Hochgebirgslandschaft macht dieses Weglein 1100 Höhenmeter. Enge Spitzkehren, steilste Rampen und loser Untergrund stets im Wechsel. Für mich ist dieser Weg "im Prinzip fahrbar". Am Colle Munie ist die Grenze zu Frankreich erreicht, es folgen vier kleinere Pässe in einer extrem schönen, hochgebirgigen Seenlandschaft – ohne ein Zeichen von Zivilisation. Und schließlich geht’s auf mittelschwerem Trail zurück ins Valle Maira.
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