Gitta Beimfohr
· 28.04.2016
Es gibt Momente, die können einem die MTB-Tour vermasseln. Im Hochgebirge steht man dann oft allein vor dem Problem. Daher hier noch mal ein kurzer Auffrischungskurs in Sachen Notfall-Management.
Kühe sind gutmütige Tiere. Es muss schon sehr viel zusammenkommen, dass sie auf der Alm aggressiv werden. Dennoch ist es in letzter Zeit häufiger zu Angriffen auf Wanderer gekommen. 2014 starb eine Frau sogar nach einer Kuhattacke im Stubaital. Almbauern raten daher: Weiden mit Kühen und Jungtieren besser meiden. Wenn man die Alm dennoch überqueren muss, die Kälber auf keinen Fall streicheln. Nicht rennen oder fahren, sondern ruhig auf dem Weg die Alm passieren. Dabei den Kühen nicht direkt in die Augen sehen, aber auch nicht den Rücken kehren. Bevor eine Kuh angreift, zeigt sie eindeutig aggressives Verhalten (Schnauben, Kopfschütteln und Stampfen mit den Hufen). In dem Fall: stehen bleiben, Arme in die Höhe strecken und Lärm machen.
Blitze, Hagel und Regengüsse gehören zu den größten Gefahren im Hochgebirge, denn ab 1800 Metern Höhe ist man diesen Naturgewalten schutzlos ausgeliefert. Richtiges Verhalten bei aufziehendem Gewitter: Meiden sollte man allein stehende Objekte (Gipfelkreuze, Bäume) und Wasserläufe. Suchen dagegen: Hütten, Wald (ein gutes Stück hineingehen), Mulden (Beine geschlossen und über Rucksack kauern, oder Höhlen (jeweils einen Meter von Eingang und Felswänden entfernt). Handy, GPS und andere elektronische Geräte ausschalten und das Bike mindestens 50 Meter entfernt ablegen.
Auch wenn es im GPS-Zeitalter kaum noch möglich ist, den falschen Abzweig zu nehmen: Die Karte muss mit in den Rucksack. Spätestens wenn eine Mure den geplanten Weg weggerissen hat oder ein Unfall eine Wegänderung erfordert, sollte man auf einen Blick den schnellsten Weg ins Tal finden können!
• Sonnenstich Ein Sonnenstich kann durch direkte Sonneneinstrahlung auf Kopf und Nacken entstehen: Gehirn und Hirnhäute sind gereizt. Anzeichen: hochroter Kopf, Schwindel, Kopfschmerzen, Erbrechen oder sogar Bewusstlosigkeit. Erste Hilfe: flach auf den Rücken und in den Schatten legen, Kopf leicht erhöht. Kopf und Nacken kühlen. Bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage.
• Leichte Schürfwunden Mit fließendem (Leitungs-) Wasser säubern und desinfizieren. Größere Wunden mit einem Wundschnellverband oder einer sterilen Kompresse abdecken.
• Starke Blutungen Mit fließendem Wasser säubern, oberflächliche Verunreinigungen entfernen, tiefer sitzende Kieselsteine oder Splitter erst vom Arzt entfernen lassen (sonst evtl. stärkere Blutung!). Gut desinfizieren und mit einem Druckverband abdecken.
• Gelenkverletzungen PECH-Formel: Pause, Eis, Compression, Hochlagerung. Das betroffene Gelenk 30–45 Minuten kühlen. Kompression und Hochlagerung helfen gegen weiteres Anschwellen und Schmerzen.
• Bruch Das betreffende Körperteil ruhigstellen und kühlen. Einen offenen Bruch sofort mit einem Verband abdecken.
• Schock Anzeichen: Blässe und kalte, schweißnasse Haut. Dazu frieren und zittern. Den Betroffenen auf den Rücken legen, Beine leicht erhöht, damit das Gehirn mit Sauerstoff versorgt bleibt. Bei Übelkeit stabile Seitenlagerung.
• Bewusstlosigkeit Die Atmung überprüfen (das Ohr an Nase und Mund des Betroffenen halten). Hat die Atmung ausgesetzt: Herz-Lungen-Massage. Dazu 30 Mal aufs Brustbein drücken, dann 2 mal beatmen (langsam, aber bestimmt, je eine Sekunde).
Schon mal einen Speichenriss in der ersten Abfahrtskurve gehabt? Ein Moment, in dem man aus der Haut fahren möchte. Da kämpft man sich stundenlang bergauf, um anschließend auf rohen Eiern zurück ins Tal zu zittern. Wer Pech hat, dem reißen dabei noch mehr Speichen – und die Abfahrten im Hochgebirge sind ja bekanntlich kilometerlang. Wie man sich unterwegs nicht nur bei Speichenrissen, sondern auch Rahmenbrüchen, Plattfüßen, Kettenrissen etc. mit Werkzeugen aus der Natur behelfen kann, haben wir in einem Special zusammengefasst. Gratis-Download siehe unten...
Es gibt Wetterlagen, da ziehen die Dunstwolken wie mit dem Fahrstuhl aus dem Tal die Bergflanken hinauf. Auf einmal steht man in einer so dichten Suppe, dass man seine eigenen Füße nicht mehr sehen kann. Gut, wer jetzt GPS dabeihat und dem Wegverlauf per Track weiter folgen kann. Doch Vorsicht! Manchmal sind es auch die Wolken einer Gewitterzelle. Man merkt es daran, dass die Luft knistert und die eigenen Haare zu Berge stehen – so geladen sind die Luft- und Wasser-Teilchen. In dem Fall schnellstmöglich Schutz suchen, GPS-Gerät und Handy ausschalten und warten, bis der Spuk weitergezogen ist.
Die internationale Rettungsnummer lautet: 112. Für das Land Tirol gibt es mittlerweile eine kostenlose "Notfall App Bergrettung Tirol". Durch drücken des Notfallknopfes leuchten dann in der Tiroler Rettungsleitstelle die exakten Positionsdaten sowie Name und Telefonnummer des Betroffenen auf. So sind die Einsatzkräfte bereits zur Unglücksstelle unterwegs, während die Leitstelle den App-Besitzer zurückrufen und nach den Unfalldetails befragen kann. Besteht kein Internetempfang, sendet das Handy automatisch eine SMS an die Leitstelle. Die App gibt’s gratis im Apple Store unter dem Stichwort "Bergrettung Tirol". Es gilt aber auch noch ein analoges Notrufsignal: sechs mal in der Minute ein Klopf- oder Lichtzeichen abgeben.
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