Gitta Beimfohr
· 07.03.2016
Werden Sie Ihr eigener Bike-Guide und lernen Sie, wie Sie MTB-Touren planen und sicher nachfahren. Teil 4: Smartphone contra GPS-Gerät, Karten und Apps für Andoid und iOS.
Noch vor wenigen Jahren kam man für die Navigation auf Tour an einem "richtigen" GPS-Empfänger nicht vorbei. Sicher konnten Mobiltelefone schon länger GPS-Signale empfangen und verarbeiten. Doch die Darstellung von Karten und Tracks auf den Handy-Bildschirmen war lange Zeit weit davon entfernt, für die Praxis auf Tour tauglich zu sein. Seit dem Aufkommen moderner Smartphones hat sich dieses Bild gewandelt. Selbst die Bildschirme von Mittelklassegeräten bieten mittlerweile eine bessere Darstellung als die GPS-Flaggschiffe der Outdoor-GPS-Hersteller. Zudem haben sich bei hochwertigen Smartphones inzwischen Empfänger-Chips als Standard eingebürgert, die nicht nur die Signale der amerikanischen GPS-, sondern auch die der russischen Glonass-Satelliten empfangen können. In Sachen Empfangsgenauigkeit sind Smartphones den spezialisierten GPS-Geräten also zumindest theoretisch ebenbürtig.
In der Praxis wird die Empfangsgenauigkeit allerdings nicht nur durch den Chip, sondern mehr noch von der im Gerät verbauten Empfangsantenne beeinflusst. Was diesen Punkt angeht, sind die speziellen Geräte im Normalfall deutlich besser ausgestattet. Für die Navigation auf dem Trail ist dies bei guten Empfangsbedingungen nicht sehr relevant. Die Genauigkeit reicht dann in beiden Fällen aus, um die Tour zuverlässig zu finden. Bei schwierigen Bedingungen (dichter Wald, Steilhang oder Schlucht) ist man mit einem spezialisierten GPS-Gerät aber meist besser ausgestattet. Dies gilt auch für alle, die Touren nicht nur fahren, sondern die Tracks später auch korrigieren und archivieren möchten. Die Korrektur von Tracks aus einem Outdoor-GPS-Empfänger ist meist mit erheblich weniger Zeitaufwand verbunden. Ein weiterer Punkt, der für die Anschaffung von Outdoor-GPS-Empfängern spricht, ist deren deutlich längere Akku-Laufzeit. Selbst mit einer Akku-Ladung halten sie meist problemlos einen kompletten Touren-Tag oder mehr durch. Wer dagegen sein Smartphone intensiv für die Navigation nutzt, kommt bei Touren mit über drei Stunden Länge nicht um einen zusätzlichen, externen Akku-Pack herum.
Last but not least: Outdoor-GPS-Empfänger sind deutlich robuster als Smartphones. Selbst Stürze überleben diese Geräte meist unbeschädigt. So lassen sie sich auch ohne großes Risiko am Lenker befestigen und sind so immer im Blick. Sicher geht das auch mit einem Smartphone. Aber möchte man ein 600-Euro-Gerät wirklich einem Sturzrisiko aussetzen? Wer mit Smartphones navigiert, hat dies meistens irgendwo in der Tasche stecken. Der größte Vorteil der GPS-Navigation, nämlich die eigene Position in "Echtzeit" ständig im Blick zu haben, wird so aber wieder eingebüßt.
Spezielle GPS-Geräte sind für die Nutzung mit Vektorkarten optimiert. Die Darstellung dieser Karten läuft flüssig, und auch freie Vektorkarten aus OSM-Daten lassen sich problemlos nutzen. Zumindest höherwertige, moderne Geräte können meist auch Rasterkarten darstellen. Allerdings muss man hier in Sachen Abbildungsleistung deutliche Abstriche machen. Selbst die Displays der besten GPS-Geräte bringen es nur mit Ach und Krach auf ein Viertel der Auflösung eines durchschnittlichen Smartphones. Rasterkarten werden hier tatsächlich sehr stark "gerastert" dargestellt. Das macht den eigentlichen Vorteil von Rasterkarten – den des deutlich schöneren Kartenbildes – wieder zunichte.
Wobei die von den gängigen Herstellern vertriebenen Rasterkarten ohnehin ziemlich teuer sind. Entweder man greift hier auf die deutlich günstigeren Vektorkarten zurück – die Gebietsabdeckung ist die gleiche und an die einfachere Geländedarstellung hat man sich schnell gewöhnt (siehe auch Bikeguide, Teil 3 in BIKE 3/16). Oder aber, Sie basteln sich Ihre GPS-fähigen Rasterkarten einfach selbst. Mithilfe der Software MOBAC (Mobile Atlas Creator) geht das kinderleicht und ist auch noch kostenlos (s. Kasten unten).
Darstellungsprobleme kennt das Smartphone dagegen nicht. Die Auflösung ist genial, und selbst bei Sonneneinstrahlung sind viele Displays noch bestens lesbar. Allerdings ist das auch der Grund, warum die Akkus der Smartphones so schnell leergesaugt sind. Der Stromhunger der Displays ist leider immens.
Mit dem Mobile Atlas Creator lassen sich gerasterte Online-Karten problemlos für die Offline-Nutzung auf Smartphones konvertieren. Da MOBAC in der Programmiersprache Java geschrieben ist, funktioniert die Software unabhängig vom Betriebssystem auf jedem PC. Die Bedienung der Software ist denkbar einfach. Nach Auswahl der gewünschten Online-Karte und des Zielformats wird mit einem Auswahlrechteck per Mausklick der Kartenausschnitt festgelegt. Wenn das Zielformat es zulässt, kann die Karte auch mit mehreren Zoom-Stufen erstellt werden. Wenn die Einstellungen getroffen sind, lädt MOBAC die benötigten Kartenkacheln aus dem Internet herunter und packt sie in eine Datei, die auf der Festplatte des PCs gespeichert und von dort auf das Smartphone geladen wird.
mobac.sourceforge.net/
Immerhin steht hier zur Abwechslung einmal keine Grundsatzentscheidung an. Wer sich für die GPS-Navigation per Smartphones interessiert, hat sein Gerät ja bereits gekauft. Und damit ist auch die Frage des Betriebssystems geklärt. Die Frage, ob Apples iOs, Googles Android oder gar Microsofts Windows das beste Betriebssystem für Smartphones ist, kann daher beruhigt Glaubenssache bleiben. Fakt ist: Was die GPS-Navigation angeht, hat das Betriebssystem des Suchmaschinenbetreibers Google ein ganzes Stück weit die Nase vorne. Ebenso praxistaugliche wie empfehlenswerte Apps finden sich für alle Betriebssysteme. Android-Nutzern stehen aber die mit Abstand meisten Ressourcen für den freien Karten-Download zur Verfügung. Ob Vektor- oder Rasterkarte ist in diesem Fall relativ egal. Alle hier vorgestellten Apps können mit Karten aus beiden Welten problemlos umgehen. Die meisten frei erhältlichen Digitalkarten liegen zwar auch für Smartphones im Vektorformat vor. Wer Rasterkarten nutzen will, kann sich diese aber wie gesagt dank der Software MOBAC recht problemlos selber herstellen.
Diese drei Apps hat der BIKE-Tourenautor Ralf Glaser ausgiebig getestet:
PLUS Das Smartphone haben die meisten auf Tour sowieso dabei. Das Display hat eine deutlich höhere Auflösung und ist daher meistens besser lesbar. Selbst unterwegs kann man sich aus den Portalen spontan Touren ziehen.
MINUS Es gibt noch keine wirklich sichere Halterung für den Lenker, der Akku ist nach ca. drei Stunden leergesaugt.
PLUS GPS-Geräte sind für den Outdoor-Bereich robust gebaut und haben eine empfindlichere Antenne. Letztere ist gerade beim Aufnehmen von Touren in schwierigem Gelände sehr hilfreich. Der Akku hält länger als einen Touren Tag.
MINUS Die Displays haben eine geringere Auflösung, und das Darstellen von Rasterkarten ist grob. Anschaffung teuer!
Auf der Webseite des Projekts Openandromaps stehen fix und fertig aufbereitete Smartphone-Vektorkarten zum Downloaden bereit. Dort stehen auch TYP-Files zur Verfügung, mit denen sich das Kartenbild den persönlichen Bedürfnissen anpassen lässt. www.openandromaps.org
Auch das Projekt 4umaps bietet Smartphone-fähige (Raster)-Karten auf OSM-Basis an. Diese können als Online-Rasterkarte aus den Apps heraus aufgerufen oder per MOBAC in Offline-Karten umgewandelt werden. Auf der Webseite stehen aber auch einige fix und fertig für die Nutzung in Oruxmaps oder Locus Map aufbereitete Kartenblätter als Download bereit. www.4umaps.eu
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